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BFH-Urteil vom 19.3.2009 (IV R 20/08) BStBl. 2010 II S. 528

Die Entscheidung darüber, ob die Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids auf einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und damit zugleich auch auf einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 233a Abs. 2a AO beruht, ist im Feststellungsverfahren zu treffen.

AO §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 179 Abs. 3, 233a Abs. 2a, 239; EStG § 16; FGO § 48.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 25. April 2007 2 K 24/05 (EFG 2008, 1929)

Sachverhalt

I.

Am Betrieb der H-GmbH (GmbH) waren Herr G. und Herr M. - die Kläger und Revisionsbeklagten zu 1. und 2. (Kläger zu 1. und 2.) - als atypisch stille Gesellschafter beteiligt. Das Gesellschaftsverhältnis wurde im Jahre 1991 (Streitjahr) beendet und die Auseinandersetzungsansprüche auf der Grundlage eines Verkaufsangebots für das Betriebsgrundstück der GmbH (2,2 Mio. DM) berechnet. Hieraus ergaben sich Veräußerungsgewinne der Kläger zu 1. und 2. in Höhe von rd. 1,6 Mio. DM, die in dem Gewinnfeststellungsbescheid 1991 vom 14. Juli 1993 (Erstbescheid) erfasst worden sind. Der hiermit verbundene Nachprüfungsvorbehalt wurde - im Anschluss an den zu einer Betriebsprüfung gefertigten Aktenvermerk - mit Bescheid vom 3. März 1997 aufgehoben. Das mit 9 % verzinsliche Auseinandersetzungsguthaben sollte erst nach Eingang des Erlöses aus dem Grundstücksverkauf ausbezahlt werden.

Die GmbH konnte das Grundstück zunächst nicht veräußern. Da anlässlich eines im Jahre 2002 beabsichtigten Verkaufs Bodenkontaminationen festgestellt wurden, verständigten sich die Gesellschafter am 9. Dezember 2002 auf einen Grundstücksverkehrswert von nur noch rd. 80.000 €; zugleich verzichteten sie auf einen erheblichen Teil der zunächst angenommenen Auseinandersetzungsansprüche.

Antragsgemäß sah der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) in der Minderung der Auseinandersetzungsansprüche ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) und änderte am 10. April 2003 die Gewinnfeststellung 1991. Der Änderungsbescheid weist für die Kläger zu 1. und 2. Veräußerungsverluste aus. Der Bescheid ist in Bestandskraft erwachsen.

Nachdem der Kläger zu 2. gegen die - mit der Festsetzung der Einkommensteuer verbundene - Zinsfestsetzung (§ 233a AO) Klage erhoben hatte, erließ das FA am 3. November 2004 einen ergänzenden Feststellungsbescheid 1991 (§ 179 Abs. 3 AO), der Gegenstand dieses Verfahrens ist und mit dem festgestellt wurde, dass "die Änderungen im Feststellungsbescheid vom 10. April 2003 ausschließlich wegen eines im Jahre 2002 eingetretenen rückwirkenden Ereignisses (erfolgt seien)".

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben, weil die verfahrensrechtliche Grundlage eines Änderungsbescheids nicht zu den festzustellenden anderen Besteuerungsgrundlagen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gehöre. Die Frage der Rückwirkung einer Vereinbarung sei vielmehr eine nicht bindende Feststellungsgrundlage (Hinweis auf Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 23. Februar 2000 II 87/99, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2000, 412, rechtskräftig). Zulässig sei deshalb lediglich eine nachrichtliche Mitteilung.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben sich während des Revisionsverfahrens nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG ist von der Klägerstellung der GmbH ausgegangen. Dem kann der Senat nicht beipflichten. Er stellt insoweit klar, dass die Klage lediglich von Herrn G. und Herrn M. - den atypisch still beteiligten Klägern zu 1. und 2. - erhoben worden und das Rubrum des vorinstanzlichen Urteils entsprechend zu berichtigen ist (vgl. zur Befugnis des Revisionsgerichts zur Auslegung von Prozesserklärungen z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. April 1999 VIII R 81/94, BFH/NV 1999, 1457; Senatsbeschluss vom 28. November 2008 IV R 87/05, juris, jeweils m.w.N.).

a) Nach ständiger Rechtsprechung ist in Verfahren betreffend die einheitliche Gewinnfeststellung einer atypisch stillen Gesellschaft der Inhaber des Handelsgewerbes (§ 230 des Handelsgesetzbuches - HGB -; hier: GmbH) nicht als Prozessstandschafter gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 1. Halbsatz FGO klagebefugt. Mangels eines zur Vertretung berufenen Geschäftsführers kommt allenfalls eine Klagebefugnis als klagebevollmächtigter Prozessstandschafter gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz FGO in Betracht (BFH-Beschluss vom 3. März 1998 VIII B 62/97, BFHE 185, 131, BStBl II 1998, 401). Im Streitfall vermag jedoch auch diese Vorschrift der GmbH die Klägerstellung nicht zu vermitteln. Dabei kann offenbleiben, ob bis zur Beendigung der Gesellschaft die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz i.V.m. § 48 Abs. 2 FGO vorgelegen haben. Jedenfalls ist die atypisch stille Gesellschaft zwischen der GmbH und den Klägern zu 1. und 2. zum 31. Dezember 1991 aufgelöst und hiermit auch vollbeendet worden (herrschende Lehre; vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1988 VIII B 90/87, BFHE 155, 32, BStBl II 1989, 145; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rz 118; zur Gegenansicht s. Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 234 Rz 1). Damit ist aber zugleich die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 2 FGO - mangels eines intakten Gesellschaftsverhältnisses - entfallen (BFH-Urteile vom 7. Juli 1998 VIII R 16/96, BFH/NV 1999, 471; vom 7. Juli 1998 VIII R 17/96, BFH/NV 1999, 473; Steinhauff in HHSp, § 48 FGO Rz 145; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 48 FGO Rz 20).

b) Die Befugnis, gegen den Ergänzungsbescheid vom 3. November 2004 zu klagen, richtet sich deshalb nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO. Auch wenn die Vorschrift - gleich § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO (betreffend ausgeschiedene Gesellschafter) - nach ihrem Wortlaut lediglich voraussetzt, dass gegen den Gesellschafter ein Feststellungsbescheid ergangen ist, muss beachtet werden, dass § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO - ebenso wie § 48 Abs. 1 Nr. 3 - nur ein beschränktes Klagerecht vermittelt und der Gesellschafter deshalb nur die Feststellungen angreifen kann, die ihn selbst betreffen und - ihre Rechtswidrigkeit unterstellt - ihn in seinen eigenen Rechten (§ 40 Abs. 2 FGO) verletzen (BFH-Beschluss in BFHE 185, 131, BStBl II 1998, 401; Steinhauff in HHSp, § 48 FGO Rz 201 und 235; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 48 FGO Rz 24; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 48 Rz 32).

aa) Hiernach kann zwar über die Klagebefugnis von Herrn G. und Herrn M. (atypisch still Beteiligte; Kläger zu 1. und 2.) kein Zweifel bestehen. Sie sind deshalb durch den angegriffenen Ergänzungsbescheid beschwert, weil dieser (nach seinem Verfügungssatz) regelt, dass die Änderung des Erstbescheids (betreffend den Ansatz von Veräußerungsgewinnen) auf der Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) beruht und sie hierdurch - ohne dass es einer konkreten Prüfung der Auswirkungen auf die Zinsfestsetzung (§ 233a AO) bedarf - in ihren eigenen Rechten verletzt sein können (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juni 1994 VIII R 20/93, BFH/NV 1995, 318; Steinhauff in HHSp, § 48 FGO Rz 235).

bb) Eine Beschwer der GmbH ist hingegen - abweichend von der Einschätzung der Vorinstanz - zu verneinen. Da der Änderungsbescheid vom 10. April 2003 sich auf eine Korrektur der steuerlichen Veräußerungsergebnisse betreffend Herrn G. und Herrn M. beschränkte und mithin den für die GmbH festgestellten Ergebnisanteil unberührt ließ, konnte mit dem angefochtenen Ergänzungsbescheid - auch dann, wenn man von den konkreten Folgewirkungen dieses Bescheids absieht (s.o.) - keine Beschwer für die GmbH verbunden sein. Demgemäß ist in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass ausgeschiedene Gesellschafter im Hinblick auf Streitfragen, die nur die (anderen) Mitgesellschafter persönlich angehen, nicht nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugt sind (BFH-Beschluss vom 23. August 1985 IV B 53/85, BFH/NV 1987, 584; Steinhauff in HHSp, § 48 FGO Rz 236). Für die vorliegend zu beurteilende Klagebefugnis gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO kann - wie aufgezeigt - nichts anderes gelten.

c) Die namens der "GmbH und atypisch stille Gesellschaft" erhobene Klage war deshalb in dem vorgenannten Sinne auszulegen. Dies gebietet nicht nur der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung; hinzu kommt, dass die Bevollmächtigte dieses Verständnis nach Erhebung der Klage mit Schreiben vom 18. Februar 2005 ausdrücklich klargestellt hat. Gleiches gilt darüber hinaus für den - ebenfalls namens der atypisch stillen Gesellschaft - eingelegten Einspruch, da dem FA - als Adressat dieser Erklärung - die Auflösung der Gesellschaft zum 31. Dezember 1991 spätestens zu Beginn des Jahres 1993 (Eingang der Feststellungserklärung 1991) mitgeteilt worden ist. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erläuterungen musste deshalb auch das FA davon ausgehen, dass der Einspruch nur von den stillen Gesellschaftern eingelegt worden ist mit der weiteren Folge, dass die Einspruchsentscheidung (betreffend "GmbH und atypisch stille Gesellschaft") auch nur diesen gegenüber ergehen konnte und nach den dargelegten Auslegungsgrundsätzen nur diesen gegenüber ergangen ist.

2. Der Senat kann der Vorinstanz auch in der Sache nicht beipflichten.

Nach § 179 Abs. 3 AO ist eine notwendige Feststellung, die in einem Feststellungsbescheid unterblieben ist, in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall erfüllt.

a) Die Ansicht des FG, dass die verfahrensrechtliche Grundlage für den Erlass eines Änderungsbescheids nicht zu den festzustellenden (anderen) Besteuerungsgrundlagen i.S. von § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 3 AO gehöre, verkennt nicht nur, dass gerade die - vorliegend streitige - Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in materiell-rechtlicher Hinsicht Einfluss auf den Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO nimmt. Sie lässt vor allem außer Acht, dass gemäß § 239 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AO die Vorschriften über die Steuern - und mithin auch die Regelungen der §§ 155 ff. (Steuerfestsetzung) und §§ 179 ff. AO (Feststellung von Besteuerungsgrundlagen) - auf Zinsen nicht unmittelbar, sondern lediglich entsprechend anzuwenden sind (vgl. § 3 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 2 AO).

aa) Hieraus hat der BFH in ständiger Rechtsprechung abgeleitet, dass - in Entsprechung zu den Besteuerungsgrundlagen gemäß §§ 179 Abs. 1 Satz 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO - über die Frage, ob und in welchem Umfang Steuernachforderungen auf Hinterziehungshandlungen beruhen und somit tatbestandlich den Zinsanspruch des § 235 AO auslösen, im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu entscheiden ist (BFH-Urteil vom 19. April 1989 X R 3/86, BFHE 156, 383, BStBl II 1989, 596; BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 X B 134/02, BFH/NV 2004, 906; vom 10. Oktober 1994 I B 30/94, BFH/NV 1995, 471 - betreffend Sonderbetriebseinnahmen -; zustimmend Bublitz, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1990, 438, 440; Schwarz, AO, § 239 Rz 3b). Unterbleibt dies, ist der Gewinnfeststellungsbescheid zu ergänzen (§ 179 Abs. 3 i.V.m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO; vgl. BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 21/93, BFHE 175, 13, BStBl II 1994, 885). Der - ggf. ergänzte - Feststellungsbescheid ist deshalb nicht nur für die Folgesteuern bindend, sondern zugleich auch Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung nach § 235 AO (§§ 182 Abs. 1 Satz 1, 171 Abs. 10 i.V.m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO; BFH-Urteile in BFHE 175, 13, BStBl II 1994, 885; vom 16. März 1993 XI R 42/90, BFH/NV 1994, 75).

bb) Nichts anderes kann für den Zinslauf gemäß § 233a Abs. 2a AO gelten. Auch hier gebietet es der Zweck des Feststellungsverfahrens, die Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung sicherzustellen und etwaige Streitfragen in einem Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren zu bündeln (BFH-Urteil in BFHE 156, 383, BStBl II 1989, 596; Bublitz, DStR 1990, 438, 441), die Entscheidung darüber, ob die Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids auf einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und damit zugleich auch auf einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 233a AO (BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 60/98, BFHE 188, 542, BStBl II 1999, 634, 635) beruht, gegenüber allen Feststellungsbeteiligten mit bindender Wirkung einheitlich zu treffen (gl.A. Anwendungserlass zur AO - AEAO - Nr. 74 zu § 233a AO; Heuermann in HHSp, § 233a AO Rz 38). Unter welchen Voraussetzungen hiervon wegen geringer Bedeutung des Falls (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO) abgesehen werden kann (s. - zu § 235 AO - FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. November 2000 2 K 279/99, EFG 2001, 405), braucht mit Rücksicht auf den zwischen den Beteiligten bestehenden Streit über das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 233a Abs. 2a AO) im anhängigen Verfahren nicht entschieden zu werden (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 180 AO Rz 50).

b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 179 Abs. 3 AO (i.V.m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO) sind ferner insoweit erfüllt, als der Bescheid vom 10. April 2003 keine Feststellung zur Rechtsgrundlage der Änderung enthielt und damit (insoweit) lückenhaft war.

Zwar wird in dem Bescheid unter der Überschrift "Art der Feststellung" darauf hingewiesen, dass "(er) nach § 175 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 AO geändert (ist)". Hiermit war jedoch weder nach dem Willen des FA noch nach der (maßgeblichen) Sicht eines verständigen Empfängers die Feststellung einer Besteuerungsgrundlage verbunden. Hiergegen spricht nicht nur, dass erst im Anschluss an den genannten Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO unter der Überschrift "Feststellung der Besteuerungsgrundlagen" die insgesamt erzielten Einkünfte, deren Verteilung auf die Gesellschafter sowie die weiteren Qualifikationsmerkmale (z.B. Höhe der Veräußerungsgewinne/-verluste; § 32c des Einkommensteuergesetzes - EStG -) ausgewiesen werden. Hinzu kommt, dass dieser Teil des Bescheids mit der Erläuterung schließt, dass die "festgestellten Besteuerungsgrundlagen ... den Veranlagungen der Beteiligten ... zugrunde gelegt (werden)".

c) Der Ergänzungsbescheid ist ferner innerhalb der Feststellungsfrist ergangen. Letztere beträgt im Hinblick auf die Grundlagen zur Festsetzung der Zinsen nach § 233a Abs. 2a AO ein Jahr (vgl. § 239 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. §§ 181 Abs. 1 Satz 1, 169 AO; BFH-Urteil in BFHE 175, 13, BStBl II 1994, 885) und beginnt nach § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer festgesetzt, geändert oder aufgehoben worden ist. Der Senat geht hierbei davon aus, dass die Einkommensteuerbescheide der Kläger zu 1. und 2. im Anschluss an den Änderungsbescheid vom 10. April 2003 angepasst wurden. Die einjährige Feststellungsfrist hat demnach mit Ablauf des Jahres 2003 begonnen und war bei Erlass des Ergänzungsbescheids vom 3. November 2004 noch nicht abgelaufen.

d) Schließlich ist das FA auch zu Recht davon ausgegangen, dass der Erlass des Änderungsbescheids vom 10. April 2003 auf einem rückwirkenden Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 233a Abs. 2a AO beruhte. Der Senat teilt insbesondere nicht die von den Klägern im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Ansicht, dass der Erlass des Änderungsbescheids deshalb auf einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO beruhte, weil die Bodenverunreinigungen bereits im Jahre 1991 vorhanden gewesen seien.

aa) Die nachträglich bekanntgewordene Tatsache i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (i.V.m. § 181 Abs. 1 AO) erfordert die nachträgliche Kenntnis von einem bei Erlass des Bescheids bereits gegebenen Sachverhalt, der zudem auf den Regelungsgehalt des ergangenen Bescheids in der Weise einwirken muss, dass er entweder zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung oder - wie im Streitfall - zu einer günstigeren (regelmäßig: niedrigeren) Feststellung einer quantifizierbaren Besteuerungsgrundlage (hier: Veräußerungsgewinn) führt (vgl. zu Letzterem von Groll in HHSp, § 173 AO Rz 140, 142, 151, jeweils m.w.N.). Demgegenüber ist für ein Ereignis, das i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat, kennzeichnend, dass der in Frage stehende rechtlich bedeutsame Vorgang (einschließlich tatsächlicher Lebensvorgänge) erst nach Erlass des zu ändernden Bescheids eingetreten ist und ihm nach dem einschlägigen materiellen Recht eine rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; BFH-Urteile vom 6. März 2003 XI R 13/02, BFHE 201, 421, BStBl II 2003, 554; vom 21. April 1988 IV R 215/85, BFHE 153, 485, BStBl II 1988, 863; von Groll in HHSp, § 173 AO Rz 37, m.w.N.).

bb) Im Streitfall ist von dem für den Ansatz von Veräußerungsgewinnen nach § 16 EStG einschlägigen materiellen Recht auszugehen.

aaa) Der Große Senat des BFH hat hierzu mit Beschluss in BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897 (betreffend Ausfall gestundeter Kaufpreisforderungen) entschieden, dass der Begriff des Veräußerungspreises (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG) - entsprechend dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit zur Vermeidung sowohl einer Übermaßbesteuerung als auch einer dem Zweck der Tarifentlastung gemäß §§ 16, 34 EStG widerstreitenden Überentlastung - nach dem tatsächlich erzielten Erlös zu bestimmen ist. Auch nach der Veräußerung eintretende Veränderungen des ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreises sind demnach solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Unerheblich ist hierbei, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgeblich waren (vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 1/92, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894, betreffend Ausfall einer Freistellungsvereinbarung). Diese Rechtsprechung gilt gleichermaßen für die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen (BFH-Urteil vom 28. Juli 1994 IV R 53/91, BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112; Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 16 Rz 461, m.w.N.) sowie die Veräußerung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 6 EStG; BFH-Urteil vom 31. August 2006 IV R 53/04, BFHE 214, 550, BStBl II 2006, 906; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 292, 384; zur Abgrenzung s. BFH-Urteil vom 1. April 1998 X R 150/95, BFHE 186, 70, BStBl II 1998, 569).

bbb) Hiernach kann im Streitfall kein Zweifel daran bestehen, dass der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid vom 10. April 2003, mit dem - im Anschluss an die (nach Entdeckung der Bodenverunreinigungen) angepasste Auseinandersetzungsabrede vom 9. Dezember 2002 - für die Kläger zu 1. und 2. Veräußerungsverluste ausgewiesen wurden, nur auf der Grundlage eines rückwirkenden Ereignisses i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ergehen konnte (gl.A. bereits Senatsurteil vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786, betreffend Vergleich über zunächst strittigen Abfindungsbetrag). Der Ansicht der Kläger, nach der die bereits im Jahre 1991 (Beendigung der stillen Gesellschaft) vorhandene und erst im Jahre 2002 entdeckte Bodenbelastung als eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu qualifizieren sei, die zu einer niedrigeren Steuer (bzw. entsprechend geänderten Feststellung) führe, steht entgegen, dass - wie ausgeführt - dem Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG das tatsächlich vereinbarte Entgelt zugrunde zu legen ist und deshalb die hierfür wertbildenden Faktoren (im Fall: Bodenkontamination) erst dann zu einer niedrigeren Steuer führen, d.h. auf den Regelungsgehalt des Steuerbescheids (oder Feststellungsbescheids; vgl. oben sowie von Groll in HHSp, § 173 AO Rz 140, 142) einwirken können, wenn sie von den Vertragsparteien in Form einer (geänderten) Abrede über den Veräußerungs- oder Auseinandersetzungserlös berücksichtigt worden sind.

ccc) Der Senat weicht mit dieser Beurteilung nicht vom Urteil des VIII. Senats des BFH vom 19. April 2005 VIII R 68/04 BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762 ab. Allerdings führt die Entscheidung aus, dass § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die jeweilige Änderungsvorschrift - gemeint: § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO - ergänzen könne. Die Aussage ist indes auf den vom VIII. Senat entschiedenen Sachverhalt zugeschnitten, nach dem dem FA erst im Jahre 1999 (Bedingungseintritt für ein höheres Veräußerungsentgelt) bekannt wurde, dass der Steuerpflichtige in dem - bestandskräftig veranlagten - Jahr 1998 (Veräußerungsjahr = Streitjahr) über Anwartschaftsrechte i.S. von § 17 EStG verfügt hatte. In einem solchen Fall mögen zwar - wie vom VIII. Senat angenommen - beide Korrekturtatbestände (§§ 173 Abs. 1 Nr. 1, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) nebeneinander treten und einander ergänzen. Dies lässt sich jedoch bereits im Ausgangspunkt auf die Verhältnisse des anhängigen Verfahrens nicht übertragen, weil dem FA mit der Erklärung zur Gewinnfeststellung 1991 die Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft ausdrücklich mitgeteilt und zudem unmittelbar nach Erlass des Erstbescheids (14. Juli 1993) mit Schreiben der steuerlichen Berater vom 23. Juli 1993 eine Kopie der ursprünglichen Auseinandersetzungsabrede übersandt worden ist. Hinzu kommt, dass der VIII. Senat selbst für den Fall des Zusammentreffens der beiden genannten Änderungstatbestände ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass im Rahmen einer durch § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eröffneten Korrektur die Rechtsgrundlage dafür, eine erst nach dem Jahr der Veräußerung erhöhte Gegenleistung rückwirkend bei der Bestimmung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen, in § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen sei.