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BFH-Beschluss vom 19.2.2009 (II E 1/09) BStBl. 2009 II S. 446

Wird im Rahmen eines Rechtsstreits über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts für Zwecke der Erbschaft- oder Schenkungsteuer darüber gestritten, ob das Grundstück im Erwerbszeitpunkt zu mehr als der Hälfte seines Werts einem Gewerbebetrieb diente und deshalb auch die Grundstücksart "Betriebsgrundstück" festzustellen ist, ist der Streitwert pauschal, aber gestaffelt wie folgt anzusetzen:

a) Bei Grundstückswerten bis einschließlich 512.000 € mit 10 v.H. der Wertdifferenz zwischen dem festgestellten Grundstückswert und demjenigen Wert, mit dem das Grundstück als Betriebsgrundstück in die Steuerbemessungsgrundlage eingehen würde;

b) bei Grundstückswerten bis einschließlich 12.783.000 € mit 20 v.H. dieser Wertdifferenz;

c) bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten mit 25 v.H. dieser Wertdifferenz.

GKG § 52 Abs. 1 und 2; BewG vor 2007 § 99 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1; ErbStG § 13a Abs. 1 und 2 a.F.

Sachverhalt

I.

Im Rahmen eines Rechtsstreits über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts war streitig, ob ein im Jahre 2000 freigebig zugewandtes Grundstück bei Ausführung der Schenkung zu mehr als der Hälfte seines Werts einem Gewerbebetrieb diente und deshalb auch die Grundstücksart "Betriebsgrundstück" festzustellen war. Eine derartige Feststellung hätte zwar keinen Einfluss auf die Höhe des Grundstückswerts gehabt, wohl aber bei der Schenkungsteuer zur Inanspruchnahme des vollen Freibetrags und des Wertabschlags gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Streitfall geltenden Fassung (ErbStG) geführt. Bei einem Grundstückswert von 1.427.000 DM hätte sich dadurch die Schenkungsteuer um 73.096,35 € gemindert. Nach erfolgloser Klage wurde auch die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Daraufhin erging am 12. August 2008, berechnet nach einem Streitwert von 73.096 €, gegen den Kläger und Erinnerungsführer (Kläger) eine Kostenrechnung der Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) über 3.005 €, gegen die der Kläger Erinnerung eingelegt hat. Er ist der Ansicht, der Streitwert sei mit 4.000 € anzusetzen, da der Rechtsstreit nicht die Schenkungsteuer als solche, sondern lediglich eine Vorfrage betroffen habe. Die Vertreterin der Staatskasse hält die Kostenrechnung für rechtens und führt dazu aus, die Grundsätze des BFH-Beschlusses vom 11. Januar 2006 II E 3/05 (BFHE 211, 422, BStBl II 2006, 333) seien auf den Streitfall nicht anwendbar, da nicht um eine Wertdifferenz, sondern um die Grundstücksart gestritten worden sei.

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung ist unbegründet. Die Gerichtskosten sind zutreffend mit 3.005 € angesetzt worden. Der Streitwert beläuft sich allerdings nicht auf 73.096 €, sondern auf 73.707 €.

1. Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit bestimmt sich der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache, und zwar nach dem Ermessen des Gerichts. Die Bedeutung eines Rechtsstreits wegen der Feststellung des Grundstückswerts einschließlich eines Streits über die Feststellung der Grundstücksart ergibt sich aus den Auswirkungen auf die Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Damit fehlt es an den Voraussetzungen für den Ansatz des Auffangstreitwerts von 5.000 € (nicht 4.000 €, wie der Kläger meint) gemäß § 52 Abs. 2 GKG. Dieser Auffangstreitwert ist nur maßgeblich, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet.

2. Der Streitwert bei Streitigkeiten über die Grundstücksart kann aber nicht außer Verhältnis zu den Streitwerten bestimmt werden, die sich gemäß dem o.a. BFH-Beschluss bei Streitigkeiten über die Höhe des Grundstückswerts ergeben. Auch Streitigkeiten über die Grundstücksart werden wegen der Auswirkungen auf die Höhe der festzusetzenden Erbschaft- oder Schenkungsteuer geführt, und zwar im Wesentlichen deswegen, weil das zu bewertende Grundstück im Erfolgsfall mit einem um den Freibetrag und/oder Wertabschlag gemäß § 13a ErbStG geminderten Grundstückswert in die Steuerbemessungsgrundlage eingeht.

Dies rechtfertigt es, die für Streitigkeiten über die Höhe des Grundstückswerts entwickelten Grundsätze zur Bestimmung des Streitwerts auf Streitigkeiten über die Grundstücksart zu übertragen. Der Senat hat in dem zitierten Beschluss für Streitigkeiten über den Grundstückswert folgende Grundsätze entwickelt: "Bei Streitigkeiten über Grundstückswerte, deren gesonderte Feststellung gemäß den §§ 138 ff. BewG für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer erforderlich ist, ist der Streitwert pauschal, aber gestaffelt, wie folgt anzusetzen:

a) Bei Grundstückswerten bis einschließlich 512.000 € mit 10 v.H. der streitigen Wertdifferenz;

b) bei Grundstückswerten bis einschließlich 12.783.000 € mit 20 v.H. der streitigen Wertdifferenz;

c) bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten mit 25 v.H. der streitigen Wertdifferenz."

Diese Grundsätze sind für Streitigkeiten über die Grundstücksart dahin abzuwandeln, dass der Streitwert statt an der hierbei fehlenden Differenz der Grundstückswerte an der Differenz zwischen dem festgestellten Grundstückswert und demjenigen Wert auszurichten ist, mit dem das Grundstück in die Bemessungsgrundlage der Steuer eingeht. Hierauf sind sodann die pauschalen, aber gestaffelten Sätze je nach der Höhe des festgestellten Grundstückswerts anzuwenden. Um auch bei Streitigkeiten über die Grundstücksart die Streitwertbestimmung losgelöst von der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer durchführen zu können, ist dabei typisierend anzunehmen, dass der Freibetrag gemäß § 13a Abs. 1 ErbStG zur Hälfte auf das streitbefangene Grundstück entfällt.

3. Die danach maßgebliche Wertdifferenz beträgt im Streitfall (720.800 DM) 368.539 €. Sie berechnet sich wie folgt:

Grundstückswert

 

1.427.000 DM

anzusetzender Wert

1.427.000 DM
./. 250.000 DM
1.177.000 DM

 

davon 60 v.H.

 

  706.200 DM

Wertdifferenz

 

720.800 DM
= 368.539 €

20 v.H. pauschal

 

73.707 €

Damit bleibt es bei der Gebührenhöhe, die der Kostenrechnung zugrunde liegt (5 x 1 Gebühr von 656 €).