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BFH-Urteil vom 3.12.2009 (VI R 4/08) BStBl. 2010 II S. 698
Umrechnung von Arbeitslohn in fremder Währung
1.
Einkünfte in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren
ausländischen Währung sind als Einnahmen in Geld zu besteuern. Sie stellen
aus sich heraus einen Wert dar, der durch Umrechnung in Euro zu bestimmen
ist.
2.
Umrechnungsmaßstab ist - soweit vorhanden - der auf den Umrechnungszeitpunkt
bezogene Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank.
3.
Lohnzahlungen sind bei Zufluss des Arbeitslohns anhand der von der
Europäischen Zentralbank veröffentlichten monatlichen
Durchschnittsreferenzkurse umzurechnen.
EStG §§ 19, 11 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1.
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg,
Außensenate Freiburg, vom 11. Dezember 2007 11 K 549/08 (EFG 2008, 938)
Sachverhalt
I.
1
Streitig ist, nach welchem
Wechselkurs Arbeitslohn, der in fremder Währung vereinnahmt wurde, in Euro
umzurechnen ist.
2
Die Kläger und
Revisionskläger (Kläger), Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt werden und ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben,
sind beide in der Schweiz als Arbeitnehmer beschäftigt. Im Streitjahr 2002
betrug der Bruttoarbeitslohn des Klägers 153.736 Schweizer Franken (Sfr),
der seiner Ehefrau 151.005 Sfr. Die Gehälter wurden jeweils zum 25. oder 26.
eines Monats auf ein Girokonto der Kläger bei der schweizerischen X-Bank in
B/Schweiz überwiesen. Zu jedem dieser Zeitpunkte ging der Kläger zu einem
Bankautomaten der X-Bank in R/Schweiz und hob kleine Beträge von jeweils
50 € ab. Hierüber erhielt er Auszahlungsbelege, deren Kurse er für das Jahr
2002 für jeden Monat auflistete und hieraus einen Durchschnittskurs bildete.
Dabei ergab sich für 100 Sfr ein Kurs von 66,87099471 €. Er begehrte, diesen
Durchschnittssortenkurs auf die Bruttoeinkünfte seiner Ehefrau und von sich
selbst anzuwenden und den dementsprechenden Betrag in Euro der Besteuerung
zugrunde zu legen. In der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2000 sei ihnen
- entsprechend der damaligen Verwaltungspraxis - nachgelassen worden, den
tatsächlichen Umrechnungskurs für jeden umzurechnenden Zahlungsvorgang
festzuhalten und mittels geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Daran sei der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) auch im Streitjahr
gebunden. Das FA rechnete die im Streitjahr erzielten Arbeitslöhne in dem
Einkommensteuerbescheid 2002 jedoch mit einem Kurs von 0,68 € um und legte
demgemäß der Besteuerung beim Kläger einen Bruttoarbeitslohn von 104.540 €,
bei der Klägerin von 102.683 € zugrunde.
3
Hiergegen legten die Kläger
erfolglos Einspruch ein. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in
Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 938 veröffentlichten Gründen ab.
4
Mit der Revision rügen die
Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Kläger beantragen, das
Urteil des FG Baden-Württemberg vom 11. Dezember 2007 11 K 549/04 aufzuheben
und den Einkommensteuerbescheid 2002, zuletzt vom 22. März 2006 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2004, insoweit abzuändern, als
statt eines Umrechnungskurses von 0,68 € pro Sfr ein Umrechnungskurs von
0,6687 € auf die von den Klägern erzielten Bruttoarbeitslöhne von
153.736 Sfr beim Kläger und 151.005 Sfr bei der Klägerin angewendet und die
Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.
6
Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
7
Die Revision der Kläger ist zulässig und
begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
8
A. Die Revision ist zulässig.
9
Der Revisionskläger hat gemäß § 120 Abs. 2
und Abs. 3 FGO die Revisionsgründe anzugeben. Dazu bedarf es zwar keiner
eingehenden und umfassenden Erörterung der streitigen Rechtsfrage; jedoch
muss die Begründungsschrift eindeutig erkennen lassen, dass der
Revisionskläger sein bisheriges Vorbringen anhand der Gründe des Urteils des
FG überprüft hat (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120
Rz 59). Dies wiederum erfordert, dass er sich mit den tragenden Gründen des
FG-Urteils auseinandersetzt und darlegt, weshalb er diese für unrichtig hält
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Juni 2009 I R 10/09, BFHE 225,
384, BStBl II 2009, 974, m.w.N.). Die Kläger haben danach die Revision
ausreichend begründet. Sie haben vorgetragen, dass das FG bei der Bemessung
der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einen unzutreffenden
Umrechnungskurs angewandt habe, und damit dargelegt, weshalb ihrer
Auffassung nach das angefochtene Urteil des FG materielles Recht (§ 8 Abs. 1
des Einkommensteuergesetzes - EStG -) verletzt.
10
B. Die Revision ist auch begründet. Das FG
hat die Jahresgehälter der Kläger zu Unrecht nach dem Jahresdurchschnitt der
Euro-Referenzkurse des Streitjahres umgerechnet.
11
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass Einkünfte - im Streitfall aus nichtselbständiger Arbeit - in einer
gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung
als Einnahmen in Geld nach § 8 Abs. 1 EStG zu besteuern sind. Das gilt
unabhängig davon, ob es sich bei dem Zufluss um von einem anderen Staat
herausgegebene Banknoten und Münzen (sog. Sorten) oder - wie hier - um ein
unbares Fremdwährungsguthaben (sog. Devisen) handelt (BFH-Urteil vom
27. Oktober 2004 VI R 29/02, BFHE 207, 309, BStBl II 2005, 135, m.w.N.).
Fremdwährungen können zwar - anders als das gesetzliche Zahlungsmittel -
nicht mit dem Nennwert erfasst werden. Einnahmen in fremder Währung stellen
jedoch aus sich heraus einen Wert dar, der bei Zufluss durch Umrechnung in
Euro zu bestimmen ist (BFH-Urteil in BFHE 207, 309, BStBl II 2005, 135).
12
a) Lohnzahlungen sind dem Arbeitnehmer
zugeflossen, wenn sie so in seinen Herrschaftsbereich gelangt sind, dass er
wirtschaftlich über sie verfügen kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Im Fall der
Überweisung auf ein Bankkonto ist dies der Fall, wenn das Gehalt dem Konto
des Arbeitnehmers bei der Bank gutgeschrieben worden ist (BFH-Urteil vom
9. Mai 1984 VI R 63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560).
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b) Umrechnungsmaßstab ist - sofern wie im
Streitfall vorhanden - der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank
(bis zum 31. Dezember 2008, der an der Frankfurter Devisenbörse amtlich
festgestellte Devisenkurs; vgl. BFH-Urteil vom 2. April 2008 IX R 73/04,
BFH/NV 2008, 1658; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom
11. Oktober 2007 10 UF 47/07, Zeitschrift für das gesamte
Familienrecht 2008, 1279). Nur der Euro-Referenzkurs der Europäischen
Zentralbank erlaubt eine generelle und damit gleichheitsgerechte Bewertung
einer fremden Währung. Die in der Zeitreihen-Datenbank der Deutschen
Bundesbank veröffentlichten und über das Internet abrufbaren Referenzkurse
(www.bundesbank.de) werden auf Basis eines täglichen Konzertationsverfahrens
zwischen Zentralbanken inner- und außerhalb des Europäischen Systems der
Zentralbanken errechnet, das in der Regel um 14:15 Uhr (MEZ) stattfindet.
Dabei achtet die Europäische Zentralbank darauf, dass die veröffentlichten
Devisenkurse die zu diesem Zeitpunkt herrschenden Marktverhältnisse
widerspiegeln. Da die Wechselkurse der vorgenannten Währungen gegenüber dem
Euro als Durchschnitt von Ankaufs- und Verkaufskursen errechnet werden,
handelt es sich dabei nicht unbedingt um die Kurse, zu denen
Markttransaktionen tatsächlich durchgeführt werden. Die von der Europäischen
Zentralbank veröffentlichten Wechselkurse dienen vielmehr Referenzzwecken
(Europäische Zentralbank, Pressemitteilung vom 5. Dezember 2008,
www.bundesbank.de). Gleichwohl bilden diese Wechselkurse aus Sicht des
erkennenden Senats den Marktpreis des Euro gegenüber den wichtigsten
internationalen Währungen sowie für die Währungen der Länder, welche der
Europäischen Union (EU) angehören bzw. mit denen Beitrittsverhandlungen zur
EU aufgenommen wurden, ab.
14
Beim tatsächlichen Umtausch können die
Wechselkurse einer Auslandswährung, d.h. die Preise für den An- und Verkauf
von Fremdwährungen mehr oder weniger deutlich von den Referenzkursen der
Europäischen Zentralbank abweichen - je nach Land, Kreditinstitut,
Wechselstube oder Zahlungsmethode. Die tatsächlich erzielbaren Preise für
den An- oder Verkauf einer Währung, als solches stellt sich der Umtausch
einer fremden Währung zivilrechtlich dar (Maier-Reimer, Neue Juristische
Wochenschrift 1985, 2049 <2050>), sind wegen ihrer Bandbreite zur Umrechnung
fremder Währungen für steuerliche Zwecke ungeeignet. Hierfür ist vielmehr
ein objektiver Maßstab erforderlich, da sich sonst die Leistungsfähigkeit
des Einzelnen nach Marktzufälligkeiten bestimmen würde. Der Grundsatz der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung steht daher dem Ansatz der von den Klägern
im Einzelnen nachgewiesenen Verkaufserlöse entgegen. Im Übrigen stellt sich
der Umtausch des Fremdwährungsguthabens als Verfügung über den
gutgeschriebenen Arbeitslohn für private Zwecke dar. Damit einhergehende
Kosten und Gebühren sind der privaten Lebensführung zuzuordnen und dürfen
daher bei der Bemessung der zugeflossenen Einnahmen im Rahmen der
Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 24. Juni
2009 X R 57/06, BFHE 225, 421, BStBl II 2009, 1000).
15
c) Entgegen der Auffassung des FG ist
jedoch nicht der gesamte Jahresarbeitslohn nach dem Jahresdurchschnitt der
Euro-Referenzkurse des Streitjahres umzurechnen. Bei einer Umrechnung der
Jahreseinnahmen nach dem Jahresdurchschnitt werden Geldwertschwankungen der
Fremdwährung zum Euro ausgeglichen. Diese Vermögensmehrungen oder -einbußen
stehen jedoch in keinem Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftsquelle
nichtselbständiger Arbeit, sondern sind Folge eines Fremdwährungsguthabens.
Sie dürfen deshalb bei der Ermittlung der Einkünfte aus § 19 EStG keinen
Eingang finden. Im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die Einnahmen
vielmehr im Zeitpunkt des Zuflusses in Euro zu bestimmen. Nur insoweit wird
die durch die Gehaltszahlung vermittelte Leistungsfähigkeit des
Steuerpflichtigen in Euro zutreffend erfasst. Im Streitfall ist damit eine
monatliche Betrachtungsweise geboten. Nach den tatsächlichen Feststellungen
des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO mangels zulässiger und
begründeter Verfahrensrügen gebunden ist, erhielten die Kläger ihre Gehälter
jeweils zum 25. oder 26. eines Monats auf ein Girokonto bei der X-Bank in
B/Schweiz überwiesen.
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Eine taggenaue Umrechnung der monatlichen
Gehaltszahlungen ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht erforderlich.
Dadurch würde die tatsächliche Vermögensmehrung der Kläger in Euro zwar so
genau wie möglich abgebildet. Allerdings erscheint eine auf den Tag genaue
Umrechnung der Sfr dem erkennenden Senat bei der Vielzahl von Grenzgängern
nicht verwaltungspraktikabel. Aus Vereinfachungsgründen ist dem
Spannungsverhältnis zwischen taggenauer Richtigkeit und
Verwaltungspraktikabilität durch den Ansatz monatlicher Durchschnittswerte
der Europäischen Zentralbank Rechnung zu tragen.
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2. Die Vorentscheidung beruht auf einer
anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch
nicht spruchreif. Da das FG - aus seiner Sicht zu Recht - keine
Feststellungen dazu getroffen hat, in welcher Höhe den Klägern ihr
Arbeitslohn in den einzelnen Monaten zugeflossen ist, war das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat die
entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang
nachzuholen und das im jeweiligen Monat zugeflossene Gehalt anhand der von
der Europäischen Zentralbank veröffentlichten monatlichen
Durchschnittsreferenzkurse für den Euro, die den vom Bundesministerium der
Finanzen monatlich festgesetzten und im BStBl I veröffentlichten
Umsatzsteuer-Umrechnungskursen entsprechen, umzurechnen.
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