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BFH-Urteil vom 15.1.2009 (V R 9/06) BStBl. 2010 II S. 433
1. Bei
der Verpflegung von Hotelgästen handelt es sich um eine Nebenleistung zur
Übernachtung, die als Teil der Gesamtleistung am Ort des Hotels nach § 3a
Abs. 2 Nr. 1 UStG steuerbar ist.
2. Die
Leistung wird auch dann am Belegenheitsort des Hotels ausgeführt, wenn es
sich um Leistungen eines Reiseorganisators gegenüber anderen Unternehmern
handelt.
UStG
1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1, § 25; Richtlinie 77/388/EWG Art. 2
Nr. 1, Art. 9 und 26.
Vorinstanz: FG Münster vom 2. Juni 2004 5 K 841/02 U (EFG 2006, 1548)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, stellt
Leistungspakete zusammen, die sie an Busreiseunternehmer verkauft, die
Pauschalreisen anbieten. Die Leistungspakete umfassen
Übernachtungsleistungen mit Halb- oder Vollpension sowie ergänzende
Leistungen, die sich z.B. auf Ausflüge und Exkursionen beziehen. Die
Klägerin ging davon aus, dass es sich bei den Übernachtungs- und
Verpflegungsleistungen sowie bei den ergänzenden Leistungen, die in
Zusammenhang mit im Ausland gelegenen Hotels erfolgten, um im Inland nicht
steuerbare Umsätze handelte.
Nach den Feststellungen einer bei der Klägerin durchgeführten
Umsatzsteuer-Sonderprüfung entfielen von den im Zusammenhang mit
ausländischen Hotels erbrachten Leistungen 2/3 auf den Hotelbereich und 1/3
auf die ergänzenden Leistungen. Innerhalb des Bereichs Hotel ordnete der
Prüfer 87,5 v.H. der Aufwendungen dem Bereich Übernachtungen und 12,5 v.H.
der Aufwendungen dem Bereich Verpflegung im Rahmen von Voll- oder
Halbpension zu.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging im Anschluss
an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass sich der Leistungsort für
die streitigen Verpflegungsleistungen bis zum 28. Juni 1998, dem Tag des
Inkrafttretens der Neuregelung für die Abgabe von Speisen und Getränken (§ 3
Abs. 9 Sätze 4 und 5 des Umsatzsteuergesetzes 1993 - UStG -) durch Art. 4
Nr. 1 des Gesetzes zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des
Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher
Vorschriften vom 23. Juni 1998 (BGBl I, 1496) nach § 3 Abs. 6 UStG und ab
dem 28. Juni 1998 nach § 3a Abs. 1 UStG bestimme. Der Verpflegungsanteil bei
Voll- oder Halbpension sei deshalb ab 28. Juni 1998 selbst dann nach § 3a
Abs. 1 UStG im Inland steuerbar und steuerpflichtig, wenn die Voll- oder
Halbpensionsleistungen gegenständlich im Ausland erbracht worden seien.
Weiter handele es sich bei den an Busunternehmen erbrachten Leistungen um
sog. Kettengeschäfte, bei denen die Margenbesteuerung nach § 25 UStG gemäß
Abschn. 272 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) nicht anwendbar sei. Das FA
änderte dementsprechend mit Bescheid vom 27. Dezember 2000 den
Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1998. Hinsichtlich des
Übernachtungsanteils und der weiteren Leistungen ging das FA wie die
Klägerin von im Inland nicht steuerbaren Leistungen aus.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte die
Klageabweisung darauf, dass die sog. Margenbesteuerung bei Reiseleistungen
nach § 25 UStG gemäß Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift nur für Reiseleistungen
gelte, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt seien.
Die Klägerin habe demgegenüber ihre Leistungen gegenüber Busunternehmern
erbracht. Das nationale Recht entspreche auch Art. 26 der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG).
Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2006,
1548 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Wäre die
Sonderregelung für Reiseleistungen nach § 25 UStG entsprechend Art. 26 der
Richtlinie 77/388/EWG und der Umsetzung dieser Bestimmung in den übrigen
Mitgliedstaaten auch auf Leistungen anzuwenden, die der Unternehmer
gegenüber anderen Unternehmern erbringe, stünde ihr, der Klägerin, zwar kein
Anspruch auf Vorsteuerabzug zu; sie hätte dann jedoch ihre Leistung gemäß
§ 25 Abs. 3 UStG nur nach der Marge zu versteuern.
Die Ansichten des FA und des FG führten zu einer gegen den
Neutralitätsgrundsatz verstoßenden Doppelbesteuerung, weil andere
Mitgliedstaaten diese Sonderregelung anwendeten. Dies habe zur Folge, dass
ihr, der Klägerin, der Vorsteuerabzug im Ausland mit der Begründung versagt
werde, die Sonderregelung für Reiseleistungen finde auch bei Leistungen
gegenüber anderen Unternehmern Anwendung. Die Doppelbelastung ergebe sich
daraus, dass sie bei Hotelunterbringungen im Ausland den Verpflegungsanteil
im Regelbesteuerungsverfahren zu versteuern habe, da die Finanzverwaltung
insoweit nach § 3a Abs. 1 UStG von einer im Inland erbrachten Leistung
ausgehe, während ihr im Mitgliedstaat des Hotels der Vorsteuerabzug versagt
werde. Die Nichtanwendung der Sonderregelung für Reiseleistungen auf
Leistungen, die gegenüber anderen Unternehmern erbracht wurden, verstoße
auch gegen Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG, da diese Bestimmung nach ihrem
Sinn und Zweck auf alle Reiseleistungen anzuwenden sei. Dies ergebe sich
auch daraus, dass diese Bestimmung in einigen Sprachfassungen den Begriff
des Kunden verwende. Die Doppelbesteuerung sei unverhältnismäßig und
unzumutbar.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weiter darauf hingewiesen,
dass der Einkauf der Übernachtungs- und der Verpflegungsleistungen pauschal
erfolge. Eine Identifikation oder auch Schätzung eines Verpflegungsanteils
sei daher nicht möglich. Übernachtungen ohne und Übernachtungen mit
Verpflegung würden zum selben Preis eingekauft.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung
vom 16. Januar 2002 und den Änderungsbescheid für Umsatzsteuer 1998 vom
27. Dezember 2000 aufzuheben und hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und
dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorzulegen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA ist die Sonderregelung für Reiseleistungen auf
Leistungen gegenüber anderen Unternehmern nicht anzuwenden. Die Erörterung
der Streitfrage im Beratenden Ausschuss für Mehrwertsteuer der EU habe
ergeben, dass nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern die anderen
Mitgliedstaaten die Richtlinie 77/388/EWG unzutreffend umgesetzt hätten.
Übernachtung und Verpflegung im Hotel seien aus Sicht der Busunternehmer
anders als aus Sicht der Endverbraucher nicht Teil einer einheitlichen
Leistung, da die Busunternehmer kein Interesse an der Inanspruchnahme der
Unterbringungs- und Restaurationsleistungen und damit einhergehenden
"Urlaubsfreuden" hätten. Es handele sich für die Busunternehmer um
handelbare Güter, die nicht der optimalen Inanspruchnahme einer
Hotelunterbringung dienten. Die "verstärkte Hinwendung des
durchschnittlichen Verbrauchers zu einem gewissen Grad an Luxus und
Wellness" führe im Übrigen dazu, dass der "Verköstigung des Gastes ... eine
immer stärker werdende selbständige Bedeutung" zukomme.
Entscheidungsgründe
II.
Die
Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, der
Einspruchsentscheidung und des Änderungsbescheides für Umsatzsteuer 1998 vom
27. Dezember 2000 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO
-). Bei den von der Klägerin erbrachten Verpflegungsleistungen handelt es
sich um eine Nebenleistung zur Unterbringung, die nach § 3a Abs. 2 Nr. 1
UStG im übrigen Gemeinschaftsgebiet am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels
steuerbar ist. Ein Steueranspruch ergibt sich auch nicht aus § 25 UStG.
1.
Umsatzsteuerrechtlich ist die einheitliche Leistung vom Vorliegen mehrerer
selbständiger Leistungen abzugrenzen.
a) Nach
der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile des EuGH vom 25. Februar
1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd. - CPP -, Slg. 1999, I-973
Rdnrn. 28 ff.;
vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433 Randnrn. 19 ff.,
und vom 21. Juni 2007 Rs. C-453/05, Ludwig, Slg. 2007, I-5083, BFH/NV
Beilage 2007, 398 Randnrn. 17 f., und des Bundesfinanzhofs -BFH - vom
9. Juni 2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98, m.w.N.) ist zum
einen jede Leistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu
betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im
Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich
aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes aus Sicht
des Durchschnittsverbrauchers zu ermitteln, um festzustellen, ob der
Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder
eine einheitliche Leistung erbringt. Eine einheitliche Leistung liegt
insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein
oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das
steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als
Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft
keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des
Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
b) Nach
dem EuGH-Urteil vom 22. Oktober 1998 Rs. C-308/96 und C-94/97, Madgett und
Baldwin (Slg. 1998, I-6229, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR -
1999, 129) stellen gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen, auf
die im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des
Pauschalbetrags entfällt und die zu den traditionellen Aufgaben eines
Hoteliers gehören, für die Kundschaft das Mittel dar, um die
Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu
nehmen, so dass es sich um Nebenleistungen handelt. Nach diesem zu einem
pauschalen Leistungspaket, bestehend aus einer Hotelunterbringung mit
Halbpension und Busbeförderung, ergangenen EuGH-Urteil (Randnrn. 24 bis 26)
"ist es üblich, dass Wirtschaftsteilnehmer wie Hoteliers, die gewöhnlich mit
Reisen verbundene Dienstleistungen erbringen, bei Dritten bezogene
Leistungen in Anspruch nehmen, die nicht nur einen im Vergleich zu den
Umsätzen, die die Unterbringung betreffen, geringen Teil des Pauschalbetrags
ausmachen, sondern auch zu den traditionellen Aufgaben dieser
Wirtschaftsteilnehmer gehören. Diese von Dritten bezogenen Leistungen
erfüllen somit für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern stellen das
Mittel dar, um die Hauptdienstleistung dieses Wirtschaftsteilnehmers unter
optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall bleiben
die bei Dritten bezogenen Leistungen gegenüber den Eigenleistungen reine
Nebenleistungen; der Wirtschaftsteilnehmer unterliegt somit nicht der
Besteuerung nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie. Bietet jedoch ein
Hotelier seinen Kunden neben der Unterbringung regelmäßig auch Leistungen
an, die über traditionelle Aufgaben der Hoteliers hinausgehen und deren
Erbringung nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis bleiben
kann, wie etwa die Anreise zum Hotel von weit entfernten Abholstellen aus,
so können solche Leistungen nicht reinen Nebenleistungen gleichgestellt
werden".
c)
Können nach der EuGH-Rechtsprechung somit selbst Leistungen, die ein
Hotelier bei Dritten bezieht, Nebenleistung zur Unterbringung im Hotel sein,
gilt dies auch für Nebenleistungen, die - wie z.B.
Restaurantdienstleistungen - der Hotelier selbst erbringt, wenn der auf die
Nebenleistung entfallende Teil eines für Unterbringung und Nebenleistung zu
entrichtenden Pauschalentgelts gering ist.
2. Das
Urteil des FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen und war aufzuheben.
Entgegen der Auffassung des FG sind die Verpflegungsleistungen nicht nach
§ 3a Abs. 1 UStG am inländischen Unternehmensort der Klägerin, sondern
aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG
am Belegenheitsort der betreffenden Hotels steuerbar. Es handelt sich bei
den Verpflegungsleistungen um Nebenleistungen zur Hotelunterbringung.
a) Die
Verpflegung von Hotelgästen gehört zu den traditionellen Aufgaben eines
Hoteliers, wie bereits die in Zusammenhang mit Unterbringungsleistungen
allgemein gebräuchlichen Begriffe "Halbpension" und "Vollpension" zeigen.
Bezogen auf Unterbringung und Verpflegung als Gesamtleistung betrug der auf
die Verpflegung entfallende Anteil nur 12,5 v.H., so dass die Verpflegung im
Vergleich zur Unterbringung auch einen nur geringen Teil des Pauschalbetrags
ausmachte. Im Streitfall sind die von der Klägerin erbrachten
Verpflegungsleistungen daher als Nebenleistung zur Übernachtung anzusehen.
b)
Unerheblich ist, dass die Klägerin selbst kein Hotelier ist und die
Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen nicht unmittelbar gegenüber den
Hotelgästen, sondern gegenüber anderen Unternehmern ausgeführt hat. Soweit
das FA hiergegen geltend macht, dass die Frage der Einheitlichkeit von
Leistungen bei einer Leistungserbringung gegenüber Busunternehmern anders zu
würdigen sei, als bei einer Leistungserbringung gegenüber Reisenden,
schließt sich der Senat dem nicht an. Dabei braucht der Senat nach den
Verhältnissen des Streitfalles nicht abschließend zu entscheiden, ob die
Frage der Einheitlichkeit von Leistungen in Abhängigkeit von der jeweiligen
Handels- oder Verbraucherstufe des Leistungsempfängers unterschiedlich zu
beurteilen sein kann. Denn selbst wenn man - wie das FA - davon ausgehen
würde, dass die Frage der Einheitlichkeit von Leistungen je nachdem, ob sie
an Unternehmer oder Endverbraucher erbracht werden, anders zu beurteilen
sein könnte, führt dies nach den Verhältnissen des Streitfalls zu keiner
abweichenden Beurteilung. Denn den Busreiseunternehmern als Empfänger der
von der Klägerin erbrachten Leistungen kam es entscheidend darauf an,
Pauschalpakete aus Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zu erwerben, um
diese als einheitliche Leistung gegenüber Reisenden anbieten zu können.
c)
Unerheblich ist schließlich auch, dass der Senat im Urteil vom 18. August
2005 V R 20/03 (BFHE 211, 85, BStBl II 2005, 910) die Abgabe von Speisen und
Getränken in einem Musical-Theater nicht als Nebenleistung zur
Theatervorstellung angesehen hat. Denn dies beruhte maßgeblich darauf, dass
Gastronomieumsätze im für jedermann zugänglichen Gastronomiebereich eines
Theaters aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers einem eigenen vom
Theaterbesuch unabhängigen und eigenständigen Zweck dienen, zumal auch ein
Theaterbesucher über den Bezug von Speisen, Getränken und Süßwaren
unabhängig vom Erwerb des Theatertickets entscheidet, während bei einer
Buchung von Übernachtung mit Halb- oder Vollpension die Einheitlichkeit des
Leistungsbezugs von vornherein feststeht.
d) Die
Beurteilung von Unterbringung mit Halb- oder Vollpension als Teile einer
einheitlichen Leistung entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des
Senats. So handelt es sich z.B. bei Unterbringung und Verpflegung um
Nebenleistungen zur Beförderung auf Kabinenschiffen (BFH-Urteile vom
1. August 1996 V R 58/94, BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160; vom 29. August
1996 V R 103/93, BFH/NV 1997, 383; vom 19. September 1996 V R 129/93, BFHE
181, 216, BStBl II 1997, 164).
3. Im
Übrigen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für
die Besteuerung der Reiseleistungen nach § 25 UStG nicht erfüllt sind.
a) § 25
Abs. 1 Satz 1 UStG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass die
vom Unternehmer erbrachten Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des
Leistungsempfängers erbracht werden. Für Reiseleistungen an andere
Unternehmer (sog. Kettengeschäft) ist § 25 UStG daher nicht anwendbar. Da
die Klägerin nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) die
streitigen Reiseleistungen an andere Unternehmer erbracht hat, liegen die
Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 UStG nicht vor.
b) Ob
demgegenüber Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG, wie die Klägerin meint, auch
die Reiseleistungen eines Unternehmers an andere Unternehmer für deren
Unternehmen umfasst, ist im Streitfall aufgrund eindeutigen Wortlauts des
§ 25 UStG nicht entscheidungserheblich. Denn nach der Rechtsprechung des
EuGH begrenzt insbesondere der Grundsatz der Rechtssicherheit die
Verpflichtung, bei der Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts
den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, so dass der Grundsatz
richtlinienkonformer Auslegung nicht zu einer mit dem eindeutigen Wortlaut
einer Regelung des nationalen Rechts unvereinbaren Auslegung führen darf
(vgl. EuGH-Urteile vom 8. Oktober 1987, 80/86, Kolpinghuis, Slg. 1987, 3969,
Rdnr. 13; vom 4. Juli 2006 C-212/04, Adeneler u.a., Slg. 2006, I-6057
Rdnr. 110; vom 16. Juni 2005 C-105/03, Pupino, Slg. 2005, I-5285 Rdnr. 47;
und vom 15. April 2008 C-268/06, Impact, ABl EU 2008, Nr. C 142, 4
Rdnr. 100).
Selbst
wenn Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG - wie die Klägerin meint - auch die
Margenbesteuerung bei Kettengeschäften geböte, käme eine unmittelbare
Anwendung der Richtlinie zu Lasten der Klägerin nicht in Betracht. Dies hat
das FA, das von der Übereinstimmung der Regelungen in § 25 UStG mit Art. 26
der Richtlinie 77/388/EWG ausgeht, auch nicht beansprucht.
Mangels
Entscheidungserheblichkeit kommt daher die Einholung einer Vorabentscheidung
des EuGH nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 des Vertrags zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft (EG) in der am 1. Februar 2003 in Kraft
getretenen Fassung des Vertrags von Nizza (EG 2003) vom 26. Februar 2001
(BGBl II 2001, 1666; 2003, 1477) zur Frage, ob die von § 25 Abs. 1 Satz 1
UStG angeordnete Beschränkung des Anwendungsbereichs der Sonderregelung für
Reiseleistungen auf Leistungen, die nicht für das Unternehmen des
Leistungsempfängers bestimmt sind, mit der gemeinschaftsrechtlichen
Sonderregelung für Reiseleistungen (Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG)
vereinbar ist, nicht in Betracht.
4. Die
Sache ist entscheidungsreif. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen
Feststellungen liegen die Voraussetzungen für eine inländische Besteuerung
des Verpflegungsanteils bei Hotelübernachtungen im Ausland und deshalb auch
die Voraussetzungen für den Erlass des angefochtenen Änderungsbescheides
nicht vor. Der Klage mit dem Antrag, den Änderungsbescheid für 1998
aufzuheben, war somit stattzugeben.
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