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  BFH-Urteil vom 2.2.2005 (II R 31/03) BStBl. 2005 II S. 531

1. Sagt der Schenker dem Bedachten den für den Erwerb eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag erst nach Abschluss des Kaufvertrags zu, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus.

2. Erhält der Grundstückskäufer Mittel für den Erwerb eines bestimmten Grundstücks zunächst als Darlehen und verzichtet der Darlehensgeber später auf die Rückzahlung, ist eine mittelbare Grundstücksschenkung nur gegeben, wenn der Darlehensgeber die Umwandlung des Darlehens in eine Schenkung vor dem Grundstückserwerb zusagt und vor Bezahlung des Kaufpreises tatsächlich vornimmt.

ErbStG § 10 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 7. Mai 2003 13 K 84/97 (EFG 2003, 1715)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhielt am 4. Juli 1995 von seiner Mutter einen Betrag von 100.000 DM überwiesen, den er abredegemäß zur teilweisen Finanzierung des Erwerbs eines Miteigentumsanteils an einer Eigentumswohnung verwendete. Diesen Miteigentumsanteil kaufte er mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. Juli 1995, in dem zugleich die Auflassung erklärt und die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch bewilligt und beantragt wurden. Diese Erklärungen sollte der Notar erst nach Vorliegen verschiedener Voraussetzungen, insbesondere der bis 15. August 1995 geschuldeten Bezahlung des Kaufpreises, beim Grundbuchamt einreichen. Der Notar stellte den Antrag auf Eigentumsumschreibung am 28. August 1995 beim Grundbuchamt. Die Umschreibung erfolgte am 10. Juni 1996.

Die Mutter des Klägers reichte beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) eine von ihr am 29. September 1995 unterzeichnete Erklärung ein, wonach das bisher zwischen ihr und dem Kläger vereinbarte "Darlehen von 100.000 DM" in eine Schenkung umgewandelt werde. Die Schenkung sei zweckgebunden zum Erwerb der Eigentumswohnung. Der Kläger machte in seiner Schenkungsteuererklärung hiermit übereinstimmende Angaben. Das FA sah in der erklärten "Umwandlung des Darlehens" keine mittelbare Grundstücksschenkung, sondern eine Geldschenkung und setzte demgemäß unter Berücksichtigung von Vorschenkungen von 90.000 DM Schenkungsteuer in Höhe von 4.000 DM fest.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1715 veröffentlichten Urteil mit der Begründung statt, eine mittelbare Grundstücksschenkung liege auch dann vor, wenn es sich bei der Überweisung entgegen dem nunmehrigen Vorbringen des Klägers nicht von vornherein um eine Schenkung, sondern ursprünglich um ein Darlehen gehandelt habe, das erst am 29. September 1995 in eine Schenkung umgewandelt worden sei. Der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt wegen der noch ausstehenden Eigentumsumschreibung im Grundbuch noch nicht zivilrechtlicher Miteigentümer der Wohnung gewesen. Das sei entscheidend.

Mit der Revision wendet sich das FA gegen diese Beurteilung. Der Kläger habe den Betrag von 100.000 DM zunächst nur als Darlehen erhalten. Da das Darlehen erst nach Abgabe der für die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch erforderlichen Erklärungen in eine Schenkung umgewandelt worden sei, scheide eine mittelbare Grundstücksschenkung aus. Es handele sich vielmehr um eine Geldschenkung.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat sich dazu nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat zu Unrecht angenommen, es liege eine mittelbare Grundstücksschenkung vor, wenn zunächst ein Darlehen vereinbart war und dieses erst am 29. September 1995 in eine Schenkung umgewandelt wurde.

a) Sagt der Schenker dem Bedachten den für den Kauf eines bestimmten Grundstücks vorgesehenen Geldbetrag vor dem Erwerb des Grundstücks zu und stellt er ihm den Betrag bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung, liegt nach dem Senatsurteil vom 10. November 2004 II R 44/02 (BFH/NV 2005, 468) eine mittelbare Grundstücksschenkung auch dann vor, wenn der Bedachte bereits vor der Überlassung des Geldes Eigentümer des Grundstücks geworden war. Werden die Geldmittel erst nach Erwerb des Grundstücks zugesagt oder erhält sie der Bedachte erst nach Bezahlung des Kaufpreises, scheidet eine mittelbare Grundstücksschenkung aus. In einem solchen Fall stellt sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung beim Bedachten als Geldzuwendung dar. Als Erwerb ist bei einem Kauf der Abschluss des Kaufvertrags anzusehen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 1. Juni 2004 IX R 61/03, BFH/NV 2005, 27).

Erhält der Grundstückskäufer zunächst Mittel für den Erwerb eines bestimmten Grundstücks lediglich als Darlehen und verzichtet der Darlehensgeber später auf die Rückzahlung, ist nach diesen Grundsätzen eine mittelbare Grundstücksschenkung nur gegeben, wenn der Darlehensgeber die Umwandlung des Darlehens in eine Schenkung vor dem Grundstückserwerb zusagt und vor Bezahlung des Kaufpreises tatsächlich vornimmt. Auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Darlehen hat insoweit keine schenkungsteuerrechtliche Bedeutung.

b) Dies hat das FG verkannt. Hat der Kläger den Betrag von 100.000 DM zunächst als Darlehen erhalten und hat die Mutter erst am 29. September 1995 auf die Rückzahlung verzichtet, ist die Umwandlung des Darlehens in eine Schenkung nicht innerhalb des Zeitraums erfolgt, in dem eine mittelbare Grundstücksschenkung noch möglich war. Dies führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat offen gelassen, ob es sich bei der Überweisung vom 4. Juli 1995 von vornherein um eine Schenkung handelte oder nicht. Es wird entsprechende Feststellungen nachzuholen haben. Die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die Richtigkeit seines Vorbringens trägt der Kläger.