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  BFH-Urteil vom 3.3.2004 (X R 14/01) BStBl. 2004 II S. 826

1. Eine private Versorgungsrente ist nicht als Sonderausgabe (dauernde Last bzw. Leibrente gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehbar, wenn Abweichungen vom Vereinbarten bei der tatsächlichen Durchführung des Übergabevertrags auf ein Fehlen des erforderlichen Rechtsbindungswillens schließen lassen.

2. Machen die Parteien eines Versorgungsvertrags von einer vereinbarten Wertsicherungsklausel keinen Gebrauch, lässt dies für sich allein noch keinen zwingenden Schluss auf das Fehlen des Rechtsbindungswillens zu; die Abweichung vom Vereinbarten kann aber im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung von Bedeutung sein.

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12.

Vorinstanz: FG Münster vom 28. Dezember 2000 7 K 7481/99 E (EFG 2001, 489)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr (1997) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Der Kläger erzielt Einkünfte aus einem gewerblichen Einzelunternehmen. Dieser Betrieb war ihm von seiner Mutter (M) aufgrund eines privatschriftlichen "Übertragungsvertrags" vom 15. Januar 1974 übertragen worden. Als "Gegenleistung" hatte der Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 300 DM an M und ihren Ehemann als Gesamtberechtigte im Wege der Überweisung auf ein Bankkonto zu zahlen. Weiter hieß es: "Diese Rente wird den jeweiligen Lebenshaltungskosten in der Weise angepasst, dass sie im gleichen Umfang steigt wie die Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung. ... Die Parteien behalten sich alle Rechte aus § 323 ZPO vor." Der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb betrug in den Jahren 1973 und 1974 - nach Angaben des Klägers - 25.178 DM bzw. 35.712 DM und im Streitjahr 1997 101.164 DM.

Bei den Einkommensteuerveranlagungen seit 1974 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die jeweils erklärten Beträge von 3.600 DM jährlich als dauernde Last. Für das Streitjahr 1997 versagte er hingegen den Abzug, weil die Wertsicherungsklausel - deren Anwendung nach Berechnungen des FA zu einem Zahlbetrag von 9.114 DM hätte führen müssen - nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei. Nach dem Wortlaut der Klausel bestehe kein Wahlrecht zur Anpassung, sondern ein Automatismus. Es könne offen bleiben, ob die Wertsicherungsklausel mangels Genehmigung nach § 3 des Währungsgesetzes (WährG) unwirksam und wegen der fehlenden Anpassung auch für Fälle des Sinkens der Bezugsgröße (Einseitigkeitsklausel) von vornherein nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Denn weil die Vertragsparteien eine Genehmigung niemals beantragt hätten, sei davon auszugehen, dass sie die Wertsicherungsabrede so hätten treffen wollen, wie sie im Übergabevertrag vereinbart gewesen sei.

Die Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2001, 489).

Das FA rügt mit seiner Revision sinngemäß die Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Während nach der vom Finanzgericht (FG) angeführten Rechtsprechung bei der Vertragsgestaltung geringfügige Abweichungen von dem unter Fremden Üblichen unbeachtlich sein könnten, müsse der Vertrag stets und genau wie vereinbart durchgeführt werden. Auch betreffe die Wertsicherungsklausel nicht etwa nur eine geringfügige Nebenleistung, sondern einen wesentlichen Teil der Hauptleistung. Diese werde nicht allein durch den ursprünglichen Betrag, sondern stets in Verbindung mit dem Erhöhungs- bzw. Ermäßigungsbetrag bestimmt.

Das FA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG Münster vom 28. Dezember 2000 7 K 7481/99 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Sie halten die Wertsicherungsklausel mangels währungsrechtlicher Genehmigung bzw. Genehmigungsfähigkeit für unwirksam. Jedenfalls sei die seit Jahrzehnten unveränderte Zahlung als konkludente Vertragsänderung zu beurteilen; zivilrechtlich bestehe schon deshalb kein Anspruch auf Zahlung der Erhöhungsbeträge.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat die Zahlungen des Klägers an M in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zum Abzug als dauernde Last zugelassen.

1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG). Dauernde Lasten sind in vollem Umfang abziehbar; Leibrenten können nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG aufgeführten Tabelle ergibt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 2 EStG).

Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrenten), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. August 1997 X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813 unter II. 1. b, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Auch die Anwendung des für Unterhaltsleistungen geltenden Abzugsverbots des § 12 Nr. 1, 2 EStG ist durch das Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen spezialgesetzlich ausgeschlossen, weil die steuerrechtliche Zurechnung der Versorgungsleistungen zu den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen auf dem Umstand beruht, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen (BFH-Entscheidungen vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847 unter C. II. 1. c; vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 unter C. II. 3. a, 4. a; vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499 unter 2. a; in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813 unter II. 2. a; vom 10. November 1999 X R 46/97, BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188 unter III. 6. a; vom 12. Mai 2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 unter C. II. 2. c). Diese Grundsätze sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 17. Dezember 1992 1 BvR 4/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1993, 264).

2. Das FG hat die wiederkehrenden Leistungen zu Recht in voller Höhe zum Sonderausgabenabzug zugelassen. Die Vereinbarung vom 15. Januar 1974 entspricht dem Typus des Versorgungsvertrags, weil existenzsicherndes Vermögen - ein ertragbringender Gewerbebetrieb - gegen Versorgungsleistungen auf einen Abkömmling übertragen wurde.

3. Die vereinbarten Leistungen sind nach der nicht angegriffenen und revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des FG als abänderbar anzusehen. Auch wenn die monatlichen Leistungen rückblickend über einen langen Zeitraum unverändert geblieben sind, nimmt ihnen dies nicht den Charakter als grundsätzlich abänderbare dauernde Last (a.A. - für einen Sonderfall - FG München, Urteil vom 12. August 1999 16 K 652/97, EFG 1999, 1218). In dieser Hinsicht genügt, dass die Vertragsparteien bei einer materiell-rechtlich beachtlichen Änderung der Verhältnisse sich auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) hätten berufen können (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. April 1992 X R 52/89, BFH/NV 1992, 657 unter 5.).

Die Erwähnung der Vorschrift des § 323 ZPO in einem Vertrag ist grundsätzlich so zu verstehen, dass die vereinbarten Leistungen nach Maßgabe des materiellen Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein sollen. Enthält der Vertrag keinen ausdrücklichen Bezug auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Berechtigten oder der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten erlaubt (BFH-Beschluss in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 unter C. II. 3. c). Bei typischen Versorgungsverträgen folgt die Abänderbarkeit bereits aus der Rechtsnatur dieser Verträge (BFH-Urteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499 unter 3., 4.).

Dabei genügt allein die Möglichkeit, die laufenden Zahlungen - von Änderungen infolge einer Wertsicherungsklausel abgesehen - den veränderten Verhältnissen beim Berechtigten oder Verpflichteten anpassen zu können. Ob die Vertragspartner mit einer solchen Anpassung rechneten oder rechnen mussten, ist unerheblich (BFH-Urteil vom 20. Mai 1980 VI R 108/77, BFHE 130, 520, BStBl II 1980, 573 unter 3.).

4. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Verträge zwischen nahen Angehörigen ertragsteuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihre Gestaltung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht und sie auch tatsächlich durchgeführt werden (BFH-Urteile vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196 unter 1.; vom 17. Februar 1998 IX R 30/96, BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349 unter 1.).

a) Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 1991 2 BvR 47/90, HFR 1992, 426; vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34 unter B. I. 1.; vom 27. November 2002 2 BvR 483/00, HFR 2003, 171). Die einzelnen Kriterien, die im Rahmen dieser Prüfung von Bedeutung sein können, dürfen indes nicht zu Tatbestandsmerkmalen verselbständigt werden, die schon je für sich genommen die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließen; sie können vielmehr nur als Indizien im Rahmen einer Gesamtwürdigung betrachtet werden (BVerfG-Beschluss in BStBl II 1996, 34 unter B. I. 2.; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573). Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Dabei kann einzelnen dieser Beweisanzeichen je nach Lage des Falles im Rahmen der Gesamtbetrachtung eine unterschiedliche Bedeutung zukommen. Dementsprechend schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus (BFH-Urteile in BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196; vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182; vom 28. Januar 1997 IX R 23/94, BFHE 182, 542, BStBl II 1997, 655; vom 10. November 1998 VIII R 28/97, BFH/NV 1999, 616; vom 14. Mai 2003 X R 14/99, BFH/NV 2003, 1547 unter II. 1.).

b) Das Revisionsvorbringen des FA, wonach der Fremdvergleich - und die nur indizielle Wirkung einzelner Abweichungen - lediglich auf die Frage der Üblichkeit der vertraglichen Vereinbarungen beschränkt sei, während die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten "stets" und "genau" zu erfolgen habe, findet in der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Stütze. Bereits der Beschluss des BVerfG in BStBl II 1996, 34 ist ausschließlich zur Frage der tatsächlichen Durchführung (Überweisung des dem Arbeitnehmer-Ehegatten zustehenden Arbeitslohns auf ein "Oder-Konto" beider Ehegatten) ergangen. Auch in zahlreichen BFH-Entscheidungen sind einzelne Abweichungen der tatsächlichen Durchführung vom Vereinbarten dahin gehend gewürdigt worden, dass sie der steuerlichen Anerkennung des Vertrages allein nicht entgegenstehen (vgl. nur BFH-Urteile in BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196 unter 2. b zur unregelmäßigen Barzahlung der Miete trotz mietvertraglich vereinbarter Überweisung; in BFH/NV 1997, 182 unter 1. a: unpünktliche Lohnzahlung; in BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349: Nichtzahlung der in einem Mietvertrag vereinbarten Nebenkosten; BFH-Beschluss in BFHE 189, 497, BStBl II 2000, 188 unter II.: Unregelmäßigkeit von Versorgungsleistungen).

5. Zur Beurteilung der Frage, ob Vermögensübergabe- und Versorgungsverträge der Besteuerung zugrunde gelegt werden können, geht der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung von den nachstehenden Grundsätzen aus:

a) Die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses als solches setzt zwischen nahen Angehörigen jedenfalls voraus, dass der Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht (Umfang des übertragenen Vermögens, Höhe der Versorgungsleistung sowie Art und Weise ihrer Zahlung), klar und eindeutig vereinbart wird; die Vereinbarungen müssen zu Beginn des Rechtsverhältnisses oder bei Änderung des Verhältnisses für die Zukunft getroffen werden (BFH-Urteile vom 15. Juli 1992 X R 165/90, BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020 unter 2. d; vom 15. Juli 1992 X R 31/91, BFH/NV 1993, 18 unter 4.; vom 31. August 1994 X R 79/92, BFH/NV 1995, 382 unter 2.; vom 16. März 1999 X R 87/95, BFH/NV 2000, 12 unter II. 2. b; vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21 unter II. 3. a; vom 28. Juni 2000 X R 48/98, BFH/NV 2000, 1468 unter II. 2. b; zu Abweichungen vom Fremdüblichen, die danach von der Rechtsprechung des BFH als unerheblich beurteilt worden sind, vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499 unter 6. b).

b) Ob und in welchem Umfang die Parteien des Versorgungsvertrags ihren Vertragspflichten nachkommen wollen, steht ihnen nicht frei; die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden. Andererseits liegt es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags begründet, dass die Vertragspartner z.B. auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren (BFH-Urteil in BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020 unter 2. e).

6. Dies vorausgesetzt konnte das FG ohne Rechtsverstoß im Rahmen der ihm obliegenden Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis kommen, allein die Nichtbeachtung der Wertsicherungsklausel rechtfertige nicht den Schluss, dass die Parteien ihren vertraglichen Pflichten insgesamt nicht mehr hätten nachkommen wollen.

a) Für diese Gesamtwürdigung ist jedenfalls bei Versorgungsverträgen entscheidend, ob eine festgestellte Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen darauf hindeutet, dass es den Parteien am erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt.

Dies folgt bereits daraus, dass ein Ausgleich zu finden ist zwischen dem Erfordernis vertragsgemäßer Erfüllung der übernommenen Pflichten einerseits und der aus der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags folgenden Notwendigkeit andererseits, auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren zu können.

Insoweit unterscheidet sich auch die Funktion des anzustellenden Fremdvergleichs im Falle der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen von derjenigen des Fremdvergleichs bei sonstigen Vertragsverhältnissen zwischen Angehörigen: Bei Letzteren geht es um die Frage, ob eine Vereinbarung in dem einkommensteuerrechtlich vorausgesetzten sachlichen Zusammenhang steht mit der Erzielung von Einkünften (§ 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mit dem nach § 12 EStG unbeachtlichen privaten Bereich (vgl. BVerfG-Beschluss in BStBl II 1996, 34; BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699). In diesem Sinne dient der Fremdvergleich der alternativen Zuordnung eines Wertflusses zu seinem steuerrechtlich maßgebenden Rechtsgrund ("causa").

Um eine solche Zuordnungsentscheidung geht es bei der Anerkennung einer dauernden Last nicht. Denn die Versorgungsleistungen sind nach der gesetzlichen Systematik (Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG) ohnehin stets privat veranlasst: Der Bezugsberechtigte erhält Unterhaltsleistungen, die im Anwendungsbereich der privaten Versorgungsrente (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a, § 22 Nr. 1 EStG) steuerlich begünstigt sind. Der Übernehmer erhält nach dem Willen der Beteiligten "wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung" (BFH-Beschluss in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847), was unter Fremden von vornherein unüblich wäre.

Somit dient der Fremdvergleich bei Versorgungsverträgen vorrangig der Abgrenzung solcher Vereinbarungen, denen beide Parteien - durch äußere Merkmale erkennbar - rechtliche Bindungswirkung beimessen, von solchen "Verträgen", die zwar der äußeren Form nach als bindend erscheinen, für die Parteien selbst jedoch den Charakter der Beliebigkeit haben und von denen sie nur Gebrauch machen, wenn es ihnen opportun erscheint.

Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn der Vollzug der Vereinbarung durch willkürliche Aussetzung und anschließende Wiederaufnahme der Zahlungen (vgl. dazu auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26. August 2002, BStBl I 2002, 893 Tz. 27), darüber hinaus aber auch durch Schwankungen in der Höhe des Zahlbetrags, die nicht durch Änderungen der Verhältnisse gerechtfertigt sind, gekennzeichnet ist.

Umgekehrt ist für den Schluss auf das Vorhandensein von Rechtsbindungswillen neben der regelmäßigen Zahlungsweise vor allem von zentraler Bedeutung, dass der Berechtigte über die zugeflossenen Beträge verfügen kann.

b) Die dauerhafte Zahlung der Versorgungsleistungen mit ihrem ursprünglich vereinbarten Nennbetrag lässt ohne weitere Indizien - die das FG hier nicht hat feststellen können - einen Schluss auf fehlenden Rechtsbindungswillen der Vertragsparteien noch nicht zu. Denn wenn diese von einer vereinbarten Wertsicherungsklausel keinen Gebrauch machen, können sie damit auch zum Ausdruck bringen, dass nach ihrer Einschätzung die aktuelle Versorgungssituation eine Anpassung des Zahlbetrags nicht erfordert.

Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Frage der unterbliebenen Erhöhung des Zahlbetrags trotz Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel: Dem BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 657 lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die Parteien des Versorgungsvertrags 14 Jahre lang von einer vereinbarten Wertsicherungsklausel keinen Gebrauch gemacht hatten. Der erkennende Senat hat dies nicht nur für unschädlich im Hinblick auf die ertragsteuerrechtliche Anerkennung des Vertrages gehalten, sondern (unter 5. c) hinzugefügt, das Unterbleiben des Verlangens der sich infolge der Wertsicherungsklausel ergebenden Erhöhungsbeträge bestätige gerade, dass die Parteien von Anfang an einen Versorgungsvertrag gewollt hätten, weil für diesen Vertragstypus eine Reaktion auf geänderte Bedarfslagen kennzeichnend sei. Allgemeiner hat der Senat im Urteil in BFH/NV 1993, 18 (unter 5.) ausgeführt, aus dem Umstand, dass die Berechtigten über einen längeren Zeitraum von ihrem Recht, eine Anpassung der Rente zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hätten, lasse sich grundsätzlich nicht folgern, der Vertrag sei nicht wie vereinbart durchgeführt worden.

c) Danach mag das jahrelange Unterbleiben der Berufung auf eine Wertsicherungsklausel dazu führen, dass später doch gezahlte Erhöhungsbeträge - unter den Gesichtspunkten willkürlicher Nachzahlungen (dazu BMF-Schreiben in BStBl I 2002, 893 Tz. 26), insbesondere nach einer zwischenzeitlich vereinbarten konkludenten Vertragsänderung, oder möglicher Verwirkung (dazu Oberlandesgericht - OLG - Celle, Urteil vom 30. Mai 1990 2 U 184/89, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht - NJW-RR - 1991, 271) - steuerrechtlich unbeachtlich sind. Vorliegend geht es aber nicht um den Abzug von Leistungen, die über den ursprünglich vereinbarten Grundbetrag hinausgehen, sondern allein um den tatsächlich und dauerhaft gezahlten Ausgangsbetrag selbst. Zu diesem Fall äußert sich Tz. 27 des genannten BMF-Schreibens, auf das das FA sich beruft, nicht. Auch dort geht es lediglich um die Wiederaufnahme von Versorgungsleistungen, die zwischenzeitlich willkürlich nicht mehr erbracht worden waren.

d) Der vom FA hervorgehobene Gesichtspunkt, dass Fremde üblicherweise nicht auf die Anforderung von Erhöhungsbeträgen aufgrund einer vereinbarten Wertsicherungsklausel verzichten, steht dem nicht entgegen. Denn die Bedeutung von Wertsicherungsklauseln in kaufmännisch ausgewogenen Verträgen zwischen Fremden ist weitaus größer als in Versorgungsverträgen zwischen Angehörigen: Während in Versorgungsverträgen die Leistungen entsprechend § 323 ZPO typischerweise ohnehin abänderbar sind und die Wertsicherungsklausel sich nur als eine Möglichkeit unter mehreren vorhandenen Instrumenten zur Anpassung der Höhe der Leistungen darstellt, ist sie in sonstigen - insbesondere den zwischen Fremden abgeschlossenen - Verträgen das einzige Mittel, die Höhe der vereinbarten Leistungen zu ändern. Die Nichtdurchführung einer Klausel, die in Versorgungsverträgen zwischen Angehörigen aber gerade nicht dieselbe entscheidende Bedeutung hat wie in kaufmännisch ausgewogenen Verträgen zwischen Fremden, kann dann nicht allein unter Berufung darauf, dass Fremde grundsätzlich von vereinbarten Wertsicherungsklauseln Gebrauch machen würden, zur Versagung der ertragsteuerrechtlichen Anerkennung des gesamten Vertragsverhältnisses führen.

e) Jedenfalls der Mindestbestand der vereinbarten bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation der Vereinbarung vom 15. Januar 1974 als Versorgungsvertrag erst ermöglicht, ist tatsächlich durchgeführt worden.

aa) Zwar gehört die Festlegung von Art und Höhe der Versorgungsleistungen nach der Rechtsprechung des Senats zu dem Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der eine Qualifikation als Versorgungsvertrag erlaubt (vgl. die Nachweise oben 5. a). Diese Aussage ist aber vor dem Hintergrund zu verstehen, dass Art und Höhe der Leistungen wesentlich für die Beurteilung der Frage sind, ob diese abänderbar sind oder nicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 168, 561, BStBl II 1992, 1020 unter 2. e). Grundsätzlich sind Leistungen aufgrund von Verträgen, die dem Typus des Versorgungsvertrags entsprechen, aufgrund des Rechtscharakters solcher Verträge abänderbar (BFH-Urteil in BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499 unter 3., 4.). Das Vorhandensein oder Fehlen einer Wertsicherungsklausel ist für sich genommen für die Frage der Abänderbarkeit von untergeordneter Bedeutung: Auf der einen Seite führt allein die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel nicht dazu, dass die wiederkehrenden Leistungen als abänderbar anzusehen sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1986 IX R 5/80, BFH/NV 1986, 526 unter 2., und vom 27. November 1996 X R 85/94, BFHE 182, 110, BStBl II 1997, 284 unter 3. c); auf der anderen Seite genügt selbst eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO nicht für die Annahme der Abänderbarkeit der Leistungen, wenn die Vertragspartner die Höhe der Leistungen nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen (BFH-Urteile in BFH/NV 1986, 526 unter 3.; vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848 unter 3. b; in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813 unter II. 1. b aa, m.w.N.). Dann können Wertsicherungsklauseln aber nicht zum rechtlichen Mindestbestand von Versorgungsverträgen gehören; sie sind nicht "typusprägend".

Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass Wertsicherungsklauseln in der Praxis durchaus häufiger Bestandteil von Versorgungsverträgen sind.

bb) Eine zwingende Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung des Versorgungsvertrags allein wegen der Nichtdurchführung einer Wertsicherungsklausel ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass die Wertsicherungsklausel im Zeitablauf zunehmend die Höhe des Zahlbetrags beeinflussen kann, der Zahlbetrag aber seinerseits zum rechtlichen Mindestbestand des Versorgungsvertrags gehört. Denn jedenfalls in den ersten Jahren einer unterbleibenden Anpassung an die geänderte Bezugsgröße ist die Beeinflussung des Zahlbetrags zu gering, um die Wertsicherungsklausel als allein entscheidendes Indiz qualifizieren zu können; der aufgrund der Wertsicherungsklausel zu zahlende Mehr- oder Minderbetrag liegt zunächst deutlich unterhalb derjenigen Beträge, die etwa bei Mietverhältnissen üblicherweise an Nebenkosten zusätzlich zur Miete zu zahlen sind, deren nicht vertragsgemäße Zahlung jedoch für sich genommen die steuerrechtliche Anerkennung auch nicht ausschließt (BFH-Urteil in BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349). Wenn im Zeitablauf die Bezugsgröße allmählich stärkeren Veränderungen unterliegt, kann dies aber nicht zwangsläufig zu einer Nichtanerkennung führen, weil es an jeglichem Maßstab dafür fehlen würde, wann das - zunächst unstreitig auch steuerrechtlich als Versorgungsvertrag beachtliche - Rechtsverhältnis in eine anderweitig (entweder als Unterhaltsvereinbarung oder als entgeltlicher Erwerb) zu wertende Gestaltung umschlagen würde.

Die Festlegung einer solchen - zeitlichen oder betragsmäßigen - Grenze ist dem Senat schon deshalb verwehrt, weil die Frage der ertragsteuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen nur aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände entschieden werden kann, nicht aber ein einzelnes Indiz in die Bedeutung eines starren Tatbestandsmerkmals erhoben werden darf (vgl. dazu bereits oben 4. a).

Werden - wie hier - infolge langjähriger Nichtanpassung der Rentenhöhe nur noch ca. 40 % des auf Grund der Wertsicherungsklausel hochgerechneten Betrags gezahlt, mag dies das Gewicht dieses Einzelmerkmals im Rahmen der dem FG obliegenden Gesamtwürdigung erhöhen. Das angefochtene Urteil lässt aber nicht erkennen, dass das FG das zahlenmäßige Verhältnis zwischen dem gezahlten und dem theoretischen Rentenbetrag bzw. die Dauer des für die Beurteilung maßgebenden Zeitraums verkannt hätte.

f) Diese steuerrechtliche Beurteilung wird durch die zivilrechtliche Behandlung von Wertsicherungsklauseln bestätigt. So hat die Unwirksamkeit einer Wertsicherungsklausel - entgegen der Auslegungsregel des § 139 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - nicht etwa die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 2. Februar 1983 VIII ZR 13/82, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1909 unter 2. c). Wäre die Wertsicherungsklausel hingegen als untrennbarer Bestandteil der Hauptleistungspflicht anzusehen, wäre eine solche Begrenzung der Nichtigkeitsfolgen nicht möglich.

Zum selben Ergebnis führt die zivilgerichtliche Rechtsprechung zum Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle bei allgemeinen Geschäftsbedingungen: Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (bis 2001 § 8 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) und der dazu ergangenen Rechtsprechung sind Hauptleistungspflichten (d.h. der Leistungsinhalt und das dafür zu zahlende Entgelt) von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Preisänderungsklauseln hält der BGH hingegen für kontrollfähig (BGH-Urteile vom 16. Januar 1985 VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 unter II. 1. b, und vom 12. Januar 1994 VIII ZR 165/92, BGHZ 124, 351 unter IV. 2. a). Wertsicherungsklauseln sind in ihrer Wirkung aber derartigen Preisänderungsklauseln vergleichbar.