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  BFH-Urteil vom 25.2.2004 (I R 54/02) BStBl. 2004 II S. 654

Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung für eine Pensionsverpflichtung sind in Höhe der verzinslichen Ansammlung der vom Versicherungsnehmer geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien (zuzüglich etwa vorhandener Guthaben aus Überschussbeteiligungen) zu aktivieren.

EStG 1993 § 6a, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2; HGB § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 252 Abs. 1 Nr. 3, § 255 Abs. 1, § 266 Abs. 2 B II 4; BewG § 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München vom 10. Juli 2001 7 K 5498/99 (EFG 2003, 149)

Sachverhalt

I.

Streitig ist, mit welchem Betrag die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ihre Ansprüche aus Rentenrückdeckungsversicherungen (ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginns) zu aktivieren bzw. bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens anzusetzen hat.

Die Klägerin ist eine GmbH. Sie hatte ihren Mitarbeitern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Form von laufenden Rentenzahlungen zugesagt. Die Verpflichtungen aus diesen Versorgungszusagen hat die Klägerin in voller Höhe (kongruent) durch Rückdeckungsversicherungen abgedeckt, wobei ab dem Zeitpunkt des Rentenbeginns die Erstattung des angesammelten Deckungskapitals (Rückkauf) für den Fall der Vertragsauflösung ausgeschlossen war.

In ihrer Bilanz für das Streitjahr 1993 aktivierte die Klägerin die Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen als sonstige Vermögensgegenstände im Umlaufvermögen. Während sie die Ansprüche betreffend die (künftigen) Rentenzahlungen an die noch aktiven Arbeitnehmer mit den von den Versicherungsgesellschaften nachgewiesenen Deckungskapitalwerten auswies, begrenzte sie den Wertansatz derjenigen Ansprüche, die Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Rentenzahlungen betrafen, auf den Wert der von ihr für die betreffenden Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gebildeten Pensionsrückstellung. In dieser Höhe setzte die Klägerin die Rückdeckungsansprüche auch bei der Vermögensaufstellung im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens an. Diese Kürzung der aktivierten Ansprüche begründete die Klägerin damit, dass mit Rentenbeginn die Möglichkeit des Rückkaufs nicht mehr bestehe und die jeweilige Versicherung damit keinen Wert mehr habe, der über den der (abgedeckten) Rentenverpflichtung hinausgehe. In ähnlicher Weise war die Klägerin bereits in früheren Jahren verfahren, indem sie - im Einvernehmen mit dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) - die (laufenden) Verpflichtungen aus den Versorgungszusagen und die entsprechenden Ansprüche aus den Rückdeckungsversicherungen (im Ergebnis saldiert) beiderseits außer Ansatz gelassen hatte.

Nach einer Außenprüfung für das Streitjahr 1993 vertrat das FA (unter Hinweis auf Abschn. 41 Abs. 26 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1993) die Auffassung, der jeweilige Rückdeckungsanspruch sei - unabhängig vom Wert der Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG - mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital auszuweisen. Auf dieser Grundlage erließ das FA geänderte Steuerbescheide 1993.

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Im Einzelnen wird auf die in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 149 abgedruckte Vorentscheidung verwiesen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Bescheide wie von ihr beziffert zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihre Rückdeckungsansprüche gegen die Versicherung in Höhe der verzinslichen Ansammlung der von ihr geleisteten Sparanteile der Versicherungsprämien zu bewerten hat.

1. a) Die Rückdeckung einer Pensionsverpflichtung des Arbeitgebers dient der Sicherstellung der Erfüllbarkeit der gegebenen Pensionszusage bei Erreichen des Pensionsalters sowie bei vorzeitigen Versorgungsfällen wie Invalidität oder Tod des Aktiven. Hierzu sind in der Regel gleichbleibende Prämien pro Versicherungsjahr an den Versicherer zu leisten. Davon dient ein Teil der Deckung der Verwaltungskosten des Versicherers (zuzüglich Gewinnaufschlag) sowie der Abdeckung der vorzeitigen Versorgungsfälle im Kollektiv (Risikoprämie). Er begründet Aufwand des betreffenden Wirtschaftsjahres, da der damit abgegoltene Teil des Versicherungsschutzes zeitlich nicht über dieses Wirtschaftsjahr hinausreicht. Der im Versicherungsjahr nicht verbrauchte Teil der Versicherungsprämie dient der Sparkomponente der Versicherung (Sparanteil); er steht dem Versicherungsnehmer unmittelbar zur Finanzierung der auf Grund der erteilten Pensionszusage zu zahlenden Versorgungsrenten zur Verfügung. Dabei wird er mit dem vertraglich garantierten (rechnungsmäßigen) Zinssatz verzinst. Der damit erworbene Anspruch auf Rückdeckung (Erstattung) der zu leistenden Renten ist als Forderung (§ 194 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) des Kaufmanns gegen den Versicherer unter den sonstigen Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens i.S. des § 266 Abs. 2 B II 4 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu bilanzieren. Der Sparanteil der Versicherungsprämie und der rechnungsmäßige Zins werden daher nicht aufwandswirksam.

b) Der Rückdeckungsanspruch einerseits und die Pensionsverpflichtung andererseits stellen unabhängig voneinander zu bilanzierende Wirtschaftsgüter dar. Eine Saldierung beider ist daher gemäß § 246 Abs. 2 HGB auch bei Rückdeckung in voller Höhe (kongruente Rückdeckung) nicht zulässig (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Februar 1966 I 90/63, BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251; vom 1. August 1984 I R 227-228/80, nicht veröffentlicht - n.v. -; vom 28. Juni 2001 IV R 41/00, BFHE 196, 94, BStBl II 2002, 724; vom 28. Februar 1996 II R 92/93, BFHE 180, 166, BStBl II 1996, 348, zur Einheitsbewertung des Betriebsvermögens; vgl. auch Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, 4. Aufl., 2. Teil Rdnr. 374; Beck'scher Bilanzkommentar, 5. Aufl., § 249 HGB Rdnr. 248).

Zwar ist in der Rechtsprechung des BFH die Berücksichtigung von Rückgriffsmöglichkeiten bei der Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Forderungen bejaht worden (BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437; vom 8. November 2000 I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349). Dabei handelte es sich jedoch, anders als vorliegend, jeweils um künftig entstehende und damit noch nicht aktivierbare Rückgriffsansprüche.

2. a) Forderungen sind gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben, soweit sie diesem einzeln zugeordnet werden können. Bei den Rückdeckungsansprüchen trifft dies zunächst für die bis zum jeweiligen Bilanzstichtag vom Versicherungsnehmer unmittelbar aufgewendeten Sparanteile der Versicherungsprämien (Sparbeiträge) zu. Zu Anschaffungskosten führte auch die rechnungsmäßige Verzinsung dieser Sparbeiträge, die vertraglich garantiert wird und daher entsprechende Zinsansprüche des Versicherungsnehmers begründete (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 11/02, BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 400; vgl. Wichmann, Betriebs-Berater - BB - 1989, 1228, 1231, Der Betrieb - DB - 1992, 2005 f.).

b) Der (als Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers zu aktivierenden) verzinslichen Ansammlung der geleisteten Sparbeiträge entspricht auf der Seite des Versicherers unter Zugrundelegung einer retrospektiven Betrachtung zum jeweiligen Bilanzstichtag begrifflich und betragsmäßig dessen geschäftsplanmäßiges Deckungskapital (vgl. BFH-Urteile vom 28. November 1961 I 191/59 S, BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101; vom 5. Juni 1962 I 221/60 U, BFHE 75, 407, BStBl III 1962, 416; in BFHE 196, 94, BStBl II 2002, 724; Abschn. 41 Abs. 26 EStR 1993; R 41 Abs. 24 EStR 2003; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 19. November 1993 IV B 2 -S 2176- 66/93, BB 1994, 112; vgl. auch Ahrend/ Förster/Rößler, a.a.O., Rdnr. 376). Aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags prospektiv betrachtet ist dies der (nämliche) Betrag, den der Versicherer in Höhe des Barwerts der künftigen Verpflichtungen aus dem jeweiligen Vertrag abzüglich des Barwerts der künftig eingehenden Nettobeiträge passivieren muss - Deckungsrückstellung des Versicherers - (vgl. dazu nunmehr § 341 f. HGB i.d.F. des Versicherungsbilanzrichtlinie-Gesetzes vom 24. Juni 1994).

Das vom Versicherer jeweils nachgewiesene Deckungskapital (Deckungsrückstellung) ist somit auch Bewertungsgrundlage und -maßstab für den korrespondierenden Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers zu dessen Anschaffungskosten. Wenn verschiedentlich zwischen der oben definierten "eigentlichen" Deckungsrückstellung oder "Nettodeckungsrückstellung" des Versicherers und einem durch die aufsichtsrechtliche Praxis mittlerweile modifizierten Begriff der Deckungsrückstellung, bei dem bestimmte Positionen zusätzlich zu berücksichtigen sind, unterschieden wird, wird gleichzeitig eingeräumt, dass es sich insoweit regelmäßig um geringfügige Abweichungen handelt, denen keine entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. z.B. Rautenberg, Betriebliche Versicherungen und ihre Bilanzierung, 1973, 167, 184, 185).

c) Unstreitig übersteigen die so definierten Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers den von diesem (vorliegend der Klägerin) gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG zu passivierenden Teilwert der Pensionsverpflichtung; dies gilt auch bei kongruenter Rückdeckung wie im Streitfall. Diese unterschiedliche Bewertung folgt systematisch aus der Unterschiedlichkeit der zugrunde zu legenden Rechnungsgrundlagen. So ist z.B. bei der Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung ein Zinsfuß von 6 % anzuwenden (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG), während bei der Kalkulation der Versicherungsprämien durch den Versicherer ein niedrigerer Rechnungszins (im Streitjahr 1993 von regelmäßig 3,5 %) zugrunde zu legen ist (vgl. dazu die Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen - VerBAV - 1986, 200; 1988, 3 f.). Daraus resultieren höhere Prämien und damit auch höhere Anschaffungskosten des Rückdeckungsanspruchs.

3. Ein unter den Anschaffungskosten liegender Teilwert der Rückdeckungsansprüche der Klägerin i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1993 scheidet aus.

a) Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb (in der gleichen Weise) fortführt wie der Steuerpflichtige, in dessen Betriebsvermögen das betreffende Wirtschaftsgut zu bewerten ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG). Die Annahme, die Rückdeckungsansprüche seien einem "nicht betriebsnotwendigen Vermögen" zuzuordnen, für das diese Fortführungsfiktion nicht gelte und das daher mit dem gemeinen Wert zu bewerten sei (vgl. dazu Rautenberg, a.a.O., 175), ist mit der gesetzlichen Teilwertdefinition nicht vereinbar. Aufgrund dieser Definition ist vielmehr zu unterstellen, dass der gedachte Erwerber des Betriebs auch in die Pensionsverpflichtungen und die dafür abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen eintreten und daher zwangsläufig die vom Versicherer kalkulierten und als dessen Deckungskapital verzinslich angesammelten Sparbeiträge entgelten würde. Denn sie entsprechen dem marktgerechten Entgelt für den Erwerb des jeweiligen Rückdeckungsanspruches und damit auch dessen Teilwert (vgl. Rau, DB 1962, 1620, 1621). Selbst wenn der Pensionsverpflichtete erst nach Eintritt eines Versorgungsfalles (Rentenbeginn) eine Rückdeckungsversicherung abschließen würde - um ein für ihn bestehendes Risiko abzusichern, dass der betreffende Rentner eine erhöhte Lebenserwartung aufweist - würde der Versicherer eine (Einmal-)Prämie mindestens in Höhe seines Deckungskapitals erheben. Dies entspricht daher auch im bezeichneten Fall betragsmäßig nicht nur den Anschaffungskosten, sondern auch dem Teilwert des Rückdeckungsanspruchs.

b) Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass der Erwerber des Betriebes als Kaufmann unter Zugrundelegung einer betriebswirtschaftlichen Sicht Forderungen unter Zugrundelegung des maßgeblichen (höheren) Zinssatzes des Kapitalmarktes und damit niedriger bewerten würde (vgl. Glade, DB 1963, 215, 216).

Auch die Tatsache, dass der Rückkaufswert einer Versicherung das angesammelte Deckungskapital regelmäßig unterschreitet, rechtfertigt keine Teilwertabschreibung auf diesen Wert, solange der Rückkauf nicht beabsichtigt ist (BFH-Urteil in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101). Nichts anderes kann gelten, wenn - wie im Streitfall - der Rückkauf mit Rentenbeginn ausgeschlossen ist.

c) Somit käme eine Teilwertberichtigung der Rückdeckungsansprüche nur in Frage, wenn besondere Anhaltspunkte vorlägen, die den Abschluss der Rückdeckungsversicherung als geschäftliche Fehlmaßnahme erscheinen lassen. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, Entsprechendes hat die Klägerin auch nicht vorgetragen.

d) Da sich der Ansatz eines unter den Anschaffungskosten des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs liegenden Teilwerts bereits aus dessen Definition in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG verbietet, kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob bei dessen Bemessung auch mögliche (nach dem jeweiligen Bilanzstichtag entstehende) Ansprüche der Klägerin auf Überschussbeteiligung einzubeziehen wären.

4. Auch aus dem von der Klägerin für den Streitfall zusätzlich beanspruchten Gedanken einer kompensatorischen Bewertung im Rahmen sogenannter Bewertungseinheiten (vgl. dazu allgemein Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 252 HGB Rdnr. 48) ist der Ansatz der Rückdeckungsansprüche der Klägerin nicht auf den Betrag der passivierten Pensionsrückstellung zu begrenzen. Dies lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die Ansprüche aus der Versicherung - mangels Rückkaufsmöglichkeit wie im Streitfall - allein der Entlastung von den Pensionsverpflichtungen dienten (a.A. allerdings Ahrend/Förster/Rößler, a.a.O., Rdnr. 374 a.E.; Gronenborn, Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1961/1962, 219, 232; Baumgartner, DB 1962, 916, 917; vgl. auch das von der Klägerin vorgelegte - nicht veröffentlichte - Schreiben des Instituts der Wirtschaftsprüfer - IdW - vom 24. Juni 1992, 437/407).

a) Gemäß § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB (§ 39 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB a.F.) sind Vermögensgegenstände und Schulden zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres einzeln aufzunehmen und gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Gleichermaßen geht § 6 Abs. 1 EStG von der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter aus. Diese Vorschriften konkretisieren das Bezugselement sowohl für die Bilanzierung als auch für die Bewertung des Betriebsvermögens. Die grundlegende gesetzliche Forderung nach Bilanzierung und Bewertung der "einzelnen" Wirtschaftsgüter macht die Betrachtung des kleinsten Sachverhalts erforderlich, der nach der Verkehrsanschauung als selbständig realisier- und bewertbar angesehen wird (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 I R 16/97 BFHE 184, 439, BStBl II 1998, 249). Dies ist vorliegend einerseits die jeweilige Pensionsverpflichtung (als einheitlich zu betrachtendes Wirtschaftsgut), andererseits der korrespondierende Rückdeckungsanspruch.

b) Vom Grundsatz der Einzelbewertung darf - ebenso wie von den anderen in § 252 Abs. 1 HGB kodifizierten allgemeinen Bewertungsgrundsätzen - nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden (§ 252 Abs. 2 HGB). Ein solcher Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn im Zuge der Einzelbewertung einzelner Bilanzpositionen Wertveränderungen berücksichtigt würden, die systematisch im Sinne einer gegenläufigen Korrelation mit Wertänderungen anderer Bilanzpositionen verbunden sind, es sich also um objektübergreifende identische wertbildende Faktoren handelt (vgl. dazu Kupsch, StbJb 1994/1995, 131, 134), die sich gegenläufig neutralisieren. In derartigen Fällen kann eine lediglich einseitige Berücksichtigung wertverändernder Faktoren auch unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) zu einem den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Bild der Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft (§ 264 Abs. 2 HGB) führen. Diese Voraussetzungen mögen in dem von der Klägerin bezeichneten Beispielsfall "geschlossener" Positionen aus Forderungen und Verbindlichkeiten in gleicher ausländischer Währung gegeben sein (Kompensations- oder Deckungsgeschäfte im Hinblick auf bestehende Währungsrisiken; vgl. dazu etwa die Stellungnahme des Bankenfachausschusses - BFA - des IdW 1/75, Die Wirtschaftsprüfung - WPg - 1975, 664).

Im Streitfall liegen die genannten Voraussetzungen indessen bereits deshalb nicht vor, weil es im Hinblick auf die Pensionsverpflichtungen einerseits und die Rückdeckungsansprüche andererseits an gegenläufigen wertbeeinflussenden Korrelationen fehlt. Zwischen den ausgewiesenen Bilanzpositionen bestehen keine systematischen wertmäßigen Abhängigkeiten. Vielmehr ergeben sich, wie oben (2.c) ausgeführt, Unterschiede der jeweiligen bilanziellen Ansätze aus zwingenden normierten Besonderheiten der jeweiligen Bewertung. Die von der Klägerin beanstandete Bewertungsdifferenz ist daher nicht Folge eines zu hohen Ansatzes der Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung, sondern beruht auf der sich aus § 6a EStG ergebenden gesetzgeberischen Absicht, den bilanziellen Ausweis von Pensionsverpflichtungen bestimmten Maßgaben - etwa der Anwendung eines Zinsfußes von 6 % - zu unterwerfen und damit wertmäßig bewusst nur in einer Höhe zuzulassen, der jedenfalls unter dem bei dem Versicherungsunternehmen angesparten Deckungskapital liegt; auch für rückgedeckte Pensionsverpflichtungen hat der Gesetzgeber keine Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte Konsequenz darf nicht durch Bildung von Bewertungseinheiten ausgeglichen werden. Gerade dies würde aber geschehen, wenn die jeweilige Pensionsverpflichtung (jedenfalls im Ergebnis) mit dem Wert des Deckungskapitals gleichgesetzt würde.

Angesichts der vorgeschriebenen unterschiedlichen Rechnungsgrundlagen kann auch nicht auf eine bestehende wirtschaftliche Verflechtung zwischen den Ansprüchen aus der Rückdeckung und den Pensionsverpflichtungen (vgl. das BFH-Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251), auf ihre "Deckungsgleichheit" oder auf die - unwidersprochene - Tatsache verwiesen werden, dass die Heranziehung gleicher Rechnungsgrundlagen zu vergleichbaren Wertansätzen führen würde (vgl. Heubeck, DB 1963, 10, 11). Im Übrigen spiegelt der unter Beachtung der Vorgaben des § 6a EStG bilanzierte Wert einer Pensionsverpflichtung nicht deren Verkehrs- oder gemeinen Wert wider, auf den der Wert des jeweiligen Rückdeckungsanspruchs unter Hinweis auf eine funktional-wirtschaftliche Verknüpfung mit der Pensionsverpflichtung allenfalls zu begrenzen wäre. Dies erweisen insbesondere die Passivierungsvoraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 EStG (Schriftlichkeits-, Mindestalterserfordernis), wonach der bilanzielle Ausweis einer zivilrechtlich bestehenden Pensionsverpflichtung in der Steuerbilanz überhaupt entfallen kann.

c) Die getrennte Bewertung der Rückdeckungsansprüche und der Pensionsverpflichtungen führt schließlich entgegen der Meinung der Klägerin nicht zu einem Verstoß gegen das Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Das daraus resultierende Gebot, Gewinne erst auszuweisen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind, führt nicht zu der Konsequenz, Wirtschaftsgüter, die lediglich wirtschaftlich oder kausal verknüpft sind, nach gleichen Grundsätzen oder in gleicher Höhe zu bewerten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251).

d) Eine korrespondierende Bilanzierung des Rückdeckungsanspruchs des Versicherungsnehmers ist demgegenüber systemgerecht im Hinblick auf die entsprechende Verpflichtung des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis.

5. Mit der vorliegenden Entscheidung folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des BFH seit den Urteilen in BFHE 74, 266, BStBl III 1962, 101 und in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251. Dass in den genannten Urteilsfällen einerseits eine Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr, andererseits eine Versicherung, die eine Kapitalzahlung beinhaltete, zu beurteilen waren, ist für den Streitfall ohne Belang. Entscheidend ist, dass die Versicherungen in beiden Fällen - wie auch im Streitfall - eine Sparkomponente und die Prämien damit Sparanteile beinhalteten, die nach den aufgezeigten Grundsätzen zu behandeln waren.

Der Anwendung der Grundsätze der genannten Urteile auf den Streitfall steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht entgegen, dass mit Geltung des § 28 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch i.d.F. des Bilanzrichtlinien-Gesetzes vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2355) für Pensionsverpflichtungen nicht mehr ein Passivierungswahlrecht, sondern Passivierungspflicht besteht. Die jeweiligen Entscheidungen, wonach eine getrennte Bilanzierung der Pensionsverpflichtungen einerseits und der Rückdeckungsansprüche andererseits zu erfolgen hat, beruhen erkennbar auf der Anwendung der GoB, insbesondere des Grundsatzes der Einzelbewertung. Der im Urteil in BFHE 85, 108, BStBl III 1966, 251 erfolgte Hinweis auf das dem Kaufmann (im Streitjahr) noch eingeräumte Wahlrecht, von einer Passivierung von Versorgungsverpflichtungen abzusehen, diente lediglich der Relativierung der betragsmäßigen Auswirkung der geforderten getrennten Bilanzierung, nicht hingegen war er geeignet, die Anwendung der GoB und damit des Grundsatzes der Einzelbewertung auch im Falle einer positiven Ausübung des Passivierungswahlrechts in Zweifel zu ziehen.

Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit die zum 1. Januar 1982 erfolgte Erhöhung des bei der Bewertung der Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zugrunde zu legenden Zinsfußes von 5,5% auf 6 % die Anwendung der aufgezeigten Grundsätze der Rechtsprechung in Frage stellen sollte.

6. Letztlich kann die Klägerin sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, den sie aus der abweichenden Behandlung der streitigen Sachverhalte durch das FA bei vorangegangenen Betriebsprüfungen herleiten will. Eine Bindung des FA an eine früher erfolgte rechtliche Beurteilung könnte sich nur aufgrund einer verbindlichen Zusage gemäß § 204 der Abgabenordnung ergeben. Dafür hat die Klägerin nichts vorgetragen.

7. Bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens sind die in der Steuerbilanz anzusetzenden Rückdeckungsansprüche dem Grunde und der Höhe nach zu übernehmen (§ 95 Abs. 1, § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Steueränderungsgesetzes vom 25. Februar 1992, BGBl I 1992, 297).