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BFH-Urteil vom 19.8.2009 (I R
2/09) BStBl. 2010 II S. 760
Sog. Wertaufholungen gemäß
§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG 2002, denen in früheren Jahren sowohl
steuerwirksame als auch steuerunwirksame Abschreibungen von Anteilen auf den
niedrigeren Teilwert vorangegangen sind, sind nach Maßgabe von § 8b Abs. 2
Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 4 KStG 2002 n.F. zunächst mit den
nicht steuerwirksamen und erst danach - mit der Folge der Steuerpflicht
daraus resultierender Gewinne - mit den steuerwirksamen
Teilwertabschreibungen zu verrechnen.
KStG 2002 a.F. § 8b Abs. 2
Satz 2, Abs. 3; KStG 2002 n.F. § 8b Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 Satz 3; EStG 2002
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2.
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom
2. Dezember 2008 6 K 2726/06 K (EFG 2009, 436)
Sachverhalt
I.
Die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb eine Druckerei. Zu ihrem
Betriebsvermögen gehörten - auch in den Streitjahren 2003 und 2004 - Aktien
von Publikumsgesellschaften, die im Umlaufvermögen bilanziert wurden.
Gleichartige Wertpapiere wies die Klägerin je nach Anschaffungszeitpunkt
gesondert aus; von der Möglichkeit der Durchschnittsbewertung nach § 240
Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs machte sie keinen Gebrauch.
In der Bilanz für das
Wirtschaftsjahr 2001 waren die Aktien mit 621.071 € ausgewiesen. In Höhe von
386.624 € hatte die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt - steuerwirksam -
Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert der Aktien vorgenommen. Im
Wirtschaftsjahr 2002 erwarb sie weitere Aktien für insgesamt 119.993 € und
nahm Teilwertabschreibungen auf die Wertpapiere in Höhe von 270.862 € vor,
die nach der erstmals für diesen Veranlagungszeitraum anwendbaren Regelung
des § 8b Abs. 3 (i.V.m. § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2) des
Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.d.F. bis zu dem Inkrafttreten des Gesetzes
zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur
Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember
2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) - KStG 2002 a.F. - (nunmehr § 8b
Abs. 3 Satz 3 KStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der
Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum
Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 - KStG 2002 n.F. -)
bei der Ermittlung des Einkommens nicht mehr ertragsmindernd berücksichtigt
werden konnten.
Zum 31. Dezember 2003 nahm
die Klägerin weitere steuerunwirksame Abschreibungen auf den niedrigeren
Teilwert der Aktien in Höhe von 27.296 € sowie Wertaufholungen in Höhe von
insgesamt 130.778 € vor. In Höhe der Zuschreibungen wurden durchweg
steuerunwirksame Teilwertabschreibungen des Vorjahres rückgängig gemacht.
Lediglich bei einer Aktienposition (T-AG), bei der die Klägerin neben einer
Teilwertabschreibung in 2002 bereits bis einschließlich 2001 steuerwirksame
Abschreibungen vorgenommen hatte, überstieg die Wertaufholung die
steuerunwirksame Teilwertabschreibung des Vorjahres um 100 €.
Zum 31. Dezember 2004
erfolgten steuerunwirksame Teilwertabschreibungen von 97.244 € sowie
Wertaufholungen in Höhe von 12.624 €, in denen eine weitere Zuschreibung auf
die Aktienposition T-AG von 5.100 € enthalten war. Die sonstigen
Wertaufholungen überstiegen die jeweiligen steuerunwirksamen
Teilwertabschreibungen der betroffenen Wertpapiere nicht. In 2004 ergab sich
durch die Veräußerung von Aktien ferner ein (steuerfreier)
Veräußerungsgewinn von 35.643 €.
Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) behandelte sämtliche Wertaufholungen
des Streitjahres 2003 zunächst erklärungsgemäß als nach § 8b Abs. 2 Satz 1
KStG 2002 a.F./ n.F. steuerfrei. Der Saldo aus Wertaufholungen von 130.778 €
und Teilwertabschreibungen von 27.296 € wurde als steuerfreier Ertrag
außerbilanziell bei der Einkommensermittlung abgezogen. Später vertrat das
FA dagegen die Auffassung, dass im Rahmen der Wertaufholungen sämtliche
steuerwirksamen Teilwertabschreibungen rückgängig zu machen und die
Zuschreibungen insoweit nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2
Satz 4 KStG 2002 n.F. gewinnwirksam zu erfassen seien. Das FA ließ lediglich
noch einen Betrag in Höhe von 17.474 € bei der Einkommensermittlung zum
Abzug zu. Dieser Betrag resultiert aus dem Saldo der steuerunwirksamen
Teilwertabschreibungen in Höhe von 27.296 € und den weiterhin als steuerfrei
behandelten Wertaufholungen in Höhe von 44.770 €.
Bei der Veranlagung für das
Streitjahr 2004 behandelte das FA einen Betrag von 42.578 € als nach § 8b
Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 a.F./n.F. steuerfrei. Dieser Betrag setzt sich
zusammen aus dem Veräußerungsgewinn in Höhe von 35.643 € sowie steuerfreien
Wertaufholungen in Höhe von insgesamt 6.935 €. Wertaufholungen von 5.689 €
wurden nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 4 KStG 2002
n.F. als steuerpflichtig behandelt. Bei der Einkommensermittlung für dieses
Jahr erhöhte das FA außerdem nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 n.F. den
Gewinn in Höhe von 5 % des nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 steuerfrei gestellten
Betrags von 42.578 €.
Die Klage gegen die hiernach
ergangenen Steuerbescheide war im Wesentlichen erfolgreich; lediglich
bezogen auf die 5 %ige Gewinnerhöhung nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 n.F.
blieb sie ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom
2. Dezember 2008 6 K 2726/06 K ist in Entscheidungen der Finanzgerichte
(EFG) 2009, 436 veröffentlicht.
Seine Revision stützt das FA
auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
Das FA hatte die
angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide durch Bescheide vom 6. Februar
2009 im Hinblick auf die Ergebnisse einer bei der Klägerin durchgeführten
Außenprüfung gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändert. Der
Bescheid für 2004 wurde am 3. September 2009 überdies gemäß § 172 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 AO abermals geändert und im Hinblick auf den Vorlagebeschluss
des FG Hamburg an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 7. November 2007
5 K 153/06 (EFG 2008, 236, Az. des BVerfG: 1 BvL 12/07) gemäß § 165 Abs. 1
AO teilweise für vorläufig erklärt. Der Senat wurde über die
Änderungsbescheide erstmals am 28. September 2009 durch Schriftsätze der
Klägerin und des FA in Kenntnis gesetzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet.
1. Im Rahmen der steuerlichen
Gewinnermittlung sind u.a. Beteiligungen mit den Anschaffungs- oder
Herstellungskosten oder dem an deren Stelle tretenden Wert, vermindert um
Abzüge nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2002 und ähnliche
Abzüge, anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG
2002 [hier und im Folgenden i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002]). Ist der Teilwert
aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann
dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
EStG 2002). Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss des vorangegangenen
Wirtschaftsjahres zum entsprechenden Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen
gehört haben, sind in den folgenden Wirtschaftsjahren gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2
Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002 anzusetzen, es sei denn, der
Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert nach § 6 Abs. 1
Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 angesetzt werden kann (§ 6
Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 2002). Ergeben sich hiernach
aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 2002
bezeichneten Werts, also aus sog. Wertaufholungen nach vorangegangenen
Teilwertabschreibungen, Gewinne, so bleiben diese nach § 8b Abs. 2 Satz 1
KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 n.F. bei der Ermittlung des
Einkommens außer Ansatz. Nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2
Satz 4 KStG 2002 n.F. gilt dies jedoch nicht, soweit der Anteil in früheren
Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die
Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen
worden ist. Grund für diese Ausnahme ist § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F./§ 8b
Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 n.F., wonach Gewinnminderungen, die im Zusammenhang
mit dem in § 8b Abs. 2 KStG 2002 a.F./n.F. genannten und danach von der
Körperschaftsteuer freigestellten Anteile an einer Körperschaft oder
Personenvereinigung entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu
berücksichtigen sind. Dieser Abzugsausschluss wurde indes erst mit der
Systemumstellung vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum sog.
Halbeinkünfteverfahren durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur
Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom 23. Oktober
2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) geschaffen. Zuvor blieben die
Gewinnminderungen - und damit auch Abschreibungen auf einen niedrigeren
Teilwert - prinzipiell steuerwirksam.
2. Im Streitfall steht außer
Frage, dass die Klägerin in der Vergangenheit - in der Zeit vor den
Streitjahren und der besagten Systemumstellung - auf die von ihr gehaltenen
Kapitalbeteiligungen Teilwertabschreibungen steuerwirksam vorgenommen hat,
welche nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden sind.
Es steht ebenso außer Frage, dass die Klägerin in den Streitjahren aus
Wertaufholungen Gewinne ausgewiesen hat, welchen teilweise in den Vorjahren
steuerwirksam gewordene Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert
vorangegangen sind. Die Beteiligten streiten allerdings darüber, in welcher
Weise diese Gewinne aus den Wertaufholungen im Hinblick auf die in § 8b
Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 n.F. grundsätzlich
angeordnete Steuerfreistellung zu verrechnen sind. Die Finanzverwaltung
(vgl. Oberfinanzdirektion - OFD - Münster, Verfügung vom 23. Februar 2005,
Der Betrieb - DB - 2005, 470; OFD Koblenz, Verfügung vom 18. September 2006,
Deutsches Steuerrecht - DStR - 2006, 2033; OFD Hannover, Verfügung vom
30. Mai 2006, Deutsche Steuer-Zeitung 2006, 494) und mit ihr das FA gehen
davon aus, die Wertaufholungen seien solange steuerpflichtig, bis die
steuerwirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen in vollem Umfang
ausgeglichen seien. Im Ergebnis vertritt das FA also eine
Verrechnungsreihenfolge des "First in – First out": Die Wertaufstockungen
sind zunächst mit den früheren (ersten) Abschreibungen zu verrechnen, erst
danach greift die Steuerfreistellung. Die Klägerin und ihr folgend das FG
stehen hingegen auf dem Standpunkt, es werde zunächst die letzte, d.h. die
nicht steuerwirksame Teilwertabschreibung rückgängig gemacht. Im Ergebnis
entspricht dieses Vorgehen einem "Last in – First out" der
Verrechnungsreihenfolge.
3. Der Senat erachtet diese
letztere Auffassung als zutreffend (ebenso die überwiegende Ansicht im
Schrifttum, vgl. z.B. Gröbl/Adrian in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 8b
Rz 126; Förster/Felchner, DB 2006, 1072, 1074; Rödder/Schumacher, DStR 2003,
909; Roser/Haupt, DStR 2009, 1677; Zieren/Adrian, DB 2006, 299; Gosch, KStG,
2. Aufl., § 8b Rz 241; Otto, Die Besteuerung von gewinnausschüttenden
Körperschaften und Anteilseignern nach dem Halbeinkünfteverfahren, 2007,
S. 373 f. Fn. 1113; s. auch Eilers/Wienands in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff,
Außensteuerrecht, § 8b KStG Rz 180; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van
Lishaut, UmwStG, § 4 Rz 43, S. 333 Fn. 1; vgl. ebenso zu der parallelen
Gesetzeslage nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG 2002: Ritzer in
Frotscher, EStG, § 3 Nr. 40 Rz 199ia ff.; von Beckerath in Kirchhof/Söhn/
Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40 Rz B 40/152; Otto, ebenda, S. 254 Fn. 761;
Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 6 Rz 606;
Tormöhlen in Korn, EStG, § 3 Nr. 40 Rz 23; anders Dötsch/Pung in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8b Rz 91; Erhard in Blümich, EStG, KStG,
GewStG, § 3 EStG Rz 517; differenzierend Frotscher in Frotscher/Maas, KStG,
§ 8b Rz 53a und Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 8b
KStG Rz 75: Zuordnung nach wirtschaftlicher Verursachung; Kröner in Ernst &
Young, KStG, § 8b Rz 113; hilfsweise ähnlich Eilers/Wienands, ebenda;
Watermeyer, ebenda: Wahlrecht des Steuerpflichtigen).
a) Die beschriebenen
Wertaufholungen sind solange steuerfrei zu belassen, bis die steuerlich
unwirksamen Teilwertabschreibungen vollständig ausgeglichen sind. Allein
diese Reihenfolge ist sachgerecht und korrespondiert mit dem dargestellten
Regelungszweck des Gesetzes. Ziel war es, zu verhindern, dass es nach dem
Systemwechsel zum sog. Halbeinkünfteverfahren zu einer steuerfreien
Realisation der stillen Reserven kommt, die nach früherer Rechtslage
steuerpflichtig gewesen wäre. Dem entspricht es, die Verrechnungsreihenfolge
an einer Zeitenreihenfolge zu orientieren und dabei die zuletzt eingetretene
Wertminderung als zuerst ausgeglichen anzusehen. Denn es verhält sich
keineswegs so, dass jene Werte, welche zuerst - steuerwirksam -
Abschreibungen auf den sog. Teilwert ausgelöst haben, sich als erste wieder
erholen und eine Teilwertaufstockung gebieten. Im Gegenteil beziehen sich
jene Buchwertabschreibungen, die zuerst vorgenommen worden sind, regelmäßig
auf höhere (Ausgangs-)Werte als solche Abschreibungen, zu denen es erst
später kommt. Es ist also folgerichtig, anschließende Werterholungen, die
sich als solche ununterscheidbar nur auf den betreffenden Anteil beziehen
und sich nicht mit einer konkreten vorangegangenen Abschreibung
identifizieren lassen, zunächst mit jenen späteren Abschreibungen zu
"verrechnen", weil erst dann wieder der jeweilige "Zwischen"-Buchwert
erreicht worden ist. Bis dahin sind die vor dem Systemwechsel vorgenommenen
Abschreibungen wertmäßig noch nicht rückgängig gemacht und dementsprechend
noch keine Buchgewinne erzielt worden, die nunmehr (ausnahmsweise) als
steuerpflichtig zu behandeln wären (zutreffend von Beckerath, ebenda). In
Einklang damit kann es für das steuerliche Ergebnis keinen Unterschied
machen, ob der Anteilswert nach der steuerwirksamen Wertminderung (zunächst)
konstant bleibt oder ob eine (weitere) steuerneutrale Wertminderung
eintritt, die anschließend durch eine Wertsteigerung wieder ausgeglichen
wird. Beide Sachverhalte sind gleichzubehandeln; Regelungsziel ist es,
Veräußerungsgewinne als solche bei der Besteuerung außer Ansatz zu belassen,
gleichviel, woraus sie sich speisen (vgl. Ritzer in Frotscher, a.a.O., § 3
Nr. 40 Rz 199ib; s. auch zu § 4 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes
- UmwStG 2006 - van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, ebenda).
b) Dieses
Regelungsverständnis hat letztlich auch seinen Niederschlag im
Gesetzeswortlaut und in der Gesetzessystematik gefunden. Denn danach sollen
die Erträge aus den Wertaufholungen vorrangig von der Anwendung des
Halbeinkünfteverfahrens profitieren und steuerfrei bleiben (§ 8b Abs. 2
Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 3 KStG n.F.), während die
Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 a.F./§ 8b Abs. 2 Satz 4
KStG 2002 n.F. erst eingreift, "soweit" - nach Grund und Höhe - das (an sich
steuerfreie) Wertaufholungsvolumen für den betreffenden "abgeschriebenen"
Anteil aufgezehrt ist. Die entgegenstehende Annahme des FA überzeugt nicht.
Indem das Gesetz die betreffende (steuerwirksame) Gewinnminderung und die
nachfolgende Wertaufholung durch das "soweit" verknüpft, geht es von einer
betraglichen (Wert-)Korrespondenz und damit gewissermaßen von einem
"Gesamt-Wertspeicher" aus, der nur anteilig - eben "soweit" - der
Steuerpflicht unterworfen ist, als er in der Vergangenheit bereits einmal
steuerwirksam geworden ist. Das FA will in den Gesetzeswortlaut demgegenüber
eine Bedingungsabhängigkeit ("sobald") und eine Zeitkomponente ("solange")
"hineinlesen". An beidem fehlt es jedoch. "Soweit" jener schädliche
Wertverbrauch nicht erreicht oder überschritten ist, bleibt es deswegen bei
der beschriebenen regelungsimmanenten Reihenfolge (ebenso Otto, a.a.O.,
S. 254 Fn. 761, S. 373 f. Fn. 1113). Ob für entsprechende, jedoch
anderslautende Regelungen in anderen Normzusammenhängen Gleiches anzunehmen
ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006, s. dazu van Lishaut in
Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 4 Rz 43; Rödder, daselbst, § 12
Rz 54, oder § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes
2008), mag angesichts dessen dahinstehen.
4. Es erübrigt sich auf
dieser Basis, auf die Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit des § 8b
Abs. 5 KStG 2002 wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der steuerlichen
Leistungsfähigkeit (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) einzugehen (vgl. FG
Hamburg, Vorlagebeschluss an das BVerfG in EFG 2008, 236). Einen weiter
gehenden Erfolg ihrer Klage könnte die in der Vorinstanz insoweit
unterlegene Klägerin nicht erreichen, da sie gegen deren Urteil keine
Revision eingelegt hat. Im Übrigen hat das FA zwischenzeitlich den
angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 2004 im Hinblick hierauf durch
Änderungsbescheid vom 3. September 2009 gemäß § 165 AO für vorläufig
erklärt.
5. Durch diesen Bescheid
ebenso wie durch die vorangegangenen, aufgrund der Ergebnisse der bei der
Klägerin durchgeführten Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide vom
6. Februar 2009 ist das angefochtene Urteil gegenstandslos (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20;
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143,
BStBl II 2004, 10) und sind die Änderungsbescheide gemäß § 68 Satz 1 i.V.m.
§ 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens
geworden. Für die Entscheidung des Senats ist dies aus verfahrensrechtlicher
Sicht unbeachtlich. Insbesondere war deshalb keine Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO veranlasst. Für sie war
kein Raum, da der Senat gemäß § 104 Abs. 2 FGO statt der Verkündung die
Zustellung des Urteils am 19. August 2009 beschlossen, die Streitsache am
selben Tag beraten und am 21. August 2009 den von den Richtern
unterschriebenen Urteilstenor an die Geschäftsstelle gegeben hatte, so dass
er von den Beteiligten fernmündlich abgerufen werden konnte; Letzteres ist
am 21. August 2009 bzw. am 24. September 2009 geschehen. Durch dieses in
§ 104 Abs. 2 FGO vorgesehene Verfahren ist das Urteil wirksam geworden mit
der Folge, dass der Senat gemäß § 155 FGO i.V.m. § 318 der
Zivilprozessordnung an die Entscheidung gebunden war und eine Änderung nicht
mehr vornehmen durfte (vgl. z.B. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteile
vom 24. Juli 1998, Die öffentliche Verwaltung 1998, 888; vom 2. Dezember
1996, Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl - 1997, 662, sowie
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Juni 1993, DVBl 1994, 209).
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