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BFH-Urteil vom 22.10.2009 (III R 14/07) BStBl. 2010 II S. 361
Erhöhte Investitionszulage für Trägerfilme und Druckplatten im Druckgewerbe
Die
Herstellung von Trägerfilmen und Druckplatten ist eine Erstinvestition, die
der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte des Druckgewerbes dient.
Sie ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2, Abs. 8 Nr. 2 InvZulG
1999 durch erhöhte Investitionszulage begünstigt .
InvZulG 1999 § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr.
1, Abs. 7 Nr. 2, Abs. 8 Nr. 2.
Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt
vom 18. Januar 2007 1 K 1842/05 (EFG 2007, 1465)
Sachverhalt
I.
1
Der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) betreibt im Fördergebiet eine Druckerei. Nach der
im Streitjahr 2003 angewendeten Drucktechnik dienten Druckplatten und
Trägerfilme zusammen als Druckvorlage. Die in die Druckmaschine eingelegten
Druckplatten wurden mit Hilfe der Trägerfilme hergestellt. Die Filme und
Platten wurden für etwaige künftige Aufträge derselben Auftraggeber
aufbewahrt.
2
Der Kläger beantragte
Investitionszulage in Höhe von 25 % nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1,
Abs. 7 Nr. 2, Abs. 8 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1999
für Investitionen des Jahres 2003, u.a. für "Trägerfilme und Druckplatten".
Die Herstellungskosten waren mit 50.117 EUR angegeben. Bei einer
Investitionszulagen-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die
Trägerfilme und Druckplatten nur in Höhe von 4.424,23 EUR in der Bilanz des
Klägers aktiviert waren und dass ein mit der Herstellung der Filme und der
Platten zusammenhängender Aufwand von 45.693,19 EUR gewinnmindernd geltend
gemacht worden war. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA
-) war der Ansicht, wegen der ertragsteuerlichen Behandlung als sofort
abziehbarer Aufwand könne keine erhöhte Zulage gewährt werden. Mit Bescheid
vom 11. August 2005 setzte das FA eine Investitionszulage von lediglich 5 %
nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 4 Satz 2 InvZulG 1999 fest.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
3
Das Finanzgericht (FG) wies
die Klage durch Urteil vom 18. Januar 2007 1 K 1842/05 (Entscheidungen der
Finanzgerichte 2007, 1465) ab. Es führte im Wesentlichen aus, es handele
sich nicht um eine Erstinvestition im Zusammenhang mit der Erweiterung der
Betriebsstätte nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999. Eine Erweiterung sei eine
räumliche oder sächliche Ausweitung der Betriebsstätte, die zu einer
wesentlichen quantitativen oder qualitativen Erhöhung der
Produktionskapazität führe. Die Aufzählung der Vorgänge, die nach § 2 Abs. 8
InvZulG 1999 als Erstinvestitionen zu beurteilen seien, zeige, dass nur
Veränderungen in der Betriebsstruktur von einigem Gewicht gemeint seien,
nicht aber jedwede Steigerung des "Outputs".
4
Mit der Revision rügt der
Kläger die Verletzung von § 2 Abs. 7 Nr. 2, Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999. Das
FG habe sich in Widerspruch zur Praxis der Investitionszulagengewährung
gesetzt, wie sie in den Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF)
vom 28. Juni 2001 (BStBl I 2001, 379) und vom 18. April 2007 (BStBl I 2007,
458) zum Ausdruck komme. Nach Tz. 20 des BMF-Schreibens in BStBl I 2007, 458
sei die Herstellung von Druckvorlagen generell als Investition zur
Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte zu beurteilen.
5
Der Kläger beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des
Investitionszulagenbescheids 2003 vom 11. August 2005 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 25. November 2005 eine Investitionszulage von
13.134,85 EUR festzusetzen.
6
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
7
Es führt u.a. aus, die
Herstellung der Druckvorlagen habe nur der Aufrechterhaltung des laufenden
Betriebs gedient. Eine Förderung in Höhe von 25 % sei nicht zulässig.
8
Das dem Verfahren nach § 122
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetretene BMF hat keinen Antrag
gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
9
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Festsetzung von
Investitionszulage in der beantragten Höhe (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
Der Kläger hat einen Anspruch auf erhöhte Investitionszulage für
Erstinvestitionen.
10
1. Nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
i.V.m. Abs. 7 Nr. 2 InvZulG 1999 wird - bei Vorliegen weiterer, hier nicht
streitiger Voraussetzungen - Investitionszulage von 25 % u.a. für neue
abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betrieben des
verarbeitenden Gewerbes gewährt, sofern es sich um Erstinvestitionen
handelt, die der Anspruchsberechtigte nach dem 31. Dezember 1999 begonnen
hat. Die genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
11
2. Die Filme und Druckplatten sind neue
abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, auch handelt es
sich nicht um geringwertige Wirtschaftsgüter.
12
a) Sowohl die Filme als auch die
Druckplatten sind materielle und damit bewegliche Wirtschaftsgüter. Es sind
Gegenstände, deren materieller Wert gegenüber dem geistigen Gehalt
bedeutungsmäßig nicht zurücktritt (ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 458
Tz. 11).
13
b) Die Druckvorlagen sind Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.
Februar 1961 I 195/60 U (BFHE 73, 322, BStBl III 1961, 384) gehören
Wirtschaftsgüter, die in erster Linie für die Durchführung eines bestimmten
Auftrags hergestellt worden sind und deren künftige Verwertungsmöglichkeit
ungewiss ist, zum Umlaufvermögen. Sie gehören zum Anlagevermögen, wenn sie
nach Durchführung dieses Auftrags einen wirtschaftlichen Wert für den
Betrieb behalten, weil sie dem Kunden des durchgeführten Auftrags einen
Anreiz geben, später gleichartige Aufträge zu erteilen. Ob diese
Voraussetzungen erfüllt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Dabei kommt es auf die Abmachungen zwischen dem Auftraggeber und dem Betrieb
an, auch die betrieblichen Erfahrungen mit Anschlussaufträgen in der
Vergangenheit sind von Bedeutung (Senatsurteil vom 28. Oktober 1977 III R
72/75, BFHE 123, 538, BStBl II 1978, 115). Im Streitfall gehen die
Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Druckvorlagen als
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anzusehen sind.
14
c) Schließlich sind die Druckvorlagen auch
nicht als geringwertige Wirtschaftsgüter i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 InvZulG
1999 i.V.m. § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes anzusehen, da sie nicht
selbständig nutzbar sind (s. Senatsurteil vom 15. März 1991 III R 57/86,
BFHE 164, 324, BStBl II 1991, 682, zu Lithographien im Druckgewerbe).
Entgegen der Rechtsansicht des FA ist die Gewährung von Investitionszulage
nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger die Druckvorlagen
ertragsteuerlich als geringwertige Wirtschaftsgüter behandelt und nicht
aktiviert hat (s. BFH-Urteil in BFHE 123, 538, BStBl II 1978, 115).
15
3. Die Herstellung der Druckvorlagen ist
als Erstinvestition i.S. von § 2 Abs. 7 Nr. 2 i.V.m. Abs. 8 InvZulG 1999 zu
beurteilen.
16
a) Nach der im Streitfall allein in
Betracht kommenden Tatbestandsalternative des § 2 Abs. 8 Nr. 2 InvZulG 1999
sind Erstinvestitionen die Anschaffung oder Herstellung von
Wirtschaftsgütern, die der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte
dienen.
17 b) Eine Betriebsstättenerweiterung setzt nach Tz. 107 des BMF-Schreibens in BStBl I 2001, 379 eine Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit voraus, die sich nach außen dokumentiert und durch die die Möglichkeit geschaffen wird, die Produktion von Waren, Dienstleistungen oder den Handel (Ausbringungsmenge/-ergebnis = Output) qualitativ oder quantitativ zu steigern. Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht der Finanzverwaltung bei Trägerfilmen zu bejahen (s. Tz. 20 des zum InvZulG 2005 ergangenen BMF-Schreibens in BStBl I 2007, 458). Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Auch die Herstellung von Druckplatten ist eine Erstinvestition, sofern die Platten, wie im Streitfall, für künftige Aufträge aufbewahrt werden. |