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BFH-Urteil vom 24.10.2006 (I R 2/06) BStBl. 2007 II S. 469

1. Im Rahmen der Teilwertabschreibung ist eine Forderung aus einem gekündigten Bankdarlehen, bei dem wegen fehlender Solvenz des Schuldners nur noch mit dem Eingang des den nominalen Forderungsbetrag unterschreitenden Erlöses aus der Sicherheitenverwertung und nicht mehr mit Zinszahlungen gerechnet werden kann, auf den Betrag des zu erwartenden Erlöses zu reduzieren und auf den Zeitpunkt abzuzinsen, zu dem mit dem Eingang des Erlöses zu rechnen ist.

2. Bei lediglich eingeschränkter Solvenz des Schuldners eines ungekündigten Darlehens hängen Möglichkeit und Höhe einer Abzinsung der Darlehensforderung vom Umfang der noch zu erwartenden Teilleistungen auf die Forderung ab.

FGO § 40 Abs. 2; EStG § 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, Nr. 2; HGB § 253 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 15. Dezember 2005 3 K 294/01 (EFG 2006, 796)

Sachverhalt

I.

Streitig ist, ob im Rahmen der Wertberichtigung so genannter notleidender Bankkredite neben der Ausbuchung der uneinbringlich gewordenen Zinsen auch eine Abzinsung des Darlehenskapitals zulässig ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Bank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Sie nahm für die Streitjahre 1991 bis 1995 Einzelwertberichtigungen hinsichtlich notleidender Kreditengagements in zwei Fallgruppen vor:

Fallgruppe 1: Gekündigte Kreditverträge, bei denen die Klägerin nur noch die ihr zur Verfügung gestellten Sicherheiten verwerten konnte. Hier nahm die Klägerin von den zum Jahresende bestehenden jeweiligen Schuldsalden Einzelwertberichtigungen bis zur Höhe des erwarteten Wertes der vorhandenen Sicherheiten vor. Außerdem zinste sie diesen Wert hinsichtlich der Zeit bis zur voraussichtlichen Sicherheitenverwertung ab.

Fallgruppe 2: Kreditverträge, auf die die Schuldner zwar noch Ratenzahlungen leisteten, deren Höhe jedoch den vereinbarten Zins nicht abdeckte. Ein förmlicher Verzicht auf den Zinsanspruch wurde mit den Schuldnern nicht vereinbart. Hier nahm die Klägerin eine Wertberichtigung durch Ausbuchung der laufenden Zinsforderungen vor. Außerdem zinste sie die jeweiligen Schuldsalden bezogen auf den Zeitraum ab, der sich bei Anrechnung regelmäßiger Raten auf die Schuldsalden bis zu deren Tilgung ergab.

Für die Berechnung der Abzinsung legte die Klägerin ihren Refinanzierungszinssatz für Ausleihungen ohne Berücksichtigung eines banküblichen Unternehmergewinns zu Grunde. Die ursprünglichen Abzinsungen wurden durch allmähliche Zuschreibungen in den Folgejahren bis zum jeweiligen Laufzeitende neutralisiert.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die in den beiden Fallgruppen von der Klägerin vorgenommenen Abzinsungen im Rahmen der Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Streitjahre dem Grunde nach nicht an. Hierdurch ergaben sich für die Jahre 1991 bis 1993 und 1995 jeweils Gewinnerhöhungen, für 1994 ergab sich eine Gewinnminderung.

Mit der Klage hat die Klägerin die Berücksichtigung der Abzinsungen und der daraus sich ergebenden Gewinnminderungen bzw. Gewinnerhöhungen bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer geltend gemacht. Die Klage hatte Erfolg und führte zu dem Begehren der Klägerin entsprechenden Änderungen der Steuerfestsetzungen durch das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, dessen Urteil vom 15. Dezember 2005 3 K 294/01 in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 796 veröffentlicht ist.

Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit seiner Revision, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses hat zwar in Bezug auf die Darlehensforderungen der Fallgruppe 1 die von der Klägerin vorgenommenen Abschreibungen zu Recht gebilligt. In Bezug auf die Forderungen der Fallgruppe 2 reichen die tatrichterlichen Feststellungen jedoch zur Beurteilung der Begründetheit der Klage nicht aus.

1. Zu Recht - und vom FA nicht beanstandet - hat das FG die Zulässigkeit der Klage auch im Hinblick auf die Festsetzung der Körperschaftsteuer 1994 bejaht, obgleich die vom FA vorgenommene Gewinnermittlung für dieses Jahr zur Festsetzung eines niedrigeren Steuerbetrages geführt hat. Es ist anerkannt, dass ein Steuerpflichtiger durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung gemäß § 40 Abs. 2 FGO in seinen Rechten verletzt sein kann, wenn sich die Festsetzung in späteren Veranlagungszeiträumen zu seinen Ungunsten auswirken kann (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1979 VIII R 153/77, BFHE 129, 325, BStBl II 1980, 181; vom 27. Mai 1981 I R 123/77, BFHE 133, 412, BStBl II 1982, 211) oder wenn die Festsetzung einer zu niedrigen Steuer Folge eines Bilanzansatzes ist, der sich in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen zu Ungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 273/81, BFHE 143, 238, BStBl II 1985, 394). Letzteres ist hier der Fall; denn die niedrigere Steuerfestsetzung für 1994 ist Folge jenes Wertansatzes des FA bezüglich der notleidenden Darlehen, der für die vorhergehenden Jahre zu einer höheren Steuerfestsetzung geführt hat. Die Klägerin konnte deshalb auch die Steuerfestsetzung 1994 in ihr Klagebegehren einbeziehen.

2. Die von der Klägerin und dem FG im Rahmen der Einzelwertberichtigung der notleidenden Darlehensengagements der Fallgruppe 1 vorgenommene Abzinsung ist nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat die buchführende Klägerin in ihrer Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Darlehensforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen auch dann ihrem Nennwert, wenn das Darlehen unverzinslich ist (BFH-Urteile vom 23. April 1975 I R 236/72, BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875; vom 30. November 1988 I R 114/84, BFHE 155, 337, BStBl II 1990, 117; vom 19. Mai 1998 I R 54/97, BFHE 186, 230, BStBl II 1999, 277).

Ist jedoch der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, so "kann" statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei Darlehensforderungen einer Bank, die grundsätzlich dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind (§ 340e Abs. 1 Satz 2 HGB), wird ein niedrigerer Teilwert regelmäßig jenem niedrigeren Wert entsprechen, der ihnen gemäß § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB am Abschlussstichtag beizulegen ist. In Befolgung des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips "ist" daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch in der Steuerbilanz auf diesen Wert abzuschreiben (Senatsurteil vom 20. August 2003 I R 49/02, BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941).

b) Der Teilwert der der Klägerin nach der Kündigung der Kreditverträge der Fallgruppe 1 zustehenden Forderungen gegen die Darlehensnehmer unterschreitet deren Nennwert in zweifacher Hinsicht:

aa) Das FA hat zu Recht eine Unterschreitung des Nennwerts insoweit anerkannt, als es den Wertansatz nicht in Höhe des jeweils noch offenen Schuldsaldos, sondern lediglich noch in Höhe des aus der Verwertung der Sicherheiten zu erwartenden Erlöses akzeptiert hat. Mehr als diesen voraussichtlichen Erlös würde ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für diese Darlehensforderungen nicht ansetzen, weil bei fehlender Bonität des Schuldners aus wirtschaftlicher Sicht für die Bewertung einer Forderung nicht deren Nominalbetrag, sondern jener Betrag ausschlaggebend ist, der beim Schuldner oder sonstigen Sicherheitengebern tatsächlich noch realisiert werden kann.

bb) Der Erwerber des ganzen Betriebes würde bei Bewertung dieser Forderungen darüber hinaus noch eine weitere Reduzierung in Form einer Abzinsung vornehmen, wenn - wie hier - mit der Realisierung des Erlöses aus der Sicherheitenverwertung nicht kurzfristig, sondern erst nach geraumer Zeit zu rechnen ist. Wie auch das FA im Grundsatz nicht verkennt, ist eine Forderung, mit deren Befriedigung erst in geraumer Zeit gerechnet werden kann, weniger wert als eine nominal gleich hohe Forderung, die kurzfristig eingezogen werden kann. Das gilt nicht nur aus Sicht des Erwerbers einer Einzelforderung, sondern in gleicher Weise auch aus der des Erwerbers einer Bank, zu deren Umlaufvermögen Darlehensforderungen gehören. Der Teilwert unverzinslicher Darlehen ist deshalb regelmäßig durch Abzinsung der künftigen Rückzahlung zu ermitteln; etwas anderes gilt nur, wenn der Darlehensnehmer für die Kapitalüberlassung zwar keine Zinsen, also Geld oder vertretbare Sachen entrichtet, jedoch eine andersartige Gegenleistung als "verdeckte Verzinsung" erbringt (BFH-Urteile in BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875; vom 9. Juli 1981 IV R 35/78, BFHE 133, 543, BStBl II 1981, 734; vgl. auch § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes). Da im Streitfall mit Zinszahlungen der Darlehensschuldner nicht mehr zu rechnen war und andersartige Gegenleistungen für die Kapitalüberlassung nicht im Raum stehen, sind die Darlehensforderungen der Fallgruppe 1 somit im Rahmen der Teilwertabschreibung abzuzinsen.

c) Die vom FA gegen die Abzinsung vorgebrachten Einwendungen führen zu keinem anderen Ergebnis.

aa) Entgegen der Sicht des FA ist es unerheblich, dass die Klägerin gegenüber den Darlehensgläubigern nicht vertraglich auf die Leistung von Zinsen verzichtet hat. Zwar standen dieser damit nach der Kündigung der Kreditverträge weiterhin die bis dahin aufgelaufenen Darlehenszinsen und für die Zeit danach zumindest Verzugszinsen gegen die Darlehensnehmer zu. Bei der Frage, ob eine im Rahmen der Ermittlung des Teilwerts einer Geldforderung zur Abzinsung führende Unverzinslichkeit vorliegt, kommt es aber nicht auf die formale Vertragslage, sondern ausschließlich darauf an, ob und in welcher Höhe künftig tatsächlich mit der Zahlung von Zinsen gerechnet werden kann. Der Erwerber des Betriebes würde die notleidenden Darlehensforderungen aus rein wirtschaftlicher Sicht und nicht von der abstrakten Vertragslage her bewerten. Die Sichtweise des FA führt zu dem zweifelhaften Ergebnis, dass notleidende Darlehensforderungen überhaupt nur wertberichtigt werden dürften, wenn die Bank die objektive Vertragslage jeweils konkret der subjektiven Leistungsfähigkeit des Schuldners anpassen würde, und wird vom FA selbst nicht konsequent angewendet. Es erkennt nämlich - richtigerweise - im Hinblick auf die Darlehen der Fallgruppe 1 eine Reduzierung des Teilwerts der Darlehensforderungen auf den Betrag des voraussichtlichen Erlöses aus der Sicherheitenverwertung an, obwohl sich auch insoweit die objektive Vertragslage nicht geändert hat. Auch die Ausbuchung der uneinbringlich gewordenen Zinsforderungen wird vom FA - zu Recht - trotz weiterhin bestehender Zinsansprüche akzeptiert.

bb) Durch die von der Klägerin vorgenommene Bilanzierung der Darlehensforderungen wird nicht der gleiche Wertminderungsfaktor doppelt berücksichtigt. Denn die Abschreibung einer Forderung auf den niedrigeren Wert der vorhandenen Sicherheiten trägt der Tatsache Rechnung, dass die betreffende Forderung nicht mehr in vollem Umfang, sondern nur noch zum Teil realisiert werden kann. Demgegenüber wird durch die Abzinsung berücksichtigt, dass die hiernach noch mögliche Realisierung nicht kurzfristig, sondern erst in mehr oder weniger ferner Zukunft erfolgen kann; dieser Umstand stellt ein zusätzliches wertminderndes Merkmal dar. Es liegen demnach zwei unterschiedliche Wertminderungsfaktoren vor, denen im Rahmen der Teilwertabschreibung gesondert Rechnung zu tragen ist. Soweit schließlich die Klägerin zunächst aktivierte Zinsforderungen wegen Uneinbringlichkeit ausgebucht hat, geht es darum, dass in der Vergangenheit erwirtschaftete Ansprüche nicht (mehr) werthaltig sind (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 I R 11/02, BFHE 201, 228, BStBl II 2003, 400); dagegen bringt die Abzinsung zum Ausdruck, dass die in der Zukunft (durch die fortbestehende Überlassung des Kapitals) zu erwirtschaftenden Zinsansprüche voraussichtlich ebenfalls nicht werthaltig sein werden. Auch insoweit kann deshalb von der doppelten Berücksichtigung ein und desselben wertmindernden Umstandes nicht die Rede sein.

cc) Mit der Abzinsung werden nicht in unzulässiger Weise in der Zukunft liegende Aspekte bilanziell vorgezogen. Die mit der hinausgeschobenen Möglichkeit der Realisation der Darlehensforderungen verbundene Minderung deren Teilwerts ist kein erst in der Zukunft drohender Wertverlust, sondern war zu den jeweiligen Bilanzstichtagen real vorhanden. Allerdings reduziert sich die Wertminderung im Laufe der Zeit bis zur Realisation der Forderungen, weshalb die Klägerin folgerichtig in den Folgejahren jeweils entsprechende Zuschreibungen auf den Teilwert vorgenommen hat.

dd) Soweit das FA gegen die Abzinsung schließlich mit einem bilanzsteuerrechtlichen Objektivierungs- und Vereinfachungsprinzip argumentiert und in dem mit der Anerkennung der Abzinsung verbundenen Erfordernis der Überprüfung der angewendeten Abzinsungsparameter durch die Finanzbehörden einen unverhältnismäßigen Aufwand sieht, kann hierin ein tragendes Argument gegen die Berücksichtigung der Abzinsung nicht gesehen werden. Es ist schon nicht einsichtig, aus welchen Gründen die Überprüfung der Abzinsungsparameter - zum einen der zu schätzende Zeitraum bis zur Realisation der Forderungen und zum anderen die Höhe des Kalkulationszinssatzes - so schwierig sein sollte, dass nicht zumindest eine fundierte Plausibilitätsprüfung möglich wäre. Eine ganz exakte Nachberechnung ist auch bei anderen Bewertungsfragen häufig nicht möglich und erscheint hinsichtlich der Abzinsung der notleidenden Darlehensforderungen zudem deshalb entbehrlich, weil - wie das FA selbst hervorhebt - etwaige Ungenauigkeiten hierbei nur zu zeitlichen Vermögens- und Gewinnverschiebungen führen, die sich auf längere Sicht ausgleichen. Im Übrigen erscheint es auch vom Grundansatz her bedenklich, dem Steuerpflichtigen die Berücksichtigung einer steuerreduzierenden Wertminderung mit der Begründung zu versagen, die Berechnung der Wertminderung verursache den Finanzbehörden einen zu hohen Aufwand.

d) Die von der Klägerin vorgenommene und vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Abzinsungsrechnung wurde vom FA hinsichtlich der Abzinsungsparameter und der Berechnungsweise nicht konkret in Zweifel gezogen. Auch für den Senat besteht insoweit kein Anlass zu Bedenken; insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin als Kalkulationszinssatz ihren Refinanzierungszinssatz für Ausleihungen ohne Berücksichtigung eines banküblichen Unternehmergewinns gewählt hat.

3. Die Wertberichtigung der Darlehensengagements der Fallgruppe 2 in den Streitjahren lässt sich anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Danach handelt es sich bei der Fallgruppe 2 um ungekündigte Kreditverträge, auf die seitens der Darlehensnehmer noch Ratenzahlungen erbracht wurden, deren Höhe aber den vereinbarten Darlehenszins nicht abdeckten. Diese Beschreibung lässt die Möglichkeit offen, dass die bilanzielle Behandlung der Fälle durch die Klägerin - nämlich die pauschale Ausbuchung der Zinsforderungen und die Behandlung der Ratenzahlungen ausschließlich als Leistungen auf das Darlehenskapital, welches sodann wie eine unverzinsliche Forderung abgezinst worden ist - den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten nicht gerecht wird.

a) Den tatrichterlichen Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, in welchem Umfang der vereinbarte Darlehenszins durch die Ratenzahlungen jeweils ungedeckt geblieben ist. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass unter den Darlehen der Fallgruppe 2 auch solche sind, deren Zinsforderungen zu einem erheblichen Teil durch die Ratenzahlungen abgedeckt waren und hinsichtlich derer die Klägerin mithin tatsächlich noch, wenn auch nicht in der vertraglich vereinbarten Höhe, Aussicht auf die Erwirtschaftung von Zinserträgen gehabt hat. Ob und in welchem Umfang in diesem Fall das Darlehenskapital im Rahmen der Teilwertermittlung noch abgezinst werden könnte, hinge vom jeweiligen Ausmaß des Zinsausfalls und vom Verhältnis des noch zu erwartenden Zinsertrages zu dem für die bankgeschäftliche Ertragsermittlung regelmäßig maßgeblichen Refinanzierungszinssatz für das jeweilige Deckungsgeschäft ab (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 1990 I R 157/85, BFHE 159, 494, BStBl II 1990, 639; in BFHE 186, 230, BStBl II 1999, 277).

Für die Zuordnung der noch zu erwartenden Leistungen der Darlehensnehmer und die Beurteilung der künftigen Realisierungschancen einerseits der Forderungen auf Rückzahlung des Darlehenskapitals und andererseits der Zinsforderungen könnte auch von Bedeutung sein, inwiefern die von den Darlehensnehmern noch erbrachten Teilzahlungen jeweils auf das Darlehenskapital oder auf die Zinsforderung zu beziehen sind. Dies hinge davon ab, ob es sich um dem im fraglichen Zeitraum noch geltenden Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2840) unterfallende Darlehensverträge handelt oder nicht. Im ersteren Fall ergäbe sich die Tilgungsreihenfolge zwingend aus § 11 Abs. 3 VerbrKrG (jetzt § 497 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes). In den übrigen Fällen hinge die Tilgungswirkung von der jeweils getroffenen Tilgungsvereinbarung ab oder ergäbe sich - wenn eine solche fehlte - aus § 367 Abs. 1 BGB.

b) Die Behandlung der Zinsforderungen der Fallgruppe 2 als in vollem Umfang uneinbringlich wäre selbst dann nicht ohne weiteres gerechtfertigt, wenn die zu erwartenden Teilzahlungen der Darlehensnehmer nur auf das Darlehenskapital anzurechnen wären und die Zinsforderungen deshalb zunächst in vollem Umfang ungedeckt blieben. Da nämlich die Klägerin auf die Zinsforderungen nicht verzichtet hat und mangels gegenteiliger Hinweise davon auszugehen ist, dass die Darlehensnehmer zu den erbrachten regelmäßigen Teilzahlungen auch nach vollständiger Rückführung des Darlehenskapitals noch in der Lage sein werden, bestehen auch im Hinblick auf die Zinsforderungen noch Realisierungsaussichten, die im Rahmen der Bemessung des Teilwerts zu berücksichtigen wären.

4. Der Rechtsstreit ist somit nicht entscheidungsreif und zurückzuverweisen, damit das FG die noch erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang treffen kann.