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BFH-Urteil
vom 17.3.2009 (VII R 38/08) BStBl. 2009 II S. 953 Sind
im Umsatzsteuerjahresbescheid abzugsfähige Vorsteuern mit 0 DM/€
zugrunde gelegt, verliert die Festsetzung eines Vergütungsanspruchs
aufgrund einer Umsatzsteuervoranmeldung (Vorbehaltsfestsetzung), soweit sie
auf berücksichtigten Vorsteuern beruht, ihre Wirksamkeit als formeller
Rechtsgrund für die infolge einer wirksamen Abtretung des Anspruchs
bewirkte Auszahlung. Im Falle der Uneinbringlichkeit beim Zedenten ist das
FA zur Rückforderung des Betrages vom Zessionar berechtigt (Fortentwicklung
der Rechtsprechung). AO
§ 37 Abs. 2 Satz 2, § 124 Abs. 2, § 164,
§ 168, § 218; FGO § 118; UStG § 15a, § 17. Vorinstanz:
FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. Oktober 2007 4 K 23/02
(EFG 2008, 833) Sachverhalt I. Die
T-GmbH hatte für die Monate Februar und März 1995
Umsatzsteuervoranmeldungen beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -
FA -) eingereicht und die daraus resultierenden Erstattungsbeträge an die
Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), ein
Kreditinstitut, abgetreten. Die Beträge beliefen sich für Februar 1995 auf
344.248,30 DM und für März 1995 auf 1.876.040,10 DM und ergaben
sich aus den angemeldeten Vorsteuerbeträgen abzüglich der jeweils auf die
jährliche Honorarabrechnung der T-GmbH entfallenden Umsatzsteuer von 150 DM.
Die abgetretenen Beträge wurden mit Umsatzsteuerschulden der Abtretungsempfängerin
beim FA verrechnet. Nachdem
das FA zunächst die Jahresumsatzsteuer 1995 in Anlehnung an die
Voranmeldungen unter Berücksichtigung erheblicher Vorsteuern geschätzt
hatte, stellte die Steuerfahndungsstelle im Rahmen eines
Ermittlungsverfahrens gegen die T-GmbH im Laufe des Jahres 2000 fest, dass
die T-GmbH hinsichtlich der für Februar und März 1995 angemeldeten
Vorsteuern nicht abzugsberechtigt war. Mit
Bescheid vom 29. März 2000 änderte das FA die Jahressteuerfestsetzung
1995 und setzte die Umsatzsteuer der T-GmbH ohne Berücksichtigung
abziehbarer Vorsteuern fest. Noch während des Einspruchsverfahrens forderte
es die an die Klägerin abgetretenen Beträge von dieser zurück, nachdem es
zunächst vergeblich versucht hatte, den im Jahressteuerbescheid
festgesetzten Rückforderungsbetrag bei der T-GmbH beizutreiben. In
der Einspruchsentscheidung schließlich änderte es die Umsatzsteuer
nochmals unter Berücksichtigung von - die streitige Rückabwicklung nicht
betreffenden - Vorsteuern in Höhe von 89,96 DM. Nach
im Übrigen erfolgslosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der
Klage statt. Es urteilte, ein Rückforderungsanspruch des FA gegenüber der
Klägerin sei nicht gegeben. Der Rechtsgrund für die abgetretenen
Erstattungsansprüche aus den Umsatzsteuervoranmeldungen Februar und März
1995 sei nicht entfallen. Die Festsetzungen seien weder aufgehoben noch geändert
worden. Auch aus der nachfolgenden Jahressteuerfestsetzung könne der
Wegfall des Rechtsgrundes nicht abgeleitet werden. Allein die Beschränkung
des Vorsteuerabzugs in dem Jahressteuerbescheid auf 0 DM berechtige das
FA nicht, die aufgrund von Voranmeldungen für einzelne Voranmeldungszeiträume
ausgezahlten Vorsteuerüberschüsse vom Zessionar als Leistungsempfänger
zurückzufordern. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008,
833 veröffentlicht. Mit
der Revision rügt das FA die fehlerhafte Anwendung des § 37 Abs. 2
der Abgabenordnung (AO). Es ist der Auffassung, dass die aufgrund einer
vorhergehenden Vorbehaltsfestsetzung an den Zessionar ausgezahlten Vorsteuerüberschüsse
von diesem zurückgefordert werden können, wenn sich - wie bei der
Versagung des Vorsteuerabzugs für das gesamte Kalenderjahr - die
Fehlerhaftigkeit der Vorbehaltsfestsetzung aus der Jahressteuerfestsetzung
ergibt. Werde im Jahressteuerbescheid die abziehbare Vorsteuer mit 0 DM
ausgewiesen, so ergebe sich daraus automatisch, dass es für das gesamte
Kalenderjahr und damit auch für die betreffenden Voranmeldungszeiträume
keine abziehbaren Vorsteuerbeträge gegeben habe. Vorsteuerkorrekturen nach
§ 15a oder § 17 des Umsatzsteuergesetzes wirkten sich auf den
Vorsteuerausweis nicht aus, da diese Beträge in den Umsatzsteuerbescheiden
separat aufgeführt würden. Im Übrigen ergebe sich der Grund für die
Vorsteuerberichtigung eindeutig aus der Einspruchsentscheidung, die bei der
Beurteilung, ob der Rechtsgrund für die Auszahlung des Erstattungsbetrages
entfallen sei, nicht unberücksichtigt bleiben dürfe. Die
Klägerin hält die Entscheidung des FG für zutreffend. Entscheidungsgründe II. Die
Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen
Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Entscheidung des FG beruht auf
einer Verletzung von Bundesrecht, § 118 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FA hat die an die Klägerin ausgezahlten
Erstattungsbeträge zu Recht zurückgefordert. Ist
eine Steuervergütung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat
derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, einen
Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Dies
gilt auch, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37
Abs. 2 Satz 2 AO). 1.
Das FA hat den Rückforderungsbescheid zu Recht an die Klägerin gerichtet.
Zu den Steuervergütungen i.S. des § 37 Abs. 2 AO gehören auch
an einen Zessionar wirksam abgetretene Ansprüche aus
Umsatzsteuervoranmeldungen. Nach den Feststellungen des FG hat die T-GmbH
ihre Umsatzsteuervergütungsansprüche der Monate Februar und März 1995
wirksam an die Klägerin abgetreten. Das FA hat die Leistung an die Klägerin
durch die Verrechnung mit deren Steuerschulden bewirkt. In einem solchen
Fall richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen den Abtretungsempfänger
(ständige Rechtsprechung, zuletzt Urteil vom 19. August 2008 VII R 36/07,
BFHE 222, 205, BStBl II 2009, 90). 2.
Der rechtliche Grund für die Verrechnung der abgetretenen Vergütungen
zugunsten der Klägerin ist nachträglich entfallen, wie es § 37 Abs. 2
Satz 2 AO voraussetzt. a)
Grundlage für die Auszahlung bzw. Verrechnung von Steuererstattungen und
-vergütungen sind regelmäßig die der Leistung zugrunde liegenden
Steuerbescheide (§ 218 Abs. 1 AO). aa)
Der Rechtsgrund für die Auszahlung oder Verrechnung von
Umsatzsteuererstattungen an einen Zessionar sind die sich aus den
Umsatzsteuervoranmeldungen ergebenden, abgetretenen Vergütungsansprüche.
Die Voranmeldung steht nach der - in der Auszahlung oder Verrechnung
liegenden - Zustimmung durch das FA einer Steuerfestsetzung unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168 i.V.m. 164 Abs. 1 AO -
Vorbehaltsfestsetzung -). bb)
Fallen diese formellen Rechtsgrundlagen für die Leistung des FA nicht durch
ausdrückliche Aufhebung bzw. Änderung rückwirkend weg, so tritt diese
Rechtswirkung nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch nicht
allein mit dem Erlass des Umsatzsteuerjahresbescheids ein. Die einen
Vorsteuerüberschuss ausweisende Vorbehaltsfestsetzung bleibt vielmehr als
formeller Rechtsgrund für die Auszahlung des durch ihn festgesetzten
Vorsteuerüberschusses grundsätzlich auch dann erhalten, wenn der
Jahressteuerbescheid ergangen ist. Der Jahressteuerbescheid wird aber für
die Zukunft die formelle Rechtgrundlage der bislang aufgrund der
Vorbehaltsfestsetzungen geleisteten Zahlungen. Die Ansprüche aus den
Festsetzungen für die Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahres gehen in
die für das Kalenderjahr zu entrichtende Steuer oder in den Überschuss
ein. Sie sind Teil der für das Kalenderjahr entstandenen Umsatzsteuer (vgl.
Senatsentscheidung vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE
190, 25, BStBl II 2000, 486, m.w.N.). Insoweit sind die
Vorbehaltsfestsetzungen "auf andere Weise" i.S. des § 124
Abs. 2 AO erledigt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. November
1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370; Senatsurteil
vom 2. Februar 1995 VII R 42/94, BFH/NV 1995, 853). cc)
Durch den nachfolgenden Jahressteuerbescheid verliert die
Vorbehaltsfestsetzung allerdings dann ihre Wirksamkeit als formeller
Rechtsgrund - auch hinsichtlich des abgetretenen, aus einem Vorsteuerüberschuss
herrührenden Vergütungsanspruchs -, wenn der Jahressteuerbescheid die
Feststellung enthält, dass die Steuerfestsetzung für den betreffenden
Voranmeldungszeitraum materiell fehlerhaft war. Durch solche nachfolgenden
Feststellungen (Regelungen) verliert der Vorbehaltsbescheid seine
Wirksamkeit, er ist auch insoweit "auf andere Weise" erledigt i.S.
des § 124 Abs. 2 AO. Den
Wegfall des Rechtsgrundes durch eine nachfolgende Jahressteuerfestsetzung
hat der Senat ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, in denen die
Festsetzung aufgrund der Voranmeldung und der Umsatzsteuerjahresbescheid
dieselben Besteuerungsgrundlagen regeln, weil z.B. jeweils nur ein Vorbezug
betroffen ist, oder wenn durch den Jahressteuerbescheid (Steuerfestsetzung
auf 0 DM) festgestellt wird, dass mangels Unternehmereigenschaft bzw.
Vorsteuerabzugsberechtigung ein abtretbarer Vorsteuerüberschuss von
vornherein nicht bestand. Dem Umstand, dass in der Umsatzsteuerjahreserklärung
bzw. -festsetzung niedrigere Vorsteuerbeträge ausgewiesen sind als in den
Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemacht worden waren, hat er insoweit
keine Bedeutung beigemessen (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 1995 VII R 144/92,
BFHE 177, 8, BStBl II 1995, 862; vom 5. August 1986 VII R 167/82,
BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8; vgl. auch BFH-Beschluss vom 5. Oktober
1990 V B 137/89, BFH/NV 1991, 633). b)
Aus dem der T-GmbH erteilten Jahressteuerbescheid ergibt sich eindeutig,
dass Steuervergütungsansprüche in den Monaten Februar und März 1995 nicht
bestanden. Die Vorbehaltsbescheide sind dadurch auf andere Weise i.S. des
§ 124 Abs. 2 AO erledigt. aa)
In dem dem Rückforderungsbescheid zugrunde liegenden Jahressteuerbescheid
waren als abzugsfähige Vorsteuern zunächst 0 DM angesetzt. Mit einem
solchen Ansatz regelt ein Jahressteuerbescheid, dass die
Besteuerungsgrundlage "abziehbare Vorsteuern" in keinem
Voranmeldungszeitraum des Jahres zu berücksichtigen war. Zweifelsfrei ist
in einem solchen Fall, dass sich in keinem Zeitraum aus Vorsteuern ein Vergütungsbetrag
ergeben konnte. Zwar
kann sich auch in einem solchen Fall eine Steuervergütung aus einer
Berichtigung eines früheren Vorsteuerausweises ergeben, wenn seinerzeit die
Bemessungsgrundlage zu niedrig angesetzt worden war. Allerdings wäre dieser
Fall eindeutig als Sonderfall zu erkennen, da die Berichtigung sowohl in der
Vorbehaltsfestsetzung als auch im Jahressteuerbescheid als
Besteuerungsgrundlage ausgewiesen wird. Im
Streitfall beruhten die Steuervergütungen allein auf Vorsteuerüberschüssen.
Wäre es bei der vollständigen Nichtberücksichtigung von Vorsteuern im
Jahressteuerbescheid geblieben, so wäre die Fehlerhaftigkeit der
Vorbehaltsfestsetzungen eindeutig klargestellt mit der Folge, dass die
Vorbehaltsfestsetzungen mit Vorsteuerausweis durch den Jahressteuerbescheid
gemäß § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise erledigt wären. bb)
Allerdings weist der Jahressteuerbescheid in der Fassung der
Einspruchsentscheidung einen berücksichtigten Vorsteuerbetrag in Höhe von
89,96 DM aus. Anders
als aus der vollständigen Versagung folgt allein aus der Reduzierung des
Vorsteuerbetrages im Jahressteuerbescheid gegenüber der Summe der in den
Vorbehaltsfestsetzungen berücksichtigten Beträge nicht, dass der
rechtliche Grund für die der Rückforderung zugrunde liegenden Steuervergütungen
entfallen ist. Denn unbeschadet der - im Streitfall geringen - Höhe der
anerkannten Vorsteuern ist bei einer bloß betragsmäßigen Änderung des
Vorsteuerabzugs nicht erkennbar, auf welche Vorbehaltsfestsetzung sich die
Korrektur bezieht. Wäre diese Vorsteuer (hier 89,96 DM) in einer der
Vorbehaltsfestsetzungen zu berücksichtigen gewesen, aus denen sich die
abgetretenen Vergütungsansprüche ergeben hatten, so könnte in Höhe
dieses Betrages auch nach Berichtigung der seinerzeit zu Unrecht
ausgewiesenen Vorsteuern ein Vergütungsanspruch verbleiben. In Höhe dieses
Betrages wäre dann der Rechtsgrund für die Auszahlung an den Zessionar
nicht entfallen. Anhaltspunkte
dafür, dass ein solcher Sachverhalt im Streitfall hinsichtlich der nachträglich
berücksichtigten 89,96 DM vorliegt, sind aber nicht ersichtlich. Der
im FG-Urteil in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung, die dem
Jahressteuerbescheid seine endgültige Fassung gegeben hat, ist vielmehr die
- von der Klägerin unbeanstandete und damit für den Senat bindende -
Feststellung zu entnehmen, dass die nunmehr berücksichtigten (geringen)
Vorsteuern mit den streitigen Voranmeldungen der T-GmbH, aus denen sich die
abgetretenen Vergütungsansprüche ergeben hatten, in keinem Zusammenhang
stehen. cc)
Mit der Erledigung der Vorbehaltsfestsetzungen auf andere Weise i.S. des
§ 124 Abs. 2 AO ist der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der
der Klägerin gutgebrachten Umsatzsteuervergütungen entfallen. Die
Rechtswirkungen, die von einer solchen Erledigung des die Vorsteuervergütung
festsetzenden Bescheides gegenüber dem Steuerpflichtigen ausgehen, muss der
Zessionar nach ständiger Rechtsprechung des Senats in gleicher Weise wie
der Steuerpflichtige gegen sich gelten lassen. Der Zessionar kann rechtlich
nicht besser gestellt werden als der Steuerpflichtige selbst. Wer sich eine
steuerrechtliche Forderung abtreten lässt, übernimmt eine mit dem Risiko
ihres Bestehens behaftete Forderung (Senatsurteil in BFHE 222, 205, BStBl II
2009, 90, m.w.N.). Der Rückforderungsbescheid des FA ist rechtmäßig.
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