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BFH-Urteil vom 11.2.2009 (I R 67/07) BStBl. 2010 II S. 57

1. Die Ausschüttung von Rücklagen aus dem Alt-EK 02 führt im Übergangszeitraum nach § 38 Abs. 2 KStG 2002 zu einer Körperschaftsteuererhöhung. Ob eine Ausschüttung aus dem Alt-EK 02 erfolgt, richtet sich gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 danach, ob der Ausschüttungsbetrag den um den Bestand des Alt-EK 02 verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt.

2. Der ausschüttbare Gewinn ist nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 nur insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern, als das Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Abzugsposten bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns (§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002) berücksichtigt worden ist.

KStG 2002 § 27 Abs. 1 Satz 4, § 28 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4; KStG 1999 i.d.F. vor dem StSenkG § 28 Abs. 3, § 30.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 12. Juli 2007 4 K 3540/04 (EFG 2008, 484)

Sachverhalt

I.

Streitig ist, ob der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 2002 fortgeschriebene Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999 i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14. Juli 2000 (BGBl I 2000, 1034, BStBl I 2000, 1192) - KStG a.F. - (Alt-EK 02) gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 auch dann als für eine Ausschüttung verwendet gilt, wenn zuvor Gewinnrücklagen, die aus dem Alt-EK 02 stammen, in Nennkapital umgewandelt wurden.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine von der Körperschaftsteuer befreite GmbH, deren Anteile zu 30 % von der D gehalten werden, die ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit ist. Ausweislich der Handelsbilanz setzte sich das Eigenkapital der Klägerin zum 31. Dezember 2000 wie folgt zusammen:

gezeichnetes Kapital

190.200.580 €

Gewinnrücklagen

32.429.834 €

Bilanzgewinn 2000

5.317.628 €

Im Wirtschaftsjahr 2001 nahm die Klägerin eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln auf 200.000.000 € vor. Diese wurde handelsrechtlich durch eine Umwandlung der aus dem Alt-EK 02 stammenden Gewinnrücklagen in Höhe von 9.799.420 € finanziert. Der diesem Betrag entsprechende Teil des Nennkapitals wurde nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 getrennt ausgewiesen und auf den 31. Dezember 2001 gesondert festgestellt. Gleichzeitig wurde der Endbestand des Alt-EK 02 auf den 31. Dezember 2001 in Höhe von 32.429.834 € gesondert festgestellt.

Zum 31. Dezember 2001 setzte sich das Eigenkapital der Klägerin wie folgt zusammen:

gezeichnetes Kapital

190.200.580 €

Sonderausweis von Nennkapital
(§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002)

 

9.799.420 €

Gewinnrücklagen

22.890.719 €

Bilanzgewinn 2001

7.987.533 €

Im Streitjahr 2002 schüttete die Klägerin den Bilanzgewinn 2001 in Höhe von 7.987.533 € an die Gesellschafter aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah darin eine Verwendung des Alt-EK 02 nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 und setzte gemäß § 38 Abs. 2 und 3 KStG 2002 die Körperschaftsteuer für das Streitjahr in Höhe von 2.394.657 € fest. Der Festsetzung der Körperschaftsteuer lag folgende Berechnung des FA zugrunde:

Eigenkapital laut Steuerbilanz

230.878.252 €

./. gezeichnetes Kapital

200.000.000 €

./. steuerliches Einlagenkonto

0 €

ausschüttbarer Gewinn

30.878.252 €

./. Bestand Alt-EK 02

32.429.834 €

Betrag gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002

./. 1.551.825 €

 

 

Summe der Leistungen im Wirtschaftsjahr

7.987.533 €

./. Ausschüttung an D

2.400.000 €

Bemessungsgrundlage für Körperschaftsteuererhöhung

 

5.587.533 €

Das Alt-EK 02 wurde mit Bescheid zum 31. Dezember 2002 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 in Höhe von 22.047.644 € festgestellt. Das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 wurde zugleich unverändert mit 9.799.420 € festgestellt.

Der gegen den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 zum 31. Dezember 2002 erhobenen Klage gab das Hessische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 12. Juli 2007 4 K 3540/04, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 484, statt.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Mit ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 24. Februar 2009 beantragt die Klägerin das Ruhen des Verfahrens und die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

II.

Dem Antrag der Klägerin auf Ruhen des Verfahrens und auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht stattzugeben.

1. Nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung kann das Gericht das Ruhen des Verfahrens anordnen, wenn die Beteiligten dies beantragen und die Anordnung aus wichtigen Gründen zweckmäßig ist. Die Anordnung des Ruhens kann zweckmäßig sein, wenn eine Billigkeitsmaßnahme der vorgesetzten Behörde zu erwarten ist (Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 74 Rz 23). Dies gilt jedoch nicht, wenn die Billigkeitsmaßnahme erst während oder - wie im Streitfall - nach Schluss der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. September 1994 IV B 95/93, BFH/NV 1995, 325).

2. Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO kann das Gericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschließen. Die Wiedereröffnung liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts (BFH-Urteil vom 29. Juni 2006 VII R 50/04, BFH/NV 2006, 1865, m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin bietet die Klärung des Verhältnisses von planwidriger Regelungslücke und Billigkeitsentscheidung bei einer Kapitalerhöhung aus dem Alt-EK 02 im Streitfall keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

III.

Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass für die von der Klägerin im Streitjahr vorgenommene Gewinnausschüttung nicht gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 das Alt-EK 02 als verwendet gilt.

1. Das Alt-EK 02 gilt gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 als für Leistungen verwendet, soweit die Summe der Leistungen, die die Gesellschaft im Wirtschaftsjahr erbracht hat, den um den Bestand des Satzes 1 verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 ist ein positiver Endbetrag i.S. des § 36 Abs. 7 KStG 2002 aus dem Alt-EK 02 zum Schluss der folgenden Wirtschaftsjahre fortzuschreiben und gesondert festzustellen. Zu den Leistungen der Gesellschaft i.S. des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 gehören auch offene Gewinnausschüttungen (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 38 KStG Rz 14; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 38 KStG Rz 17; Jünger in Lademann, KStG, § 38 n.F. Rz 32).

2. Ob das Alt-EK 02 für eine Gewinnausschüttung als verwendet gilt, ist nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 im Rahmen einer Differenzrechnung zu ermitteln. Hierzu ist der Ausschüttungsbetrag mit dem "um den Bestand des Satzes 1 verminderten" ausschüttbaren Gewinn zu vergleichen (verminderter ausschüttbarer Gewinn). Ist der verminderte ausschüttbare Gewinn null oder negativ, gilt für die gesamte Gewinnausschüttung das Alt-EK 02 als verwendet (Lang, Der Betrieb - DB - 2002, 1793, 1796).

a) Der ausschüttbare Gewinn ist nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift gilt als ausschüttbarer Gewinn das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagenkontos. Das gezeichnete Kapital i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 ist das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist (§ 272 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches). Zum gezeichneten Kapital gehören daher auch die Beträge, die aus Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln stammen (Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 38 KStG Rz 24). Dies gilt auch dann, wenn für diese Beträge ein Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 vorzunehmen ist (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 27 KStG Rz 71; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 28 KStG Rz 10; Jünger in Lademann, a.a.O., § 38 n.F. Rz 37).

Entgegen der Auffassung der Klägerin führt der in § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 enthaltene Verweis auf § 27 KStG 2002 nicht zu einer hiervon abweichenden Bestimmung des ausschüttbaren Gewinns. Denn dieser Verweis bezieht sich aufgrund seiner Ausgestaltung als Klammerzusatz ausdrücklich nur auf die Definition des ausschüttbaren Gewinns in § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002, nicht aber auf die gesamte Regelung des § 27 KStG 2002.

Das FA hat danach zutreffend den ausschüttbaren Gewinn der Klägerin ermittelt, indem es vom Eigenkapital der Klägerin laut Steuerbilanz zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 230.878.252 € das erhöhte Nennkapital von 200.000.000 € abgezogen hat. Da das steuerliche Einlagenkonto mit 0 € festgestellt war, betrug der ausschüttbare Gewinn 30.878.252 €.

b) Zur Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns ist das nach § 38 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 fortgeschriebene Alt-EK 02 vom ausschüttbaren Gewinn abzuziehen.

aa) Das FA hat angenommen, dass das Alt-EK 02 auch dann in vollem Umfang vom ausschüttbaren Gewinn abzuziehen ist, wenn es - wie hier - ganz oder teilweise für eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet wurde und daher den ausschüttbaren Gewinn bereits gemindert hat. Der Senat folgt dieser Auslegung nicht, da sie zu Ergebnissen führt, die dem Zweck des § 38 KStG 2002 widersprechen.

Der - ungekürzte - Abzug des fortgeschriebenen Alt-EK 02 zur Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns hätte bei einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gewinnrücklagen des Alt-EK 02 zur Folge, dass das Alt-EK 02 im Rahmen der Differenzrechnung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 in doppelter Hinsicht als Abzugsposten berücksichtigt würde. Denn der - bei der Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns abzuziehende - Bestand des Alt-EK 02 bleibt trotz der Kapitalerhöhung unverändert. Weder § 38 KStG 2002 noch eine andere Vorschrift sehen für diesen Fall eine Minderung des Alt-EK 02 vor, so dass das Alt-EK 02 sich in vollem Umfang mindernd auswirkte. Gleichzeitig verringerte das Alt-EK 02 nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 als Teil des gezeichneten Kapitals den ausschüttbaren Gewinn (Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 38 KStG Rz 24a; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 38 KStG Rz 25a).

Aufgrund der doppelten Berücksichtigung des Alt-EK 02 ergäbe sich nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 auch dann eine Verwendung des Alt-EK 02, wenn für die Gewinnausschüttung sonstige ausschüttungsfähige Rücklagen - im Streitfall der Bilanzgewinn 2001 - zur Verfügung stünden. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Ziel des § 38 KStG 2002, einen steuerneutralen Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren zu gewährleisten.

bb) Der Senat legt daher § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 dahingehend aus, dass der ausschüttbare Gewinn nur insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern ist, als das Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Teil des gezeichneten Kapitals bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 vom Eigenkapital laut Steuerbilanz abgezogen worden ist (im Ergebnis auch Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, ebenda; Frotscher in Frotscher/Maas, ebenda; Ommerborn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 38 KStG Rz 28).

aaa) Der Wortlaut der Bestimmung lässt eine dementsprechende Auslegung zu. § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 verlangt zwar, dass der ausschüttbare Gewinn (§ 27 KStG 2002) um den Bestand des § 38 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 gemindert wird. Diesem Normbefehl wird jedoch auch dann genügt, wenn vom ausschüttbaren Gewinn nur noch der Betrag des Alt-EK 02 abgezogen wird, der nicht zur Kapitalerhöhung verwendet wurde. Denn derjenige Teil des Alt-EK 02, der zur Erhöhung des Nennkapitals aus Rücklagen verwendet wurde, hat bereits den ausschüttbaren Gewinn gemindert.

bbb) Diese Auslegung entspricht dem Zweck des § 38 KStG 2002.

§ 38 KStG 2002 will verhindern, dass die unter Geltung des Anrechnungsverfahrens steuerfrei vereinnahmten Gewinne nach der Systemumstellung während des (ursprünglich) 15-jährigen Übergangszeitraums im Falle einer Ausschüttung bei der Körperschaft steuerfrei bleiben und bei den Anteilseignern nur mit dem Halbeinkünfteverfahren besteuert werden. Wird dieser Teil des Eigenkapitals jedoch nicht an die Anteilseigner ausgekehrt, tritt die Besteuerungsfolge des § 38 Abs. 2 KStG 2002 nicht ein; es wird wie bisher keine Körperschaftsteuererhöhung vorgenommen (Ommerborn in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 38 KStG Rz 3). Wird das Alt-EK 02 während des Überganszeitraums nicht ausgeschüttet, bleibt es nach der Konzeption des § 38 KStG 2002 auf der Ebene der Kapitalgesellschaft endgültig steuerfrei.

Aus § 38 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 folgt, dass Ausschüttungen - entsprechend der im Anrechnungsverfahren geltenden Regelung (§ 28 Abs. 3 KStG a.F.) - zunächst aus dem sonstigen Vermögen, danach aus dem Alt-EK 02 und zuletzt aus Einlagen finanziert werden. Diese Verwendungsreihenfolge kehrte sich jedoch um, berücksichtigte man bei der Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 nicht, dass derjenige Teil des Alt-EK 02, der zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet wurde, bereits den ausschüttbaren Gewinn gemindert hat, weil das erhöhte Nennkapital vom Eigenkapital laut Steuerbilanz abgezogen wurde (Danelsing in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 38 KStG Rz 13; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 38 KStG Rz 19; Lornsen-Veit/Odenbach in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 47 f.; Bott in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 51).

§ 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 gehört zu den Übergangsvorschriften, die aus Anlass des Systemwechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) in das Körperschaftsteuergesetz eingefügt wurden. Das Anrechnungsverfahren wird im Übergangszeitraum aus Vereinfachungsgründen in modifizierter Form fortgeführt. Anstelle der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals (§ 30 KStG a.F.) werden nur noch das Alt-EK 02 (§ 38 Abs. 1 KStG 2002) und der Bestand des steuerlichen Einlagenkontos (§ 27 Abs. 2 KStG 2002), in das der Endbestand des Teilbetrags i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. übernommen wird (§ 39 Abs. 1 KStG 2002), gesondert festgestellt. Eine der Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG a.F. entsprechende Regelung für die einzelnen Teilbeträge des Eigenkapitals ist in den Übergangsvorschriften nicht enthalten (Bott in Ernst & Young, ebenda; Cremer in Mössner/ Seeger, KStG, § 38 Rz 12; Lang, DB 2002, 1793, 1795). Aus den Gesetzesmaterialien zu § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 ergibt sich jedoch, dass die Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG a.F. im Rahmen der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 insoweit fortgeführt werden soll, als das Alt-EK 02 erst dann als für Ausschüttungen verwendet gilt, wenn die Gesellschaft abgesehen vom Bestand des Alt-EK 02 und des Bestands des steuerlichen Einlagenkontos über keine anderweitigen ausschüttungsfähigen Rücklagen mehr verfügt (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BTDrucks 14/2683, S. 121, 122, Begründung zu Art. 3, und S. 127, Einzelbegründung zu § 38 Abs. 1 KStG).

Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich an dieser Verwendungsreihenfolge - abweichend vom bisherigen Recht - etwas ändern sollte, wenn das Alt-EK 02 für eine Nennkapitalerhöhung verwendet wird. Unter Geltung des Anrechnungsverfahrens führte zwar eine Umwandlung von EK 02-Rücklagen in Stammkapital ebenfalls nicht zu einem Ausscheiden des EK 02 aus dem verwendbaren Eigenkapital. Im typisierten Regelfall (wenn auch infolge der Steuerbefreiung der Klägerin nicht im Streitfall, vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F.) wäre allerdings durch den im Jahr 2001 erzielten Gewinn EK 40 gebildet worden, das vorrangig für eine Ausschüttung im Streitjahr zur Verfügung gestanden hätte (vgl. auch Centrale für GmbH, GmbH-Rundschau 2004, 793, 794).

Die Umkehrung der in § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 angelegten Verwendungsreihenfolge für den Fall der Kapitalerhöhung aus Gewinnrücklagen des Alt-EK 02 lässt sich nicht mit dem Vereinfachungszweck der Vorschrift begründen. Der Zweck der Übergangsvorschriften besteht neben der Gewährleistung eines steuerneutralen Übergangs insbesondere darin, die praktische Handhabung des Anrechnungsverfahrens im Übergangszeitraum zu erleichtern (Senatsurteil vom 31. Mai 2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884, unter II.2.c dd der Gründe; FG Köln, Urteil vom 28. Februar 2007 13 K 4826/03, EFG 2007, 1357). Dem Vereinfachungszweck wird dadurch Rechnung getragen, dass im Übergangszeitraum keine Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals mehr vorzunehmen ist; eine gesonderte Feststellung der - vorrangig zu verwendenden - sonstigen ausschüttungsfähigen Rücklagen findet daher nicht statt. Die Höhe dieser Rücklagen ergibt sich vielmehr im Wege der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 aus dem verminderten ausschüttbaren Gewinn (Hoffmann, Der GmbH-Steuerberater 2001, 34; Lang, DB 2002, 1793, 1795). Dem Vereinfachungszweck läuft es hierbei nicht zuwider, das Alt-EK 02 bei der Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns nur einmal als Abzugsposten zu berücksichtigen.

cc) Aufgrund der vom Senat vorgenommenen einschränkenden Auslegung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 kommt es auf die Frage, ob die doppelte Berücksichtigung des Alt-EK 02 im Rahmen der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 bei einer Kapitalerhöhung aus Gewinnrücklagen des Alt-EK 02 - wie vom FG angenommen - auf einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung beruht, nicht mehr an.

3. Nach diesen Grundsätzen führt die Ausschüttung der Klägerin in Höhe von 7.987.533 € im Streitjahr nicht dazu, dass nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 das Alt-EK 02 als für die Ausschüttung verwendet gilt. Denn nach der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 übersteigt der Ausschüttungsbetrag den verminderten ausschüttbaren Gewinn nicht. Nach den für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG standen für die von der Klägerin vorgenommene Kapitalerhöhung in Höhe von 9.799.420 € ausschließlich Gewinnrücklagen aus dem Alt-EK 02 zur Verfügung. Vom ausschüttbaren Gewinn in Höhe von 30.878.252 € ist daher nicht der gesamte Bestand des Alt-EK 02 zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 32.429.834 €, sondern nur der Differenzbetrag der nicht in Nennkapital umgewandelten Rücklagen in Höhe von 22.630.414 € abzuziehen. Der - vorrangig vor dem Alt-EK 02 für die Ausschüttung zu verwendende - verminderte ausschüttbare Gewinn beträgt damit 8.247.838 €.