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BFH-Beschluss vom 19.7.2010 (I R 36/09) BStBl. 2010 II S. 1020
Keine Hinzurechnung des fiktiven Gewinnanteils i.S. des § 5 Abs. 1 KapErhStG
a.F. bei der Ermittlung des Gewerbeertrags
Der fiktive Gewinnanteil i.S. des § 5 Abs. 1 KapErhStG a.F. (Rückzahlung von
Nennkapital bei dessen Herabsetzung) ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bei
der Ermittlung des Gewerbeertrags gemäß § 7 GewStG 1991 nicht
hinzuzurechnen.
GewStG 1991 § 7; KapErhStG a.F. § 5 Abs. 1 und 2; EStG § 4 Abs. 1, § 5; KStG
§ 8 Abs. 1.
Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 12. März 2009 14 K 3600/06 G (EFG 2009, 1324)
Sachverhalt
I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr
1997 zu 1 v.H. an einer anderen GmbH, der K-GmbH, - vormals einer
Aktiengesellschaft - beteiligt. Diese hat durch Beschluss der Gesellschafter
vom 20. Februar 1997 nach vorangegangener Umwandlung von Kapitalrücklagen
(Altkapital, sog. EK 03) in Nennkapital die Herabsetzung ihres Grundkapitals
um 12.000.000 DM beschlossen. Die Herabsetzung erfolgte zum Zwecke der
Rückzahlung an die Anteilseigner durch Einziehung von Stammaktien. Die
darauf entfallenden Einkommen- und Körperschaftsteuern der Gesellschafter
wurden gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 und 3 des Gesetzes über steuerrechtliche
Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln
(Kapitalerhöhungssteuergesetz) in der für das Streitjahr geltenden Fassung
(KapErhStG a.F.) im Wege der Pauschsteuer von 30 v.H. erhoben und gemäß § 5
Abs. 2 Satz 2 KapErhStG a.F. von der K-GmbH entrichtet. Bei der Klägerin
unterlag die anteilige Kapitalrückzahlung von 120.000 DM wegen der
Pauschalierung im Ergebnis keiner Körperschaftsteuer; sie wurde deshalb von
ihr im Rahmen der Einkommensermittlung gewinnneutral behandelt. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem, bezog den nach § 5
Abs. 1 Satz 1 KapErhStG a.F. als Gewinnanteil geltenden Betrag aber bei der
Ermittlung des Gewerbeertrages mit ein und setzte den einheitlichen
Gewerbesteuermessbetrag entsprechend fest.
2
Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Urteil des
Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 12. März 200914 K 3600/06 G ist in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 1324) veröffentlicht.
3
Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts. Es
beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
5
Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch
Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine
mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher
darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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1. Gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) ist Gewerbeertrag der
nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnde Gewinn aus dem
Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem
Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen
ist, vermehrt oder vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 1991
bezeichneten Beträge. Der Gewerbeertrag entspricht somit, abgesehen von den
gewerbesteuerlichen Zu- und Abrechnungen, grundsätzlich dem Gewinn aus
Gewerbebetrieb, der der Bemessung der Einkommen- und Körperschaftsteuer
zugrunde zu legen ist. Zur Bemessungsgrundlage der Einkommen- und
Körperschaftsteuer und damit auch zum Gewerbeertrag gehören nicht Einnahmen,
die entweder unter keine Einkunftsart fallen oder aufgrund besonderer
gesetzlicher Vorschriften als steuerfrei behandelt werden (vgl. z.B.
Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 84/74, BFHE 124,
204, BStBl II 1978, 267; Senatsurteil vom 8. Mai 1991 I R 33/90, BFHE 165,
191, BStBl II 1992, 437). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich unmittelbar
aus dem Gewerbesteuergesetz etwas anderes ergibt oder soweit die
steuerbefreiende Vorschrift mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer
als Objektsteuer nicht in Einklang steht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 204,
BStBl II 1978, 267; vom 24. Oktober 1990 X R 64/89, BFHE 163, 42, BStBl II
1991, 358; in BFHE 165, 191, BStBl II 1992, 437; vom 3. April 2008 IV R
54/04, BFHE 220, 495, BStBl II 2008, 742, jeweils m.w.N.).
7
2. Auf dieser Basis ist der in Rede stehende Kapitalrückzahlungsbetrag nicht
in die Ermittlung des Gewerbeertrages einzubeziehen.
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Zwar gilt die Rückzahlung jenes Teils des herabgesetzten Nennkapitals, das
von einer Kapitalgesellschaft zuvor innerhalb von fünf Jahren unter
Verwendung einer Rücklage erhöht worden ist, die aus dem Gewinn eines vor
dem 1. Januar 1977 abgelaufenen Wirtschaftsjahrs gebildet worden ist, nach §
5 Abs. 1 Satz 1 KapErhStG a.F. als Gewinnanteil. Als fiktiver Gewinnanteil
geht der Rückzahlungsbetrag in die steuerliche Einkommensermittlung des
Anteilseigners ein (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG, hier i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG). Nach
§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 3 KapErhStG a.F. werden die auf den fiktiven
Gewinnanteil entfallenden Steuern vom Einkommen der Gesellschafter jedoch im
Wege der Pauschbesteuerung von 30 v.H. erhoben; diese Steuer ist nach § 5
Abs. 2 Satz 2 KapErhStG a.F. von der Kapitalgesellschaft, deren Nennkapital
herabgesetzt wird, als Steuerschuldnerin (vgl. Streck, KStG, 7. Aufl., § 5
KapErhStG Rz 10) zu entrichten. Unbeschadet dessen, dass es sich hierbei
(nur) um eine pauschalierte Steuererhebungsform handelt, die sich an die
Kapitalgesellschaft als Erhebungsschuldner und nicht an den Anteilseigner
als Steuerschuldner richtet, hat das für den Anteilseigner dennoch zur
Folge, dass der fiktive Gewinnanteil i.S. des § 5 Abs. 1 KapErhStG a.F. (in
sachlicher Hinsicht) steuerfrei bleibt; sein Bilanzgewinn ist in
entsprechendem Umfang außerbilanziell zu korrigieren (ebenso z.B. Frotscher
in Frotscher/Maas, KStG, UmwStG, § 41 KStG aF Rz 43 [60. Lief., in der
Druckausgabe aussortiert]; Broer in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 5
KapErhStG Rz 13; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, §
41 KStG aF Rz 37b; F. Wassermeyer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20
Rz D 31; Antweiler in Ernst & Young, KStG, § 41 KStG aF Rz
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Geht der Rückzahlungsbetrag damit aber im Ergebnis nicht in die
Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des
Anteilseigners ein, erstreckt sich dies gemäß § 7 GewStG 1991 auch auf die
Ermittlung des Gewerbeertrages. Die Kapitalrückzahlung bleibt mithin auch
für diese unberücksichtigt. Dass § 5 Abs. 2 Satz 1 KapErhStG a.F. die
Steuererhebung im Wege der Pauschbesteuerung unmittelbar nur für die auf die
fiktiven Gewinnanteile nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KapErhStG a.F. entfallenden
Steuern vom Einkommen anordnet und die Gewerbesteuer jedenfalls nicht
ausdrücklich einbezieht, ändert an diesem Ergebnis ebenso wenig wie der
Umstand, dass die Einkommenskorrektur außerbilanziell erfolgt (s. dazu
ähnlich im Hinblick auf § 12 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Besteuerung
bei Auslandsbeziehungen - Außensteuergesetz a.F. - Senatsurteil vom 21.
Dezember 2005 I R 4/05, BFHE 212, 226, BStBl II 2006, 555). Sollte
beabsichtigt gewesen sein, die in Rede stehende Steuerbefreiung des
Anteilseigners nicht auf die Gewerbesteuer durchschlagen zu lassen, hätte
dies im Gesetz mittels eines gegenläufigen Regelungsbefehls (wie
beispielsweise für die Situation einer Gewinnfiktion bei der sog.
Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG 2002 i.V.m. § 7 Satz 3 GewStG 2002, s.
dazu auch BFH-Urteil vom 6. Juli 2005 VIII R 72/02, BFHE 221, 235, oder auch
der gleichermaßen pauschalen Gewinnermittlung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KStG
2002 i.V.m. § 7 Satz 3 GewStG 2002 für Werbesendungen öffentlich-rechtlicher
Rundfunkanstalten) besonders angeordnet werden müssen; allein durch den
Charakter der Gewerbesteuer als sog. Objektsteuer kann dies nicht bewirkt
werden. Im Einzelnen kann insofern auf die zutreffenden und erschöpfenden
Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden.
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