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BFH-Urteil vom 7.10.2009
(II R 58/08) BStBl. 2010 II S. 302
§ 5 Abs. 3 GrEStG setzt die
objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus und ist daher
einschränkend dahingehend auszulegen, dass - trotz der Verminderung der
vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders -
die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn aufgrund
einer Anteilsschenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet.
GrEStG § 3 Nr. 2, Nr. 6, § 5.
Vorinstanz: FG des Saarlandes
vom 12. August 2008 2 K 2417/04 (EFG 2008, 1740)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde durch Vertrag vom ... Dezember 2001
gegründet. Unternehmensgegenstand ist die Verwaltung und Nutzung von
Grundstücken sowie von Anlagen und Einrichtungen. Gründungsgesellschafter
waren als Komplementärin die A-GmbH und B als Kommanditist. Die A-GmbH
leistete keine Einlage, B eine solche in Höhe von 50.000 €.
Mit notariell beurkundetem
Vertrag vom ... Dezember 2002 brachte B alle aktiven und passiven
Vermögensgegenstände seines Einzelunternehmens einschließlich des
Grundstücks in X in die Klägerin ein. Am ... Dezember 2002 schenkte er dann
seinen Söhnen C und D sowie Frau E jeweils einen Anteil am Kommanditkapital
der Klägerin in Höhe von 8.000 € (16 v.H. des Kommanditkapitals).
Mit Bescheid vom 31. Juli
2003 stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den
Grundstückswert für das zuvor genannte Grundstück zum 6. Dezember 2002 auf
... € fest und rechnete diesen Wert in vollem Umfang der Klägerin zu. Durch
Bescheid vom 17. September 2004 setzte das FA für die Grundstückseinbringung
in die Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von ... € für den auf E
entfallenden Anteil des Grundstückswertes fest; in Höhe der verbleibenden
Quote von 84 v.H. wurde die Steuer nicht erhoben.
Die dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren eingelegte Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
folgte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 1740
veröffentlichten Urteil der Rechtsauffassung der Klägerin, wonach der
streitbefangene Einbringungsvorgang zwar grunderwerbsteuerbar sei, die
Steuer aber gemäß § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG)
insgesamt nicht erhoben werde. Dem stehe § 5 Abs. 3 GrEStG nicht entgegen.
Diese Vorschrift diene der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die
Mindestbehaltensfrist verhindert werden solle, dass Grundbesitz
steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten
Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerbefreit weitergegeben
werde. Eine danach zu fordernde objektive Möglichkeit der Steuerumgehung
liege im Streitfall aber nicht vor.
Hiergegen richtet sich die
Revision des FA, welches die fehlerhafte Rechtsanwendung des § 5 Abs. 2 und
3 GrEStG rügt.
Das FA beantragt, das Urteil
des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist
unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend angenommen, dass der
Grundstückserwerb der Klägerin insgesamt nach § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfrei
zu belassen und dessen Anwendung nicht nach § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen
ist.
1. Nach § 5 Abs. 2 GrEStG
wird die Grunderwerbsteuer in dem Fall, dass ein Grundstück von einem
Alleineigentümer auf eine Gesamthand übergeht, in Höhe des Anteils nicht
erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt war. Da
B als vormaliger Eigentümer des Grundstücks nach der aufgrund des notariell
beurkundeten Vertrages vom ... Dezember 2002 vorgenommenen Einbringung
desselben allein am Vermögen der Klägerin beteiligt war, waren die
Voraussetzungen für die Nichterhebung der Steuer nach § 5 Abs. 2 GrEStG
gegeben.
2. Die Anwendung des § 5
Abs. 2 GrEStG scheidet, soweit sich der Anteil des B am Vermögen der
Klägerin durch die am ... Dezember 2002 vorgenommene Schenkung von jeweils
16 v.H. am Kommanditkapital an E vermindert hat, entgegen der Auffassung des
FA auch nicht nach § 5 Abs. 3 GrEStG aus. Zwar hat sich - dem Wortlaut des
§ 5 Abs. 3 GrEStG gemäß - der Anteil des B am Vermögen der Klägerin insoweit
vermindert; indessen ist mit Blick auf die in § 3 Nr. 2 GrEStG geregelten
Fälle eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 3 GrEStG geboten.
a) § 5 Abs. 3 GrEStG dient
der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die dort geregelte
Mindestbehaltefrist verhindert werden soll, dass Grundbesitz
steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten
Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerfrei weitergegeben wird
(BRDrucks 910/98, S. 203; BTDrucks 14/265, S. 204). Die Vorschrift zielt
somit darauf ab, nur für solche Einbringungsvorgänge die Steuervergünstigung
nach § 5 GrEStG bestehen zu lassen, bei denen der grundstückseinbringende
Gesamthänder auch nach der Einbringung über einen Zeitraum von fünf Jahren
seine gesamthänderische Mitberechtigung aufrecht erhält und darüber an dem
eingebrachten Grundstück vermögensmäßig beteiligt bleibt. Die
Gesetzesformulierung "Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen
der Gesamthand" ist gemessen an der Zielrichtung des § 5 GrEStG und dem
Charakter des Abs. 3 als Missbrauchsverhinderungsvorschrift aber nicht
präzise und deshalb auslegungsbedürftig (vgl. Viskorf in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 16. Aufl., § 5 Rz 74). Im Sinne der
Missbrauchsverhinderung setzt § 5 Abs. 3 GrEStG die objektive Möglichkeit
einer Steuerumgehung voraus. Die Vorschrift ist daher einschränkend
dahingehend auszulegen, dass - trotz der Aufgabe der gesamthänderischen
Mitberechtigung oder der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des
grundstückseinbringenden Gesamthänders - die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1
und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung
objektiv ausscheidet (Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 88; Hofmann,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 5 Rz 25a; Behrens/Schmitt,
Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht - UVR - 2004, 270, 272). In den in § 3 Nr. 2
GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwerbs von Todes wegen bzw. der
Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes fehlt es aber regelmäßig an einer derartigen
objektiven Steuerumgehungsmöglichkeit, weil der entsprechende Erwerbsvorgang
bei einer unmittelbaren Grundstücksübertragung auf die Erwerber von der
Grunderwerbsteuer befreit wäre. Entsprechend liegen die genannten Fälle
nicht in der Zielrichtung des § 5 Abs. 3 GrEStG und sind im Wege einer
teleologischen Reduktion der Norm aus ihrem Anwendungsbereich auszuscheiden
(vgl. Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 5 Rz 81; G. Hofmann, Betriebs-Berater -
BB - 2000, 2605, 2607; Urteil des FG Nürnberg vom 1. April 2008 IV 278/2005,
EFG 2009, 611; Fumi, EFG 2009, 613, 614; Behrens/Schmitt, BB 2009, 818,
819).
b) Auf die Frage, ob sich die
in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Erwerbe im Wege einer interpolierenden
Betrachtungsweise als "personenbezogene Beziehung von
grunderwerbsteuerlicher Bedeutung" der Klägerin zurechnen lassen (so Franz
in Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 5 Rz 65;
Hofmann, a.a.O., § 3 Rz 3; Behrens, BB 2007, 368; Urteil des FG
Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2003 5 K 243/03, EFG 2004, 366), kommt es
danach ebenso wenig an wie darauf, ob das genannte Auslegungsergebnis den
Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Oktober 2006 II R 79/05
(BFHE 215, 286, BStBl II 2007, 409) zur Anwendung des § 3 Nr. 2 GrEStG im
Zusammenspiel mit § 1 Abs. 2a GrEStG entspricht. Soweit sich das FA insoweit
auf den Erlass des Finanzministeriums des Saarlandes vom 18. Mai 2005
(B/3-2-96/2005-S 4500) berufen hat, ist dieser im Übrigen inzwischen durch
weiteren Erlass vom 17. Oktober 2007 (B/5-211/2007-S 4500) aufgehoben
worden.
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