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BFH-Urteil vom 9.12.2009 (II R 28/08) BStBl. 2010 II S. 566
Disquotale Einlage von Vermögen in eine GmbH durch Gesellschafter keine
freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter
1.
Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch,
dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine
dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt keine freigebige
Zuwendung des einbringenden Gesellschafters an den anderen Gesellschafter
vor (Bestätigung der Rechtsprechung, Abweichung von R 18 Abs. 3 ErbStR) .
2.
Dies gilt auch, wenn bei der Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende
Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese Einlage mehr
wert ist als die übernommene neue Stammeinlage .
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1.
Vorinstanz: FG Nürnberg vom 28. Februar
2008 4 K 1708/2007 (DStRE 2008, 1271)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) war mit einem Anteil von 75.000 DM am insgesamt
300.000 DM betragenden Stammkapital einer GmbH (GmbH 1) beteiligt. Neben
weiteren Personen war auch ihr Ehemann (E) Gesellschafter der GmbH 1.
2
Mit notariell beurkundetem
Beschluss vom 28. Dezember 1994 erhöhten die Gesellschafter der GmbH 1 deren
Stammkapital um 100.000 DM. Zur Übernahme der beiden neuen Stammeinlagen in
Höhe von je 50.000 DM wurden E sowie ein weiterer Gesellschafter der GmbH 1
zugelassen. Die Stammeinlagen waren durch Einbringung der Geschäftsanteile
an einer weiteren GmbH (GmbH 2), an deren Stammkapital diese beiden
Gesellschafter je zur Hälfte beteiligt waren, zu erbringen. Der
Gesellschafterbeschluss wurde wie vorgesehen vollzogen.
3
Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kam im Anschluss an eine
Außenprüfung zu dem Ergebnis, der Wert der Beteiligungen an der GmbH 1 habe
sich durch die Einbringung der Anteile an der GmbH 2 um 532 DM je 100 DM des
Stammkapitals erhöht. Die sich daraus ergebende Erhöhung des Werts der
Beteiligung der Klägerin an der GmbH 1 um 399.000 DM beruhe auf einer
freigebigen Zuwendung des E an die Klägerin. Das FA setzte demgemäß gegen
die Klägerin unter Berücksichtigung des in § 16 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) vorgesehenen Freibetrags von 250.000 DM
Schenkungsteuer von 7.450 DM = 3.809,12 EUR fest. Der Einspruch blieb
erfolglos.
4
Das Finanzgericht (FG) wies
die Klage durch das in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2008, 1271
veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, die Klägerin sei durch die
Erhöhung des Werts ihres Anteils an der GmbH 1 auf Kosten des E bereichert
worden. Es sei dabei unerheblich, dass die Werterhöhung nur zur Hälfte auf
der Einbringung der Beteiligung des E an der GmbH 2 in die GmbH 1 beruhe.
5
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Das FG habe zu Unrecht das
Vorliegen einer freigebigen Zuwendung des E an sie angenommen.
6
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 24. September 2007 und den
Schenkungsteuerbescheid vom 7. August 2003 aufzuheben.
7
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung, der Einspruchsentscheidung und des
angefochtenen Schenkungsteuerbescheids (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Unrecht angenommen, es liege
eine freigebige Zuwendung des E an die Klägerin vor.
9
1. Der Schenkungsteuer unterliegt als
Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige
Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden
bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches). Erforderlich hierfür ist eine
Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des
Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten (Urteile
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. März 1985 II R 19/84, BFHE 143, 291,
BStBl II 1985, 382, und vom 7. November 2007 II R 28/06, BFHE 218, 414,
BStBl II 2008, 258). Der Gegenstand der Schenkung richtet sich nach
bürgerlichem Recht (BFH-Urteil vom 25. November 2008 II R 38/06, BFH/NV
2009, 772). Für die Frage, wer an einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG beteiligt ist, kommt es ausschließlich auf die
Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher
Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist (BFH-Urteile vom
29. November 2006 II R 42/05, BFHE 215, 529, BStBl II 2007, 319, und in BFHE
218, 414, BStBl II 2008, 258).
10
Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung
eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in
die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu
erhalten, liegt danach keine freigebige Zuwendung des einbringenden
Gesellschafters an den anderen Gesellschafter vor (BFH-Urteile vom 25.
Oktober 1995 II R 67/93, BFHE 179, 157, BStBl II 1996, 160, und vom 19. Juni
1996 II R 83/92, BFHE 181, 88, BStBl II 1996, 616). Wegen der rechtlichen
Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehlt es in einem
solchen Fall an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen diesen
Gesellschaftern (BFH-Urteil in BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258). Dies gilt
auch, wenn bei der Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende
Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese Einlage mehr
wert ist als die übernommene neue Stammeinlage. Die vom FG angeführte
ertragsteuerrechtliche Beurteilung der Kapitalerhöhung und Sacheinlage
spielt für die Schenkungsteuer, die Verkehrsteuer ist, keine Rolle.
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2. Die Einbringung des Anteils des E an der GmbH 2 in die GmbH 1 und die
dadurch bewirkte Erhöhung des Werts des Anteils der Klägerin an der GmbH 1
stellt somit keine freigebige Zuwendung des E an die Klägerin dar. Soweit
sich aus R 18 Abs. 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien eine andere Beurteilung
ergibt, kann dem nicht gefolgt werden.
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