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EuGH-Urteil vom 4.5.2006 (C-169/04) BStBl. 2010 II S. 567
1.
Der Begriff der „Verwaltung“ von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage stellt einen autonomen Begriff des
Gemeinschaftsrechts dar, dessen Inhalt die Mitgliedstaaten nicht verändern
können.
2.
Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 ist
dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen
durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser Bestimmung die
Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen Verwaltung der
Sondervermögen durch einen außenstehenden Verwalter fallen, wenn sie ein im
Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung dieser
Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind.
Dagegen fallen unter diesen Begriff nicht die Leistungen, die den Aufgaben
einer Verwahrstelle im Sinne der Artikel 7 Absätze 1 und 3 und 14 Absätze 1
und 3 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20.. Dezember 1985 zur
Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte
Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) entsprechen.
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B
Buchst. d Nr. 6; Richtlinie 85/611/EWG Art. 7 Abs. 1 und 3, Art. 14 Abs. 1
und 3.
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die
Auslegung von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
(ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen zweier
Rechtsstreitigkeiten der Abbey National plc (im Folgenden: Abbey National)
und des Inscape Investment Fund gegen die Commissioners of Customs & Excise
(im Folgenden: Commissioners), bei denen es um die Besteuerung in einem Fall
von Leistungen der Verwahrstellen einer Reihe zugelassener Investmentfonds
in Form eines „Trust“ („authorised unit trusts“) und einer offenen
Investmentgesellschaft („Open-ended investment company“, im Folgenden: OEIC)
und im anderen Fall von administrativen und buchhalterischen Leistungen
geht, die eine dritte Gesellschaft nach Auslagerung durch die
Verwaltungsgesellschaft einer OEIC erbringt.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Artikel 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten
Richtlinie lautet:
„Unbeschadet sonstiger
Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den
Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen
Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von
Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen
festsetzen, von der Steuer:
...
d) die folgenden Umsätze:
1. die Gewährung und Vermittlung von
Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber,
2. die Vermittlung und die Übernahme von
Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten und Garantien sowie
die Verwaltung von Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber,
3. die Umsätze – einschließlich der
Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und
Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen
Handelspapieren, mit Ausnahme der Einbeziehung von Forderungen,
4. die Umsätze – einschließlich der
Vermittlung –, die sich auf Devisen, Banknoten und Münzen beziehen, die
gesetzliches Zahlungsmittel sind, mit Ausnahme von Sammlerstücken
einschließlich der Banknoten; als Sammlerstücke gelten Münzen aus Gold,
Silber oder anderem Metall sowie Banknoten, die normalerweise nicht als
gesetzliches Zahlungsmittel verwendet werden oder die von numismatischem
Interesse sind,
5. die Umsätze – einschließlich der
Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung – die
sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen,
Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von
– Warenpapieren,
– Rechten oder Wertpapieren im Sinne von
Artikel 5 Absatz 3,
6. die Verwaltung von durch die
Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften“.
4
Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie
85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame
Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 375, S. 3) definiert OGAW als
Organismen,
„– deren ausschließlicher Zweck es ist,
beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz
der Risikobetreuung in Wertpapieren anzulegen, und
– deren Anteile auf Verlangen der
Anteilinhaber unmittelbar oder mittelbar zu Lasten des Vermögens dieser
Organismen zurückgenommen oder ausgezahlt werden …“
5
Nach Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie
können diese Organismen „die Vertragsform (von einer Verwaltungsgesellschaft
verwaltete Investmentfonds), die Form des Trust (‚unit trust‘) oder die
Satzungsform (Investmentgesellschaft)“ haben. Im Sinne der Richtlinie 85/611
erfasst der Begriff „Investmentfonds“ auch den „unit trust“.
6
Nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie
bedarf ein OGAW der Zulassung durch die Stellen des Mitgliedstaats, in dem
er ansässig ist. Diese Zulassung gilt für sämtliche Mitgliedstaaten.
7
Aus Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie
ergibt sich, dass ein Investmentfonds für die Zwecke der Zulassung eine
Verwaltungsgesellschaft und eine Verwahrstelle haben muss, während eine
Investmentgesellschaft hierfür zwar ebenfalls eine Verwahrstelle, aber keine
Verwaltungsgesellschaft haben muss.
8
Nach Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 14
Absatz 1 der Richtlinie 85/611 ist die Verwahrung des Vermögens des
Investmentfonds wie auch der Investmentgesellschaft einer Verwahrstelle zu
übertragen.
9
Was die Investmentfonds angeht, so muss die
Verwahrstelle nach Artikel 7 Absatz 3 außerdem
„a) dafür sorgen, dass der Verkauf, die
Ausgabe, die Rücknahme, die Auszahlung und die Aufhebung der Anteile, die
für Rechnung des Investmentfonds oder durch die Verwaltungsgesellschaft
vorgenommen werden, den gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen
des Investmentfonds gemäß erfolgt;
b) dafür sorgen, dass die Berechnung des
Wertes der Anteile den gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen
gemäß erfolgt;
c) den Weisungen der
Verwaltungsgesellschaft Folge leisten, es sei denn, dass sie gegen die
gesetzlichen Vorschriften oder die Vertragsbedingungen des Investmentfonds
verstoßen;
d) dafür sorgen, dass ihr bei Geschäften,
die sich auf das Vermögen des Investmentfonds beziehen, der Gegenwert
innerhalb der üblichen Fristen übertragen wird;
e) dafür sorgen, dass die Erträge des
Investmentfonds gemäß den gesetzlichen Vorschriften und den
Vertragsbedingungen des Investmentfonds verwendet werden“.
10
In Bezug auf die Investmentgesellschaften
bestimmt Artikel 14 Absatz 3 der Richtlinie, dass die Verwahrstelle neben
der Verwahrung des Vermögens dafür sorgen muss, dass
„a) der Verkauf, die Ausgabe, die
Rücknahme, die Auszahlung und die Aufhebung der Anteile durch die
Gesellschaft oder für ihre Rechnung den gesetzlichen Vorschriften oder der
Satzung der Gesellschaft gemäß erfolgt;
b) ihr bei Geschäften, die sich auf das
Gesellschaftsvermögen beziehen, der Gegenwert innerhalb der üblichen Fristen
übertragen wird;
c) die Erträge der Gesellschaft den
gesetzlichen Vorschriften und der Satzung gemäß verwendet werden“.
11
Nach den Artikeln 9 und 16 der Richtlinie
85/611 haftet die Verwahrstelle nach dem Recht des Staates, in dem sich der
satzungsmäßige Sitz der Verwaltungsgesellschaft oder der
Investmentgesellschaft befindet, diesen und den Anteilinhabern gegenüber für
Schäden, die durch eine schuldhafte Nicht‑ oder Schlechterfüllung ihrer
Pflichten verursacht worden sind.
12
Nach den Artikeln 10 Absatz 1 und 17 Absatz
1 der Richtlinie dürfen die Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft oder der
Investitionsgesellschaft einerseits und der Verwahrstelle andererseits nicht
von ein und derselben Gesellschaft wahrgenommen werden.
13
Die Richtlinie 85/611 wurde durch die
Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.
Januar 2002 zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften
und vereinfache Prospekte (ABl. L 41, S. 20) und durch die Richtlinie
2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002
hinsichtlich der Anlagen der OGAW (ABl. L 41, S. 35) geändert. Artikel 5
Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 85/611 in der geänderten Fassung
verweist auf Anhang II der Richtlinie, der ein nicht erschöpfendes
Verzeichnis der Aufgaben der Verwaltung von Investmentfonds und
Investmentgesellschaften enthält. Dieses Verzeichnis führt die folgenden
Aufgaben auf:
„– Anlageverwaltung
– Administrative Tätigkeiten:
a) gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen
der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen;
b) Kundenanfragen;
c) Bewertung und Preisfestsetzung
(einschließlich Steuererklärungen);
d) Überwachung der Einhaltung der
Rechtsvorschriften;
e) Führung des Anteilinhaberregisters;
f) Gewinnausschüttung;
g) Ausgabe und Rücknahme von Anteilen;
h) Kontraktabrechnungen (einschließlich
Versand der Zertifikate);
i) Führung von Aufzeichnungen.
– Vertrieb“.
14
Artikel 5g der Richtlinie 85/611 in der
geänderten Fassung, der gemäß Artikel 13b dieser Richtlinie auch für
Investmentgesellschaften gilt, die keine zugelassene Verwaltungsgesellschaft
benannt haben, sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit für
die Verwaltungsgesellschaften vor, „eine oder mehrere ihrer Aufgaben zum
Zwecke einer effizienteren Geschäftsführung an Dritte zu übertragen, die
diese Aufgaben für sie wahrnehmen“.
Nationales Recht
15
Nach den Items 9 und 10 der Group 5 des
Schedule 9 des Mehrwertsteuergesetzes von 1994 (Value Added Tax Act 1994)
gelten „authorised unit trusts“ (Item 9) und die OEIC (Item 10) im
Vereinigten Königreich als von Kapitalanlagegesellschaften verwaltete
Sondervermögen im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der
Sechsten Richtlinie.
16
Die Richtlinie 85/611 wurde im Vereinigten
Königreich durch das Gesetz über finanzielle Dienstleistungen und Märkte von
2000 (Financial Services and Markets Act 2000, im Folgenden: FSMA)
umgesetzt, das jedoch einen weiteren Regelungsbereich als die Richtlinie
hat.
17
Nach dem FSMA ist ein „authorised unit
trust“ ein gemeinsames Investitionsprogramm, bei dem das Eigentum für
Rechnung der Teilnehmer von einem Trust gehalten wird und für das eine
Zulassung vorliegt. Im Rahmen eines solchen Programms kaufen oder verkaufen
die Investoren Anteile an dem Treuhandvermögen. Sofern nicht der Verwalter
die Anteile vom Investor kauft oder sie ihm verkauft, werden jedes Mal, wenn
ein Investor Anteile kauft oder verkauft, neue Anteile geschaffen oder
ausgezahlt.
18
Nach den für das gemeinsame
Investitionsprogramm geltenden Bestimmungen im „Collective Investment
Schemes Sourcebook“ (im Folgenden: CIS Sourcebook) der Behörde für
Finanzdienstleistungen (Financial Services Authority) muss der Verwalter
eines „authorised unit trust“ diesen gemäß dem Treuhandvertrag, den Regeln
des CIS Sourcebook und dem neuesten Prospekt verwalten.
19
Nach dem Vorlagebeschluss ist ein OEIC eine
einem von einer Kapitalanlagegesellschaft verwalteten Sondervermögen
vergleichbare Form von gemeinsamem Investitionsprogramm, die jedoch nicht
dem Recht der Treuhandverhältnisse unterliegt, sondern die Struktur einer
Handelsgesellschaft aufweist. Neben dem FSMA unterliegen die OEIC
insbesondere der Verordnung über die offenen Investitionsgesellschaften von
2001 (Open-Ended Investment Companies Regulations 2001, im Folgenden:
OEIC‑Regulations). Ein OEIC verfügt über ein variables Gesellschaftskapital,
so dass neue Anteile geschaffen werden, wenn ein Investor in die
Gesellschaft investieren will, und ausgezahlt werden, wenn der Investor
seine Anlage verwerten will.
20
Nach den OEIC‑Regulations muss die
Tätigkeit der OEIC von mindestens einem zugelassenen Geschäftsleiter
(Authorised Corporate Director, im Folgenden: ACD) verwaltet werden. Bei
diesem muss es sich um eine zugelassene juristische Person handeln, die über
die Genehmigung für die Tätigkeit eines Geschäftsleiters verfügt.
21
Im FSMA und dem CIS Sourcebook wird die
Verwahrstelle eines „authorised unit trust“ als Treuhänder („trustee“)
bezeichnet, während in den OEIC‑Regulations die Verwahrstelle eines OEIC als
„Verwahrstelle“ (depositary) bezeichnet wird.
Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefragen
22
Abbey National Unit Trust Managers Limited
und Scottish Mutual Investment Managers Limited, beide Mitglieder der
Unternehmensgruppe TVA Abbey National, sind Verwalter von fünfzehn bzw. elf
„authorised unit trusts“.
23
Die Treuhänder der Letztgenannten sind
Clydesdale Bank plc (im Folgenden: Clydesdale), Citicorp Trustee Company
Limited (im Folgenden: Citicorp) oder HSBC Bank plc (im Folgenden: HSBC).
Das vorlegende Gericht führt aus, dass diese für ihre Aufgaben als
Treuhänder eine allgemeine Treuhandvergütung in Rechnung stellen. Clydesdale
und HSBC sind zwar auch als Depotbank (custodian) tätig, doch beziehen sich
die allgemeinen Treuhandvergütungen, die sie in Rechnung stellen, nicht auf
das allgemeine Depot, für das eine gesonderte Vergütung vorgesehen ist;
Citicorp dagegen ist zwar Treuhänder, betätigt sich jedoch nicht als
Depotbank.
24
Inscape Investments Limited wurde vom
Inscape Investment Fund und der Abbey National Asset Managers Limited als
ACD für drei andere OEIC benannt. Inscape Investments Limited und Inscape
Investment Fund sind ebenfalls Mitglieder der Unternehmensgruppe TVA Abbey
National.
25
Citicorp wurde als Verwahrstelle dieser
vier OEIC benannt und stellt eine allgemeine Vergütung für ihre Aufgaben in
Rechnung. Sie ist aber auch für diese OEIC nicht als Depotbank tätig.
26
Ende 2000 schloss die Inscape Investments
Limited mit der Bank of New York Europe Limited und dann mit der Bank of New
York (im Folgenden: Bank of New York) einen Vertrag über die Buchführung des
Inscape Investment Fund. Nach diesem Vertrag verpflichtete sich die Bank of
New York zur Erbringung einer Reihe von Dienstleistungen, die die Inscape
Investments Limited ausgelagert hatte, insbesondere zur Ermittlung des
Betrages der Einkünfte und des Preises der Anteile oder Aktien an dem Fonds,
der Bewertung des Vermögens, der Buchführung, der Vorbereitung der
Erklärungen über die Verteilung der Einkünfte, der Lieferung von Angaben und
Unterlagen für die regelmäßig zu veröffentlichenden Abschlüsse und die
Steuer‑, insbesondere Mehrwertsteuererklärungen und Statistiken sowie zur
Vorbereitung der Voraussagen über die Erträge.
27
Die Bank of New York verpflichtete sich
ferner, weitere Leistungen wie die Folgenden zu erbringen:
Datenverarbeitung, Abstimmung der Fonds, Berechnung und Buchung von Kosten
und Ausgaben, Verzeichnung der das Unternehmen betreffenden Ereignisse,
Bekanntgabe der täglichen Unterfondspreise an die Presse, Einreichung von
Steuer-, insbesondere Mehrwertsteuererklärungen, Anmeldungen bei der Bank
von England, Berechnung der Provisionen für den Vertrieb und der Rendite
sowie Beantwortung der Fragen von Inscape Investments Limited und/oder der
Verwahrstelle.
28
Abbey National erhob Klage mit der
Begründung, dass mehrere Treuhänder der „authorised unit trusts“, die ihre
Tochtergesellschaften verwalteten, Mehrwertsteuer verlangten, und Inscape
Investment Fund mit der Begründung, dass ihre Verwahrstelle von ihr die
Mehrwertsteuer verlange.
29
Ferner wendet sich Abbey National dagegen,
dass die Bank of New York der Inscape Investments Limited Mehrwertsteuer auf
die administrativen und buchhalterischen Leistungen in Rechnung stelle, die
sie als Fondsverwalterin erbracht habe.
30
Ferner macht Abbey National geltend, das
die von der Bank of New York erbrachten Dienstleistungen von der
Mehrwertsteuer befreit seien, weil sie „die Verwaltung von Sondervermögen
durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne von Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie darstellten. Die
administrativen Tätigkeiten eines Fonds seien offensichtlich Teil von dessen
Verwaltung, und die Untervergabe sämtlicher administrativer Gesichtspunkte
der Verwaltung oder eines großen Teils davon, die einen besonderen und
wesentlichen Teil der Verwaltung darstellten, könne nicht anders behandelt
werden als die Untervergabe bestimmter Entscheidungen über die Auswahl der
Investitionen.
31
Abbey National und Inscape Investment Fund
machen ferner geltend, dass die anderen Depotdienstleistungen, die von den
Treuhändern eines „authorised unit trust“ und den Verwahrstellen eines OEIC
erbracht würden, ebenfalls nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der
Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit seien. Denn zu den
Verwaltungsaufgaben gehörten auch die Aufgaben der Überwachung und der
Entscheidungsfindung, die die Verwahrstelle oder der Treuhänder versähen.
32
Aus der Vorlageentscheidung geht hervor,
dass nach Ansicht der Commissioners die besondere und wesentliche Aufgabe
der Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften die
Verwaltung von Anlagen ist, die die Auswahl und die Veräußerung der
Vermögensgegenstände einschließt, die Gegenstand dieser Verwaltung sind.
Dies schließe die von den Treuhändern und den Verwahrstellen erbrachten
Dienstleistungen vom Anwendungsbereich der Steuerbefreiung aus, da diese im
Allgemeinen nicht unmittelbar von den täglichen Entscheidungen über die
Verwaltung der Anlagen erfasst würden und da ihre Rolle in erster Linie im
Schutz des Verbrauchers und des Investors bestehe. Damit seien auch die
administrativen Leistungen des Fondsverwalters vom Anwendungsbereich der
Befreiung ausgeschlossen, da keine von ihnen die Auswahl und die Veräußerung
der Aktiven beinhalte, die Gegenstand der Verwaltung seien.
33
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist
der Umfang der in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten
Richtlinie vorgesehenen Befreiung nicht klar. Die verschiedenen
Mitgliedstaaten gingen bei der Behandlung von Umsätzen wie denjenigen, um
die es im Ausgangsverfahren gehe, unterschiedlich vor.
34
Daher hat das VAT and Duties Tribunal
London das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Bedeutet die in Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene
Befreiung der „Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche
definierten Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“, dass die
Mitgliedstaaten außer der Befugnis, die Sondervermögen zu definieren, die in
den Genuss der Befreiung kommen können, auch die Befugnis haben, die zur
„Verwaltung“ der Sondervermögen gehörenden Tätigkeiten zu definieren?
2. Sind für den Fall, dass die erste Frage
zu verneinen ist und der Begriff „Verwaltung“ in Artikel 13 Teil B Buchstabe
d Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie unter Berücksichtigung der
Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame
Anlagen in Wertpapieren (OGAW‑Richtlinie) in der geänderten Fassung eine
eigenständige gemeinschaftsrechtliche Bedeutung hat, Gebühren für
Dienstleistungen, die eine Verwahrstelle oder ein Treuhänder gemäß den
Artikeln 7 und 14 der OGAW‑Richtlinie, den nationalen Vorschriften und den
anwendbaren Vertragsbedingungen erbringt, befreite Lieferungen der
„Verwaltung von ... Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im
Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten
Mehrwertsteuerrichtlinie?
3. Ist für den Fall, dass die erste Frage
zu verneinen ist und der Begriff „Verwaltung“ eine eigenständige
gemeinschaftsrechtliche Bedeutung hat, die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Befreiung der
„Verwaltung von ... Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ auf
Dienstleistungen anwendbar, die ein außenstehender Verwalter in Form von
administrativen Tätigkeiten bei der Fondsverwaltung erbringt?
Zur ersten Frage
35
Mit seiner ersten Frage möchte das
vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff der „Verwaltung“ von
Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie einen autonomen Begriff
des Gemeinschaftsrechts darstellt, dessen Inhalt die Mitgliedstaaten nicht
ändern können.
Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen
36
Abbey National, die luxemburgische
Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sind der
Ansicht, die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten
Richtlinie vorgesehene Befreiung für die „Verwaltung von durch die
Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften“ sei dahin auszulegen, dass sie den
Mitgliedstaaten nicht die Befugnis verleihe, festzulegen, welche Tätigkeiten
vom Begriff „Verwaltung“ der Sondervermögen erfasst würden.
37
Die Regierung des Vereinigten Königreichs
macht dagegen geltend, dass diese Befreiung den Mitgliedstaaten die genannte
Befugnis verleihe und ihnen auch festzulegen gestatte, welche von
Kapitalanlagegesellschaften verwaltete Sondervermögen in den Genuss der
Befreiung kommen könnten.
Würdigung durch den Gerichtshof
38
Nach ständiger Rechtsprechung sind die in
Artikel 13 der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen autonome
gemeinschaftsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu
Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Steuersystems verhindern sollen
(vgl. Urteile vom 12. September 2000 in der Rechtssache C‑358/97,
Kommission/Irland, Slg. 2000, I‑6301, Randnr. 51, vom 3. März 2005 in der
Rechtssache C‑428/02, Fonden Marselisborg Lystbådehavn, Slg. 2005, I‑1527,
Randnr. 27, und vom 1. Dezember 2005 in den Rechtssachen C‑394/04 und
C‑395/04, Ygeia, Slg. 2005, I‑0000, Randnr. 15).
39
Zwar können die Mitgliedstaaten daher –
insbesondere bei der Festlegung der Bedingungen für ihre Anwendung – ihren
Inhalt nicht verändern; doch kann das nicht gelten, wenn der Rat sie mit der
Bestimmung einiger Begriffe einer Befreiungsvorschrift betraut hat (vgl.
Urteil vom 28. März 1996 in der Rechtssache C‑468/93, Gemeente Emmen, Slg.
1996, I‑1721, Randnr. 25).
40
Daher ist zu prüfen, ob Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie den Mitgliedstaaten die Aufgabe
überträgt, sowohl den Begriff „Sondervermögen“ als auch den Begriff
„Verwaltung“ dieser Vermögen zu bestimmen, oder ob diese Bestimmung nur den
ersten dieser beiden Begriffe betrifft.
41
Zwar sind die englische und die
niederländische Fassung dieser Bestimmung in Bezug auf deren Reichweite
nicht eindeutig, doch geht aus der dänischen, der deutschen, der
französischen und der italienischen Fassung hervor, dass Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie nur im Hinblick auf den Begriff
„Sondervermögen“ auf die Definition durch die Mitgliedstaaten verweist.
42
Der beschränkte Umfang dieser Verweisung
auf das nationale Recht, wie er insbesondere aus der dänischen, der
deutschen, der französischen und der italienischen Fassung hervorgeht, wird
bestätigt durch den Kontext, in den die fragliche Wendung gehört, durch die
Systematik der Sechsten Richtlinie und durch das Ziel, Abweichungen bei der
Anwendung des Mehrwertsteuersystems von einem Mitgliedstaat zum anderen zu
verhindern.
43
Daher ist auf die erste Frage zu antworten,
dass der Begriff der „Verwaltung“ von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Richtlinie einen autonomen Begriff des
Gemeinschaftsrechts darstellt, dessen Inhalt die Mitgliedstaaten nicht
verändern können.
Zur zweiten und dritten Frage
44
Mit seiner zweiten und seiner dritten
Frage, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen,
ob Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie dahin
auszulegen ist, dass unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften“
– von einer Verwahrstelle in Rechnung
gestellte Leistungen, die gemäß den Artikeln 7 und 14 der Richtlinie 85/611,
den nationalen Bestimmungen und den anwendbaren Regelungen für Fonds
erbracht worden sind, und
– administrative und buchhalterische
Leistungen der Fonds, die von einem dritten Verwalter erbracht werden,
fallen.
Vor dem Gerichtshof abgegebene Erklärungen
45
Abbey National und die luxemburgische
Regierung machen geltend, dass die Leistungen, die von einer Verwahrstelle
oder einem Treuhänder im Rahmen von Leistungen, die gemäß den Artikeln 7 und
14 der Richtlinie 85/611, den nationalen Bestimmungen und den auf die Fonds
anwendbaren Regelungen erbracht worden seien, in Rechnung gestellt würden,
steuerbefreite Leistungen im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer
6 der Sechsten Richtlinie seien.
46
Diese Bestimmung erfasse auch die
Dienstleistungen, die ein Dritter im Rahmen der administrativen Tätigkeiten
bei der Fondsverwaltung erbringe.
47
Die Regierung des Vereinigten Königreichs
führt aus, dass der Ausdruck „Verwaltung“ von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Richtlinie so zu verstehen sei, dass er sich auf die
Hauptaufgabe der Verwaltung der Anlagen beziehe, die der Verwalter einer
Kapitalanlagegesellschaft erbringe.
48
Diese Befreiung erstrecke sich nicht auf
die Leistungen, die eine Verwahrstelle oder ein Treuhänder im Rahmen der
Verwahrung der Vermögensgegenstände der Kapitalanlagegesellschaft oder der
Überwachung der Tätigkeiten des Verwalters erbringe, mit der gewährleistet
werden solle, dass diese Tätigkeiten gemäß den Bestimmungen des Rechts und
den Regeln für den Fonds ausgeführt würden.
49
Aus den gleichen Gründen gelte diese
Befreiung auch nicht für rein administrative Leistungen, die dem Verwalter
durch den die Buchhaltung der Fonds aufgrund einer Untervergabe ausführenden
Geschäftsleiter erbracht würden.
50
Nach Ansicht der Kommission umfasst die
Wendung „Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im
Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie
alle Leistungen, die in engem Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Fonds
stünden, d. h. mit der Festlegung der Investitionspolitik wie auch der
Politik für die An‑ und Verkäufe von Aktiven.
51
Die Dienstleistungen, die eine
Verwahrstelle gemäß den Artikeln 7 und 14 der Richtlinie 85/611, den
Bestimmungen des nationalen Rechts und den Regeln des Fonds erbringe,
stellten keine Verwaltung von Sondervermögen im Sinne von Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie dar.
52
Die von einem außenstehenden Verwalter
erbrachten Leistungen, die zur administrativen Tätigkeit der Fondsverwaltung
gehörten, stellten auch keine Verwaltung von Sondervermögen im Sinne dieser
Bestimmung dar.
Würdigung durch den Gerichtshof
53
Vorab ist festzustellen, dass Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie von
Kapitalanlagegesellschaften verwaltete Sondervermögen unabhängig von deren
Rechtsform betrifft. Unter diese Bestimmung fallen daher sowohl Organismen
für gemeinsame Anlagen in Vertrags‑ oder Trustform als auch diejenigen in
Satzungsform.
54
Denn weder der Kontext noch der Wortlaut
von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie zeugen
von einer Absicht des Gesetzgebers, die Anwendung dieser Bestimmung auf
Organismen für gemeinsame Anlagen in Vertrags‑ oder Trustform zu
beschränken.
55
Zum Zeitpunkt des Erlasses der Sechsten
Richtlinie war die Gemeinschaftsterminologie im entsprechenden Bereich noch
nicht harmonisiert, denn die Richtlinie 85/611, die in ihrem Artikel 1
Absatz 3 eine gemeinschaftliche Definition der OGAW gibt, wurde erst 1985
erlassen. Ferner verwenden zwar die französische und die italienische
Fassung von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 85/611 bei der Benennung der
Organismen für gemeinsame Anlagen den gleichen Begriff, wie er in Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie erscheint, doch gilt
dies nicht für die übrigen Sprachfassungen dieser Bestimmung, insbesondere
die englische, die deutsche, die dänische und die niederländische Fassung.
56
Was im Übrigen die Anwendung von Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie auf Umsätze angeht, die
zwischen den Organismen für gemeinsame Anlagen und den Investoren
(Teilnehmern) getätigt werden, liefe jede andere Auslegung dieser
Bestimmung, die die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in
Vertrags‑ oder Trustform, nicht aber in Satzungsform von der Mehrwertsteuer
befreien würde, dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zuwider, auf dem
insbesondere das mit der Sechsten Richtlinie aufgestellte gemeinsame
Mehrwertsteuersystem beruht und der es nicht zulässt, dass
Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung
der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. Urteile vom 16.
September 2004 in der Rechtssache C‑382/02, Cimber Air, Slg. 2004, I‑8379,
Randnrn. 23 und 24, sowie vom 8. Dezember 2005 in der Rechtssache C‑280/04,
Jyske Finans, Slg. 2005, I‑0000, Randnr. 39).
57
Sodann ist der Inhalt des Begriffes
„Verwaltung“ von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften zu prüfen.
58
Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der
Sechsten Richtlinie enthält keine Bestimmung dieses Begriffes.
59
Daher ist die erwähnte Vorschrift nach
ihrem Sachzusammenhang sowie nach den Zielsetzungen und der Systematik
dieser Richtlinie auszulegen, wobei insbesondere der Normzweck der
vorgesehenen Steuerbefreiung zu berücksichtigen ist (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 18. November 2004 in der Rechtssache C‑284/03, Temco Europe,
Slg. 2004, I‑11237, Randnr. 18, und Fonden Marselisborg Lystbådehavn,
Randnr. 28).
60
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die
Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der Sechsten
Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem
allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein
Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt
(vgl. insbesondere Urteile vom 12. Juni 2003 in der Rechtssache C‑275/01,
Sinclair Collins, Slg. 2003, I‑5965, Randnr. 23, und vom 20. November 2003
in der Rechtssache C‑8/01, Taksatorringen, Slg. 2003, I‑13711, Randnr. 36).
61
Aus Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie
85/611 ergibt sich, dass die Umsätze der OGAW darin bestehen, beim Publikum
beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapieren anzulegen. Mit den
von den Zeichnenden beim Kauf von Anteilen eingezahlten Geldern bilden und
verwalten die OGAW für deren Rechnung und gegen Entgelt Portefeuilles, die
sich aus Wertpapieren zusammensetzen (Urteil vom 21. Oktober 2004 in der
Rechtssache C‑8/03, BBL, Slg. 2004, I‑10157, Randnr. 42).
62
Wie die Generalanwältin in Nummer 68 ihrer
Schlussanträge ausgeführt hat, ist es u. a. Ziel der Befreiung der Umsätze
im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Richtlinie, Kleinanlegern die Geldanlage in
Investmentfonds zu erleichtern. Diese Bestimmung soll die steuerliche
Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Bezug auf die Wahl
zwischen unmittelbarer Geldanlage in Wertpapieren und derjenigen
gewährleisten, die durch Einschaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen
erfolgt.
63
Daher handelt es sich bei den Umsätzen, für
die diese Befreiung gilt, um diejenigen, die für die Tätigkeit der
Organismen für gemeinsame Anlagen spezifisch sind.
64
Somit fallen unter Artikel 13 Teil B
Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie neben den Aufgaben der
Portefeuilleverwaltung die administrativen Aufgaben der Organismen für
gemeinsame Anlagen selbst, wie sie in Anhang II der geänderten Fassung der
Richtlinie 85/611 unter der Überschrift „Administrative Tätigkeiten“
aufgeführt sind, bei denen es sich um spezifische Aufgaben der Organismen
für gemeinsame Anlagen handelt.
65
Dagegen betrifft diese Bestimmung nicht die
Aufgaben der Verwahrstellen von Organismen für gemeinsame Anlagen im Sinne
der Artikel 7 Absätze 1 und 3 und 14 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 85/611.
Diese Aufgaben gehören nämlich nicht zur Verwaltung dieser Organismen,
sondern zur Kontrolle und Überwachung von deren Tätigkeit, da das
angestrebte Ziel darin besteht, zu gewährleisten, dass die Verwaltung der
Organismen für gemeinsame Anlagen nach dem Gesetz erfolgt.
66
Was die Leistungen der administrativen und
buchhalterischen Verwaltung der Fonds durch einen außenstehenden Verwalter
betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verwaltung der
Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie wie bei den in den
Nummern 3 und 5 befreiten Umsätzen (vgl. Urteil vom 5. Juni 1997 in der
Rechtssache C‑2/95, SDC, Slg. 1997, I‑3017, Randnr. 32) durch die Art der
erbrachten Dienstleistungen und nicht durch den Erbringer oder Empfänger der
Leistung definiert wird.
67
Sodann schließt Artikel 13 Teil B Buchstabe
d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie seinem Wortlaut nach nicht grundsätzlich
aus, dass die Verwaltung von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften sich in verschiedene Dienstleistungen aufteilen
lässt, die dann unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen durch
Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser Bestimmung fallen und in den
Genuss der dort vorgesehenen Befreiung gelangen können, auch wenn sie von
einem außenstehenden Verwalter erbracht werden (vgl. in diesem Sinne in
Bezug auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Sechsten Richtlinie
Urteil SDC, Randnr. 64, und in Bezug auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 5 dieser Richtlinie Urteil vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache
C‑235/00, CSC Financial Services, Slg. 2001, I‑10237, Randnr. 23).
68
Daher ergibt sich aus dem Grundsatz der
steuerlichen Neutralität, dass die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein
müssen, das Organisationsmodell zu wählen, das ihnen, rein wirtschaftlich
betrachtet, am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von
der in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie
vorgesehenen Befreiung ausgeschlossen werden.
69
Somit fallen die Dienstleistungen der
Verwaltung, die von einem außenstehenden Verwalter erbracht werden,
grundsätzlich unter Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten
Richtlinie.
70
Allerdings können die Dienstleistungen der
administrativen und buchhalterischen Verwaltung der Fonds, die durch einen
außenstehenden Verwalter erbracht werden, nur dann als im Sinne von Artikel
13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie von der Steuer
befreite Umsätze qualifiziert werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen
eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen
einer in Nummer 6 beschriebenen Leistung erfüllt (vgl. in diesem Sinne in
Bezug auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 5 der Sechsten Richtlinie
Urteile SDC, Randnr. 66, und CSC Financial Services, Randnr. 25).
71
Die erbrachten Dienstleistungen müssen
daher die spezifischen und wesentlichen Elemente der Verwaltung von
Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften betreffen. Die rein
materiellen oder technischen Dienstleistungen wie z.B. die
Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems werden von Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie nicht erfasst (vgl. in
diesem Sinne in Bezug auf Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 3 Urteil SDC,
Randnr. 66).
72
Daher ist Artikel 13 Teil B Buchstabe d
Nummer 6 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen, dass die Dienstleistungen
der administrativen und buchhalterischen Verwaltung der Vermögen durch einen
außenstehenden Verwalter unter den Begriff „Verwaltung von Sondervermögen
durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser Bestimmung fallen, wenn
sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die
Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften spezifisch
und wesentlich sind.
73
Es obliegt dem vorlegenden Gericht,
festzustellen, ob die Dienstleistungen, um die es im Ausgangsverfahren geht,
diesen Kriterien entsprechen.
74
Nach allem ist auf die zweite und die
dritte Frage zu antworten, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der
Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass unter den Begriff „Verwaltung
von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften“ im Sinne dieser
Bestimmung die Dienstleistungen der administrativen und buchhalterischen
Verwaltung der Sondervermögen durch einen außenstehenden Verwalter fallen,
wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die
Verwaltung dieser Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind. Dagegen
fallen unter diesen Begriff nicht die Leistungen, die den Aufgaben einer
Verwahrstelle im Sinne der Artikel 7 Absätze 1 und 3 und 14 Absätze 1 und 3
der Richtlinie 85/611 entsprechen.
Kosten
75
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist
das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht
anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses
Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen
vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
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