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BFH-Urteil vom 23.9.2008 (I R 19/08) BStBl. 2010 II S. 301
Teilwertzuschreibungen nach einer ausschüttungsbedingten
Teilwertabschreibung sind auch dann im Gewerbeertrag zu erfassen, wenn die
Teilwertabschreibung gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991/1999 dem Gewinn
aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden war.
EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3; GewStG 1991/1999 § 7, § 8 Nr. 10
Buchst. a, § 9 Nr. 2a.
Vorinstanz: FG Münster vom 7. Dezember 2007
9 K 6262/04 G, F (EFG 2008, 715)
Sachverhalt
I.
Die am 29. Oktober 1998
gegründete Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, erwarb am
selben Tag sämtliche Anteile an der mit einem Stammkapital von 50.000 DM
ausgestatteten S-GmbH zu einem Kaufpreis von 1.067.000 DM. Die S-GmbH hatte
in der Vergangenheit die von ihr erzielten Gewinne in erheblichem Umfang
thesauriert. Die Klägerin beschloss am 8. Dezember 1998 eine
Vorabausschüttung in Höhe von 1.220.354 DM. Im Jahresabschluss 1998 schrieb
sie die Gesamtanschaffungskosten der Beteiligung an der S-GmbH um 896.706 DM
auf 286.000 DM ab.
In der
Gewerbesteuererklärung für 1998 kürzte die Klägerin den Gewinn aus
Gewerbebetrieb nach § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) um
den Beteiligungsertrag. Ab dem Jahr 1999 nahm sie Wertaufholungen gemäß § 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes i.d.F.
des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom
24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304 - EStG 1997 n.F. -), § 8
Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor. Die um diese Beträge
erhöhten Gewinne legte sie als Gewerbeerträge i.S. des § 7 Satz 1 GewStG
1999 den Gewerbesteuererklärungen zu Grunde.
Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) war der Auffassung, dass der Gewinn
aus Gewerbebetrieb 1998 gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991 um die
ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung (896.706 DM) zu erhöhen sei. Die
Klägerin machte daraufhin vergeblich geltend, die Gewerbeerträge der
folgenden Jahre seien ohne die Teilwerterhöhungen der Beteiligung zu
ermitteln.
Der gegen die Bescheide über
die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 1999
bis 31. Dezember 2002 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001
erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil vom
7. Dezember 2007 9 K 6262/04 G, F, veröffentlicht in Entscheidungen der
Finanzgerichte (EFG) 2008, 715, statt.
Das FA stützt seine Revision
auf Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß
§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des
erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht
die Teilwertaufholungen nicht im Gewerbeertrag erfasst.
1. Nach § 7 GewStG 1991/1999 ist
Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des
Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb,
vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1991/ 1999
bezeichneten Beträge.
a) Die Summe des Gewinns und der
Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 1991/1999 u.a. gekürzt um
die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen
Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG 1991/1999, wenn die
Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des
Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns
(§ 7 GewStG 1991/1999) angesetzt worden sind. Durch die Vorschrift soll eine
gewerbesteuerliche Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne zum einen beim
Anteilseigner, zum anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden
(Senatsurteil vom 25. Januar 2006 I R 104/04, BFHE 213, 19, BStBl II 2006,
844).
Diese Vorschrift war, worüber zwischen den
Beteiligten Einigkeit besteht, auf die im Jahr 1998 vorgenommenen
Ausschüttungen aus der S-GmbH, die die Klägerin in ihrem Betriebsvermögen
hielt, anzuwenden.
b) Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1998
war jedoch gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991 um die
ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zu erhöhen. Da der Gewinn aus
Gewerbebetrieb um die Gewinnausschüttung gekürzt wird (§ 9 Nr. 2a GewStG
1991/1999), soll, so die Gesetzesbegründung (BTDrucks 11/2157, S. 175 f.),
zur Vermeidung einer gewerbesteuerrechtlichen Doppelentlastung auch die
durch die Gewinnausschüttung verursachte Wertminderung der Anteile
erfolgsneutral behandelt werden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 8. Mai 2003 IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460;
Senatsurteil vom 2. Februar 1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994,
768).
2. Da die Beteiligung in den Folgejahren
wieder an Wert gewonnen hat, hat die Klägerin zutreffend in ihren Bilanzen
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. zu den
jeweiligen Stichtagen die höheren Teilwerte angesetzt. Diese Wertaufholungen
sind gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 im Gewerbeertrag zu erfassen.
Wie aus § 7 Satz 1 GewStG 1999 ersichtlich,
können sich Kürzungen des Gewinns aus Gewerbebetrieb nur aus § 9 GewStG 1999
ergeben. Diese Vorschrift enthält jedoch keine Regelung, die eine Kürzung
des Gewinns aus Gewerbebetrieb um die Teilwertzuschreibungen ermöglichte
(gleicher Ansicht Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 21. Januar
2004, Finanz-Rundschau 2004, 242). Insbesondere ergibt sich eine solche
Kürzungsmöglichkeit - wie vom FG zutreffend ausgeführt - nicht aus § 9
Nr. 2a GewStG 1999. Zu den Gewinnen aus Anteilen rechnen alle
wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Besitz der Anteile gezogen werden und
die beim Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen führen (Senatsurteile in BFHE
213, 19, BStBl II 2006, 844; in BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768). In
erster Linie sind dies die aus den Anteilen fließenden Dividenden.
Werterhöhungen der Anteile sind indessen keine Gewinne aus Anteilen i.S.
dieser Vorschrift (Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 187; Güroff in
Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Nr. 2a Rz 5). Auch im Übrigen
eröffnet § 9 GewStG 1999 keine Kürzungsmöglichkeit.
3. Das Gesetz ist insoweit nicht
lückenhaft.
§ 8 Nr. 10a GewStG 1991/1999 wurde durch
das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I
1988, 224) in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Der Gesetzgeber hat eine
Regelung dahingehend, dass Teilwertaufholungen nach vorangegangener
ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen im Gewerbeertrag nicht zu
erfassen sind, nicht getroffen. Selbst wenn er die gewerbesteuerrechtlichen
Folgen der Teilwertzuschreibung nach vorangegangener ausschüttungsbedingter
Teilwertabschreibung bei Einführung des Wertaufholungsgebots durch § 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. nicht bedacht haben
sollte, bestünde für den Senat keine Handhabe, den in § 9 GewStG 1999
detailliert und abschließend geregelten Katalog der Gewinnkürzungen
richterrechtlich um einen weiteren Tatbestand zu ergänzen.
Dies führt zwar zu einer
gewerbesteuerlichen Doppelbelastung. Wie der Senat bereits mehrfach
entschieden hat, besteht jedoch im Gewerbesteuerrecht weder ein allgemeiner
Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Kürzung bei der Ermittlung des
Gewerbeertrages durchzuführen ist, soweit es ohne diese Kürzung zu einer
Doppelerfassung kommt, noch muss umgekehrt eine Kürzung unterbleiben, wenn
dies zu einer doppelten Entlastung führt (Senatsurteile vom 22. Februar 2006
I R 120/04, BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321; in BFHE 213, 19, BStBl II
2006, 844; vom 15. September 2004 I R 16/04, BFHE 208, 277, BStBl II 2005,
297; vom 23. Oktober 1985 I R 235/81, BFHE 145, 76, BStBl II 1986, 72).
4. Ungeachtet dessen, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 1998 nicht in Streit ist, stellen die
Teilwertaufholungen auch kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung dar, das eine Minderung des gemäß § 8 Nr. 10
Buchst. a GewStG 1991 hinzugerechneten Betrages ermöglichte (anderer Ansicht
Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 10 Rz 17).
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