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BFH-Beschluss vom 16.12.2009 (II R 67/08) BStBl. 2010 II S. 522
Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG
Der
Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg wird aufgefordert,
dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob § 2 Abs. 5
Buchst. c HmbZWStG dadurch gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG
verstößt, dass er eine aus einem alleinerziehenden Elternteil und seinem
noch in der Schulausbildung befindlichen Kind bestehende Familie nicht
erfasst.
FGO § 122 Abs. 2 Satz 2 und 3; GG Art. 3
Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; HmbZWStG § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 4
Satz 1, Abs. 5 Buchst. c; HmbMG § 15 Abs. 2 Satz 3; LMG M-V § 16 Abs. 2
Satz 3; MRRG § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und 3.
Vorinstanz: FG Hamburg vom 1. Oktober 2008
7 K 245/07 (EFG 2009, 298)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist unverheiratet und Mutter einer am
28. Januar 1989 geborenen Tochter, für welche sie bis zu deren
Volljährigkeit alleine sorgeberechtigt war. Bereits vor 2007 bewohnte sie
mit ihrer Tochter eine Wohnung in N, die sie als Hauptwohnung anmeldete und
in den Streitjahren 2007 und 2008 beibehielt. In N hielt sich die Klägerin
überwiegend auf; ihre Tochter besuchte dort ein Gymnasium. Da die Klägerin
in Hamburg arbeitete, mietete sie dort eine weitere Wohnung, welche sie ab
dem 15. Dezember 2006 als Nebenwohnung anmeldete und am 16. Dezember 2006
bezog.
2
Mit Bescheid vom 8. Juni
2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) mit
Blick auf die in Hamburg angemietete Wohnung Zweitwohnungsteuer für 2007 bis
2009 in Höhe von jährlich 300 € gegen die Klägerin fest. Der Einspruch blieb
erfolglos.
3
Die Klage begründete die
Klägerin im Wesentlichen damit, dass § 2 Abs. 5 Buchst. c des Hamburgischen
Zweitwohnungsteuergesetzes (HmbZWStG) auf den Streitfall analog anzuwenden
sei. Dies ergebe sich letztlich aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
4
Das Finanzgericht (FG) wies
die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 298
veröffentlichten Urteil ab. Zur Begründung führte es aus, § 2 Abs. 5
Buchst. c HmbZWStG erfasse seinem Wortlaut nach nur Verheiratete, welche
eine Zweitwohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehätten und deren
gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb Hamburgs belegen sei. Eine
erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung sei schon wegen des eindeutigen
Gesetzeswortlauts ausgeschlossen. Es liege auch kein Verstoß gegen Art. 6
Abs. 1 GG vor, weil jedenfalls eine Privilegierung im Streitfall spätestens
mit der Volljährigkeit des Kindes Ende Januar 2007 nicht mehr geboten und
die Festsetzung der Steuer gegen die Klägerin im Übrigen schon ab dem Beginn
des Monats Januar von den melderechtlichen Verhältnissen der Tochter
unabhängig gewesen sei.
5
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG.
Nichtverheiratete mit Kindern würden durch § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG
gegenüber Verheirateten mit Kindern unzulässig benachteiligt. Das FG hätte
daher die Norm entweder erweiternd auslegen oder aber den Streitfall dem
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorlegen müssen.
6
Nachdem die Klägerin dem FA
mitgeteilt hatte, dass sie ihre Hamburger Wohnung zum Ende des Jahres 2008
aufgegeben habe, setzte das FA die für 2009 festgesetzte Steuer auf 0 €
herab. Die Beteiligten haben insoweit inzwischen den Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
7
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Zweitwohnungsteuerbescheid des FA
vom 8. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007
aufzuheben, soweit sie die Zweitwohnungsteuer für 2007 und 2008 betreffen.
8
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
9
Die die Streitjahre 2007 und 2008
betreffende Aufforderung zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 Satz 2 und 3
der Finanzgerichtsordnung, weil das Revisionsverfahren II R 67/08 eine
Rechtsstreitigkeit über Landesrecht betrifft. In dem Rechtsstreit ist
darüber zu entscheiden, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf die Klägerin
analog anzuwenden ist bzw. gegen Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG
verstößt.
10
1. Nach § 1 HmbZWStG unterliegt das
Innehaben einer Zweitwohnung in der Freien und Hansestadt Hamburg der
Zweitwohnungsteuer, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HmbZWStG als Zweitwohnung
jede Wohnung i.S. des Abs. 3 der Vorschrift aufzufassen ist, die dem
Eigentümer oder Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Hamburgischen
Meldegesetzes (HmbMG) dient. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 HmbZWStG dient eine
Wohnung als Nebenwohnung im Sinne des HmbMG, wenn sie von einer dort mit
Nebenwohnung gemeldeten Person bewohnt wird. § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4
Satz 1 HmbZWStG knüpfen damit - ohne dass sich hieraus verfassungsrechtliche
Bedenken ergäben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. März 1997
II R 41/95, BFHE 182, 249; auch BFH-Beschluss vom 1. Oktober 2008
II B 16/08, BFH/NV 2009, 53) - nicht an die melderechtlichen Voraussetzungen
einer Nebenwohnung, sondern an die Meldung als solche an, wobei zusätzliche
Voraussetzung ist, dass die betroffene Person die Wohnung tatsächlich
bewohnt. Es steht außer Zweifel, dass die Klägerin seit dem 16. Dezember
2006 in Hamburg eine Zweitwohnung i.S. des § 1 HmbZWStG innehatte. Dies
folgt daraus, dass sie ihre Hamburger Wohnung ab dem 15. Dezember 2006 als
Nebenwohnung gemeldet und sie ab dem Folgetag ausschließlich für ihre
beruflichen Aufenthalte in Hamburg genutzt hat.
11
2. Die Anwendung des § 2 Abs. 1 HmbZWStG
ist nicht nach dessen Abs. 5 Buchst. c ausgeschlossen, weil die Vorschrift
auf den Streitfall weder unmittelbar noch analog angewendet werden kann.
12
a) Nach § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG
gelten die Abs. 1 und 2 der Vorschrift nicht für Wohnungen, die eine
verheiratete oder in Lebenspartnerschaft lebende Person, die nicht dauernd
getrennt von ihrem Ehe- oder Lebenspartner lebt, aus überwiegend beruflichen
Gründen innehat, wenn die gemeinsame Wohnung die Hauptwohnung und außerhalb
des Gebietes der Freien und Hansestadt Hamburg belegen ist. Da die Klägerin
nicht verheiratet ist bzw. in einer Lebenspartnerschaft lebt, ist eine
unmittelbare Anwendung des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG auf sie bereits aus
diesem Grund ausgeschlossen.
13
b) Angesichts des klaren und eindeutigen
Wortlauts des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG und mangels einer erkennbaren
Gesetzeslücke scheidet auch eine analoge Anwendung der Norm auf die Klägerin
aus. Die Vorschrift enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass außer dem
dort ausdrücklich genannten Personenkreis weitere Personen dadurch
begünstigt werden sollten, dass unter den weiteren in der Vorschrift
bestimmten Voraussetzungen von der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer
abzusehen wäre. Dies ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der
Vorschrift, durch welche die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg
lediglich die Vorgaben des BVerfG in dessen Beschluss vom 11. Oktober 2005
1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 (BVerfGE 114, 316) umsetzen wollte (vgl.
Bürgerschafts-Drucksache 18/3627). Zwar ist die Bürgerschaft unter anderem
durch die Aufnahme von Lebenspartnerschaften in das Gesetz weiter gegangen,
als sich dies aus dem lediglich verheiratete Personen betreffenden
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 114, 316 ableiten lässt; daraus ergibt sich aber
nicht, dass es sich in § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG um eine offene
Aufzählung der möglichen Begünstigten handeln würde. Einer Ausweitung des
Anwendungsbereichs der Vorschrift steht daher die Gesetzesbindung der
Steuerverwaltung und der Rechtsprechung entgegen (Art. 20 Abs. 3 GG und für
die Gerichte ergänzend Art. 97 Abs. 1 GG).
14
3. Allerdings stellt sich im Streitfall die
Frage, ob § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG mit Blick auf die fehlende
Begünstigung der Kleinfamilie Mutter/Kind gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6
Abs. 1 GG verstößt.
15
a) Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
der Norm, welche - ausweislich der zitierten Materialien - nicht primär
geschaffen wurde, um Wohnungen, die aus beruflichen Gründen neben der
Hauptwohnung gehalten werden, generell nicht mit Zweitwohnungsteuer zu
belasten, sondern um zu verhindern, dass Ehegatten aus der sie betreffenden
melderechtlichen Sonderregelung für den ehelichen Wohnsitz einen
steuerlichen Nachteil erleiden (vgl. zur wortlautidentischen Regelung des
§ 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 7 des Berliner Zweitwohnungsteuergesetzes
BFH-Beschluss vom 19. August 2009 II B 38/09, BFH/NV 2009, 2014), wird
zunächst zu berücksichtigen sein, dass eine melderechtliche Zwangslage in
der Person der Klägerin in den Streitjahren nicht bestand.
16
aa) Das BVerfG hat in seinem Beschluss in
BVerfGE 114, 316 mit Blick auf verheiratete Steuerpflichtige ausgeführt,
dass zu dem von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten ehelichen Zusammenleben auch
die Entscheidung der Eheleute zählt, zusammenzuwohnen und die gemeinsame
Wohnung selbst bei einer beruflichen Veränderung eines Ehegatten, die mit
einem Ortswechsel verbunden ist, zu erhalten, da die Innehabung einer
Zweitwohnung die notwendige Konsequenz der Entscheidung zu einer gemeinsamen
Ehewohnung an einem anderen Ort ist. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1
i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG hat das BVerfG deshalb alleine aus dem Umstand
abgeleitet, dass nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Melderechtsrahmengesetzes
(MRRG) Hauptwohnung eines verheirateten Einwohners, der nicht dauernd
getrennt von seinem Ehegatten lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der
Eheleute ist. Deshalb ist ein Ehegatte, dessen vorwiegend benutzte Wohnung
i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 MRRG bei ausschließlicher Betrachtung seiner
Person diejenige am Beschäftigungsort ist, gezwungen, sich gleichwohl mit
Hauptwohnsitz in der ehelichen Wohnung anzumelden (vgl. auch BFH-Beschluss
in BFH/NV 2009, 2014). Eine Regelung, welche unter Anknüpfung an diese
melderechtlichen Vorgaben generell die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer für
Nebenwohnungen vorsieht, verstößt dementsprechend gegen Art. 6 Abs. 1 GG,
weil es für Verheiratete ausgeschlossen ist, die Wohnung am
Beschäftigungsort trotz deren vorwiegender Nutzung zum Hauptwohnsitz zu
bestimmen und damit der Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer zu entgehen,
während Personen, die nicht infolge einer ehelichen Bindung von der
Verlegung ihres melderechtlichen Hauptwohnsitzes an ihren Beschäftigungsort
abgehalten werden, einer steuerlichen Belastung durch Anmeldung ihres
Hauptwohnsitzes am Beschäftigungsort entgehen können (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 114, 316).
17
bb) Eine solche melderechtliche Zwangslage
bestand in der Person der Klägerin auch im Hinblick auf die Minderjährigkeit
ihrer Tochter nicht. Zwar ist nach § 12 Abs. 2 Satz 3 MRRG bzw. § 16 Abs. 2
Satz 3 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern und § 15 Abs. 2
Satz 3 HmbMG Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners die Wohnung der
Personensorgeberechtigten bzw. bei Getrenntleben der Sorgeberechtigten die
Wohnung desjenigen Personensorgeberechtigten, die von dem Minderjährigen
vorwiegend benutzt wird. Die Klägerin hatte aber bei auf ihre Person
beschränkter isolierter Betrachtungsweise ihren Hauptwohnsitz in N inne,
weil sie sich dort nach den Feststellungen des FG überwiegend aufhielt. Zu
einer zwangsweisen, die Zweitwohnungsteuerpflicht auslösenden Verlagerung
des Hauptwohnsitzes aus Hamburg heraus konnte es folglich nicht kommen.
18
b) Allerdings wird bei der Prüfung der
Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG weiter zu
berücksichtigen sein, dass der Landesgesetzgeber bei der Schaffung der Norm
deutlich über die Vorgaben des BVerfG in seinem Beschluss in BVerfGE 114,
316 hinausgegangen ist, indem er die Anwendung der Abs. 1 und 2 der
Vorschrift für Wohnungen von verheirateten oder in Lebenspartnerschaft
lebenden Personen, die nicht dauernd getrennt von ihrem Ehe- oder
Lebenspartner leben, generell ausgeschlossen hat, wenn diese ihre in Hamburg
belegene Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehaben und die mit
dem Ehe- oder Lebenspartner gemeinsam genutzte Wohnung die Hauptwohnung und
außerhalb Hamburgs belegen ist.
19
aa) Es steht außer Zweifel, dass die
Klägerin, wäre sie verheiratet oder würde sie in Lebenspartnerschaft leben,
dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG unterfiele. Dies
ergibt sich daraus, dass sie ihre Wohnung in N nicht nur als Hauptwohnung
angemeldet hat, sondern sich dort im Streitzeitraum auch überwiegend
aufhielt, während sie ihre Hamburger Wohnung ausschließlich aus beruflichen
Gründen nutzte. Auch ein Fall, in welchem nach dem vom FA verwendeten
Prüfschema eine nur "gelegentliche beruflich veranlasste Nutzung" vorliegen
könnte, ist ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Wohnung in N nicht
berufsbedingt nutzte.
20
bb) Es stellt sich insoweit die Frage, ob
die Regelung, nach der vergleichbare verheiratete oder in
Lebenspartnerschaft lebende Personen von § 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG
erfasst werden, während eine aus einer Mutter und einem zunächst
minderjährigen und dann noch in der Schulausbildung befindlichen Kind
bestehende Familie nicht begünstigt wird, mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6
Abs. 1 GG vereinbar ist.
21
aaa) Art. 6 Abs. 1 GG stellt nicht nur die
Ehe, sondern auch die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung und enthält einen besonderen Gleichheitssatz, der es verbietet, Ehe
und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften
schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot, vgl. BVerfG-Beschlüsse vom
12. Mai 1987 2 BvR 1226/83, 2 BvR 101/84, 2 BvR 313/84, BVerfGE 76, 1; vom
10. November 1998 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99,
216). Auch die aus einer alleinerziehenden Mutter und ihrem Kind bestehende
Gemeinschaft unterfällt Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG-Urteil vom 30. Juni
1964 1 BvL 16/62 bis 1 BvL 25/62, BVerfGE 18, 97), der die Familie als
umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern, in der den Eltern vor allem
das Recht und die Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder erwachsen,
schützt; das gilt auch für das Verhältnis zwischen Eltern und ihren
volljährigen Kindern (vgl. BVerfG-Beschluss vom 5. Februar 1981
2 BvR 646/80, BVerfGE 57, 170).
22
bbb) Der vorgenannte Schutz betrifft die
Familie vorrangig als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, in welcher die
leibliche und seelische Entwicklung der Kinder ihre wesentliche Grundlage
findet (vgl. die Nachweise bei Badura in Maunz/Dürig, Komm. z. GG, Art. 6
Rz 60). Deshalb ist auch davon auszugehen, dass die Familie als
verantwortliche Elternschaft von der prinzipiellen Schutzbedürftigkeit des
heranwachsenden Kindes bestimmt wird und die Verantwortlichkeit und das
Sorgerecht der Eltern mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit
des Kindes zurücktreten (BVerfG-Beschluss vom 18. April 1989 2 BvR 1169/84,
BVerfGE 80, 81). Demgemäß nimmt die Schutzintensität ab, je mehr sich die
familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zu einer Haus- bzw.
Begegnungsgemeinschaft wandelt (vgl. Robbers in v. Mangoldt/Klein/Starck,
GG, 5. Aufl., Art. 6 Rz 82). Im Streitfall ist aber zu berücksichtigen, dass
die Tochter der Klägerin nicht nur im Januar 2007 noch minderjährig war,
sondern sich auch noch danach in der schulischen Ausbildung befand. Es
stellt sich deshalb die Frage, ob allein die Tatsache, dass die Tochter der
Klägerin während des Großteils des Streitzeitraums schon volljährig war, den
Ausschluss der Kleinfamilie Mutter/Kind aus dem Begünstigungstatbestand des
§ 2 Abs. 5 Buchst. c HmbZWStG rechtfertigen kann, weil aus der vorläufigen
Sicht des Senats jedenfalls die schulische Ausbildung noch der familiären
Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zugehörig ist. Ob der Klägerin und ihrer
Tochter eine Verlagerung des familiären Hauptwohnsitzes nach Hamburg allein
zum Zweck der Vermeidung der Zweitwohnungsteuerpflicht zumutbar gewesen
wäre, erscheint deshalb fraglich.
23
4. Sollte die Prüfung der unter 3.
angesprochenen Verfassungsfragen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m.
Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, so müsste der Senat nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG
das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG einholen.
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