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BFH-Urteil vom 20.6.2006 (X R 3/06) BStBl. 2006 II S. 870

Bezieht der Steuerpflichtige aufgrund eines Rentenversicherungsvertrages gegen Einmalbeitrag auf Lebenszeit sowohl eine garantierte "Grundrente" als auch eine nicht garantierte "Bonusrente aus der Überschussbeteiligung", so sind beide Bestandteile der wiederkehrenden Bezüge einheitlich zu beurteilen und trotz der durch die fehlende Gleichmäßigkeit der Leistungen bedingten Nichterfüllung des Leibrentenbegriffs lediglich mit ihrem Ertrags- bzw. Zinsanteil der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 1 Sätze 1 und 3.

Vorinstanz: FG Köln vom 25. Oktober 2005 1 K 1518/02 (EFG 2006, 741)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1992 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Der am 8. August 1942 geborene Kläger schloss durch Vermittlung der Fa. V zum 1. Dezember 1992 als Versicherungsnehmer mit der L-Lebensversicherungs-AG (L-AG) einen Vertrag über eine sofort beginnende Leibrente gegen Zahlung eines Einmalbeitrages in Höhe von 200.000 DM. Die L-AG verpflichtete sich, beginnend ab 1. Januar 1993 monatlich 874,75 DM zzgl. einer nicht garantierten Bonusrente aus der Überschussbeteiligung in Höhe von anfänglich monatlich 436,92 DM an den Kläger bis an dessen Lebensende, mindestens aber für die Dauer von 20 Jahren, zu zahlen.

Der Kläger finanzierte den Einmalbeitrag in voller Höhe durch ein am 18. Dezember 1992 aufgenommenes Darlehen der E-Bank, das mit 9 v.H. verzinst und am 17. Dezember 2004 in einem Betrag zurückgezahlt werden sollte (Darlehen I). Die Zinsen für die gesamte Laufzeit entrichtete der Kläger (abgezinst) im Voraus. Zur Finanzierung dieser Zinszahlung nahm er ebenfalls am 18. Dezember 1992 ein weiteres Darlehen der E-Bank über 139.235 DM auf, bei dem die Zinsen in Höhe von nominell 8,75 v.H. vierteljährlich nachschüssig zu entrichten waren (Darlehen II). Das Darlehen II war in voller Höhe am 17. Dezember 1998 zurückzuzahlen. Sondertilgungen waren beim Darlehen II jederzeit zulässig, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen sollte. Für die beiden Darlehen waren über die gesamten Laufzeiten berechnete Kontoführungsgebühren in Höhe von 1.440 DM (Darlehen I) bzw. 720 DM (Darlehen II) sofort zu entrichten. Sie wurden bei der Auszahlung der Darlehenssummen einbehalten.

Für die "Entwicklung des Rentenkonzepts und der Finanzierung" hatte der Kläger an die Fa. V eine sog. Konzeptgebühr in Höhe von 11.400 DM zu zahlen.

In der Einkommensteuererklärung für 1992 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus der "Leibrente" einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 143.235 DM (im Einzelnen: Zinsen aus Darlehen I 139.235 DM + Konzeptgebühren in Höhe von 2 % von 200.000 DM = 4.000 DM) geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung des Werbungskostenüberschusses ab, weil es nach seiner Auffassung an der Absicht des Klägers zur Erzielung eines Totalüberschusses gefehlt habe.

Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2006, 741).

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen (sinngemäß), die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der erkennende Senat folgt dem FG nicht darin, dass der Kläger hinsichtlich seiner Einkünfte aus der Rentenversicherung gegen fremdfinanzierten Einmalbeitrag die Absicht verfolgt habe, einen (Total-) Überschuss der steuerbaren und steuerpflichtigen Renteneinnahmen über die voraussichtlichen Werbungskosten zu erzielen.

1. Mit Recht hat das FG angenommen, dass der geltend gemachte Werbungskostenüberschuss schon dem Grunde nach nur dann einkommensteuermindernd berücksichtigt werden kann, wenn der Kläger mit der in Rede stehenden Rentenanlage die Absicht verfolgte, auf die voraussichtliche Dauer der Anlage einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (vgl. z.B. Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 29/02, BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234).

Der Zeitraum, für den die Überschussprognose vorzunehmen ist, entspricht der mutmaßlichen Gesamtdauer der Vermögensnutzung (vgl. z.B. Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II.3.b). Maßgebend sind die bei Vertragsschluss erkennbaren Verhältnisse, weil sich der "Rentenberechtigte" bereits zu diesem Zeitpunkt endgültig gebunden hat (vgl. Senatsurteile in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234, unter II.1., und in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II.4.a aa und bb).

2. Des Weiteren ist das FG zutreffend im Rahmen der von ihm getroffenen Überschussprognose davon ausgegangen, dass der Kläger aus der maßgeblichen Perspektive bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrages im Streitjahr 1992 aus der Rentenversicherung voraussichtlich Bruttoeinnahmen in Höhe von 398.747,68 DM zu erwarten hatte.

a) Der zu Beginn der Rente 50 Jahre alte Kläger verfügte an seinem 50. Geburtstag (8. August 1992) nach der "Abgekürzten Sterbetafel 1988/1990" (zu deren Maßgeblichkeit im Streitfall vgl. Senatsurteil vom 16. September 2004 X R 25/01, BFHE 207, 515, BStBl II 2006, 228, unter II.4.a bb und cc, mit ausführlicher Begründung; zur Berechnung der mittleren Lebenserwartung genau ab dem Zeitpunkt des betreffenden Geburtstags vgl. BFH-Urteil in BFHE 207, 515, BStBl II 2006, 228, unter II.4.a dd) über eine mittlere Lebenserwartung von 25,72 Jahren. Dieser Zeitraum übersteigt die vereinbarte Mindestlaufzeit der "Rente" von 20 Jahren.

Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit stand daher zu erwarten, dass der Kläger alle Rentenzahlungen vom 1. Januar 1993 bis zum 1. April 2018 (= 304 Monatszahlungen) erleben werde. Demnach ergeben sich folgende voraussichtliche Rentenzahlungen:

"Grundrente"
304 x 874,75 DM =


265.924,00 DM

"Überschussbeteiligung" (Bonusrente)
304 x 436,92 DM =


132.823,68 DM

Summe

398.747,68 DM

b) Mit Recht ist das FG davon ausgegangen, dass auch die nicht garantierte "Bonusrente" während der gesamten mutmaßlichen Laufzeit der Rentenzahlungen - wie zu deren Beginn - 436,92 DM betragen wird (vgl. Oberfinanzdirektion - OFD - Kiel, Verfügung vom 4. Oktober 2000 S 2255 A St 236, Finanz-Rundschau - FR - 2001, 323, unter III.2.1.b; OFD Berlin, Verfügung vom 29. Dezember 1998 St 446 -S 2255- 1/93, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2000, 687, unter 2.2.1, letzter Absatz).

3. Nicht beizupflichten vermag der erkennende Senat dem FG indessen darin, dass es lediglich die "Grundrente" mit ihrem Ertragsanteil (= Zinsanteil; lt. Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes - EStG -) von 41 v.H., die Überschussbeteiligung hingegen in voller Höhe als i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen behandelt hat.

a) In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist bislang nicht abschließend entschieden worden, ob in dem auch hier gegebenen Fall, dass dem Bezugsberechtigten neben einer vom Versicherer garantierten Grundrente eine nicht garantierte laufende Überschussbeteiligung ("Bonusrente") gewährt wird, die wiederkehrenden Leistungen mit steuerrechtlicher Wirkung zergliedert werden müssen in die gleich bleibende, der Ertragsanteilsbesteuerung unterfallende (Grund-)Rente und die der Höhe nach variabel vereinbarte Zusatzrente.

aa) Teilweise wird dies bejaht und daraus die Folgerung gezogen, dass die Grundrente der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG und die Zusatzrente in vollem Umfang der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG unterliege (vgl. Niedersächsisches FG, Urteil vom 16. April 1996 XV 42/93, EFG 1996, 978; OFD Hannover, Verfügung, vom 2. Mai 1997 S 2255- 107-StO 223/S 2255-342-StH 215, DStR 1997, 1083). Dieser Ansicht hat sich auch die Vorinstanz angeschlossen.

bb) Überwiegend wird indessen die Auffassung vertreten, dass die gesamte Rente einschließlich der Überschussanteile ("Bonusrente") mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zur Einkommensteuer heranzuziehen sei (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26. November 1998 IV C 3 -S 2255- 35/98, BStBl I 1998, 1508; OFD Cottbus, Verfügung vom 22. Oktober 1998 -S 2255- 7-St 110, FR 1998, 1060; OFD Berlin in DStR 2000, 687, unter 2.2; OFD Kiel in FR 2001, 323, unter III.2.1.b; Horlemann, FR 1998, 466, 467).

Im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 1508 wird dies unter gleichzeitigem Hinweis auf die "bisherige langjährige Übung" vor allem mit der Erwägung begründet, dass eine "volle Erfassung der Überschussanteile ... bei gleichzeitiger Erfassung der garantierten (Grund-)Rente mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ... bezogen auf die Gesamtleistung zu einer Überbesteuerung führen (würde). Die garantierte Rente, die aus versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen auf der Basis eines Zinssatzes von derzeit lediglich 4 v.H. berechnet (werde), werde mit einem Ertragsanteilssatz herangezogen, der auf der Basis eines Zinssatzes von 5,5 v.H. berechnet (sei). Bei einer vollen Heranziehung des Überschussanteils unterläge deshalb insgesamt auch ein Teil der Kapitalrückzahlung der Besteuerung. Mit der Anwendung eines durchschnittlichen Zinssatzes von 5,5 v.H. bei der Ermittlung des Ertragsanteils (werde) der Ertrag der Rente typisierend erfasst, unabhängig vom tatsächlichen Ertrag im Einzelfall".

b) Der erkennende Senat vermag sich der Vorinstanz und der vorstehend unter II.3.a aa skizzierten Ansicht schon deswegen nicht anzuschließen, weil die volle ertragsteuerliche Erfassung der nicht garantierten Überschussbeteiligung - wie das BMF im Schreiben in BStBl I 1998, 1508 (vgl. oben a bb) zu Recht ausführt - zu einer verfassungswidrigen Überbesteuerung führen würde. Wie das BMF (in BStBl I 1998, 1508) zutreffend hervorgehoben hat, beträgt der in der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zugrunde gelegte Rechnungszinsfuß 5,5 v.H. Allein mit dem Ansatz der Garantiezinsen, deren Höhe im Streitjahr 3,5 v.H. betrug (vgl. z.B. Dötsch in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 20 Rdnr. H 18), war ein solcher Ertrag aber bisher - soweit ersichtlich - zu keinem Zeitpunkt erreichbar (zur Entwicklung der Garantiezinsen vgl. auch § 2 Abs. 1 der Deckungsrückstellungsverordnung vom 6. Mai 1996, BGBl I 1996, 670, mit späteren Änderungen durch die Verordnungen vom 29. März 2000, BGBl I 2000, 336, und vom 5. November 2003, BGBl I 2003, 2259; vom 1. Mai 1996 bis 30. Juni 2000: 4,0 v.H.; vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2003: 3,25 v.H.; seit 1. Januar 2004: 2,75 v.H.). Bei der vom FG befürworteten vollen Heranziehung der Überschussanteile unterläge daher bei einer Gesamtbetrachtung der Rentenzahlungen auch ein Teil der Kapitalrückzahlung der Besteuerung, was indes der verfassungskonform einzugrenzenden Grundaussage des § 2 Abs. 2 EStG widerspräche (näher dazu z.B. Senatsurteil vom 26. November 1992 X R 187/87, BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298, insbesondere unter II.2.a bis c der Gründe; ferner Senatsurteil vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663, unter 2.c aa und bb der Gründe; vgl. ferner auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C.II.2. der Gründe; BFH-Urteil vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, unter 5. der Gründe).

Abgesehen davon käme es bei der vom FG angenommenen vollen Besteuerung der Überschussanteile auch zu einer Ungleichbehandlung der Versicherungsprodukte deutscher Anbieter einerseits, die aufgrund aufsichtsrechtlicher Bestimmungen (vgl. § 65 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes - VAG -) die Höhe der Überschussanteile nicht garantieren dürfen, und ausländischer Anbieter andererseits, die nicht daran gehindert sind, Erträge in voller Höhe zu garantieren (zu britischen Lebensversicherungen vgl. z.B. Meyer-Scharenberg, DStR 1997, 1678).

Schließlich kann der erkennende Senat der Vorinstanz und der unter II.3.a aa dargestellten Auffassung aber auch deshalb nicht folgen, weil sie zu einer gekünstelten und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht gerechtfertigten Aufsplittung des im Streitfall gegen Einmalbeitrag erworbenen einheitlichen Rentenrechts führen würde.

c) Bei der danach gebotenen einheitlichen Beurteilung des Rentenrechts hinsichtlich der garantierten Grundrente und der nicht garantierten Überschussbeteiligung stellen sich die weiteren Fragen, welcher Einkunftsart die streitigen Rentenzahlungen unterfallen und - daran anknüpfend - auf welche Weise der in diesen wiederkehrenden Leistungen enthaltene (steuerbare und steuerpflichtige) Zins- bzw. Ertragsanteil von dem - wie dargelegt (vgl. oben II.3.b) - in jeder Rentenzahlung enthaltenen nicht steuerbaren Kapitalrückzahlungsanteil zu sondern ist.

In seinem Urteil vom 15. Juni 2005 X R 64/01 (BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245, unter II.3.b bb) hat der erkennende Senat - ohne sich allerdings endgültig festlegen zu müssen - die Überlegung für nahe liegend erachtet, dass der Zinsanteil der bei der gebotenen Einheitsbetrachtung insgesamt abänderbaren "Rente" nicht nach § 22 Nr. 1 EStG, sondern nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu besteuern sei. Da § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG nur den Ertragsanteil von - definitionsgemäß gleich bleibenden - Leibrenten regele, sei bei privaten abänderbaren Renten eine - letztlich nur praktische - Schwierigkeit in dem Erfordernis begründet, die Laufzeit der wiederkehrenden Bezüge zu bestimmen, von der die Höhe des Zinsanteils abhänge. Die Modalitäten der Berechnung des Zinsanteils seien umstritten (vgl. Senatsentscheidungen in BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298; vom 14. Dezember 1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680; anders - entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Ertragsanteil - BFH-Urteil in BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47). Der Senat habe auch bei einer finanzmathematischen Berechnung zur Gleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Sachverhalte die biometrischen Durchschnittswerte der Allgemeinen Deutschen Sterbetafel als maßgebend angesehen, die ebenso wie der Rechnungszinsfuß von 5,5 v.H. der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zugrunde lägen (BFH-Urteil in BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663). Er habe ferner entschieden, dass in Einzelfällen, insbesondere solchen von geringer betragsmäßiger Bedeutung, eine vereinfachte Berechnung - z.B. in Anlehnung an die Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG - zulässig sein könne (Senatsurteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245, unter II.3.b cc der Gründe).

d) Der erkennende Senat braucht auch im vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden, ob die streitigen Renteneinnahmen insgesamt den sonstigen Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1 EStG zuzuordnen sind und der sich in den Gesamteinnahmen enthaltene Ertragsanteil nach der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG bemisst oder ob in diesen Einnahmen enthaltene Zinsanteile dem Grunde nach Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind, deren Höhe aus Vereinfachungsgründen in sinngemäßer Anwendung der Ertragsanteilstabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG oder nach finanz- bzw. versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln ist. Denn gleichviel welcher Ansicht und welcher Methode zur Zins- bzw. Ertragsanteilsermittlung man folgt, fehlt es wegen der in allen denkbaren Konstellationen negativen "Totalüberschussprognose" an der für die Berücksichtigung des geltend gemachten Werbungskostenüberschusses gebotenen Einkünfteerzielungsabsicht.

aa) Folgt man der unter II.3.a bb dargestellten Auffassung, wonach die gesamten, aus der Perspektive des Streitjahres 1992 zu erwartenden Renteneinnahmen einschließlich der voraussichtlichen Überschussbeteiligungen in der unstreitigen Höhe von 398.747,68 DM (vgl. oben II.2.) als sonstige Einkünfte (Leibrente) i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu qualifizieren sind und mithin insgesamt mit dem unstreitigen und zutreffenden Ertragsanteil in Höhe von 41 v.H. der Einkommensbesteuerung unterliegen, so ergeben sich steuerbare und steuerpflichtige (Total-)Einnahmen in Höhe von 41 v.H. von 398.747,68 DM = 163.486,54 DM.

Diesen Einnahmen stehen nach der im Wesentlichen zutreffenden Prognose des FG voraussichtliche Werbungskosten in folgender Gesamthöhe gegenüber:

Schuldzinsen für Darlehen I (unstreitig)

139.235,01 DM

Schuldzinsen für Darlehen II
(139.235,01 DM x 8,75 % x 6 Jahre)


73.098,38 DM

Kontoführungsgebühren für Darlehen I (unstreitig)


1.440,00 DM

Kontoführungsgebühren für Darlehen II (unstreitig)


720,00 DM

Darlehensvermittlungsgebühren, begrenzt auf 2 % von 200.000 DM (unstreitig)


  4.000,00 DM

Summe

218.493,39 DM

Danach stand aus der maßgeblichen Sicht des Streitjahres zu erwarten, dass der Kläger aus seinem Rentenengagement einen "Totalverlust" (Überschuss der mutmaßlichen Werbungskosten über die zu prognostizierenden Einnahmen) in Höhe von 55.006,85 DM erleiden werde.

In diesem Zusammenhang folgt der Senat dem FG darin, dass die voraussichtlichen Schuldzinsen für das nach sechs Jahren in einer Summe rückzahlbare Darlehen II aus der Perspektive des Streitjahres trotz der insoweit vom Kläger ausbedungenen jederzeitigen Sondertilgungsrechte mangels vom FG festgestellter, hinlänglich substantiierter gegenteiliger Indizien für eine vorzeitige Tilgung für die gesamte Kreditlaufzeit anzusetzen waren (vgl. Senatsurteil in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234, unter II.3.c; ferner BFH-Urteil vom 9. Mai 2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660, unter A.I.3.b bb bbb).

Ebenso rechtsfehlerfrei hat das FG den als Finanzierungsnebenkosten (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) und damit als Werbungskosten abziehbaren Teil der "Konzeptgebühr" im Rahmen der Überschussprognose lediglich mit 2 v.H. der Darlehenssumme angesetzt (zu einem insoweit parallel gelagerten Fall vgl. schon Senatsurteil in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234, unter II.3.c, m.w.N.).

Für die Zeit nach Ende der Finanzierungsphase hat das FG in seiner Überschussprognose keinen Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG abgesetzt. Ob und inwieweit dies berechtigt war (vgl. hierzu Senatsurteil in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234, unter II.3.c, m.w.N.), mag indessen mangels Entscheidungserheblichkeit auf sich beruhen, weil ein dahin gehender Ansatz den zu prognostizierenden "Totalverlust" erhöhen würde.

bb) Geht man davon aus, dass der Kläger mit den in den Renteneinnahmen enthaltenen Zinsanteilen Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt (vgl. oben II.3.c) und diese Zinsanteile - aus Vereinfachungsgründen - in entsprechender Anwendung der Ertragsanteilstabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu berechnen sind, ergibt sich im Wesentlichen dasselbe Bild. Auch bei dieser rechtlichen Qualifikation und Handhabung erleidet der Kläger voraussichtlich einen Totalverlust.

cc) Schließlich erleidet der Kläger aber auch dann einen "Totalverlust", wenn man die aus der Rentenanlage erzielten Einnahmen den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuordnet sowie die entsprechenden Zinsanteile finanz- bzw. versicherungsmathematisch unter Zugrundelegung eines Rechnungszinsfußes von 5,5 v.H. und der biometrischen Durchschnittswerte der für das Streitjahr 1992 maßgeblichen Allgemeinen Deutschen Sterbetafel 1986/1988 (vgl. Senatsurteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245, unter II.3.b cc) berechnet. Insoweit folgt der Senat der zutreffenden Berechnung des FA in der Revisionsbegründungsschrift. Danach ergibt sich ein Kapitalwert (Barwert) des vom Kläger erworbenen Rentenanspruchs in Höhe von (874,75 DM + 436,92 DM =) 1.311,67 DM x 12 Monate x 12,961 (= Vervielfältiger lt. Anlage 9 zu § 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes =) 204.006,65 DM. Mithin errechnet sich der auf die statistisch wahrscheinliche Gesamtlaufzeit der Rentenzahlungen zu verteilende Zinsanteil in Höhe der Differenz zwischen den zu erwartenden Gesamtbruttorenteneinnahmen (398.747,68 DM; siehe oben II.2.) und dem genannten Kapitalwert (204.006,65 DM) und beträgt folglich 194.741,03 DM. Auch dieser die (steuerbaren) Totaleinnahmen repräsentierende Betrag wird durch die voraussichtlich anfallenden gesamten Werbungskosten (218.493,39 DM; siehe oben II.3.d aa) selbst ohne die ggf. gebotene Berücksichtigung der nicht anderweitig beanspruchten Sparerfreibeträge überschritten.