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BFH-Urteil vom 17.3.2010 (IV R 25/08) BStBl. 2010 II S. 622
Gewerblicher Grundstückshandel: Zwischenschaltung einer nicht funktionslosen
GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich
Im
Hinblick auf einen gewerblichen Grundstückshandel ist die Zwischenschaltung
einer GmbH grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn die GmbH nicht
funktionslos ist, d.h. wenn sie eine wesentliche - wertschöpfende - eigene
Tätigkeit (z.B. Bebauung des erworbenen Grundstücks) ausübt.
EStG § 15 Abs. 2.
Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom
22. Mai 2008 1 K 50202/03 (EFG 2008, 1726)
Sachverhalt
I.
1
Die Beteiligten streiten
über das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels.
2
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR. Sie wurde am 15. Oktober 1992 mit
Sitz in X gegründet. Ihre Gesellschafter sind A, B und C. Zweck der Klägerin
ist die Errichtung und Verwaltung des Objekts in Y (neue Bundesländer).
3
Mit notariell beurkundetem
Vertrag vom 9. November 1992 erwarb die Klägerin von einer Gesellschaft,
deren Anteile die Treuhandanstalt (THA) hielt, einen mit einem
Verwaltungsgebäude sowie diversen Nebengebäuden bebauten Grundbesitz (7.259
m²), belegen in Y. Dieser bestand aus zwei Flurnummern. Die Klägerin
übernahm die Verpflichtung, eine bestimmte Summe in das Grundstück zu
investieren und eine bestimmte Anzahl von Arbeitsplätzen auf dem Grundstück
zu schaffen.
4
Das Verwaltungsgebäude wurde
anschließend saniert und ab Juli 1993 an das Land ... zum Betrieb eines
Grundbuchamtes vermietet.
5
Die Nebengebäude wurden
abgerissen. Auf dem frei gewordenen Grundstücksteil plante die Klägerin
zunächst die Errichtung eines Gebäudes, das an Dritte vermietet werden
sollte. Geplant waren im Erdgeschoss ein Einzelhandelsgeschäft und in den
Obergeschossen Büroräume. Die entsprechende Baugenehmigung erhielt die
Klägerin am 3. Februar 1994. Die Klägerin bemühte sich vorab erfolglos um
die Vermietung der Büros. Daher entschloss sie sich zu einer Umplanung.
Anstelle der in den Obergeschossen vorgesehenen Büros sollten nunmehr 45
Wohnungen errichtet und veräußert werden. Die entsprechend geänderte
Baugenehmigung wurde der Klägerin am 13. Dezember 1994 erteilt.
6
Mit Vertrag vom 14. Oktober
1994 gründeten die Gesellschafter der Klägerin die ... mbH mit Sitz in X
(nachfolgend GmbH). Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Zu jeweils
einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern wurden die Gesellschafter C
und A bestellt. Die GmbH sollte die entsprechenden Baumaßnahmen durchführen
bzw. in Auftrag geben und die Wohnungen vermarkten.
7
Am 7. Dezember 1994 schloss
die Klägerin mit der GmbH bezüglich der im Erdgeschoss zu errichtenden
Räumlichkeiten einen Bauvertrag, in welchem ein Pauschalpreis vereinbart
wurde. Es sollte sich insoweit um einen absoluten Festpreis handeln (§ 3 des
Vertrages).
8
Mit Vertrag vom 9. Januar
1995 veräußerte die Klägerin an die GmbH einen Miteigentumsanteil an einer
Flurnummer. Nach § 2 dieses Vertrages übernahm die Käuferin (GmbH) die
Verpflichtung, "auf dem Kaufgrundstück gemeinsam mit der Verkäuferin ein
Gebäude zu errichten, wobei die Verkäuferin im Erdgeschoss Gewerberäume
errichtet, während die Käuferin im Obergeschoss Wohnungen errichtet und hier
insgesamt ... investiert. ..."
9
Mit notarieller Urkunde vom
27. März 1995 gaben die Klägerin und die GmbH die Teilungserklärung nach dem
Wohnungseigentumsgesetz hinsichtlich der zu bebauenden Teilfläche des
Gesamtgrundstücks ab. Das Teilgrundstück wurde in 45 Eigentumswohnungen
(Einheiten Nr. 1 bis 45) sowie in ein Teileigentum (Einheit Nr. 46) geteilt.
Das Teileigentum der Einheit Nr. 46 bestand aus einem Sondereigentum an der
Gewerbefläche im Erdgeschoss und einem Sondereigentum an 40
PKW-Stellplätzen. Nach der Teilungserklärung sollten die Einheiten Nr. 1 bis
45 der GmbH und die Einheit Nr. 46 der Klägerin zustehen.
10
Nach der Fertigstellung des
Gesamtobjekts veräußerte die GmbH die 45 Eigentumswohnungen im Zeitraum von
Juni bis Dezember 1996 an diverse Erwerber.
11
Mit Vertrag vom 16. November
1996 veräußerte die Klägerin das Teileigentum der Einheit Nr. 46 an die D
GbR.
12
Im September 1997
veräußerten die Gesellschafter der Klägerin ihre Geschäftsanteile an der
GmbH. Die GmbH geriet im Februar 1998 aus zwischen den Beteiligten
umstrittenen Gründen in Insolvenz.
13
Die Klägerin gab in ihren
Feststellungserklärungen der Streitjahre (1995 bis 2000) die folgenden
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an:
14
Das ursprünglich zuständige
Finanzamt (FA I) erließ entsprechende Feststellungsbescheide unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung.
15
Im Anschluss an eine
Außenprüfung war das FA I der Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der
vorgenannten Aktivitäten einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben
habe. Es erfasste den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils an
die GmbH als laufenden Gewinn in 1995. Ferner war es der Auffassung, der
gewerbliche Grundstückshandel habe mit dem Verkauf des Teileigentums Nr. 46
an die D GbR geendet. Es ist daher davon ausgegangen, das Grundstück, auf
dem sich das an das Grundbuchamt vermietete Gebäude befand, sei im Jahr 1996
entnommen worden. Den sich hieraus ergebenden Gewinn sah das FA I als gemäß
den §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tariflich begünstigt an.
Für die Jahre 1997 bis 2000 sei von Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung auszugehen. Wie in allen Streitjahren sei jedoch der Betrag der
festgestellten Einkünfte aufgrund von Kürzungen bei den Absetzungen für
Abnutzung (AfA) zu erhöhen.
16
Am 22. April 2002 erließ das
FA I gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderte
Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre. Die Bescheide wurden in der
Folgezeit teilweise geändert. Zuletzt wurden folgende Einkünfte
festgestellt:
17
18
Die Einsprüche hiergegen
wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA II) zurück.
19
Im Klageverfahren hat die
Klägerin vorgetragen, dass für die GmbH zunächst ein erheblicher Gewinn
prognostiziert worden sei. Die Kosten für die Bebauung hätten sich wegen der
Insolvenz von insgesamt vier am Bau beteiligten Unternehmen erheblich
erhöht. Zudem habe sich die Vermarktung verzögert; am 31. Dezember 1996 habe
aber der Förderzeitraum für Sonderabschreibungen nach dem
Fördergebietsgesetz (FöGbG) geendet. Die Erwerber hätten danach keine
Sonderabschreibungen mehr geltend machen können. Daher habe man vor diesem
Zeitpunkt die Wohnungen mit Preisnachlässen verkaufen müssen.
20
Die Klage blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) begründete sein in Entscheidungen der Finanzgerichte
2008, 1726 veröffentlichtes Urteil vor allem damit, dass die Einschaltung
der GmbH ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) sei. Ferner sei die Aktivität
der Klägerin auch deswegen gewerblich, weil die Klägerin schon vor Abschluss
des Gesellschaftsvertrages der GmbH am 14. Oktober 1994 eine Vielzahl von
Planungs- und Umplanungsaktivitäten vorgenommen habe und im Außenverhältnis
tätig geworden sei.
21
Die Klägerin rügt mit ihrer
Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das
FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2003 und die
angegriffenen Bescheide aufzuheben.
22
Das FA II beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
23
Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich
der Streitjahre 1997 bis 2000 unzulässig; sie ist insoweit zu verwerfen
(vgl. § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). In Bezug auf die
Streitjahre 1995 und 1996 ist die Revision der Klägerin begründet; das
FG-Urteil ist insoweit aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (vgl. § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr.
2 FGO).
24
1. Für die Jahre 1997 bis 2000 hat die
Klägerin ihre Revision nicht ordnungsgemäß begründet.
25
a) Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO ist die
Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen
Urteils zu begründen; die Frist kann auf Antrag vom Vorsitzenden verlängert
werden (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die Begründung muss u.a. nach § 120 Abs. 3
Nr. 2 FGO die Angabe der Revisionsgründe enthalten, und zwar a) die
bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung
ergibt; b) soweit die Revision darauf gestützt wird, dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel
ergeben.
26
Hat das FG - wie im Streitfall - über die
Rechtmäßigkeit mehrerer Steuerbescheide, also über mehrere selbständige
Streitgegenstände, entschieden, so muss der Revisionskläger für jeden
Streitgegenstand die verletzte Rechtsnorm bezeichnen und eine gesonderte
Begründung angeben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. Oktober 1991
I R 88/89, BFHE 166, 297, BStBl II 1992, 257, unter II.A. der Gründe;
BFH-Beschluss vom 12. Januar 1998 V R 39/97, BFH/NV 1998, 979).
27
Ist die Revision nicht begründet worden, so
ist sie unzulässig (§ 124 Abs. 1 FGO).
28
b) Die Klägerin hat im Revisionsverfahren
lediglich Einwände gegen die Feststellung gewerblicher Einkünfte, gegen die
Annahme einer Entnahme im Jahr 1996 sowie gegen die Höhe des Entnahmegewinns
vorgetragen. Demnach macht die Klägerin eine Rechtsverletzung durch das
FG-Urteil hinsichtlich der Jahre 1997 bis 2000 nicht geltend. Denn das FA I
hat in diesen Jahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt.
Darüber hinaus hat die Klägerin nach Aktenlage weder im Einspruchsverfahren
noch im Klageverfahren eine Rechtsverletzung hinsichtlich der Jahre 1997 bis
2000 behauptet.
29
c) Im Übrigen ist die Revision jedoch
hinreichend begründet.
30
2. Das FG hat zutreffend davon abgesehen,
die Gesellschafter der Klägerin zum Verfahren nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO
notwendig beizuladen.
31
Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte
zum Verfahren beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart
beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich
ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht
klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO). Hinsichtlich der geltend
gemachten Einwände sind die Gesellschafter der Klägerin weder nach § 48 Abs.
1 Nr. 4 noch nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO klagebefugt (vgl. BFH-Urteil vom 17.
Oktober 1985 IV R 34/84, BFH/NV 1987, 374).
32
3. Die Revision der Klägerin ist
hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 begründet. Die Klägerin war nicht
gewerblich tätig.
33
a) Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb
eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit
Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die
Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der
Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (BFH-Urteil vom
19. Februar 2009 IV R 8, 9/07, BFH/NV 2009, 923, unter II.B. der Gründe,
m.w.N.).
34
b) Die Klägerin hat mit ihrer Tätigkeit den
Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht verlassen.
35
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH
wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb
überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter
Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller
Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im
Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch
Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Die
typischen gewerblichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Veräußerung von
Grundstücken unterscheiden sich von der privaten Vermögensverwaltung durch
die beim Erwerb oder zum Zeitpunkt der Bebauung bestehende
Veräußerungsabsicht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.
Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.1.,
2. und 4. der Gründe).
36
Die vom BFH für die Beurteilung der
Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen aufgestellte Drei-Objekt-Grenze ist
ein gewichtiges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende
Veräußerungsabsicht (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 57/01, BFHE
201, 169, BStBl II 2003, 291, unter 2.a der Gründe). Sie besagt, dass kein
gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte
veräußert werden. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - in
der Regel fünf Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf
mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen
Grundstückshandel ausgegangen werden. Dies gilt auch bei der Bebauung von
Grundstücken (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II
2002, 291, unter C.III.2., 3. und 5. der Gründe).
37
Hierauf kommt es aber dann nicht an, wenn
sich bereits aus anderen - ganz besonderen - Umständen zweifelsfrei eine von
Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt. So kann
beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden, wenn das
im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung (ggf. auch durch
Schenkung) erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden
ist oder wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach
Wünschen des Erwerbers bebaut wird. In derartigen Gestaltungen kann die
Wertung gerechtfertigt sein, dass es sich unabhängig von der Anzahl der
Verkäufe um eine gewerbliche Tätigkeit handelt (Beschluss des Großen Senats
des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5. der Gründe).
38
Allerdings kann auch ein Grundstück, bei
dessen Erwerb die Verkaufsabsicht noch nicht feststeht und das auch nicht
vom Veräußerer bebaut worden ist, Gegenstand eines gewerblichen
Grundstückshandels sein, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass
der Steuerpflichtige mit unbedingter Veräußerungsabsicht ein Wirtschaftsgut
anderer Marktgängigkeit geschaffen hat (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 IV
R 85/06, BFHE 224, 84, BStBl II 2009, 795, unter II.2.b bb der Gründe,
m.w.N.).
39
bb) Vorliegend hat das FG angenommen, die
Klägerin sei gewerblich tätig geworden, weil sie bereits vor Abschluss des
GmbH-Gesellschaftsvertrages am 14. Oktober 1994 eine Vielzahl von Planungs-
und Umplanungsaktivitäten entfaltet habe und hierzu auch im Außenverhältnis
tätig geworden sei.
40
Dies reicht jedoch nicht für die Annahme
aus, die Klägerin sei nicht mehr vermögensverwaltend tätig geworden.
Erforderlich wäre vielmehr eine unbedingte Veräußerungsabsicht gewesen.
Dabei kommt es hinsichtlich der Wohnungen auf den Zeitpunkt des
Grundstückserwerbs an, weil die Klägerin der GmbH den Miteigentumsanteil an
einem unbebauten Grundstück verkauft hat und die GmbH die Wohnungen
errichtete. In Bezug auf das Teileigentum an den von der Klägerin
errichteten Gewerbeflächen ist der Zeitpunkt der Bebauung maßgeblich.
41
Im Streitfall hat die Klägerin das
Grundstück allerdings zunächst in der Absicht erworben, es zu bebauen und zu
vermieten. Den unbedingten Entschluss zur Veräußerung der Wohnungen fasste
die Klägerin erst zu einem späteren, vom FG nicht näher bezeichneten
Zeitpunkt. Nach Aktenlage ist dies spätestens der 8. Oktober 1994. Denn mit
Schreiben von diesem Tag an die THA äußerte die Klägerin ihre Absicht, die
Wohnungen zu verkaufen. In Bezug auf die Gewerbeflächen gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bis zur Bebauung ihre
Vermietungsabsicht aufgegeben hat.
42
Demnach kommt es nicht darauf an, ob die
Veräußerung des Miteigentums an die GmbH nach der Rechtsprechung des BFH
(Urteil vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89, BFHE 179, 353, BStBl II 1996,
232, unter III.2.a der Gründe) - abweichend vom Zivilrecht - ausnahmsweise
als Veräußerung von 45 Wohnungen anzusehen wäre. Denn selbst bei
Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze steht aufgrund der Feststellungen des
FG fest, dass die Klägerin den Grundbesitz nicht in unbedingter
Veräußerungsabsicht erworben hat, sondern ihn vermieten wollte. Deswegen
kommt es auch nicht darauf an, dass nach dem Urteil vom 24. Juni 2009 X R
36/06 (BFHE 225, 407, BStBl II 2010, 171) die entgeltliche Übertragung eines
Objekts auf eine vom Steuerpflichtigen beherrschte GmbH vor Fertigstellung
des Objekts ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer unbedingten
Veräußerungsabsicht sein kann.
43
Die Klägerin hat vor der Veräußerung des
Miteigentums auch kein Wirtschaftsgut mit anderer Marktgängigkeit
geschaffen; sie hat lediglich die auf dem zu bebauenden Grundstücksteil
befindlichen Nebengebäude abgerissen und eine neue Baugenehmigung beantragt.
44
c) Ferner kann der Klägerin die
Verkaufstätigkeit der GmbH nicht nach den Grundsätzen des Urteil des XI.
Senats des BFH in BFHE 179, 353, BStBl II 1996, 232, unter III.2.e der
Gründe zugerechnet werden. Der XI. Senat hat danach zum Merkmal der
Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr i.S. des § 15 Abs. 2 EStG
ausgeführt, dieses sei nicht immer nach denselben Kriterien zu beurteilen;
es komme vielmehr maßgeblich auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an.
Ohne dass ein Dritter im Auftrag und für Rechnung oder in Vertretung des
Steuerpflichtigen handele, könne eine Teilhabe des Steuerpflichtigen am
Marktgeschehen auch dann gegeben sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein
Geschäft mit einem Dritten tätige, dieser aber in Wirklichkeit und nach
außen erkennbar in der Absicht vorgeschaltet sei, sich an den allgemeinen
Markt zu wenden. Voraussetzung für eine solche Annahme sei, dass es sich bei
dem Steuerpflichtigen und dem Dritten um nahestehende Personen handele und
dass der Steuerpflichtige rechtlich und tatsächlich in der Lage sei, über
die Entscheidungen des Dritten zu bestimmen. Darüber hinaus müsse ein enger
sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Geschäft des
Steuerpflichtigen mit dem Dritten und den weiteren Geschäften des Dritten
gegeben sein.
45
Diese Entscheidung ist - wie die Begründung
zeigt - von den Besonderheiten des Merkmals der Teilhabe am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr i.S. des § 15 Abs. 2 EStG geprägt. Sie kann nicht
auf das Überschreiten der privaten Vermögensverwaltung übertragen werden.
46
d) Entgegen der Auffassung des FG können
die Verkaufsaktivitäten der GmbH der Klägerin nicht nach § 42 AO in seiner
ursprünglichen Fassung (u.F.) zugerechnet werden.
47
aa) Ein Missbrauch rechtlicher
Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 Satz 1 AO u.F. liegt vor, wenn eine
rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten
wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und
durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außersteuerrechtliche Gründe
nicht zu rechtfertigen ist. Eine rechtliche Gestaltung ist dann
unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte
Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht
gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den
Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Die Annahme
eines Gestaltungsmissbrauchs erfordert überdies eine zweckgerichtete
Handlung zur Umgehung eines Steuergesetzes (BFH-Urteil vom 18. März 2004 III
R 25/02, BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787, unter II.2.d der Gründe,
m.w.N.). Allerdings ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht
verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine
möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (Beschluss des Großen Senats
des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272,
unter C.III. der Gründe).
48
bb) Nach der Rechtsprechung kann die
Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zur Vermeidung eines
gewerblichen Grundstückshandels missbräuchlich sein, wenn die erwerbende
Gesellschaft im Wesentlichen zum Zwecke des Kaufs und des Weiterverkaufs
gegründet worden ist, oder wenn sie in Bezug auf die in Rede stehenden
Veräußerungsgeschäfte funktionslos ist und besondere Umstände hinzutreten,
dass z.B. die Mittel für den Kaufpreis ganz oder zu einem erheblichen Teil
von dem Steuerpflichtigen stammen oder erst aus den Erlösen des
Weiterverkaufs zu erbringen sind (BFH-Urteil in BFHE 205, 470, BStBl II
2004, 787, unter II.2.d der Gründe, m.w.N.). Dies ist auch möglich, wenn
eine vom Steuerpflichtigen beherrschte Zwischengesellschaft in der Weise
eingeschaltet wird, dass der Verwertungsgewinn in fremdunüblicher Weise in
einem einzigen - nicht nachhaltigen - Verkaufsakt an diese Gesellschaft
abgeschöpft wird, während die zwischengeschaltete Gesellschaft bei der
nachhaltigen Vermarktung der Grundstücke keinen oder nur einen geringen
Gewinn erzielt (BFH-Urteil vom 15. März 2005 X R 39/03, BFHE 209, 320, BStBl
II 2005, 817, unter B.II.2.b der Gründe, m.w.N. und weiteren Beispielen für
die Zwischenschaltung naher Angehöriger).
49
Diesen Fällen ist typischerweise gemein,
dass die zwischengeschaltete GmbH selbst "funktionslos" ist, sie also im
Wesentlichen lediglich an- und verkauft.
50
cc) Entfaltet die GmbH aber darüber hinaus
eine wesentliche - wertschöpfende - eigene Tätigkeit (z.B. Bebauung des
erworbenen Grundstücks), ist sie nicht funktionslos. In diesen Fällen ist
die Zwischenschaltung der GmbH in der Regel nicht ungewöhnlich, weil dem
Steuerpflichtigen die Wahl der Rechtsform, in der er eine Tätigkeit
entfalten will, freigestellt ist (BFH-Urteil in BFHE 205, 470, BStBl II
2004, 787, unter II.3. der Gründe). Darüber hinaus besteht in diesen Fällen
auch grundsätzlich ein wirtschaftliches Interesse an der Auslagerung auf die
GmbH: Da diese eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, besteht auch
ein Bedürfnis für eine Haftungsbeschränkung. Schließlich kann in diesen
Fällen daraus, dass die zwischengeschaltete GmbH tatsächlich keinen Gewinn
erzielt hat, nicht ohne Weiteres auf einen Missbrauch geschlossen werden.
Denn im wirtschaftlichen Misserfolg kann sich auch das unternehmerische
Risiko der von der GmbH selbst ausgeübten Tätigkeit realisiert haben; in
diesem Fall die persönliche Haftung der Gesellschafter zu verhindern, ist
gerade Zweck der GmbH.
51
dd) Nach diesen Maßstäben liegen die
Voraussetzungen des § 42 AO im Streitfall nicht vor. Das FG hat nicht
hinreichend berücksichtigt, dass die GmbH im Streitfall nicht funktionslos
war, weil sie die Wohnungen nicht nur veräußert, sondern selbst errichtet
hat. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben.
52
(1) Dass der GmbH kein Gewinn verblieben
ist und sie in Insolvenz geriet, während für die Klägerin die Bebauung
wirtschaftlich erfolgreich verlief, ist hier kein Indiz dafür, dass von
Anfang an beabsichtigt war, der wirtschaftliche Erfolg solle nur bei der
Klägerin eintreten. Denn darin kann sich auch lediglich das wirtschaftliche
Risiko der GmbH realisiert haben. So hat die Klägerin vorgetragen, dass für
die GmbH zunächst ein erheblicher Gewinn prognostiziert worden sei. Die
Kosten für die Bebauung hätten sich wegen der Insolvenz von insgesamt vier
am Bau beteiligten Unternehmen erheblich erhöht. Zudem habe sich die
Vermarktung verzögert; am 31. Dezember 1996 habe aber der Förderzeitraum für
Sonderabschreibungen nach dem FöGbG geendet. Die Erwerber hätten danach
keine Sonderabschreibungen mehr geltend machen können. Daher habe man vor
diesem Zeitpunkt die Wohnungen mit Preisnachlässen verkaufen müssen. Das FG
hat - entgegen der Auffassung des FA II - auch keine Feststellungen
getroffen, die den Schluss zulassen, dass von Vornherein mit der Insolvenz
der GmbH zu rechnen war.
53
Auch wenn die Umstände der Veräußerung der
GmbH-Geschäftsanteile und die Sitzverlegung der GmbH - nach Veräußerung
sämtlicher Wohnungen - auffällig erscheinen, lässt sich hieraus nicht
ableiten, die GmbH sei von Anfang an auf ein Scheitern angelegt gewesen.
54
Die Klägerin hatte zwar aufgrund ihrer
Investitionsverpflichtung ein eigenes Interesse am Bau der Wohnungen. Dem
hat die Klägerin im Vertrag über den Verkauf des Miteigentumsanteils durch
die Verpflichtung der GmbH zur Errichtung der Wohnungen Rechnung getragen.
Dies reicht aber für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs nicht aus.
55
(2) Darüber hinaus rechtfertigen auch
wirtschaftliche Gründe - entgegen der Auffassung des FG -, dass die GmbH den
Miteigentumsanteil erwarb, die Wohnungen errichtete und dann veräußerte. Die
Klägerin führt hierzu an, diese Tätigkeiten habe eine GmbH ausführen sollen,
weil der Bau und der Verkauf mit erheblichen Risiken verbunden gewesen
seien. Wie bereits dargelegt, ist die Haftungsbeschränkung bei einer GmbH,
die eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, grundsätzlich ein
beachtlicher wirtschaftlicher, außersteuerlicher Grund für die Gestaltung.
Das FG hat zwar ausgeführt, die GmbH habe der Klägerin keine "Preis- und
oder sonstigen Marktrisiken" abnehmen können, weil sie nicht über
ausreichend Eigenkapital verfügt habe. Außerdem habe eine Haftung der
Klägerin in ihrer Eigenschaft als Bauherrin, welche über das Preis- und
Marktrisiko hinausging, nicht ernsthaft im Raum gestanden. Allerdings weist
die Klägerin zu Recht darauf hin, dass vorliegend das wirtschaftliche
Scheitern der GmbH und deren Insolvenz die von der GmbH getragenen Risiken
verdeutlichen.
56
(3) Das Urteil des X. Senats des BFH vom
17. Juni 1998 X R 68/95 (BFHE 186, 288, BStBl II 1998, 667, unter II.3.b und
II.3.c der Gründe) steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Danach indizieren
insbesondere eine den tatsächlichen Verkehrswerten nicht entsprechende
Gestaltung des Kaufpreises und die zeitnahe Weiterveräußerung durch den
Dritten einen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Gesellschaft
abgesprochenen Gesamtplan, der die in eigener Person und die "mittelbar"
durch den anderen Rechtsträger verwirklichten Tatbestandsmerkmale zu dem vom
Steuerpflichtigen selbst zurechenbar verwirklichten Steuertatbestand
verklammere. Der Senat lässt offen, ob er sich diesen Ausführungen des X.
Senats anschließen könnte. Jedenfalls beziehen sie sich erkennbar auf eine
funktionslose GmbH. Eine solche liegt hier aber nicht vor.
57
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Der
Senat kann nicht abschließend über die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung in den Streitjahren 1995 und 1996 entscheiden. Das FA I hat nach
Abschluss der Außenprüfung die AfA zu Lasten der Klägerin verändert. Das FG
wird festzustellen haben, ob dies zu Recht geschah.
58
5. Die Übertragung der Kostenentscheidung
ergibt sich aus § 143 Abs. 2 FGO. Auch bei nur teilweiser Zurückverweisung
der Sache muss dem FG die Entscheidung über die gesamten Kosten des
Verfahrens übertragen werden (Grundsatz der Einheitlichkeit der
Kostenentscheidung).
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