| | Home | | | Index | | | EStG | | | Neuzugang | | | Impressum |
|
BFH-Beschluss vom 28.4.2010 (VIII R 54/07) BStBl. 2010 II S. 798
Beitrittsaufforderung an das BMF zur Frage der Behandlung der Umsatzsteuer
bei der 1 %-Regelung
Das
Bundesministerium der Finanzen wird zur Frage der Behandlung der
Umsatzsteuer bei der 1 %-Regelung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 der
Finanzgerichtsordnung zum Beitritt aufgefordert.
FGO § 122 Abs. 2 Satz 3.
Vorinstanz: FG Nürnberg vom 26. April 2007
IV 299/2006
Sachverhalt
I.
1
Die Beteiligten streiten
darum, ob sich bei der privaten Nutzung eines im Betriebsvermögen
befindlichen PKW die nach § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
nicht abzugsfähige Umsatzsteuer bei Anwendung der 1 %-Regelung aus der
Bemessungsgrundlage von 80 % des Bruttolistenpreises ergibt oder nach der im
(bestandskräftigen) Umsatzsteuerbescheid festgesetzten Umsatzsteuer.
2
Die Kläger und
Revisionskläger (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger
erzielt u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit und ermittelt seinen Gewinn
durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. In seinem
Betriebsvermögen befand sich ein 1996 angeschaffter Audi A 84,2 Quattro mit
einem Bruttolistenpreis von 130 000 DM. Nach einer Außenprüfung gelangte der
Prüfer zu dem Ergebnis, die private Nutzungsentnahme hinsichtlich des Audi A
8 sei nach der sog. Listenpreismethode gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu
bewerten. Ausgehend vom Bruttolistenpreis von 130.000 DM gelangte der Prüfer
für das Streitjahr 2000 zu einem Kfz-Eigenverbrauch von 15.600 DM zzgl.
Umsatzsteuer in Höhe von 1.996,80 DM (umsatzsteuerpflichtig 80 % = 12.480
DM, umsatzsteuerfrei 20 % = 3.120 DM). Für 2001 ermittelte der Prüfer unter
Berücksichtigung der Deckelung auf die tatsächlichen Kosten einen Wert von
11.510,60 DM zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 1.473,36 DM
(umsatzsteuerpflichtig 9.208,48 DM, umsatzsteuerfrei 2.302,12 DM). Die
daraus resultierenden Gewinnerhöhungen wertete der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt) mit Änderungsbescheiden vom 11. Oktober
2004 aus und änderte die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden
Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 entsprechend.
3
Mit ihrer Klage machten die
Kläger u.a. geltend, die aufgrund der 1 %-Regelung ermittelte und gemäß § 12
Nr. 3 EStG nicht abzugsfähige Umsatzsteuer sei zu hoch berechnet, da nach
den Umsatzsteuerbescheiden 2000 und 2001 für die unentgeltliche Wertabgabe
unter Ansatz eines Privatanteils von (unstreitig) 12,5 % nur Umsatzsteuer in
Höhe von 598,17 DM bzw. 266,21 DM festgesetzt worden sei. Demgemäß sei die
Einkommensteuer 2000 und 2001 zu hoch bemessen. Das Finanzgericht wies die
Klage mit Urteil vom 26. April 2007 IV 299/2006 ab.
Entscheidungsgründe
II.
4
1. Die Aufforderung des Senats an das
Bundesministerium der Finanzen (BMF), dem Verfahren beizutreten, stützt sich
auf § 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.
5
2. Nach § 12 Nr. 3 EStG darf die
Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, weder bei den einzelnen
Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Weist
ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für die private Nutzung eines
betrieblichen PKW durch ein Fahrtenbuch nach, dem später die steuerliche
Anerkennung versagt wird, ist ertragsteuerlich die private Kfz-Nutzung gemäß
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nach der sog. 1 %-Regelung zu bemessen.
Umsatzsteuerlich ist indessen anders zu verfahren: Macht der Unternehmer von
der 1 %-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze
durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten
begrenzt und liegen die Voraussetzungen der sog. Fahrtenbuchregelung (z.B.
mangels ordnungsgemäßen Fahrtenbuches) nicht vor, ist der private
Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege
einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Fehlen geeignete Unterlagen für
die Schätzung, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu
veranschlagen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles
nichts Gegenteiliges ergibt; aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit
Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe
auszuscheiden (vgl. BMF-Schreiben vom 27. August 2004 IV B 7 -S 7300- 70/04,
BStBl I 2004, 864, Tz. 2.3.; vom 18. November 2009 IV C 6 -S 2177/07/10004,
BStBl I 2009, 1326, Tz. 35; ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. März 1999 V R 78/98, BFHE 188, 160).
6
Im Ergebnis sind daher der Entnahmewert
nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und die Bemessungsgrundlage für die
Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen
zugeordneten Fahrzeugs unabhängig voneinander zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 188, 160).
7
3. Hat ein Steuerpflichtiger die
Umsatzsteuer auf die Entnahme der PKW-Nutzung, d.h. auf die unentgeltliche
Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes
(UStG), ganz oder teilweise (fehlerhaft) als Betriebsausgabe behandelt, ist
der Gewinn gemäß § 12 Nr. 3 EStG um die auf die Entnahme entfallende
Umsatzsteuer zu erhöhen. Unklar bleibt indes, welcher Betrag hinzuzurechnen
ist und zu welchem Zeitpunkt die Hinzurechnung zu erfolgen hat.
8
a) Nach dem Wortlaut des § 12 Nr. 3 EStG
darf nicht abgezogen werden "die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen
sind". Da die Umsatzsteuer für Entnahmen gemäß den Vorschriften des UStG zu
ermitteln und letztlich dem Umsatzsteuerbescheid zu entnehmen ist, wäre es
insoweit folgerichtig, auch ertragsteuerlich die gemäß § 3 Abs. 9a Satz 1
Nr. 1 UStG festgesetzte Umsatzsteuer auf die unentgeltliche Wertabgabe nach
§ 12 Nr. 3 EStG hinzuzurechnen. In der Praxis wird für die Gewinnkorrektur
oftmals aber so verfahren, dass gemäß der sog. Listenpreismethode (§ 6 Abs.
1 Nr. 4 Satz 2 EStG) die Umsatzsteuer auf 80 % des danach ermittelten Wertes
gewinnerhöhend angesetzt wird.
9
b) Nach dem BFH-Urteil vom 8. Oktober 1981
IV R 90/80 (juris) wäre die Gewinnkorrektur auf den Zeitpunkt der Entnahme
vorzunehmen. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind
Betriebsausgaben indes grundsätzlich im Zeitpunkt der Verausgabung
anzusetzen.
10
4. Der Senat hält es, weil die strittige
Fallgestaltung überaus häufig vorkommt und von erheblicher praktischer
Bedeutung ist, für wünschenswert, dass das BMF dem Revisionsverfahren
beitritt und zu den angesprochenen Fragen Stellung nimmt.
|