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BFH-Urteil vom 15.6.2010 (VIII R 10/09) BStBl. 2010 II S. 906
Berufsbetreuer erzielen keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit
Eine Sozietät von Rechtsanwälten, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als
Berufsbetreuer tätig sind, erzielt aus der Berufsbetreuung Einkünfte aus
sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Änderung der
Rechtsprechung). Die Abfärberegelung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet
daher keine Anwendung.
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3.
Vorinstanz: FG Münster vom 17. Juni 2008 1
K 5087/06 G (EFG 2008, 1729)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Sozietät von Anwälten. Sie erzielte
ihre Einnahmen im Streitjahr 2001 nach den Feststellungen einer für den
Zeitraum 2001 bis 2003 durchgeführten Außenprüfung zu 80 % aus der Tätigkeit
der Anwälte für die Übernahme von Betreuungen nach den §§ 1896 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA -) als gewerblich ansah.
2
Auf dieser Grundlage
qualifizierte das FA die Gesamteinnahmen der Sozietät unter Bezugnahme auf §
15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als gewerbliche Einkünfte
und erließ dementsprechend für das Streitjahr einen
Gewerbesteuermessbescheid. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der
Finanzgerichte (EFG) 2008, 1729 veröffentlichten Urteil ab.
3
Dagegen richtet sich die
Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung des § 18 EStG rügt.
4
Sie trägt im Wesentlichen
vor, die Tätigkeit als Betreuer gehöre zur berufstypischen Tätigkeit von
Rechtsanwälten. Dazu gehörten nicht nur die Anwälten nach dem Berufsrecht
vorbehaltenen, sondern auch darüber hinausgehende Tätigkeiten, weil das EStG
nicht allein auf die Art der Tätigkeit abstelle. Vielmehr komme es
entscheidend nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 EStG darauf an, wer - mit welcher
Qualifikation - eine selbständige berufliche Tätigkeit entfalte.
5
Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil sowie den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid für
2001 vom 28. Juni
6
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
7
Das FA hält die
Betreuungstätigkeit weder für eine Anwälten vorbehaltene noch aus anderen
Gründen anwalttypische Tätigkeit. Sie umfasse nämlich nicht nur rechtliche
und vermögensverwaltende, sondern auch Tätigkeiten in Gesundheits- und
Wohnungsangelegenheiten sowie in Fragen der Aufenthaltsortbestimmung und
Regelungen zum Umgang mit anderen Personen. Dass die Betreuungstätigkeit -
auch soweit sie rechtliche Fragen betreffe - gleichermaßen durch
Nichtjuristen ausgeübt werden dürfe, zeige, dass juristische Fragen
keinesfalls für die Betreuungstätigkeit prägend seien; dementsprechend werde
die Tätigkeit auch nicht nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (heute:
dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz), sondern ausschließlich nach den für
Vormünder und Betreuer geltenden Regelungen vergütet.
Entscheidungsgründe
II.
8
Die Revision ist begründet; das
angefochtene Urteil sowie der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid in
Gestalt der Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr.
1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
9
Zu Unrecht hat das FG die Rechtsauffassung
des FA bestätigt, die Anwaltssozietät habe wegen der erbrachten
Betreuungsleistungen insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt und sei deshalb
gewerbesteuerpflichtig.
10
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegen nur (inländische) gewerbliche
Unternehmen i.S. des EStG der Gewerbesteuer; nicht gewerblich sind danach -
gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG - Betriebe, deren Betätigung als Ausübung
eines freien Berufs oder als eine selbständige Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1
und Nr. 3 EStG) anzusehen ist. Ist allerdings ein Teil der Tätigkeit einer
Personengesellschaft gewerblicher Natur, so führt dies auch hinsichtlich
ihrer im Übrigen ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1
EStG zur Gewerblichkeit der Einkünfte insgesamt (sog. Abfärbewirkung).
11
2. Die hier streitige Tätigkeit als
berufsmäßiger Betreuer gehört entgegen der Ansicht des FG zu den
Tätigkeiten, die den Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzurechnen sind.
Eine daneben ausgeübte freiberufliche Tätigkeit einer Personengesellschaft
wird daher nicht nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in eine gewerbliche Tätigkeit
umqualifiziert.
12
a) Berufsbetreuer übernehmen rechtliche
Betreuungen (§§ 1896 ff. BGB), ohne dass dafür eine bestimmte Ausbildung
oder ein Studium erforderlich ist. Deshalb nehmen nicht nur Juristen oder
Steuerberater (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 21. Oktober
2009 XII ZB 66/08, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ - 2010,
199; Zimmermann, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2007, 1322), sondern auch
andere Berufsgruppen (wie Sozialarbeiter/-pädagogen, Alten- und
Krankenpfleger sowie Erzieher, aber auch Verwaltungsfachkräfte und
Kaufleute) diese Aufgabe wahr. Berufsbetreuer werden durch die
Vormundschaftsgerichte (heute: Betreuungsgerichte) als Betreuer (§ 1836 Abs.
1 BGB, § 1897 Abs. 6 BGB) bestellt; im Bestellungsbeschluss wird die
Betreuung als beruflich geführt bezeichnet.
13
Gegenstand des Berufsbilds der
Berufsbetreuer ist die Unterstützung und Beratung volljähriger Menschen, die
in ihrer Entscheidungs- oder Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind und
deshalb nicht selbst für ihre Angelegenheiten sorgen können. Die Betreuer
unterstützen die Betroffenen rechtlich oder handeln "stellvertretend für
sie, zum Beispiel durch Regelung der Finanzen, Vertretung gegenüber
Behörden, Organisation von pflegerischen Diensten oder Einwilligung in
ärztliche Behandlungen" (vgl.
www.bdb-ev.de/2_Informationen_zu_Betreuung.php). Dabei gehört zur Betreuung
insbesondere auch die Vertretung in Vermögensangelegenheiten (vgl.
BGH-Urteile vom 9. Januar 2008 VIII ZR 12/07, FamRZ 2008, 680; vom 30. April
2008 XII ZR 110/06, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 2008, 2333;
BGH-Beschluss in FamRZ 2010, 199; Sonnenfeld, FamRZ 2009, 1027; Wilde,
GmbH-Rundschau 2010, 123).
14
b) Ob diese danach schon zu einem eigenen
Berufsbild verdichtete Tätigkeit als "Berufsbetreuer" den Einkünften aus
selbständiger Arbeit zuzuordnen ist, ist streitig.
15
aa) Der in der Vergangenheit für die
Besteuerung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit zuständig gewesene IV.
Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat die Berufsbetreuertätigkeit mit Urteil
vom 4. November 2004 IV R 26/03 (BFHE 208, 280, BStBl II 2005, 288 mit Anm.
Habscheidt, NJW 2005, 1257) unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 2.
September 1988 III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24; vom 28. August
2003 IV R 1/03, BFHE 203, 438, BStBl II 2004, 112) als gewerbliche und nicht
als sonstige selbständige Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
angesehen, weil diese Vorschrift nur vermögensverwaltende Tätigkeiten
erfasse. Diese Voraussetzung erfülle die Tätigkeit eines berufsmäßigen
Betreuers nicht, da sie nicht nur Vermögensfragen, sondern auch persönliche
Angelegenheiten (z.B. Gesundheitsangelegenheiten, Wohnungsfragen, Bestimmung
des Aufenthalts oder des Umgangs; vgl. etwa MünchKommBGB/Schwab, 5. Aufl., §
1896 Rz 62 ff.) umfasse.
16
Diese Auffassung wird auch in einer
Vielzahl erstinstanzlicher Entscheidungen (vgl. FG Mecklenburg-Vorpommern,
Urteil vom 25. August 19991 K 472/98, EFG 1999, 1080; FG Köln, Urteil vom
16. Oktober 20037 K 1576/02, EFG 2004, 119; FG Düsseldorf, Urteil vom 23.
September 20039 K 7943/00 F, AO, EFG 2004, 36; FG Münster, Urteil vom 12.
Mai 20041 K 842/03 G, EFG 2004, 1459; vom 17. Juni 20081 K 5087/06 G, EFG
2008, 1729, als Vorinstanz dieses Verfahrens; FG Hamburg, Urteil vom 17.
November 20086 K 159/06, EFG 2009, 412; FG Münster, Urteil vom 21. August
20076 K 2787/03 G, juris, Rev. VIII R 14/09) und von der Finanzverwaltung
vertreten (vgl. Verfügungen der Oberfinanzdirektion - OFD - Koblenz vom 30.
Januar 2006 -S
17
bb) Davon abweichend hat das FG Thüringen
mit Urteil vom 27. September 2000 IV 1485/98 (Deutsches
Steuerrecht/Entscheidungsdienst - DStRE - 2001, 965, rechtskräftig) unter
Hinweis darauf, dass für die Zuordnung zum Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1
Nr. 3 EStG eine Gruppenähnlichkeit zu den Tätigkeiten des
Testamentsvollstreckers, Vermögensverwalters und Aufsichtsratsmitglieds
genüge, auch für die Tätigkeit der Berufsbetreuer eine Anwendbarkeit der Nr.
3 bejaht, weil sie ebenso wie diese drei Regelbeispiele deren gemeinsames
Leitbild der Fremdnützigkeit, der Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis
und der weitestgehenden selbständigen Ausübung aufweise.
18
cc) Nach Arens (DStR 2010, 33) ist die
unter II.2.b aa dargestellte BFH-Rechtsprechung auf die Ausübung der
Betreuung und Verfahrenspflegschaft durch Rechtsanwälte nicht anwendbar,
weil diese Tätigkeit zu den typischen Berufsaufgaben eines Rechtsanwalts
gehört; dagegen hat der BFH eine Zurechnung der Betreuungstätigkeit zur
berufstypischen freiberuflichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts abgelehnt
(BFH-Urteile vom 4. Dezember 1980 V R 27/76, BFHE 132, 136, BStBl II 1981,
193; vom 28. Februar 1991 V R 63/86, BFH/NV 1991, 632).
19
c) Der erkennende Senat, auf den die
alleinige Zuständigkeit für die Besteuerung der Einkünfte aus selbständiger
Arbeit übergegangen ist, geht unter Aufgabe der bisherigen
BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 280, BStBl II 2005, 288)
davon aus, dass die Einnahmen eines Berufsbetreuers ihrer Art nach nicht den
Einkünften aus Gewerbebetrieb, sondern den Einkünften aus selbständiger
Arbeit zuzuordnen sind.
20
aa) Die Berufsbetreuung betrifft allerdings
keine für einen bestimmten Katalogberuf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG
berufsbildtypische oder ähnliche Tätigkeit, weil sie anders als die insoweit
allenfalls in Betracht kommenden Berufe "Rechtsanwälte" und "Steuerberater"
ohne entsprechende akademische Vorbildung ausgeübt werden kann und schon
aufgrund ihres eigenständigen verselbständigten Berufsbilds nicht diesen
Berufen zuzurechnen oder als ihnen ähnlicher Beruf anzusehen ist (vgl.
BFH-Urteile in BFHE 132, 136, BStBl II 1981, 193; in BFH/NV 1991, 632; FG
Hamburg, Urteil in EFG 2009, 412).
21
(1) Das Gebot, die berufsbildtypische
Ausübung eines Katalogberufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG von der
Ausübung anderer Berufe abzugrenzen, ist nach der Rechtsprechung regelmäßig
gegeben, soweit ein Berufsträger im Sinne der Vorschrift Tätigkeiten
entfaltet, die sich - wie hier die Betreuungstätigkeit (s. oben unter
II.2.a) - zu einem selbständigen Berufsbild verfestigt haben (BFH-Urteile
zur Abgrenzung der berufstypischen Tätigkeit beratender Betriebswirte und
der Tätigkeit im Bereich der Marktforschung vom 18. August 1988 V R 73/83,
BFHE 154, 327, BStBl II 1989, 212; vom 27. Februar 1992 IV R 27/90, BFHE
168, 59, BStBl II 1992, 826; vom 29. April 1993 IV R 61/92, BFH/NV 1994, 89;
BFH-Urteil vom 24. August 1995 IV R 61/94, BFHE 178, 364, BStBl II 1995, 888
zur Selbständigkeit des Berufsbilds der EDV-Beratung durch beratende
Betriebswirte; BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00, BFHE 197, 442,
BStBl II 2002, 202 zum gegenüber den Katalogberufen verselbständigten Beruf
des Insolvenzverwalters; BFH-Urteile vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149,
313, BStBl II 1987, 524; vom 9. August 1990 V R 30/86, BFH/NV 1991, 126 zur
Verselbständigung der Testamentsvollstreckung gegenüber der anwaltlichen
Tätigkeit).
22
(2) Für diese Rechtsprechung spricht das
Gebot verfassungsrechtlicher Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes, weil sich für unterschiedliche steuerrechtliche (hier
insbesondere gewerbesteuerrechtliche) Folgen der Ausübung eines solchen
verselbständigten Berufs je nach Vorliegen oder Nichtvorliegen einer
freiberuflichen Qualifikation i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG keine
Rechtfertigung findet, wenn der verselbständigte Beruf seinem Berufsbild
nach keine Ausbildung oder Zulassung für einen der Katalogberufe i.S. des §
18 Abs. 1 Nr. 1 EStG voraussetzt (vgl. Kanzler, Finanz-Rundschau - FR -
1994, 114; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 18 EStG Rz 153
"Testamentsvollstrecker, Schiedsrichter, Konkurs- und Vergleichsverwalter",
m.w.N.). Danach ist eine Betreuertätigkeit nicht als typische anwaltliche
Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 EStG anzusehen, weil sie keine spezifischen
juristischen Kenntnisse und keine juristische Ausbildung voraussetzt, die
Tätigkeit aufgrund gerichtlicher Bestellungen und nicht aufgrund eines
anwaltlichen Mandats ausgeübt wird und sich die Vergütung dementsprechend
nach Regelungen des Betreuungsrechts und nicht nach dem anwaltlichen
Gebührenrecht bestimmt (ebenso FG Hamburg, Urteil in EFG 2009, 412;
Vorinstanz in EFG 2008, 1729; a.A. Arens, DStR 2010, 33).
23
bb) Die Berufsbetreuung ist aber den
Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3
EStG zuzurechnen.
24
Danach gehören zu den freiberuflichen
Einkünften auch "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z.B.
Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung
und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied".
25
(1) Die Vorschrift enthält keinen
abschließenden Katalog in Betracht kommender "Einkünfte aus sonstiger
selbständiger Arbeit", sondern lediglich die Auflistung der Regelbeispiele
"Testamentsvollstreckervergütung", "Vermögensverwaltung",
"Aufsichtsratstätigkeit" (vgl. HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 251). Weitere
Tätigkeiten fallen danach in den Anwendungsbereich der Regelung, wenn sie
ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind
(Grundsatz der sog. Gruppenähnlichkeit; vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2001 IV
R 10/00, BFHE 196, 84, BStBl II 2002, 338). Das ist z.B. der Fall, wenn die
Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber
hinaus auch dann, wenn es sich um eine selbständig ausgeübte fremdnützige
Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis handelt (so FG Thüringen, Urteil
in DStRE 2001, 965).
26
(2) Auf dieser Grundlage ist die Tätigkeit
eines Berufsbetreuers den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit
zuzuordnen, weil sie ebenso wie die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG bezeichneten
Regelbeispiele - berufsbildtypisch - durch eine selbständige fremdnützige
Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der
Vermögensverwaltung geprägt ist.
27
An der Auffassung des IV. Senats im Urteil
in BFHE 208, 280, BStBl II 2005, 288, dass eine Zuordnung der Betreuung zur
sonstigen selbständigen Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht in
Betracht komme, weil die Betreuung durch den Umfang der Personensorge über
die Vermögensverwaltung hinausreiche, hält der erkennende Senat nicht mehr
fest. Die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele erschöpfen
sich nicht in der bloßen Vermögensverwaltung, sondern umfassen zusätzliche
Aufgaben, wie etwa Leistung von Rechtsbeistand durch den
Testamentsvollstrecker (Palandt/Edenhofer, Bürgerliches Gesetzbuch, 68.
Aufl., § 2203 Rz 1; vgl. auch § 2209 Satz 1 BGB) oder unternehmerische
Kontrolle durch das Aufsichtsratsmitglied.
28
Hinzu kommt, dass bei einer umfassend
angeordneten Betreuung eine Trennbarkeit der vermögensbetreuenden und
sonstigen persönlichen (fremdnützigen) Tätigkeiten in einer Vielzahl von
Fällen kaum gegeben ist. So stellt die Entscheidung über eine mögliche
Heilbehandlung zugleich - wegen der damit verbundenen Kosten für den
Betreuten - stets auch eine vermögensrelevante Entscheidung dar. Im Hinblick
darauf, dass vermögensrechtliche Aspekte in derartigen Fällen zumindest
mittelbar mit berührt werden, steht der Zurechnung der
Berufsbetreuertätigkeit zum Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
nichts entgegen, selbst wenn im Einzelfall die Betreuung in Vermögens- und
sonstige persönliche Angelegenheiten aufgeteilt worden ist.
29
3. Die Sache ist spruchreif.
30
a) Die Klägerin hat nach den bindenden
tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) Betreuungstätigkeiten
ausgeübt und damit nach den Ausführungen unter II.2. eine Tätigkeit
ausgeübt, die ihrer Art nach eine solche i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
darstellt und die ihrem Umfang nach zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
31
b) Die danach gegebene Spruchreife ist
nicht im Hinblick darauf zu verneinen, dass die Klägerin als Sozietät zweier
Anwälte mit zwei angestellten Anwältinnen tätig war.
32
Allerdings verlangt die bisherige
Rechtsprechung, dass die Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
höchstpersönlich auszuüben ist und nicht auf fachlich vorgebildete
Hilfskräfte übertragen wird. Für sie gilt nach bisher ständiger
Rechtsprechung nicht § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 der Norm, wonach bei freien
Berufen die Mithilfe fachlich vorgebildeter Hilfskräfte unter bestimmten
Voraussetzungen unschädlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Mai 1966 VI 63/64,
BFHE 86, 305, BStBl III 1966,
33
Ob diese sog. Vervielfältigungstheorie eine
hinreichende Rechtsgrundlage in dem Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz
3 EStG findet bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, weil die
Betreuungstätigkeit nach dem vom FG in Bezug genommenen Vortrag der
Beteiligten und insbesondere nach dem insoweit unstrittigen Vortrag der
Klägerin allein auf der Bestellung der gesetzlichen Vertreter der Sozietät
(mithin ihrer Gesellschafter) als Betreuer und auf der Ausübung der
Betreuung durch diese beruhte und Anhaltspunkte weder dafür vorgetragen noch
ersichtlich sind, dass die Gesellschafter der Klägerin ihre
Betreuungstätigkeit nicht höchstpersönlich ausgeübt haben.
34
c) Der Senat kann ohne Anfrage bei anderen
Senaten entscheiden, da er zum einen die Zuordnung der Betreuungstätigkeit
zur anwaltstypischen Berufstätigkeit in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des V. Senats verneint hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 132,
136, BStBl II 1981, 193, und in BFH/NV 1991, 632) und zum anderen - soweit
er von der Entscheidung des IV. Senats in BFHE 208, 280, BStBl II 2005, 288
zur fehlenden Freiberuflichkeit einer Betreuertätigkeit abweicht - aufgrund
geänderter Geschäftsverteilung ausschließlich für die Auslegung des § 18
EStG zuständig geworden ist.
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