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BFH-Urteil vom 22.6.2006 (IV R 31, 32/05) BStBl. 2007 II S. 687

1. Der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ist Grundlagenbescheid für die Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes eines Kommanditisten gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977.

2. Eine Anlage ESt 1, 2, 3 B (V), die sich auf die bloße rechnerische Ermittlung des verrechenbaren Verlustes beschränkt, enthält keine Feststellung des verrechenbaren Verlustes und ist deshalb nicht hinreichend bestimmt.

EStG § 15a Abs. 4 Satz 1; AO 1977 §§ 119 Abs. 1, 125 Abs. 1, 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 30. Januar 2003 16 K 12299/99 und 16 K 12300/99

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, aus der in den Streitjahren (1992 und 1993) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt wurden.

Beteiligt an der Klägerin sind die Verwaltungsgesellschaft mbH (GmbH) als Komplementärin und der beigeladene Kommanditist (Beigeladener).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte zunächst mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1992 und 1993 vom 17. Mai 1995 und vom 6. März 1996, entsprechend der beim FA eingegangenen Erklärungen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1992 mit ./. 175.968 DM und für 1993 mit ./. 159.415 DM sowie den Anteil des Beigeladenen an den laufenden Einkünften für 1992 mit ./. 180.059 DM und für 1993 mit ./. 163.628 DM fest. Eine gesonderte Feststellung von verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre gültigen Fassung enthielten die Bescheide nicht.

Nach einer Betriebsprüfung bei der Klägerin erließ das FA am 7. Dezember 1998 als solche bezeichnete Änderungsbescheide. Höhe und Aufteilung der Besteuerungsgrundlagen wurden nicht geändert. Im Rahmen der Aufteilung der Einkünfte auf die Gesellschafter der Klägerin stellte das FA jedoch nach Anwendung des § 15a EStG auf den Beigeladenen entfallende laufende steuerpflichtige Einkünfte für 1992 in Höhe von ./. 134.598 DM und für 1993 in Höhe von 0 DM fest. In den nachrichtlichen Angaben teilte das FA mit, dass die Feststellungen zu § 15a EStG aus der Anlage ESt 1, 2, 3 B (V) ersichtlich seien. Die Anlage war dem Bescheid allerdings nicht beigefügt.

Am 25. Januar 1999 übermittelte der Betriebsprüfer der Amtsbetriebsprüfung des FA dem von den Feststellungsbeteiligten gemeinsam bestellten Empfangsbevollmächtigten eine Kurzmitteilung datierend vom 22. Januar 1999 auf dem Postwege zum Verbleib im Nachgang zu den Bescheiden mit der Bitte um Kenntnisnahme, der die Anlagen ESt 1, 2, 3 B (V) zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG der Streitjahre beigefügt waren. Danach betrug der verrechenbare Verlust des Beigeladenen für 1992 gemäß § 15a EStG ./. 46.577 DM, der nicht ausgleichsfähige Verlust ebenfalls ./. 46.577 DM und der bei der Einkommensteuerveranlagung anzusetzende Verlust - wie im Bescheid vom 7. Dezember 1998 - ./. 134.598 DM. Für 1993 belief sich der verrechenbare Verlust des Beigeladenen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auf ./. 46.577 DM, der verrechenbare Verlust des laufenden Jahres auf ./. 164.748 DM und der nichtausgleichsfähige Verlust am Ende des Wirtschaftsjahres auf ./. 211.325 DM. Der bei der Einkommensteuerveranlagung anzusetzende Verlust betrug wie im Bescheid vom 7. Dezember 1998 ebenfalls 0 DM.

Den gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsbescheiden vom 17. Mai 1999 als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin Klagen, mit denen sie u.a. begehrte, die Änderungsbescheide aufzuheben. Im Rahmen der Klageverfahren machte sie schriftsätzlich geltend, dass das FA bei der Gewinnfeststellung § 15a EStG übersehen habe.

Die Klagen hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen durch Prozessurteile ab und führte zur Begründung aus, dass es der Klägerin an einer Beschwer fehle. Diese ergebe sich weder aus den festgestellten Gewinnen noch enthielten die Bescheide eine Regelung über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß, die Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30. Januar 2003 16 K 12299/99 und 16 K 12300/99 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 17. Mai 1999 und die Bescheide für 1992 und 1993 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 7. Dezember 1998 aufzuheben.

Der Beigeladene beantragt sinngemäß, die Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30. Januar 2003 16 K 12299/99 und 16 K 12300/99 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 17. Mai 1999 und die Bescheide für 1992 und 1993 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 7. Dezember 1998 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30. Januar 2003 16 K 12299/99 und 16 K 12300/99 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

II.

1. Die beiden Revisionsverfahren IV R 31/05 und IV R 32/05 werden gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) miteinander verbunden. Die Verbindung erscheint zweckmäßig, weil die Revisionsverfahren die gleiche Rechtsfrage betreffen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 73 Rz 11 und 14).

2. Die Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

a) Die Urteile sind entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht nicht wegen einer nicht ausreichenden Bezeichnung der Klägerin als Beteiligte (§ 57 Nr. 1 FGO) sowie der fehlenden Bezeichnung ihrer gesetzlichen Vertreterin und deren Vertreter i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. § 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO sieht freilich die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters vor; ein Verstoß hiergegen macht ein Urteil aber nicht unwirksam (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. März 1968 VII R 21-22/67, BFHE 92, 307, BStBl II 1968, 535). Vielmehr reicht es aus, wenn die Angaben zu den Beteiligten eindeutig und klar sind, so dass Zweifel an der Identität der Beteiligten ausgeschlossen sind (dazu Gräber/von Groll, a.a.O., § 105 Rz 8; Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 105 FGO Tz. 4). Des Weiteren bezeichnet zwar das jeweilige Rubrum der Urteile des FG die Klägerin ohne den Zusatz "mbH & Co. KG"; jedoch führt nicht jeder Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift des § 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO zur Unwirksamkeit des Urteils. Eine Unwirksamkeit mangels hinreichender Bestimmtheit wäre erst dann anzunehmen, wenn eine Korrekturmöglichkeit i.S. des § 107 Abs. 1 FGO nicht besteht und ein Beteiligter so unklar bzw. missverständlich bezeichnet ist, dass er sich nicht eindeutig bestimmen lässt (Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 18. August 1981 4 B 77/81, Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 16). Nach alldem reicht die Bezeichnung der Klägerin aus. Zum einen ist die Berichtigung gemäß § 107 Abs. 1 FGO nicht ausgeschlossen, zum anderen lässt die korrekte Angabe der Adresse seitens des FG und die Angabe des Namens "... Gesellschaft für ..." keinen Zweifel daran, dass als Beteiligte die KG gemeint war.

b) Das FG hat die Klagen jedoch zu Unrecht durch Prozessurteile als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin durfte gegen die Bescheide vom 7. Dezember 1998, die die nach Anwendung des § 15a EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung anzusetzenden steuerpflichtigen laufenden Einkünfte des Beigeladenen - mithin den ausgleichsfähigen Verlust - für 1992 mit ./. 134.598 DM und für 1993 mit 0 DM feststellten, eine materielle Beschwer geltend machen.

aa) Auch eine Personengesellschaft ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt, soweit die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977) mit der Feststellung des nicht ausgleichsfähigen bzw. verrechenbaren Verlustes des Gesellschafters i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 und 5 EStG verbunden wurde (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226; vom 24. April 1997 IV R 20/96, BFH/NV 1997, 795; aus jüngerer Zeit Senatsurteil vom 7. April 2005 IV R 24/03, BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598, unter I. der Gründe). Gleiches gilt, wenn der Bescheid eine Feststellung des nach Anwendung des § 15a EStG ausgleichsfähigen Verlustes des Gesellschafters enthält. Denn damit berücksichtigt der Bescheid rechnerisch einen nicht ausgleichsfähigen und nur verrechenbaren Verlust i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG. Der Kommanditist, um dessen nach Anwendung des § 15a Abs. 1 bis 3 EStG anzusetzenden ausgleichsfähigen Verlust es geht, ist gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO notwendig zum Verfahren beizuladen (vgl. Senatsurteil in BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598). Der Senat hat die vom FG unterlassene Beiladung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO nachgeholt.

bb) Die Übertragung der formellen Klagebefugnis (zum Begriff Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 48 FGO Tz. 1) berechtigt die Personengesellschaft dazu, die materielle Beschwer des Beigeladenen geltend zu machen (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BFHE 177, 71, BStBl II 1995, 467, unter I. der Gründe; aus jüngerer Zeit Senatsurteil in BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598). Insoweit hat die Klägerin auch eine den Beigeladenen beschwerende Rechtsverletzung i.S. des § 40 Abs. 2 FGO geltend gemacht. Indem die Klägerin beantragte, die Änderungsbescheide aufzuheben, weil das FA § 15a EStG "übersehen habe", wandte sich die Klägerin sinngemäß auch gegen die Minderung der nach Anwendung des § 15a EStG für den Beigeladenen verbleibenden ausgleichsfähigen Verluste der Streitjahre.

c) Die Klagebefugnis der Klägerin ist auch nicht sachlich begrenzt gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO 1977. Aufgrund der vorgenannten Regelungen können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO 1977) nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. Dies gilt auch für den Fall, dass der Grundlagenbescheid erst nach dem Folgebescheid ergeht (Senatsurteile vom 26. Juli 1984 IV R 13/84, BFHE 142, 96, BStBl II 1985, 3; vom 11. Juli 1996 IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114, unter 1. der Gründe, und vom 12. Dezember 1985 IV R 82/83, BFH/NV 1987, 549).

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S. der §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 und der Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG um zwei Verwaltungsakte, die auch gesondert und unabhängig voneinander angefochten werden können und selbständig der Bestandskraft fähig sind (vgl. BFH-Urteile vom 11. November 1997 VIII R 39/94, BFH/NV 1998, 1078; vom 30. März 1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706, und Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327, unter C.II.3. zur Teilbestandskraft von Feststellungsbescheiden).

bb) Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte i.S. der §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 ist Grundlagenbescheid i.S. der §§ 171 Abs. 10 Satz 1, 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 für die Feststellung i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG (vgl. Senatsurteil in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226), soweit er den Anteil eines Gesellschafters am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft und das etwaige Ergebnis aus Ergänzungsbilanzen feststellt, die zusammen den Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG ausmachen (vgl. BFH-Urteile vom 19. Februar 1981 IV R 41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730, und in BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706).

cc) Ebenso ist aber auch der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG Grundlagenbescheid für den weiteren Verwaltungsakt der Feststellung der bei der Veranlagung des Beigeladenen anzusetzenden steuerpflichtigen Einkünfte gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977, da er Bindungswirkung hinsichtlich der Ausgleichsfähigkeit des Verlustes entfaltet (vgl. Senatsurteile vom 24. August 1989 IV R 124/88, BFH/NV 1990, 638, unter 1. der Gründe; in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, unter I. der Gründe; FG Münster, Urteil vom 19. Dezember 1990 I 5601/89 F, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1991, 537; ebenso v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15a Rdnr. E 26 und E 30; Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 15a Rz 191; Bordewin/Söffing/Brandenberg, Verlustverrechnung bei negativem Kapitalkonto, 2. Aufl., Rdn. 212 f.; Hennig, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1985, 171, 173; Söffing/Wrede, Finanz-Rundschau - FR - 1980, 365, 376; a.A. Förg, Steuerwarte - StW - 1981, 55, 58; Blümich/Stuhrmann, § 15a EStG Rz. 107). Denn ein Verlust kann nicht gleichzeitig nur verrechenbar und beim selben Kommanditisten ausgleichsfähig sein (vgl. FG Münster in EFG 1991, 537).

(1) Grundlagenbescheid ist aufgrund der Legaldefinition des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO 1977 ein Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist, ohne die Voraussetzungen der Bindungswirkung näher zu bestimmen. Dabei ist anerkannt, dass diese Definition nicht nur im Falle einer Bindungswirkung für die Festsetzung einer Steuer Anwendung findet, sondern auch soweit sich die Bindungswirkung auf einen Feststellungsbescheid erstreckt (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO Tz. 89). Für die Annahme einer solchen Bindungswirkung ist grundsätzlich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 2005 IV R 11/04, BFHE 210, 196, BStBl II 2005, 809, unter 1.b der Gründe, und vom 10. Januar 1992 III R 201/90, BFHE 167, 470, BStBl II 1992, 684, unter 3., m.w.N.; aus jüngerer Zeit Beschluss des Großen Senats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.4.a der Gründe). Eine solche Bindungswirkung entfaltet auch die Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG und zwar nicht nur hinsichtlich der Feststellung des verrechenbaren Verlustes für das Folgejahr aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 15a Abs. 4 Satz 2 EStG, sondern auch für den Gewinn bzw. ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust desselben Jahres (so auch Söffing in Lademann, EStG, § 15a EStG Anm. 65). Dies folgt aus der Regelung des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977. Danach sind Feststellungsbescheide für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.

(2) Zweck des verselbständigten Feststellungsverfahrens ist es u.a. zu verhindern, dass die in dem Grundlagenbescheid getroffene Entscheidung im Folgebescheid gegensätzlich entschieden werden kann (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 182 AO Rz. 7). Die Bindungswirkung schließt daher auch aus, dass über einen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders entschieden wird. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids beschränkt sich demnach nicht auf eine bloße mechanische Übernahme seines Inhalts in den Folgebescheid. Sie steht vielmehr jedem Ansatz der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage im Folgebescheid entgegen, der dem Inhalt des Grundlagenbescheids widersprechen würde (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 1999 IV R 25/98, BFHE 188, 548, BStBl II 1999, 545, unter 2. der Gründe, und vom 9. Juli 1987 IV R 87/85, BFHE 150, 345, BStBl II 1988, 342, unter 3.a der Gründe; Söhn in HHSp, § 182 AO Rz. 7, m.w.N.).

(3) So liegt es auch im Verhältnis des Bescheides über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes zum Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte und der mit ihnen im Zusammenhang stehenden (anderen) Besteuerungsgrundlagen des Beigeladenen i.S. der §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977.

(a) Im Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG sind Feststellungen darüber zu treffen, inwieweit der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden Beträge und vermehrt um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge, verrechenbar ist (vgl. Bordewin/ Söffing/Brandenberg, a.a.O., Rdn. 212 f.). Die im Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG ermittelten Beträge nach § 15a Abs. 1 bis 3 EStG fließen wiederum in die gesonderte und einheitliche Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes des Kommanditisten gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 ein (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Mai 1995 III B 113/94, BFH/NV 1995, 971, unter 2.b der Gründe). Nur diese Sichtweise verhindert, dass es im Falle der Anfechtung des Feststellungsbescheides i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 zu widersprüchlichen Entscheidungen hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften des § 15a Abs. 1 bis 3 EStG kommt, die in die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG einfließt. Ansonsten könnten Änderungen des ausgleichsfähigen Verlustes zu einem Widerspruch zum Bescheid nach § 15a Abs. 4 EStG führen und umgekehrt Änderungen des verrechenbaren Verlustes zu einem Widerspruch zum Feststellungsbescheid des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes des Kommanditisten führen (so auch v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15a Rdnr. E 25 ff.; Bordewin/Söffing/Brandenberg, a.a.O., Rdn. 212 f.; Söffing in Lademann, a.a.O., § 15a EStG Anm. 65). Der Steuerpflichtige muss demgemäß Fragen zur Anwendung der Regelung des § 15a EStG durch Anfechtung des Bescheides i.S. des § 15a Abs. 4 EStG klären (v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 15a Rdnr. E 26, E 29 und E 83).

(b) Zwar ist § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 i.d.F. des Art. 26 des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, 2346, BStBl I 1994, 50, 86), wonach auch die mit den steuerpflichtigen Einkünften in Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen festzustellen sind, in den Streitjahren nicht anwendbar. Nach Art. 97 § 10b des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) ist die Vorschrift nämlich erst für Feststellungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1994 beginnen, anzuwenden. Mit dieser Gesetzesänderung wollte der Gesetzgeber aber auch der bisherigen Rechtsprechung des BFH Rechnung tragen (BTDrucks 12/5630, 100). Danach sollten nämlich die zwar nur einzelne Beteiligte betreffenden Besteuerungsgrundlagen, die allerdings für die Feststellung der aus einer gemeinsamen Einkunftsquelle stammenden Einkünfte wesentlich sind - wie z.B. Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben - im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung erfasst werden (BFH-Urteile vom 30. Juni 1966 VI 273/65, BFHE 86, 576, BStBl III 1966, 582, und vom 29. August 1973 I R 26/71, BFHE 110, 315, BStBl II 1974, 62; Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.3.b bb der Gründe; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 180 AO Tz. 64). Ebenso wie Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben, die in einem engen Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung stehen (BFH-Urteil in BFHE 86, 576, BStBl III 1966, 582), steht aber auch die Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes eines Kommanditisten im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung und ist daher im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 festzustellen.

dd) Im Streitfall fehlt es allerdings an wirksamen Grundlagenbescheiden, die die verrechenbaren Verluste i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG feststellen und welche die formelle Klagebefugnis der Klägerin begrenzen oder in Bestandskraft erwachsen sein könnten, denn die Bescheide sind gemäß § 125 Abs. 1 AO 1977 nichtig.

Ein Feststellungsbescheid ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Verwaltungsakt gemäß § 119 Abs. 1 AO 1977 inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird (Senatsurteil vom 19. August 1999 IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409). Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsakts gemäß § 118 Satz 1 AO 1977 betrifft auch dessen Regelungsinhalt (Ausspruch, Tenor, Verfügungs- oder Entscheidungssatz; vgl. BFH-Beschluss vom 3. August 1983 VII B 30, 33/83, juris; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 AO Tz. 50 und § 119 AO Tz. 5). Den mit Kurzmitteilung im Nachgang zu den Bescheiden mit der Bitte um Kenntnisnahme durch den Betriebsprüfer zur Post gegebenen Anlagen ESt 1, 2, 3 B (V) fehlt es unter dem Gesichtspunkt des Regelungsinhalts an der erforderlichen Bestimmtheit, denn sie sprechen die Feststellung der verrechenbaren Verluste nicht gesondert aus, sondern beschränken sich auf deren rechnerische Ermittlung. Dies genügt für die Bestimmtheit des Regelungsinhaltes eines Feststellungsbescheides nicht. Vielmehr ist ein ausdrücklicher Ausspruch über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes erforderlich, denn es muss klar erkennbar sein, welcher Bestandteil der Feststellung den Inhaltsadressaten betrifft.

Das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht - keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Klagen begründet sind, dies wird es nachzuholen haben.

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und wird daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Das FG erhält damit Gelegenheit die noch fehlenden Feststellungen nachzuholen. Bei dieser Sachlage bedürfen die weiteren Rügen der Klägerin keiner weiteren Erörterung.