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BFH-Beschluss vom 20.4.2010 (VI R 44/09) BStBl. 2010 II S. 691
Anforderungen an die Revisionsbegründung
In
der Revisionsbegründung müssen die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art
angegeben werden, die das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen
lassen sollen. Der Revisionskläger hat sich mit den tragenden Gründen des
finanzgerichtlichen Urteils auseinanderzusetzen und darzulegen, weshalb er
diese für unrichtig hält. Hierzu reicht der bloße Hinweis, das angefochtene
Urteil stehe zu einer (genau bezeichneten) Entscheidung des BFH in
Widerspruch, nicht aus.
FGO § 126 Abs. 1, § 120 Abs. 3 Nr. 2
Buchst. a.
Vorinstanz: FG des Saarlandes vom 9. Juli
2009 1 K 1312/04 (EFG 2010, 29)
Sachverhalt
I.
1
Die Kläger und
Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die beim Beklagten und
Revisionskläger (Finanzamt - FA -) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt
wurden. Der Kläger war als Angestellter bei der Stadt X, die Klägerin als
Erzieherin beim ... (Y) beschäftigt. Im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses
nahm die Klägerin drei minderjährige Geschwisterkinder zur Pflege in den
Familienhaushalt auf (sog. "Pflegenest"). Die Arbeitnehmertätigkeit der
Klägerin für das Y bestand ausschließlich in der Betreuung und Unterhaltung
des "Pflegenestes". Anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde
festgestellt, dass die Klägerin neben ihrem Arbeitslohn vom Y steuerfrei
gezahlte monatliche Kostenpauschalen von 1.350 DM je Kind erhielt.
Unterlagen über die Zusammensetzung dieses Betrages wurden dem Prüfer weder
vom Y noch im weiteren Verfahren von den Klägern vorgelegt. Deshalb
anerkannte der Prüfer lediglich 700 DM pro Kind und Monat als steuerfreien
Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die
Differenz in Höhe von 650 DM (1.350 DM - 700 DM = 650 DM) pro Kind und Monat
behandelte er als steuerbaren Arbeitslohn der Klägerin. Das FA machte sich
die Prüfungsfeststellungen zu eigen und erließ im Anschluss an den
Prüfungsbericht entsprechende Änderungsbescheide. Hiergegen legten die
Kläger Einsprüche ein und begehrten, die Kostenpauschale in voller Höhe
steuerfrei zu belassen. Das FA gab dem insoweit statt, als es zwar den
Auslagenersatz in Höhe von 650 DM weiter als Arbeitslohn der Klägerin
erfasste, die auf die Pflegekinder entfallenden Wohnkosten jedoch zum
Werbungskostenabzug zuließ. Ansonsten wies es die Einsprüche als unbegründet
zurück. Das Finanzgericht (FG) gab der von den Klägern erhobenen Klage mit
den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 29 veröffentlichten Gründen
statt.
Entscheidungsgründe
II.
2
Die Revision des FA ist unzulässig und
daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO -); eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Der Inhalt der
Revisionsbegründung entspricht nicht den Mindestanforderungen.
3
Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO muss
die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten,
aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Dies erfordert, dass die
erhobene Rüge eindeutig erkennen lassen muss, welche Norm der
Revisionskläger für verletzt hält. Ferner muss der Revisionskläger die
Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung
das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Das folgt aus
dem Sinn und Zweck des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO, das
Revisionsgericht zu entlasten und den Revisionskläger zu zwingen, Inhalt,
Umfang und Zweck des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen (vgl.
Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 2002 VII R 109/00,
BFH/NV 2002, 1185; vom 31. Oktober 2002 VII R 4/02, BFH/NV 2003, 328, 329).
Demgemäß muss sich der Revisionskläger mit den tragenden Gründen des
finanzgerichtlichen Urteils auseinandersetzen und darlegen, weshalb er diese
für unrichtig hält (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Oktober 1998 III R 7/98,
BFH/NV 1999, 501, 502; BFH-Urteil vom 16. März 2000 III R 21/99, BFHE 192,
169, 172, BStBl II 2000, 700, 702; BFH-Beschluss vom 27. November 2003 VII R
49/03, BFH/NV 2004, 521).
4
Diesen Anforderungen an die Darlegung einer
Rechtsverletzung wird das Vorbringen des FA nicht gerecht. Die Finanzbehörde
hat nicht dargelegt, welche Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art in dem
erstinstanzlichen Urteil unrichtig sein sollen. Sie setzt sich nicht mit den
Entscheidungsgründen des Urteils des FG auseinander, das eingehend
ausgeführt hat, warum die Kostenpauschalen auch ohne eine durch Nachweise
belegte Aufstellung der tatsächlichen kindbedingten Aufwendungen der
Pflegeeltern als Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei zu stellen
seien. Der Hinweis des FA, das FG habe sich damit zu dem BFH-Urteil vom 21.
August 1995 VI R 30/95 (BFHE 178, 350, BStBl II 1995, 906) in Widerspruch
gesetzt, ersetzt die nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO erforderliche
Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der Vorentscheidung nicht. Dies
gilt gleichermaßen für das Vorbringen, das angefochtene Urteil beruhe auf
dieser Divergenz und verletze deshalb Bundesrecht.
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