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  BFH-Urteil vom 5.6.2002 (I R 69/01) BStBl. 2003 II S. 329

Wird dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH neben einem monatlichen Festgehalt jährlich eine weitere Festvergütung für den Fall gezahlt, dass eine bestimmte Umsatzgrenze erreicht wird, ist eine vGA regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die Gesamtvergütung ihrer Höhe nach unangemessen ist (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 19. Februar 1999 I R 105-107/97, BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321).

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 30. August 2000 2 K 891/98 K,G,F (EFG 2002, 163)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1992 errichtete GmbH, die auf dem Gebiet der Ultraschalltechnik tätig war und hier eigene Produkte entwickelte. Ihr beherrschender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war H. Er erhielt als Geschäftsführervergütung zunächst ein Festgehalt von jährlich 40.000 DM und eine gewinnabhängige Vergütung von 15 v.H. des Reingewinns. Der Anstellungsvertrag stand unter der Abmachung einer Aktualisierung der Vergütungen zum 30. Juni und 1. Januar eines jeden Jahres nach Maßgabe der Ertragslage. Ab 1. Januar 1993 wurde der Anstellungsvertrag dementsprechend geändert. H erhielt nunmehr statt der variablen Gewinntantieme eine Tantieme von 30.000 DM, die jedoch nur unter der Voraussetzung zu zahlen war, dass der Gesamtumsatz 500.000 DM überstieg. Am 1. September 1993 wurde der Vertrag nochmals geändert und das monatliche Bruttogehalt auf zunächst 6.800 DM bzw. am 1. Dezember 1993 auf 9.800 DM erhöht. Am 1. Dezember 1993 erhöhte sich ab 1994 auch die Tantieme auf 50.000 DM. Ab 1. September 1995 wurde das Fixgehalt weiter erhöht und außerdem die bisherige Tantieme in eine nunmehr wieder am Gewinn orientierte Tantieme umgewandelt (30 v.H. des Handelsbilanzgewinns, höchstens 25 v.H. der Gesamtbezüge).

In den Streitjahren 1993 und 1994 wurden die Umsatzgrenzen von 500.000 DM deutlich überschritten. Die Klägerin erzielte Gewinne, allerdings nur, weil sie beträchtliche öffentliche Fördermittel einnahm.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte die Tantiemen mangels zeitlicher Begrenzung als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und erließ entsprechende Steuerbescheide.

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 163 abgedruckt.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide ohne Berücksichtigung der vGA zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dessen Feststellungen zu den kontinuierlichen Erhöhungen des an H gezahlten Bruttogehalts reichen nicht aus, um abschließend über das Vorliegen von vGA zu entscheiden.

1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des sog. Unterschiedbetrages i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der erkennende Senat eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung).

2. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Zusammenhang mit der Frage nach der steuerlichen Anerkennung von Erfolgsbeteiligungen für einen Gesellschafter-Geschäftsführer davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Erfolgsvergütung in Form einer Gewinn- und nicht in Form einer Umsatztantieme gewährt, da eine Umsatzbeteiligung unter Vernachlässigung des eigenen Gewinnstrebens der Kapitalgesellschaft die Gefahr einer Gewinnabsaugung in sich birgt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die einschlägigen Entscheidungen des erkennenden Senats Bezug genommen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 19. Februar 1999 I R 105-107/97, BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321, m.w.N.).

Über eine derartige Umsatztantieme ist im Streitfall jedoch nicht zu entscheiden. Denn die Klägerin zahlte dem H keine variable, der Höhe nach vom Umsatz abhängige und an diesem prozentual ausgerichtete Tantieme (vgl. zur verhältnismäßigen Orientierung von Tantiemen an Umsatz oder Gewinn als Begriffsvoraussetzung z.B. Vahlens Großes Wirtschaftslexikon zum Stichwort Tantieme). Sie sagte ihm vielmehr neben dem laufenden monatlichen Fixgehalt eine weitere fixe Vergütung zu, deren Entstehen allerdings vom Erreichen bestimmter Umsätze abhing. Diese Umsätze waren nicht für die Höhe der Vergütung maßgeblich. Sie traten lediglich als (aufschiebende) Bedingung dem Grunde nach in Erscheinung. Es handelt sich deswegen bei dieser als Tantieme bezeichneten Vergütungskomponente unbeschadet ihrer Bezeichnung nicht um eine solche, sondern um eine Festvergütung ähnlich einer Gratifikation.

Eine derartige Ausgestaltung der Vergütung hält einem Fremdvergleich gemessen an dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters stand. Sie entspricht der Zusage einer festen Vergütung, die lediglich zu einem Teil monatlich gezahlt wird und zu einem anderen Teil als Einmalzahlung ausgestaltet ist. Dass die Einmalzahlung vom Erreichen eines bestimmten Umsatzes abhängig ist, kann daran nichts ändern. Dieser Umstand stellt gegenüber einer unbedingten Vergütungszusage eher ein Minus dar und erweist sich sonach insgesamt für die Gesellschaft als günstig. Vorausgesetzt, die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers hält ungeachtet der Umsatzabhängigkeit einer Angemessenheitsprüfung, die hier allerdings in besonderem Maße notwendig ist, stand, besteht wegen des festen Schwellenwertes keine erhöhte Gefahr der Gewinnabsaugung. Im Streitfall hat das FG die Angemessenheit der Gesamtausstattung von H geprüft und ausdrücklich bejaht. Sie wird auch vom FA nicht in Frage gestellt.

Bleibt die so verstandene Tantieme steuerlich unbeanstandet, ist auf die weiteren Erwägungen der Beteiligten und des FG, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Umsatztantieme während der Aufbauzeit einer neu gegründeten Gesellschaft ausnahmsweise anzuerkennen ist, nicht mehr einzugehen (vgl. dazu m.w.N. Senatsurteil in BFHE 188, 61, BStBl II 1999, 321).

3. Da die Vorinstanz in dem streitgegenständlichen und entscheidungserheblichen Punkt eine abweichende Auffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben.

Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Nach den tatrichterlichen Feststellungen sah der mit H geschlossene Anstellungsvertrag in den in den Jahren 1992 bis 1994 geltenden Fassungen eine Anpassung des Vertrages hinsichtlich des Gehalts und der sozialen Leistungen "entsprechend der Ertragslage" der Klägerin jeweils zum Jahreswechsel und zum 30. Juni vor. Tatsächlich wurde das monatliche Gehalt des H nicht zum 1. Juli 1993 oder zum 1. Januar 1994, sondern zum 1. September und zum 1. Dezember 1993 erhöht. Es erscheint zweifelhaft, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Fremdgeschäftsführer mit solchen Erhöhungen einverstanden gewesen wäre. Es ist aber auch denkbar, dass die vertragliche Anpassungsklausel im Sinne einer halbjährlichen Anpassungsprüfung zu verstehen ist, die die Anpassung der Vergütungen im Laufe des jeweiligen Halbjahreszeitraums ermöglichte. Darauf könnte der Umstand hindeuten, dass in der Folgezeit eine Anpassung auch erst zum 1. September 1995 erfolgt ist.

Das FG ist dem bislang nicht weiter nachgegangen. Dies wird im 2. Rechtsgang nachzuholen sein. Zu diesem Zweck war die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).