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BFH-Urteil vom 12.5.2009 (V R 65/06) BStBl. 2010 II S. 511
1.
Belege zum Nachweis einer Beförderung oder Versendung bei
innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S. von § 17a UStDV müssen entweder
selbst oder in Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift
ihres Ausstellers erkennen lassen.
2.
Der Belegnachweis nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a UStDV unterliegt der
Nachprüfung. Sind die Belegangaben unzutreffend oder bestehen an der
Richtigkeit der Angaben begründete Zweifel, die der Unternehmer nicht nach
allgemeinen Beweisgrundsätzen ausräumt, ist die Lieferung steuerpflichtig,
sofern nicht die Voraussetzungen des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG vorliegen.
3.
Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann ein Versendungsbeleg gemäß § 17a Abs. 4
Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV, wenn er keine Bestätigung über den
Warenempfang am Bestimmungsort enthält (entgegen dem BMF-Schreiben vom
6. Januar 2009 IV B 9 - S 7141/08/10001, BStBl I 2009, 60 Rz 38).
4.
Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung
des Abholenden zählt nicht zu den Erfordernissen für einen i.S. des § 17a
Abs. 1 und 2 UStDV ordnungsgemäßen Belegnachweises (entgegen BMF-Schreiben
in BStBl I 2009, 60 Rz 29 und 32). Davon zu unterscheiden ist die
Nachprüfbarkeit der Abholberechtigung durch das Finanzamt bei Vorliegen
konkreter Zweifel im Einzelfall.
UStG 1999 § 3 Abs. 6, § 6a; UStDV § 17a;
Richtlinie 77/388/EWG Art. 28c.
Vorinstanz: Hessisches FG vom 7. November
2006 6 K 3787/05 (EFG 2007, 553)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist im Kraftfahrzeughandel tätig.
In den Streitjahren 2000 und 2001 lieferte sie gebrauchte Fahrzeuge in das
übrige Gemeinschaftsgebiet und ging dabei davon aus, dass diese Lieferungen
nach § 6a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) i.V.m. §§ 17a bis 17c der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 (UStDV) steuerfrei seien. Im
Einzelnen handelte es sich um
- eine Lieferung vom
23. November 2000 an die Firma AT in Spanien, bei der der Kaufpreis durch
Banküberweisung entrichtet wurde und bei der die Klägerin als
Versendungsbeleg über einen "CMR-Frachtbrief" verfügte, der sie als
Versender auswies, der weiter in Feld 24, der Bestätigung des Empfängers
über den Erhalt der Ware, nicht ausgefüllt war und der hinsichtlich
Warenempfänger und Bestimmungsort andere Angaben als Namen und Anschrift des
Abnehmers auswies,
- eine Lieferung vom
31. Dezember 2001 an die Firma EEE in Spanien, bei der, wie sich aus einer
von der Klägerin angefertigten Kopie eines Personalausweises ergab, der im
Inland in Mn. ansässige M das Fahrzeug bei der Klägerin abholte und dabei
einen Lieferschein unterzeichnete, der den Vermerk enthielt, dass das
Fahrzeug "heute" nach E, Spanien überführt werde, sowie
- sieben weitere Lieferungen
vom 27. Januar 2000, 10. Juli 2000, 17. Januar 2001, 28. März 2001, 19. Juli
2001, 8. November 2001 und vom 21. November 2003, bei denen der
Fahrzeugpreis bar durch den jeweiligen Abholer entrichtet wurde. Zum
Nachweis der Identität der Abholer fertigte die Klägerin Kopien der
Reisepässe der Abholer an, die aber keine Angaben zur Anschrift der Abholer
enthielten. Die Abholer versicherten jeweils, den Gegenstand der Lieferung
in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern. Für die Lieferung vom
10. Juli 2000 lag der Klägerin eine derartige Versicherung nicht vor.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -)
an, dass der für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen
erforderliche Belegnachweis nicht erbracht worden sei, und setzte die
Umsatzsteuer für die Jahre 2000 und 2001 entsprechend fest.
Einspruch und Klage hatten
keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG)
stützte die Klageabweisung darauf, dass im Fall der am 23. November 2000
erfolgten Lieferung der nach § 17a Abs. 1 UStDV erforderliche Beleg fehle,
aus dem sich "eindeutig und leicht nachprüfbar" ergebe, dass das in der
Rechnung angegebene Fahrzeug in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet
oder befördert worden sei. Zwar seien aus Rechnung und CMR-Frachtbrief eine
spanische Empfängeradresse ersichtlich, doch werde hierdurch die Versendung
nach Spanien nicht belegt, weil dem Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene
Abnehmerbestätigung fehle. Das Dokument sei daher lediglich zum Nachweis der
Abholung des Ausfuhrgegenstandes durch den Frachtführer geeignet. Die
Beförderung zum Empfänger könne auf diese Weise nicht nachgewiesen werden.
Hinsichtlich der Lieferung
vom 10. Juli 2000 fehle die Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV. Bei
den übrigen Lieferungen könne dahinstehen, ob die Versicherung nach § 17a
Abs. 2 Nr. 4 UStDV außer der Unterschrift auch die Angabe von Namen und
vollständiger Adresse des Abholers erfordere. Der Klägerin sei nämlich wegen
Fehlens dieser Angaben in ihrem Buchführungs- und Belegwesen die
Steuerfreiheit der Umsätze nach § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV zu versagen.
Das Urteil des FG ist in
"Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2007, 553 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 6a UStG i.V.m. §§ 17a und 17c
UStDV sowie Art. 12 und Art. 76 des Grundgesetzes - GG -). Die Lieferung vom
23. November 2000 sei steuerfrei, da keine gesetzliche Verpflichtung
bestehe, nach der das Feld 24 des CMR-Frachtbriefs auszufüllen sei. Der
Unternehmer solle den Nachweis der Beförderung des Gegenstandes durch den
Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch eine Versicherung des
Abnehmers oder des Beauftragten führen, den Gegenstand der Lieferung in das
übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern. Hierfür reiche es aus, dass im
Frachtbrief des vom Empfänger beauftragten Spediteurs die Lieferanschrift
angegeben sei. Selbst bei Namensabweichung, aber gleicher Anschrift, sei
davon auszugehen, dass der Spediteur vom Empfänger der Lieferung beauftragt
wurde und dieser das Fahrzeug nach Erhalt auch bezahlt habe. Es obliege dem
FA, nach § 88 der Abgabenordnung (AO) zu ermitteln, ob das Fahrzeug vom
Empfänger der Lieferung dort ordnungsgemäß versteuert worden sei. Dass die
Fahrzeuge nicht im Inland verblieben seien, ergebe sich auch daraus, dass
die Fahrzeugbriefe entwertet worden seien.
Der Buchnachweis sei auch in
den übrigen Fällen erfüllt. Alle Abholer hätten den Empfang schriftlich mit
ihrem Namen bestätigt und hätten bei Bedarf im Wege der Amtshilfe ausfindig
gemacht werden können. Die Vorschriften der §§ 17a ff. UStDV stellten zudem
übermäßige und zum Teil unmöglich zu erbringende Anforderungen an die
Anerkennung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Übermaßverbot und
Berufsfreiheit würden nicht hinreichend beachtet. Zudem sei eine Verletzung
des Art. 76 GG offensichtlich. Der Verordnungsgeber habe die ihm eingeräumte
Ermächtigung überschritten, da die Ausführungsbestimmungen der §§ 17a bis
17c UStDV das UStG erheblich einschränkten und veränderten.
Der Senat hat am 4. Dezember
2008 einen Gerichtsbescheid erlassen. Das FA hat mündliche Verhandlung nur
hinsichtlich der Streitjahre 2000 und 2001 beantragt. Über die im Streitjahr
2003 allein streitige Lieferung vom 21. November 2003 war deshalb nicht zu
entscheiden.
Die Klägerin beantragt, das
Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 30. November 2005
aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und 2001 vom 6. Dezember
2004 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer für 2000 um
9.486,76 € und für 2001 um 21.985,55 € gemindert wird.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA ist
die Lieferung vom 23. November 2000 steuerpflichtig, da kein vollständig
ausgefüllter CMR-Frachtbrief vorliege. Dem Unternehmer sei es im Übrigen
zumutbar, nicht nur eine Passkopie des Abholers anzufertigen, sondern auch
dessen Namen und aktuelle Anschrift zu dokumentieren. Dies gelte
insbesondere, wenn das Dokument, auf dem die Abholperson die Versicherung
i.S. des § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV abgegeben habe, keine Angaben zum Namen
und zur Anschrift des Abholers enthalte. Es fehle auch an einer eindeutig
und leicht nachprüfbaren Verbindung zwischen der Person des Abholers und der
Person des Abnehmers und damit am Belegnachweis nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m.
§ 17a Abs. 1 UStDV. Die Klägerin habe es versäumt, sich von den Abholern
entsprechende Vollmachtsurkunden vorlegen zu lassen. Sie hätte daher die
Beauftragten der Abnehmer zivilrechtlich nach § 174 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) zurückweisen müssen. Die Pflicht zur Fotokopie von
Vollmachtsurkunden ergebe sich bereits aus § 17a Abs. 1 UStDV, zumindest
aber aus § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV, da nur so der notwendige Zusammenhang
zwischen Abnehmer und Abholer belegt werden könne. Aufgrund zahlreicher
Entscheidungen der FG habe sich ein entsprechender Handelsbrauch
herausgebildet. Nachweispflichten beständen weiter auch außerhalb der UStDV.
Den Lieferungen lägen auch keine schriftlichen Kaufverträge zugrunde.
Besondere Sorgfaltspflichten hätten auch in Bezug auf die
Geldwäschebestimmungen bestanden, deren Nichtbeachtung zur Steuerpflicht der
Lieferung führe.
Entscheidungsgründe
II.
A. Der in dieser Sache ergangene
Gerichtsbescheid vom 4. Dezember 2008 wirkt hinsichtlich der ursprünglich
ebenfalls streitigen Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2003 als Urteil,
so dass nur noch über die Streitjahre 2000 und 2001 zu entscheiden war.
B. Die Revision der Klägerin ist
hinsichtlich der Umsatzsteuer für 2000 und 2001 begründet. Die
Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind
gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den Voraussetzungen des § 6a UStG
steuerfrei.
a) Die im Streitfall zu beurteilenden
Lieferungen motorbetriebener Fahrzeuge, die nicht i.S. des § 1b Abs. 3 UStG
neu sind, sind nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG als innergemeinschaftliche
Lieferungen steuerfrei, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den
Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder
versendet (Nr. 1), der Abnehmer ein Unternehmer, der den Gegenstand der
Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder eine juristische Person
ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht
für ihr Unternehmen erworben hat (Nr. 2 Buchst. a und b) und der Erwerb des
Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den
Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (Nr. 3).
Gemeinschaftsrechtlich beruht die
Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 28c Teil A
Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Steuerfrei sind danach
"die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den
Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten
außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der
Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen
anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische
Person bewirkt werden, der/die als solche in einem anderen Mitgliedstaat als
dem Beginn des Versandes oder Beförderung der Gegenstände handelt".
b) Nach § 6a Abs. 3 UStG hat der
Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nachzuweisen (Satz 1),
wobei das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des
Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen kann, wie der Unternehmer den
Nachweis zu führen hat (Satz 2). Diese Ermächtigung wurde durch die
§§ 17a ff. UStDV ausgeübt. Gemeinschaftsrechtlich beruht diese Regelung auf
Art. 28c Teil A Einleitungssatz der Richtlinie 77/388/EWG, wonach die
Mitgliedstaaten die innergemeinschaftlichen Lieferungen unter den
"Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen
Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von
Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festlegen,
befreien (vgl. zur Ausfuhrlieferung Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
31. Juli 2008 V R 21/06, BFHE 222, 143, BFH/NV 2009, 95, unter II. 2. a).
§ 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV sind mit dem Gemeinschaftsrecht
vereinbar (BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 26/05, BFHE 219, 410, BStBl
II 2009, 49, und vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II
2009, 57, jeweils erster Leitsatz).
§ 17a Abs. 1, 2 und 4 UStDV hat folgenden
Wortlaut:
"(1) Bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen (§ 6a Abs. 1 des Gesetzes) muss der Unternehmer im
Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen, dass er oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
befördert oder versendet hat. Dies muss sich aus den Belegen eindeutig und
leicht nachprüfbar ergeben.
(2) In den Fällen, in denen der Unternehmer
oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der Unternehmer den Nachweis hierüber
wie folgt führen:
1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14,
14a des Gesetzes),
2. durch einen handelsüblichen Beleg, aus
dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,
3. durch eine Empfangsbestätigung des
Abnehmers oder seines Beauftragten sowie
4. in den Fällen der Beförderung des
Gegenstandes durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder
seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet zu befördern. ...
(4) In den Fällen, in denen der Unternehmer
oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet versendet, soll der Unternehmer den Nachweis hierüber
wie folgt führen:
1. durch das Doppel der Rechnung (§§ 14,
14a des Gesetzes) und
2. durch einen Beleg entsprechend § 10
Abs. 1.
Ist es dem Unternehmer nicht möglich oder
nicht zumutbar, den Versendungsnachweis nach Satz 1 zu führen, kann er den
Nachweis auch nach den Absätzen 2 oder 3 führen."
Danach ist für den Belegnachweis zwischen
der Beförderung durch den Unternehmer oder den Abnehmer (Abs. 2) und der
Versendung durch den Unternehmer oder den Abnehmer (Abs. 4) zu
unterscheiden. Befördern ist dabei gemäß § 3 Abs. 6 Satz 2 UStG jede
Fortbewegung eines Gegenstandes. Versendung liegt nach § 3 Abs. 6 Satz 3
UStG vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten
ausführen oder besorgen lässt.
§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStDV, auf den § 17a
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStDV verweist, hat folgenden Wortlaut:
"In den Fällen, in denen der Unternehmer
oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet
versendet hat (Versendungsfälle) soll der Unternehmer den Ausfuhrnachweis
regelmäßig wie folgt führen:
1. durch einen Versendungsbeleg,
insbesondere durch Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder
deren Doppelstücke, oder
2. durch einen sonstigen handelsüblichen
Beleg, insbesondere durch eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs
oder durch eine Versandbestätigung des Lieferers. ..."
c) Unabhängig von der Differenzierung
zwischen Versendung und Beförderung hat der Beleg im Hinblick auf die ihm
nach § 17a UStDV zugewiesene Nachweisfunktion stets bestimmten
Mindestanforderungen zu entsprechen. So kommt einem Beleg, der weder selbst
noch durch Verbindung mit anderen Unterlagen den Namen und die Anschrift des
Ausstellers erkennen lässt und der darüber hinaus keinen Zusammenhang zu der
Lieferung, auf die er sich beziehen soll, aufweist, kein Beweiswert zu,
zumal die Belegangaben dann nicht eindeutig und leicht nachprüfbar sind
(§ 17a Abs. 1 Satz 2 UStDV).
d) § 17a UStDV überschreitet entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage in § 6a
Abs. 3 Satz 2 UStG. Danach kann bestimmt werden, wie der Unternehmer den
Nachweis der in § 6a Abs. 1 und 2 UStG genannten Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit zu führen hat. Dies regelt § 17a UStDV, ohne hierdurch, wie
die Klägerin meint, gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 GG) oder Art. 76 GG zu
verstoßen. Belegangaben erfüllen die ihnen zukommende Nachweisfunktion nur,
wenn die inhaltliche Richtigkeit der Belegangaben beim Aussteller des
Beleges überprüft werden kann, weshalb die Anschrift des Belegausstellers
bekannt sein muss.
2. Bei der Auslegung von § 6a Abs. 3 UStG
i.V.m. §§ 17a ff. UStDV ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu berücksichtigen.
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der
Steuerpflichtige im Rahmen der Anwendungsbedingungen nicht verpflichtet,
einen "schlüssigen" oder überzeugenden Nachweis (vgl. die englische und
französische Sprachfassung des EuGH-Urteils vom 27. September
2007 Rs. C-409/04 Teleos u.a., Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25
Randnr. 51: "conclusive proof" und
"preuve concluante") der Beförderung oder Versendung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet zu erbringen (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007,
I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25 Randnrn. 49 und 51). Insoweit berücksichtigt
der EuGH die seit der Abschaffung der Kontrollen zwischen den
Mitgliedstaaten bestehenden Schwierigkeiten, sich über die physischen
Warenbewegungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vergewissern (vgl.
EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25
Randnr. 44). Daher hat der Steuerpflichtige zwar dem Grunde nach
nachzuweisen, "dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt
oder befördert worden ist und aufgrund dieses Versands oder dieser
Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat" (EuGH-Urteil
Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, erster Leitsatz).
Hierbei handelt es sich aber entgegen der Auffassung des FA weder um einen
objektiven (zu diesem vgl. EuGH-Urteil vom 27. September 2007 Rs. C-146/05,
Collée, Slg. 2007, I-7861, BFH/NV Beilage 2008, 34) noch um einen
"schlüssigen" Nachweis des Grenzübertritts selbst.
b) Diesen Anforderungen entspricht § 6a
Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV. Der Unternehmer hat danach nur die dort
bezeichneten beleg- und buchmäßigen Nachweise zu erbringen, bei denen es
sich nicht um einen "schlüssigen" oder einen überzeugenden Nachweis des
physischen Grenzübertritts selbst handelt. Ergibt sich bei einer Überprüfung
der Nachweisangaben deren Unrichtigkeit oder bestehen zumindest begründete
Zweifel, kommt es aber darauf an, dass der Unternehmer die Voraussetzungen
der Steuerbefreiung tatsächlich nachweist oder zumindest die Voraussetzungen
nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG vorliegen.
aa) Erfüllt der Unternehmer die nach § 6a
Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten, ist er
berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Ebenso wie bei
Ausfuhrlieferungen nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. § 8 ff. UStDV (vgl. hierzu
BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 XI R 70/93, BFHE 176, 494, BStBl II 1995,
515) dienen die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV
beizubringenden Nachweise der - gemäß § 88 AO und §§ 90 ff. AO und ggf.
unter Anwendung der innergemeinschaftlichen Amtshilfsbestimmungen -
vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit
tatsächlich vorliegen (vgl. zur Ausfuhrlieferung BFH-Urteil in BFHE 176,
494, BStBl II 1995, 515, unter II. 2.). Erweisen sich dabei die
Nachweisangaben als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel
an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht nach
allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen ausräumt, ist die Lieferung
steuerpflichtig (vgl. zur Ausfuhrlieferung BFH-Urteil in BFHE 176, 494,
BStBl II 1995, 515, unter II. 4. und 5.). Der Unternehmer trägt dabei das
Risiko einer nicht geglückten Aufklärung einer als zweifelhaft erscheinenden
Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung
eines Abnahmebeauftragten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 176, 494, BStBl II 1995,
515, unter II. 4. zur Ausfuhrlieferung; vgl. auch EuGH-Urteil Teleos u.a. in
Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25, erster Leitsatz).
Ausnahmsweise kann die Lieferung aber unter
den Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung nach § 6a Abs. 4 Satz 1
UStG steuerfrei sein, wenn die Unrichtigkeit auf Angaben des Abnehmers
beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit bei Beachtung der Sorgfalt
eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Ebenso ist es, wenn die
Unrichtigkeit von Belegangaben noch nicht feststeht, an ihrer Richtigkeit
aber begründete Zweifel bestehen.
bb) Kommt der Unternehmer den auf der
Grundlage von § 6a Abs. 3 UStG bestehenden Pflichten zum Nachweis der
Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG nicht oder nur unvollständig
nach, ist die Lieferung steuerpflichtig (BFH-Urteile vom 8. November 2007
V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55, und in BFHE 219, 469, BStBl II
2009, 57, jeweils dritter Leitsatz). Die innergemeinschaftliche Lieferung
ist dann nur steuerfrei, wenn aufgrund der objektiven Beweislage
zweifelsfrei feststeht, dass ihre objektiven Merkmale erfüllt sind
(EuGH-Urteil Collée in Slg. 2007, I-7861, BFH/NV Beilage 2008, 34
Randnrn. 29 ff.; BFH-Urteil in BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57, vierter
Leitsatz). Eine Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG kommt
demgegenüber nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 219, 410, BStBl II 2009,
49, unter II. 2. b).
3. Das Urteil des FG verletzt hinsichtlich
des Streitjahrs 2000 § 17a Abs. 1 und Abs. 4 UStDV i.V.m. § 10 UStDV; denn
entgegen der Auffassung des FG erfüllt ein CMR-Frachtbrief auch dann die
Anforderungen an einen Versendungsbeleg, wenn er keine Empfängerbestätigung
enthält.
a) Bei einer Versendung durch einen
selbständigen Beauftragten ist der Belegnachweis nach § 17a Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 UStDV i.V.m. § 10 Abs. 1 UStDV durch einen Versendungsbeleg,
insbesondere durch Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder
sonstigen handelsüblichen Beleg, insbesondere durch eine
Spediteurbescheinigung oder eine Versandbestätigung des Lieferers zu führen.
b) Entgegen dem Schreiben des BMF vom
6. Januar 2009 IV B 9 - S 7141/08/10001 (BStBl I 2009, 60 Rz 37) ist auch
ein nach dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im
internationalen Straßengüterverkehr (Convention on the Contract for the
International Carriage of Goods by Road - CMR-Übereinkommen -, BGBl II 1961,
1120) ausgestellter Frachtbrief (CMR-Frachtbrief) als Frachtbrief i.S. von
§ 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV anzusehen. Denn die Regelungen des
CMR-Übereinkommens entsprechen weitgehend denen zum Frachtgeschäft nach
§§ 407 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB), die mangels eigenständiger
Begriffsdefinition in § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV als Auslegungshilfe zu
berücksichtigen sind. Dass der CMR-Frachtbrief dem "Nachweis des
Beförderungsvertrages und der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer"
dient (so BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 60 Rz 37; Beschluss des FG Bremen
vom 1. Dezember 2004 2 V 64/04 (5), EFG 2005, 646; Urteil des FG Hamburg vom
5. Dezember 2007 7 K 71/06, EFG 2008, 653), spricht dabei nicht gegen das
Vorliegen eines Versandbelegs, da dies auf Frachtbriefe allgemein zutrifft,
ohne dass hierdurch ihre Eignung als Versendungsbeleg in Zweifel gezogen
wird (vgl. zum HGB-Frachtbrief § 409 Abs. 1 HGB; zum Eisenbahnfrachtbrief
Art. 13 § 1 der Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die
internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern, Anhang B zum Übereinkommen
über den internationalen Eisenbahnverkehr - COTIF - vom 9. Mai 1980, BGBl II
1985, 144, 224, geändert durch Verordnungen vom 19. Dezember 1990, BGBl II
1990, 1662, und vom 7. Mai 1991, BGBl II 1991, 679, und durch Gesetz zum
Protokoll vom 20. Dezember 1990, BGBl II 1992, 1182; zum Luftfrachtbrief
Art. 11 des Warschauer Abkommens, Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln
über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 12. Oktober 1929,
RGBl 1933 II, 1039, i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 28. September 1955,
Haager Protokoll - WA 1955 -, BGBl II 1958, 291; vgl. auch Abschn. 133
Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien).
c) Damit der CMR-Frachtbrief als
Versendungsbeleg nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV anzuerkennen ist, kommt es
entgegen dem FG-Urteil und dem BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 60 Rz 37,
nicht darauf an, dass der CMR-Frachtbrief die in Feld 24 vorgesehene
Empfängerbestätigung aufweist.
aa) Die Empfängerbestätigung nach Feld 24
gehört bereits nicht zu den in Art. 6 des CMR-Übereinkommens aufgeführten
konstitutiven Frachtbriefangaben. Ebenso sieht § 408 HGB keine
Empfängerbestätigung vor (ebenso z.B. zum Eisenbahnfrachtbrief: Art. 13 § 1
COTIF). Weiter reicht es für die Spediteurbescheinigung aus, Ort und Tag der
Versendung anzugeben (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. d UStDV).
bb) Das Erfordernis einer
Empfängerbestätigung ergibt sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht
aus der für den Versender nach Art. 12 Abs. 1 und Abs. 5 des
CMR-Übereinkommens bestehenden Möglichkeit, über das Gut zu verfügen und
insbesondere zu verlangen, dass der Frachtführer das Gut nicht
weiterbefördert oder das Gut einem anderen als dem im Frachtbrief
angegebenen Empfänger abliefert. Denn insoweit bestehen entgegen den
Entscheidungen des FG Bremen in EFG 2005, 646 und des FG Hamburg in EFG
2008, 653 zwischen dem CMR-Frachtbrief und den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV
ausdrücklich genannten Versendungsbelegen keine wesentlichen Unterschiede.
So ist der Absender auch nach § 418 Abs. 1 und 4 HGB berechtigt, über das
Gut zu verfügen und zu verlangen, dass es nicht weiterbefördert, an einen
anderen Bestimmungsort oder an einen anderen Empfänger abgeliefert wird
(ebenso zum Eisenbahnfrachtbrief: Art. 30 §§ 1 f. COTIF und zum
Luftfrachtbrief: Art. 12 WA 1955).
cc) Weiter ist zu berücksichtigen, dass die
Anerkennung eines Frachtbriefs ohne Empfängerbestätigung als Belegnachweis
der Nachprüfung der Frachtbriefangaben nicht entgegensteht. Ergeben sich bei
dieser Prüfung begründete Zweifel an der Richtigkeit der Frachtbriefangaben,
ist die Lieferung nur steuerfrei, wenn der Unternehmer diese Zweifel
ausräumt oder objektiv feststeht, dass die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1
Satz 1 UStG vorliegen (s. oben B. 2. b aa).
Den Ausführungen in den Randnrn. 67 bis 69
der Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Teleos u.a.
(Slg. 2007, I-7861), nach denen ein CMR-Frachtbrief, auf dem der Empfänger
den Erhalt der Ware in einem anderen Mitgliedstaat vermerkt hat, im
Regelfall zum Nachweis für die Beförderung oder die Versendung aus dem
Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat ausreicht, kommt entgegen der
Auffassung des FA bereits schon deshalb keine Bedeutung zu, da sich der EuGH
diese in seinem Urteil Teleos u.a. nicht zu Eigen gemacht hat und im Übrigen
von einer Verpflichtung zur Vorlage einer Empfängerbestätigung nicht die
Rede ist.
Ohne Erfolg beruft sich das FA auf den
Senatsbeschluss vom 28. März 2007 V B 210/05 (BFH/NV 2007, 1720), da in
diesem Verfahren nur über die Revisionszulassung aufgrund grundsätzlicher
Bedeutung zu entscheiden war.
d) Unerheblich ist schließlich, dass
zollrechtlich eine Ausfuhrerstattung nach der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87
(Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1987 Nr. L 351/1) bei Transporten
mit CMR-Frachtbriefen nur zu gewähren ist, wenn die Empfängerbestätigung in
Feld 24 des CMR-Frachtbriefs vorliegt (so BFH-Urteil vom 24. August 2004
VII R 50/02, BFHE 206, 488, BFH/NV 2004, 1742). Denn beim Warenhandel mit
Drittländern und bei der Erhebung der Mehrwertsteuer auf
innergemeinschaftliche Lieferungen handelt es sich um nicht vergleichbare
Sachverhalte (EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage
2008, 25 Randnr. 56).
e) Das FG ist von anderen Grundsätzen
ausgegangen. Das Urteil ist hinsichtlich des Streitjahrs 2000 daher
aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - aus seiner Sicht zu
Recht - keine ausreichenden Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht
getroffen, die eine abschließende Entscheidung im Hinblick auf eine
Steuerfreiheit der Lieferung vom 23. November 2000 ermöglichen. Weitere
Feststellungen sind insbesondere zur Person des Versenders und des
Warenempfängers sowie zum Bestimmungsort zu treffen, da der CMR-Frachtbrief
im Streitfall als Empfänger Name und Anschrift einer Person aufführt, bei
der es sich nicht um den in der Rechnung genannten Abnehmer handelt.
Sollten sich die Angaben in dem
CMR-Frachtbrief als unrichtig erweisen oder zumindest begründete Zweifel an
ihrer Richtigkeit bestehen, ist die Lieferung nur steuerfrei, wenn die
Klägerin diese Zweifel nach den allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen
entkräftet oder wenn die Klägerin auf Angaben des Abnehmers vertraut hat,
deren Unrichtigkeit sie nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht erkennen konnte.
4. Das Urteil des FG war auch hinsichtlich
des Streitjahrs 2001 aufzuheben.
a) Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen,
dass hinsichtlich der Lieferung vom 31. Dezember 2001 keine Belegangaben zur
Anschrift des vom Abnehmer beauftragten Abholers M vorliegen. Demgegenüber
kann die Anschrift des Abnehmerbeauftragten den von der Klägerin beim FG
eingereichten Unterlagen, auf die das FG Bezug genommen aber zum Teil
übersehen hat, eindeutig entnommen werden. Da Angaben zur Person und zur
Anschrift des Belegausstellers vorliegen, sind die Mindestanforderungen an
das Vorliegen eines Belegs nach § 17a UStDV (s. oben B. 1. c) gewahrt. Diese
ergeben sich im Streitfall daraus, dass der Abnehmerbeauftragte den Beleg
mit seinem Namen unterzeichnete und sich seine Anschrift aus einer
zusätzlichen Ausweiskopie ergibt.
b) Für das weitere Verfahren wird Folgendes
zu berücksichtigen sein:
aa) Wie das FG zutreffend entschieden hat,
kommt es für den Belegnachweis im Rahmen einer Beförderung, bei der ein
Beauftragter des Abnehmers den Gegenstand der Lieferung abholt, nach § 17a
Abs. 1 und 2 UStDV entgegen der vom FA vertretenen Auffassung nicht darauf
an, dass der Unternehmer über einen Belegnachweis verfügt, aus dem sich die
Abholungsberechtigung des Beauftragten ergibt.
(1) Aus § 17a Abs. 1 UStDV lässt sich das
Erfordernis einer belegmäßig nachzuweisenden Bevollmächtigung bei einer
Abholung durch einen Beauftragten des Abnehmers nicht entnehmen. Der
Unternehmer muss nach dieser Vorschrift nachweisen, dass er oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
befördert oder versendet hat. Dementsprechend reicht es bei einer Versendung
durch einen selbständigen Beauftragten des Abnehmers aus, dass der
Beauftragte gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV einen
Eigenbeleg ("Bescheinigung des beauftragten Spediteurs") erstellt, der dann
ohne weiter gehenden Bevollmächtigungsbeleg des Abnehmers als Auftraggeber
des Spediteurs zur Erfüllung der Nachweispflicht nach § 17a Abs. 1 UStDV
ausreicht. Da diese Vorschrift an den Belegnachweis bei Versendung und bei
Beförderung dieselben Anforderungen stellt, bietet sie für den Fall einer
Beförderung durch einen unselbständigen Beauftragten keine Rechtsgrundlage
für zusätzliche Nachweiserfordernisse wie etwa die Verpflichtung, die
Abholberechtigung durch Vollmachten nachzuweisen.
(2) Auch § 17a Abs. 2 Nr. 3 UStDV und § 17a
Abs. 2 Nr. 4 UStDV sind keine Rechtsgrundlage für die Forderung, dass der
Unternehmer auch die Abholberechtigung des Beauftragten belegmäßig
nachweist.
Bei dem Beauftragten des Abnehmers i.S. von
§ 17a Abs. 2 UStDV muss es sich um eine für den Abnehmer unselbständig
tätige Person handeln, da sonst keine Beförderung i.S. von § 3 Abs. 6 Satz 2
UStG, sondern eine Versendung i.S. von § 3 Abs. 6 Satz 3 UStG vorliegt, für
die sich der Belegnachweis nach § 17a Abs. 4 UStG richtet. Für das Vorliegen
einer Versendung kommt es dabei nicht darauf an, ob es sich bei dem
selbständigen Beauftragten um einen Frachtführer, Verfrachter oder Spediteur
(Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rz 3110) oder überhaupt um einen
Unternehmer handelt (Martin in Sölch/ Ringleb, UStG, § 3 Rz 456). Eine
Beförderung durch einen Beauftragten i.S. des § 17a Abs. 2 UStDV liegt
deshalb nur vor, wenn der Beauftragte in das Unternehmen des Lieferers oder
des Abnehmers eingegliedert ist (Nieskens, a.a.O.). Dies trifft insbesondere
auf die Beförderung durch Arbeitnehmer als unselbständig Beauftragte zu,
denen im Allgemeinen keine schriftlichen Vollmachtsurkunden erteilt werden,
da sie aufgrund ihrer Unternehmenszugehörigkeit als bevollmächtigt gelten.
Der Unternehmer muss in der Lage sein, die
ihn treffenden steuerlichen Verpflichtungen im Voraus eindeutig zu erkennen
(vgl. EuGH-Urteil Teleos u.a. in Slg. 2007, I-7797, BFH/NV Beilage 2008, 25
Randnr. 48). § 17a UStDV kann das Erfordernis einer belegmäßig
nachzuweisenden Bevollmächtigung des Beauftragten nicht mit hinreichender
Klarheit entnommen werden. Eine steuerrechtliche Verpflichtung zum Nachweis
einer Vollmacht lässt sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 174
Satz 1 BGB ableiten, wonach ein von einem Bevollmächtigten abgeschlossenes
einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam ist, wenn keine Vollmacht vorliegt und
der andere das Rechtsgeschäft unverzüglich zurückweist.
(3) Eine über § 17a UStDV hinausgehende
zusätzliche Verpflichtung, Bevollmächtigungen belegmäßig nachzuweisen,
ergibt sich auch nicht aus den Rz 25 ff., insbesondere Rz 29 und 32 des
BMF-Schreibens in BStBl I 2009, 60, da es sich hierbei nicht um die
Festsetzung einer Bedingung durch den Mitgliedstaat, sondern lediglich um
eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift handelt, die der
gleichmäßigen Auslegung und Anwendung des Gesetzes dient. Ob die an einer
Verwaltungsvorschrift ausgerichtete Auslegung oder Anwendung des Gesetzes
richtig ist, unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch die Gerichte,
die nicht an derartige Verwaltungsvorschriften gebunden sind (vgl. zur
Rechtslage beim Belegnachweis bei Ausfuhrlieferungen BFH-Urteil in BFHE 222,
143, BFH/NV 2009, 95, unter II. 2. a und b). Entgegen der Auffassung des FA
kann sich daher weder aus den Verwaltungsanweisungen im BMF-Schreiben in
BStBl I 2009, 60, insbesondere Rz 29 und 32 noch aus einem vom FA
behaupteten Handelsbrauch eine Verschärfung der Anforderungen an den
Belegnachweis ergeben.
Für seine gegenteilige Auffassung kann sich
das FA schließlich auch nicht auf das Senatsurteil in BFHE 219, 410, BStBl
II 2009, 49 berufen. Soweit der Senat in diesem Urteil von der Steuerpflicht
der im damaligen Streitfall zu beurteilenden innergemeinschaftlichen
Lieferungen ausgegangen ist, beruhte dies entscheidend darauf, dass der als
Abnehmer geführte Unternehmer die Erteilung der Vollmacht an den Abholer
ausdrücklich bestritten hatte.
bb) Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu
prüfen haben, ob es sich bei dem Abholbeauftragten M um einen
unselbständigen oder einen selbständigen Beauftragten handelte, so dass der
Belegnachweis u.U. nach § 17a Abs. 1 und 4 UStDV, nicht aber nach § 17a
Abs. 1 und 2 UStDV zu führen ist.
Erweisen sich die Belegangaben als
unzutreffend oder bestehen z.B. hinsichtlich der Bevollmächtigung des
Beauftragten zumindest begründete Zweifel an ihrer Richtigkeit, die die
Klägerin nach den allgemeinen Beweisregeln und -grundsätzen nicht ausräumt,
kann die Lieferung nur nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei sein. Dabei
ist der Hinweis des Senats zu ungewöhnlichen Umständen wie z.B. dem
Barverkauf hochwertiger Wirtschaftsgüter mit "Beauftragten" ohne Überprüfung
der Vertretungsmacht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 1/04, BFH/NV
2005, 81) dahingehend zu verstehen, dass derartige Umstände nicht bereits
für sich allein die Anwendung von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ausschließen,
sondern bei der Würdigung zu berücksichtigen sind, ob der Unternehmer mit
der erforderlichen kaufmännischen Sorgfalt gehandelt hat.
5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden
ist die Entscheidung des FG, soweit es die Steuerfreiheit nach § 6a UStG
hinsichtlich der übrigen Lieferungen in den Streitjahren 2000 und 2001
verneint.
a) Der Senat braucht nicht zu entscheiden,
ob die Klägerin den Buchnachweis nach § 17c UStDV geführt hat, da auf der
Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen bereits feststeht, dass es
am Belegnachweis nach § 17a UStDV fehlt. Insoweit kommt es nicht darauf an,
ob diesen Lieferungen - wie vom FG angenommen - Beförderungen zugrunde lagen
oder ob es sich bei den jeweiligen Abholern um selbständige Beauftragte
handelte, so dass von Versendungen auszugehen wäre. Denn in beiden Fällen
setzt der Belegnachweis Angaben zur Person und zur Anschrift des Ausstellers
voraus (s. oben B. 1. c), die aber hinsichtlich der Anschrift der die
Liefergegenstände abholenden Belegaussteller fehlen. Denn nach den
Feststellungen des FG liegen für die Lieferungen vom 27. Januar 2000,
17. Januar 2001, 28. März 2001, 19. Juli 2001 und 8. November 2001 nur
Passkopien vor, aus denen sich die Anschrift des jeweiligen Belegausstellers
nicht ergab.
Revisionsrechtlich gleichfalls nicht zu
beanstanden ist die Steuerpflicht der Lieferung vom 10. Juli 2000. Das FG
ist auch hier von einer Beförderung ausgegangen und hat das Fehlen des
Buchnachweises darauf gestützt, dass keine Versicherung, den Gegenstand der
Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern (§ 17a Abs. 2 Nr. 4
UStDV), vorliegt. Da nach den mit zulässigen Revisionsrügen nicht
angegriffenen Feststellungen des FG auch keine weiter gehenden Belegangaben
vorlagen, fehlt es am Belegnachweis selbst dann, wenn entgegen dem FG-Urteil
von einer Versendung auszugehen wäre.
b) Andere Umstände, die eine Steuerfreiheit
dieser Lieferungen rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Da die
Klägerin den Belegnachweis der Art nach nur unvollständig geführt hat, kommt
eine Gewährung von Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht in
Betracht (s. oben B. 3. c).
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