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BFH-Urteil vom 29.1.2009 (VI R 28/08) BStBl. 2010 II S. 166
Aus
der Rechnung i.S. des § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG müssen sich der Erbringer der
haushaltsnahen Dienstleistung als Rechnungsaussteller, der Empfänger dieser
Dienstleistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der Dienstleistung
sowie die dafür vom Steuerpflichtigen jeweils geschuldeten Entgelte ergeben.
EStG § 35a Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 3.
Vorinstanz: FG Hamburg vom 5. Mai 2008 6 K
175/05 (EFG 2008, 1888)
Sachverhalt
I.
Die nicht pflegebedürftige
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lebt seit dem 15. April 1999 in
einem Wohnstift. Sie machte mit ihrer Einkommensteuererklärung für das
Streitjahr (2004) zunächst Aufwendungen für die Heimunterbringung in Höhe
von 744 € als außergewöhnliche Belastung geltend, die vom Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt - FA -) in Höhe von 624 € berücksichtigt wurden.
Daneben beantragte sie die Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr (2004) geltenden Fassung (EStG)
für bestimmte Dienstleistungen im Wohn- und Betreuungsbereich.
Im Veranlagungsverfahren
legte sie u.a. ein Schreiben des Wohnstifts vom 9. Februar 2005 vor. Darin
heißt es:
"Bescheinigung über
Verrichtungen im Haushalt zum Wohnvertrag ... . Das von Ihnen bezahlte
monatliche Wohnstiftsentgelt gliedert sich gemäß den Vorgaben des
Heimgesetzes in folgende Bestandteile:
In diesen
Entgeltsbestandteilen sind die folgenden Verrichtungen im Haushalt des
Bewohners enthalten:
Entgeltbestandteil Wohnen:
- wöchentliche Reinigung der
Fußböden und sanitären Anlagen des Appartements sowie die vierteljährliche
Reinigung der Fenster
- Vorhalten eines
Hausmeisters
- die Pflege des zum
Wohnstift gehörenden Gartens, der von allen Bewohnern benutzt werden kann
Entgeltbestandteil
Verpflegung:
- das tägliche Zubereiten
und Servieren eines warmen Mittagsmenüs, alternativ einer Abendmahlzeit oder
eines großen Frühstücks/Frühstücksbüffets im hauseigenen Restaurant,
alternativ (gegen einen Aufpreis für den Etagenservice) auch im Appartement
des/der Bewohners/in
Entgeltbestandteil
Betreuung:
- Krankenpflege im
Appartement bei vorübergehender Erkrankung
- 24-stündiger
Bereitschaftsdienst zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der
haustechnischen Einrichtungen
- 24-stündige
Notfallbereitschaft des hauseigenen Ambulanten Pflegedienstes."
In der im Klageverfahren von
der Klägerin vorgelegten Kostenaufstellung des Wohnstifts vom 12. Juli 2007
heißt es zu den monatlichen, prozentual aufgegliederten Entgeltbestandteilen
u.a.:
"Entgeltbestandteil Wohnen"
- für "Haustechnik
(Hausmeister, Gartenpflege, kleinere Reparaturen) gemäß unserer
Kostenkalkulation circa 4,3 %"
- für "Empfang
(24-Stunden-Besetzung am Eingang des Wohnstiftes) ... circa 4,0 %"
- für "Reinigung der
Gemeinschaftsflächen (Flure, Treppenhäuser, Gemeinschaftsräume) ... circa
2,4 %"
- für "Reinigung des
Appartements (wöchentliche Reinigung der Wohnung, monatliches Fensterputzen)
... circa 3,4 %"
- für "Renovierungsarbeiten
am Gebäude (Fassade, Dach, usw.)
-Pauschale durch den
Vermieter- ... circa 6,1 %"
- für "Wartungsverträge
(Telefon, Schrankenanlage, usw. durch externe Handwerksbetriebe) ... circa
0,3 %"
- für "Instandsetzungen
(größere Reparaturen im Wohnstift durch externe Handwerksbetriebe) ... circa
1,5 %"
"Entgeltbestandteil
Betreuung"
- für "Vorhalten einer
hauseigenen Betreuungseinrichtung für demenzerkrankte Bewohner ... circa
7,9 %"
- für "Vorhalten eines
betreuerischen Nachtdienstes für kleinere pflegerische Hilfeleistungen sowie
ggf. Einleitung von ambulanten Pflegeleistungen ... circa 5,7 %"
- für "Vorhalten eines
betreuerischen Bereitschaftsdienstes sowie die kostenlose Betreuung bei
kurzfristiger Erkrankung ... circa 3,5 %"
- für "Vorhalten von Haus-
und Etagendamen zur Erbringung kleinerer Betreuungsleistungen, Besuche,
Begleitungen ... circa 7,0 %".
Die Prozentzahlen werden als
Mindestbeträge, die "Summe im Entgeltbestandteil Wohnen (Jahresbetrag)" wird
mit 32.715,96 €, die "Summe im Entgeltbestandteil Betreuung (Jahresbetrag)"
mit 5.583,36 € und die Gesamtsumme mit 38.299,32 € angegeben.
Das FA lehnte die
Berücksichtigung einer Steuerermäßigung nach § 35a EStG ab, der Einspruch
blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab
der Klage statt und ermäßigte die tarifliche Einkommensteuer um 600 €
(Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2008, 1888). Die von der Klägerin
in Anspruch genommenen Dienstleistungen seien "haushaltsnah" i.S. des § 35a
Abs. 2 Satz 1 EStG. Sie habe auch die von ihr übernommenen Kosten nach § 35a
Abs. 2 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung durch Vorlage
einer Rechnung nachgewiesen. Der Betrag, den die Klägerin für die einzelnen
Dienstleistungen aufgewendet habe, bezogen auf den prozentualen Anteil an
den Gesamtkosten, habe sich aus den von ihr vorgelegten Belegen entnehmen
lassen. Auch der Empfänger der Zahlungen ergebe sich daraus. Die Vorlage
eines Originalbelegs sei nicht erforderlich, es genüge, wenn der Erbringer
der Dienstleistung auf der Grundlage seiner Buchführung die Leistungen
nachträglich bestätige. Da das FA Aufwendungen der Klägerin in Höhe von
624 € schon als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt habe, sei für
die Gewährung der Steuerbegünstigung des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG noch ein
Betrag in Höhe von 3.584,80 € (4.208,80 € abzüglich 624 €) zu Grunde zu
legen.
Mit der Revision rügt das FA
die Verletzung materiellen Rechts (§ 35a Abs. 2 Sätze 1 und 3 EStG).
Es beantragt sinngemäß, das
Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist unbegründet; sie
war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 35a Abs. 2
Satz 1 EStG vorlagen und die Klägerin die Aufwendungen durch Vorlage einer
Rechnung nachgewiesen hat.
1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßigt
sich für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in
einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die
tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen,
auf Antrag um 20 %, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen,
die nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für eine
geringfügige Beschäftigung i.S. des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch
darstellen und soweit sie nicht als außergewöhnliche Belastung
berücksichtigt worden sind.
Der Begriff "haushaltsnah", der in § 35a
Abs. 1 Satz 1 EStG ebenfalls Verwendung findet, ist gesetzlich nicht näher
bestimmt.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats in
seinen Urteilen vom 1. Februar 2007 VI R 77/05 (BFHE 216, 526, BStBl II
2007, 760) und VI R 74/05 (BFH/NV 2007, 900) ist unter dem Begriff des
Haushalts die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie)
zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Das
Wirtschaften im Haushalt umfasst Tätigkeiten, die für die Haushaltung oder
die Haushaltsmitglieder erbracht werden. Dazu gehören Einkaufen von
Verbrauchsgütern, Zubereitung von Mahlzeiten, Wäschepflege, Reinigung und
Pflege der Räume, des Gartens und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von
Kindern und kranken Haushaltsangehörigen (Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl.,
§ 35a Rz 5; Fischer in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 35a Rz 6, unter Hinweis
auf die Verordnung über die Berufsausbildung zum Hauswirtschafter/zur
Hauswirtschafterin vom 14. August 1979, BGBl I 1979, 1435). Ein solcher
Haushalt kann grundsätzlich auch von dem Bewohner eines Wohnstifts geführt
werden (so mittlerweile auch Bundesministerium der Finanzen - BMF -,
Schreiben vom 26. Oktober 2007 IV C 4-S 2296- b/07/0003 2007/0484038, BStBl
I 2007, 783, Rz 12).
b) "Haushaltsnahe" Leistungen sind solche,
die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung haben bzw. damit im
Zusammenhang stehen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - in BFHE 216, 526,
BStBl II 2007, 760; in BFH/NV 2007, 900; Fischer in Kirchhof, a.a.O., § 35a
Rz 6). Dazu gehören Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des
privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in
regelmäßigen Abständen anfallen. Insofern sind die Begriffe "haushaltsnah"
und "hauswirtschaftlich" (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F.) sinnverwandt. Zu den
haushaltsnahen Dienstleistungen gehören regelmäßig auch handwerkliche
Tätigkeiten in der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung bzw. dem Haus
des Steuerpflichtigen, wenn es sich um Schönheitsreparaturen oder kleine
Ausbesserungsarbeiten handelt (so auch Urteil des FG München vom 30. Juli
2005 5 K 2262/04, EFG 2005, 1612; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom
2. September 2004 4 K 2030/04, EFG 2004, 1769; Blümich/Erhard, § 35a EStG
Rz 42). Handwerkerleistungen, die im Regelfall nur von Fachkräften
durchgeführt werden können, fallen dagegen nicht unter den Begriff der
haushaltsnahen Dienstleistung; dieser auch im BMF-Schreiben vom 1. November
2004 IV C 8-S 2296 b-16/04 (BStBl I 2004, 958 Rz 5) vertretenen Auffassung
hat sich der erkennende Senat in seinen Urteilen in BFHE 216, 526, BStBl II
2007, 760, und in BFH/NV 2007, 900, angeschlossen. Nach § 52 Abs. 50b Satz 2
EStG i.d.F. des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und
Beschäftigung vom 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091, BStBl I 2006, 350) gilt
die Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 35a EStG auf
Handwerkerleistungen - soweit sie nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen
anzusehen sind - erst ab 2006.
2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG
aufgrund seiner - für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO grundsätzlich bindenden
- Feststellungen zu Recht haushaltsnahe Dienstleistungen angenommen. Die im
Zusammenhang mit dem zunächst genannten Begriff der Haustechnik angefallenen
Hausmeister-, Gartenpflege- und kleinen Reparaturarbeiten zählen
typischerweise zu den Tätigkeiten, die als Ausbesserungs- und
Erhaltungsmaßnahmen zu den haushaltsnahen Dienstleistungen gehören. Gleiches
gilt für die Reinigung des Appartements sowie der Gemeinschaftsflächen, denn
es handelt sich dabei um Leistungen, die regelmäßig durch
Haushaltsangehörige erbracht werden. Auch das Vorhalten von Haus- und
Etagendamen, deren Aufgabe neben der Betreuung des Bewohners noch zusätzlich
in der Begleitung des Steuerpflichtigen, dem Empfang von Besuchen und der
Erledigung kleiner Botengänge besteht, ist den haushaltsnahen
Dienstleistungen zuzurechnen. Denn die Erbringung von Betreuungsleistungen
gehört zu den Tätigkeiten, die im Allgemeinen auch durch Familienmitglieder
bzw. Angehörige erbracht werden.
3. Die Klägerin hat die von ihr getragenen
Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen durch Vorlage einer Rechnung
entsprechend § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG nachgewiesen.
a) § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG verlangt für
die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG u.a., dass der
Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung nachweist.
Anders als das Umsatzsteuergesetz - UStG -
(§ 14 UStG) enthalten § 35a EStG und das Einkommensteuergesetz insgesamt
keine eigenständige Definition des Rechnungsbegriffs. Der Regelungszweck des
§ 35a EStG, Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt zu fördern und die
Schwarzarbeit zu bekämpfen (BTDrucks 15/91, 19 ff.), und der herkömmliche
Begriff "Rechnung" erfordern indessen, dass sich aus der Rechnung i.S. des
§ 35a EStG jedenfalls die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten
Leistungsbeziehung entnehmen lassen. Daher müssen sich aus der Rechnung der
Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung als Rechnungsaussteller, der
Empfänger dieser Dienstleistung, die Art, der Zeitpunkt und der Inhalt der
Dienstleistung sowie die dafür vom Steuerpflichtigen jeweils geschuldeten
Entgelte ergeben.
b) Gemessen daran hat das FG zutreffend die
Voraussetzungen einer Rechnung als erfüllt angesehen. Aus der Aufstellung
vom 9. Februar 2005 ergaben sich das monatliche Gesamtentgelt,
Leistungserbringer und Leistungsempfänger der Dienstleistungen und auch Art,
Zeitpunkt und Inhalt der im Haushalt der Klägerin erbrachten
Dienstleistungen. Aus der dem Schreiben vom 12. Juli 2007 beigefügten
Kostenaufstellung mit prozentualen Mindestanteilen ergaben sich schließlich
die Entgeltanteile der Klägerin an den dort im Einzelnen aufgeführten
Dienstleistungen.
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