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BFH-Urteil vom 4.12.2007 (VII R 64/06) BStBl. 2008 II S. 401

1. Beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind; nur in Ausnahmefällen ist ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung gestattet. Die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand liegt bei dem betroffenen Steuerberater.

2. Erforderlich ist ein auf die konkrete Situation des betroffenen Steuerberaters bezogener substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird. Ob dieser Entlastungsbeweis gelungen ist, ist eine Frage der dem Tatrichter vorbehaltenen Tatsachenwürdigung.

3. Der Umstand allein, dass die steuerberatende Tätigkeit im Angestelltenverhältnis ausgeübt wird, reicht für den Entlastungsbeweis nicht aus; jedoch können arbeitsvertragliche Beschränkungen des angestellten Steuerberaters im Hinblick auf Treuhänder- oder Verwaltungsbefugnisse über Gelder oder sonstige Vermögenswerte der Mandanten im Einzelfall geeignet sein, den Entlastungsbeweis zu erbringen, wenn ihre Einhaltung vom Arbeitgeber wirksam kontrolliert werden kann.

4. Eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen lässt sich nicht ausschließen, wenn sich der betroffene Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten als unzuverlässig erwiesen hat und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, weshalb im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung insbesondere die Verletzung steuerlicher Pflichten des Steuerberaters zu seinen Ungunsten zu berücksichtigen ist.

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2006 13 K 274/04

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft in M (U-GmbH), für die er Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, und ist außerdem gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in M (E-GmbH), wo er selbst auch wohnt und beruflich niedergelassen ist. Gesellschafter der E-GmbH sind ein Rechtsanwalt und eine Steuerberaterin, beide ansässig in B; Letztere ist neben dem Kläger die einzige weitere Geschäftsführerin. Einer in M ansässigen Rechtsanwältin ist Prokura erteilt.

Nachdem die Beklagte und Revisionsbeklagte (Steuerberaterkammer) erfahren hatte, dass der Kläger im Januar 2003 vor dem Amtsgericht die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden war und dass Steuerschulden in erheblicher Höhe sowohl des Klägers (die allerdings im Verlauf des finanzgerichtlichen Verfahrens getilgt worden sind) als auch der U-GmbH bestanden, widerrief sie die Bestellung des Klägers als Steuerberater.

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage ab. Das FG urteilte, dass im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater vorgelegen hätten. Die aus der Eintragung des Klägers in das Schuldnerverzeichnis folgende Vermutung des Vermögensverfalls habe dieser nicht widerlegt. Auf die Gründe, die zum Vermögensverfall geführt hätten, komme es nicht an. Aus dem Umstand, dass sich im Verwaltungsverfahren die Steuerschulden des Klägers sogar noch erhöht hätten, habe die Steuerberaterkammer zu Recht den Schluss gezogen, dass die Wiederherstellung geordneter Vermögensverhältnisse in absehbarer Zeit unwahrscheinlich sei. Die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater hätten auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fortbestanden. Der Kläger sei nach wie vor in das Schuldnerverzeichnis eingetragen, weil er zwischenzeitlich erneut die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, und er habe nicht nachgewiesen, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse gleichwohl geordnet seien. Nach der vom Kläger eingereichten Vermögensübersicht bestünden selbst bei Abzug ausstehender Forderungen des Klägers, die dieser selbst als nicht realisierbar ansehe, Verbindlichkeiten von mehr als ... Mio. €, die der Kläger - wie er gegenüber den Gläubigern eingeräumt habe - nicht bedienen könne. Ob das vom Kläger angestrebte außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren Erfolg haben werde, sei völlig offen.

Des Weiteren habe sich auch nicht feststellen lassen, dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall des Klägers ausgeschlossen sei. Eine solche konkrete Gefährdungssituation für die Auftraggeber des Klägers könne auch in Anbetracht der von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen mit der E-GmbH, u.a. zum Ausschluss seiner Möglichkeit, auf Fremdgeld zuzugreifen, nicht verneint werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht lediglich angestellter Steuerberater, sondern der einzige Steuerberater-Geschäftsführer mit beruflicher Niederlassung am Sitz der Gesellschaft sei. Aufgrund seiner gesetzlichen Funktion sei der Kläger grundsätzlich für alle Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig. Die nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung umfassend ausgestaltete rechtsgeschäftliche Vertreterstellung des Geschäftsführers könne ohnehin nicht mit Außenwirkung beschränkt werden; seine Verantwortung erlösche weder durch Zuständigkeitsregelungen innerhalb der Geschäftsleitung noch durch eine Delegation einzelner Aufgaben auf einen Prokuristen. Dementsprechend leite der Kläger die Gesellschaft und vertrete sie nach außen, auch gegenüber Mandanten. Ihn träfen sämtliche Pflichten der Gesellschaft, also auch steuerliche Pflichten, in jedem Fall aber Überwachungspflichten; die Regelung über die Gesamtvertretung ändere hieran nichts. Die Einhaltung der berufsrechtlichen Pflichten des Klägers und seiner eingegangenen vertraglichen Beschränkungen lasse sich angesichts seiner Stellung als Organ der Gesellschaft sowie der beruflichen Niederlassung der einzigen berufsangehörigen Gesellschafterin in B nicht überwachen. Auch die vor Ort ansässige Prokuristin könne den Kläger gegen seinen Willen nicht kontrollieren oder anleiten. Ebenso wenig ließen sich die vertraglichen Regelungen über die Abwicklung des Zahlungsverkehrs überwachen, da der Kläger gegenüber der Bürovorsteherin und ihrer Vertreterin arbeitsrechtlich weisungsbefugt sei. Hinzu komme, dass unter der Verantwortung des Klägers als Geschäftsführer für die steuerlichen Pflichten der E-GmbH fällige Lohn- und Umsatzsteuern nicht fristgerecht gezahlt worden und Säumniszuschläge angefallen und diese Schulden erst unter dem Druck der bevorstehenden mündlichen Verhandlung in drei Teilzahlungen beglichen worden seien.

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass hinsichtlich des Vermögensverfalls zu berücksichtigen sei, dass sich unter den Gläubigern keine Mandanten befänden und dass seine finanziellen Schwierigkeiten auf die Auseinandersetzung mit seiner früheren Geschäftspartnerin und auf die strafrechtlich relevanten Handlungen seines früheren Mitarbeiters zurückzuführen seien. Eine konkrete Gefährdung von Interessen der Auftraggeber sei wegen der besonderen vertraglichen Vereinbarungen zwischen ihm und der E-GmbH ausgeschlossen. Die Einhaltung dieser Vereinbarungen werde durch die Gesellschafter der E-GmbH überwacht. Durch die Vernetzung der Büros in B und M sei auch eine effektive Überwachung möglich. Auch durch die Prokuristin vor Ort werde er wirksam kontrolliert. Barzahlungen dürfe er nicht entgegennehmen, Aufträge dürfe er alleine nicht annehmen und Nebentätigkeiten nicht übernehmen. Der Widerruf bedeute einen extremen Eingriff in das Recht auf freie Berufsausübung. Bei Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG bestehe ein Beurteilungsspielraum, der verfassungskonform auszuüben sei.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Widerrufsbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung eines Steuerberaters zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind; dabei wird nach dem zweiten Halbsatz der Vorschrift ein Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder dieser in das vom Insolvenz- oder das vom Vollstreckungsgericht nach § 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung bzw. nach § 915 der Zivilprozessordnung zu führende Verzeichnis eingetragen ist.

Dass im Streitfall die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater vorliegen, hat das FG - bezogen sowohl auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses als auch auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - rechtsfehlerfrei bejaht.

1. Nach den für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG ist der Kläger in das Schuldnerverzeichnis eingetragen, weshalb der Vermögensverfall als Voraussetzung für den Widerruf der Bestellung zu vermuten ist. Die vom FG getroffenen Feststellungen zur Vermögenssituation des Klägers widerlegen die Vermutung des Vermögensverfalls nicht, denn sie geben keinen Grund zu der Annahme, dass der Kläger trotz seiner Eintragung in das Schuldnerverzeichnis in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Anders als die Revision meint, sind die Ursachen für die finanziellen Schwierigkeiten des Klägers, insbesondere die Frage, ob er diese wirtschaftliche Lage verschuldet hat, sowie der Umstand, dass seine Gläubiger nicht zugleich seine Mandanten sind, für die Widerlegung des Vermögensverfalls ohne Bedeutung. Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, dass allein das Vorhandensein von Schulden nicht gegen geordnete wirtschaftliche Verhältnisse spricht, wenn der Schuldendienst gesichert ist und die Schulden in Anbetracht der Einkommensverhältnisse des Steuerberaters in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden können (vgl. Senatsurteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909). Eben diese Voraussetzungen hat das FG allerdings im Streitfall verneint, weil der Kläger seine Verbindlichkeiten aus seinen laufenden Einnahmen nicht bedienen kann und weil der Erfolg des angestrebten Schuldenbereinigungsverfahrens ungewiss ist. Zulässige und begründete Revisionsrügen bezüglich dieser Feststellungen sind nicht vorgebracht.

2. Bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG den Widerruf der Bestellung zwingend vor, es sei denn, die Interessen der Auftraggeber sind dadurch nicht gefährdet. Das Gesetz geht damit beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters grundsätzlich davon aus, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind und gestattet nur in Ausnahmefällen ("es sei denn") ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung; aus diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt zugleich, dass die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand dem betroffenen Steuerberater obliegt (Senatsurteil vom 22. September 1992 VII R 43/92, BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992).

Der Nachweis der Nichtgefährdung der Auftraggeberinteressen bezieht sich auf die nach den Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilende konkrete Gefährdungssituation für die Mandanten des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters, da ansonsten - beim Abstellen auf jede denkbare potentielle Gefährdung von Mandanten - der Entlastungsbeweis nicht geführt werden könnte (Senatsurteil in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203). Erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsurteil vom 6. Juni 2000 VII R 68/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 2000, 741; Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

Die Beantwortung der Frage, ob dieser Entlastungsbeweis gelungen ist, erfordert eine dem Tatrichter vorbehaltene zusammenfassende Beurteilung der komplexen Verhältnisse des Einzelfalls, bei der eine Reihe gesetzlich nicht abschließend festgelegter Kriterien zu berücksichtigen ist, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Möglichkeit einer Gefährdung von Auftraggeberinteressen sprechen können; diese Tatsachenwürdigung kann revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das FG von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, seine Entscheidung insoweit nachvollziehbar begründet und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (ständige Rechtsprechung, Senatsurteile in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203, und in HFR 2000, 741; Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90, und in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Zwar kann in einem Revisionsverfahren geprüft werden, ob das FG bei der ihm obliegenden Tatsachenfeststellung und -würdigung den Ausnahmetatbestand "Nichtgefährdung von Auftraggeberinteressen" zutreffend ausgelegt und die insoweit nach der Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigenden Gesichtspunkte in seine Würdigung einbezogen hat (vgl. Senatsurteil in HFR 2000, 741).

Im Streitfall lässt sich eine fehlerhafte Auslegung des Ausnahmetatbestands durch das FG nicht feststellen. So ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass es auf die konkrete Gefährdungssituation für die Mandanten des in Vermögensverfall geratenen Klägers ankommt, und es hat es auch nicht als ausgeschlossen angesehen, dass zu der Ausübung der steuerberatenden Tätigkeit im Angestelltenverhältnis (die für sich allein nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats für den Entlastungsbeweis nicht ausreicht) andere Umstände hinzutreten können, welche es im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ermöglichen, den Entlastungsbeweis als erbracht anzusehen. Das FG hat auch nicht verkannt, dass es entscheidend auf die nach den tatsächlichen Gegebenheiten bestehenden Zugriffs- und Gestaltungsrechte des angestellten Steuerberaters auf die Gesellschaft, bei der er tätig ist, ankommt (vgl. Senatsurteil in BFHE 169, 286, BStBl II 1993, 203, und Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 992) und dass es deshalb im Einzelfall vertragliche Beschränkungen des angestellten Steuerberaters, insbesondere im Hinblick auf Treuhänder- oder Verwaltungsbefugnisse über Gelder oder sonstige Vermögenswerte seiner Mandanten, geben mag, die für den Entlastungsbeweis ausreichen.

Dementsprechend hat es der Bundesgerichtshof (BGH) bei einem in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalt im Rahmen der Gesamtwürdigung seiner Person für den Entlastungsbeweis ausreichen lassen, dass sich jener Rechtsanwalt weit reichenden beruflichen Beschränkungen arbeitsvertraglich unterworfen hatte, er nämlich weder auf dem Briefkopf noch auf dem Praxisschild der Sozietät erschien, eigene Mandate nicht annehmen und Zahlungen an die Sozietät nicht entgegennehmen durfte (BGH-Beschlüsse vom 18. Oktober 2004 AnwZ (B) 43/03, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2005, 511, und - mit ähnlichen Voraussetzungen - vom 25. Juni 2007 AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924).

Allerdings liegt es auf der Hand und ist somit auch vom FG zutreffend in die Prüfung einbezogen worden, dass derartige vertragliche Beschränkungen und Verpflichtungen des angestellten Steuerberaters den Entlastungsbeweis nur erbringen können, wenn ihre Einhaltung vom Arbeitgeber wirksam kontrolliert werden kann und auch kontrolliert wird (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Auch der BGH hat in dem vorgenannten Beschluss in NJW 2005, 511 die wirksame Kontrolle der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen durch die Rechtsanwälte jener Sozietät, bei der der in Vermögensverfall geratene Rechtsanwalt angestellt war, als maßgebenden Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtwürdigung geprüft.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG im Streitfall hinsichtlich der vom Kläger gegenüber der E-GmbH eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen eine wirksame Überwachung, u.a. bezüglich des Ausschlusses seiner Möglichkeit, auf Fremdgeld zuzugreifen, als nicht gegeben angesehen hat. So hat es das FG zutreffend als Besonderheit des Streitfalls hervorgehoben, dass der Kläger - im Gegensatz zu den mit den BGH-Beschlüssen in NJW 2005, 511 und in NJW 2007, 2924 entschiedenen Fällen - kein "einfacher" Angestellter der E-GmbH, sondern ihr einziger Steuerberater-Geschäftsführer mit beruflicher Niederlassung am Sitz der Gesellschaft ist, dessen besondere Verantwortung und Funktion durch § 50 Abs. 1 Satz 2 StBerG hervorgehoben wird. Als Geschäftsführer ist der Kläger - worauf das FG zu Recht hingewiesen hat - für die Leitung der Geschäfte umfassend verantwortlich und er ist gegenüber anderen Angestellten der Gesellschaft nicht etwa weisungsunterworfen, sondern vielmehr weisungsberechtigt. Eine vertragliche Kontroll- und Überwachungsunterworfenheit des Klägers besteht allein gegenüber den Gesellschaftern der E-GmbH. Wenn das FG vor diesem Hintergrund geurteilt hat, dass zum einen eine wirksame Überwachung der vertraglichen Beschränkungen des Klägers durch andere - gegenüber dem Kläger weisungsunterworfene - Angestellte der E-GmbH nicht in Betracht komme und zum anderen die wirksame Überwachung des Klägers durch die in B ansässigen Gesellschafter bereits wegen der räumlichen Entfernung nicht gewährleistet sei, so ist dies nachvollziehbar begründet und verstößt weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze. Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, dass die weitere Steuerberater-Geschäftsführerin der E-GmbH nunmehr alleinige Gesellschafterin und ebenfalls in M beruflich niedergelassen sei, handelt es sich um im Revisionsverfahren nicht zulässiges neues Tatsachenvorbringen.

Daraus folgend hat das FG, wiederum in nicht zu beanstandender Weise und im Übrigen in Übereinstimmung mit dem von der Revision angeführten BGH-Beschluss in NJW 2005, 511, geschlossen, dass der Kläger jederzeit die Möglichkeit habe, Mandate für eigene Rechnung zu übernehmen, ohne die vertraglich vorgesehene Zustimmung der Gesellschaft einzuholen.

Diesen im Rahmen der Gesamtwürdigung angestellten Erwägungen des FG stellt die Revision lediglich ihre eigenen Erwägungen entgegen, indem sie ausführt, dass eine effektive Überwachung des Klägers durch die in B ansässige Steuerberater-Gesellschafterin mit Hilfe der Vernetzung der Büros und des somit jederzeit möglichen Zugriffs auf die Buchhaltungsdaten sowohl der Gesellschaft als auch der Mandanten gewährleistet sei und dass auch die Prokuristin vor Ort in M den Kläger kontrollieren könne und müsse, wolle sie sich nicht Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft aussetzen. Daraus folgert die Revision, dass eine konkrete Gefährdungssituation für die Auftraggeber des Klägers ausgeschlossen und die gegenteilige Auffassung des FG "nicht überzeugend" sei. Rechtsfehler des FG zeigt die Revision damit nicht auf, denn die vom FG vorgenommene Würdigung der festgestellten Tatsachen ist möglich, nachvollziehbar begründet und verstößt weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze. Ob auch das von der Revision gewünschte Ergebnis der Tatsachenwürdigung vertretbar wäre, ist revisionsrechtlich nicht von Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).

Es steht schließlich auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass das FG bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu Lasten des Klägers berücksichtigt hat, dass unter seiner Verantwortung als Geschäftsführer für die steuerlichen Pflichten der E-GmbH fällige Lohn- und Umsatzsteuern von der Gesellschaft nicht fristgerecht gezahlt worden und Säumniszuschläge angefallen sind. Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, dass eine konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht verneint werden kann, wenn festgestellt worden ist, dass der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält, denn in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Steuerberater unter dem Druck seiner Vermögenslosigkeit auch Mandanteninteressen unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung von Auftraggeberinteressen auszugehen ist. Deshalb ist bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu Ungunsten des Steuerberaters zu berücksichtigen, dass er in der Vergangenheit die den Mandanten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer oder die vom Entgelt seiner Mitarbeiter einbehaltene Lohnsteuer nicht fristgerecht abgeführt hat (vgl. Senatsurteile in HFR 2000, 741 und vom 4. Juli 2000 VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69; Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). Diese Verletzung der dem Kläger als Geschäftsführer obliegenden steuerlichen Pflichten reicht bereits für sich genommen aus, den Entlastungsbeweis als nicht erbracht anzusehen; sie zeigt aber darüber hinaus, dass - wie vom FG angenommen - die Überwachung der Tätigkeit des Klägers durch die Gesellschafter lückenhaft ist. Trotz der von der Revision als wesentliche Kontrollmöglichkeit hervorgehobenen Vernetzung der Büros ist es offenbar unbemerkt geblieben, dass von der E-GmbH zu entrichtende fällige Lohn- und Umsatzsteuerbeträge nicht an das Finanzamt abgeführt wurden.

3. Wie bereits ausgeführt, sieht § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG bei einem Vermögensverfall des Steuerberaters und einer dadurch nicht auszuschließenden Gefährdung von Auftraggeberinteressen den Widerruf der Bestellung zwingend vor. Der von der Revision vertretenen Ansicht, dass bei Anwendung der Vorschrift ein verfassungskonform auszuübender Beurteilungsspielraum bestehe, ist daher nicht zu folgen. Der erkennende Senat hat im Übrigen wiederholt ausgeführt und hält auch im Streitfall daran fest, dass § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG mit der nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes garantierten Berufsfreiheit in Einklang steht, (Senatsurteile in BFH/NV 2001, 69, und vom 13. November 2001 VII R 14/01, BFHE 198, 266, BStBl II 2002, 62; Senatsbeschluss vom 28. August 2003 VII B 159/02, BFH/NV 2004, 91).