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BFH-Urteil vom 6.5.2010 (V R 26/09) BStBl. 2010 II S. 1114
Keine Geschäftsveräußerung bei Übertragung eines an eine Organgesellschaft
vermieteten Grundstücks an den Organträger
1.
Eine Geschäftsveräußerung liegt nur vor, wenn der Erwerber die vom
Veräußerer ausgeübte Unternehmenstätigkeit fortsetzt oder dies zumindest
beabsichtigt.
2.
Ist der Gegenstand der Geschäftsveräußerung ein Vermietungsunternehmen, muss
der Erwerber umsatzsteuerrechtlich die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit
beabsichtigen.
3.
Die Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks auf
den Organträger führt nicht zu einer Geschäftsveräußerung, da der
Organträger umsatzsteuerrechtlich keine Vermietungstätigkeit fortsetzt,
sondern das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens selbst nutzt.
UStG 1993 § 1 Abs. 1a und § 2 Abs. 2 Nr. 2;
Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8.
Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom
29. Mai 2008 2 K 300/05
Sachverhalt
I.
1
Mit Schreiben vom 10. März
1998 reichte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beim Beklagten
und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) Umsatzsteuervoranmeldungen für die
Voranmeldungszeiträume II-IV/1997 ein, aus denen sich aufgrund des geltend
gemachten Vorsteuerabzugs ein Vergütungsanspruch von 34.509,40 DM ergab. Sie
erklärte dabei, im Vorjahr ein Grundstück erworben und mit einer Büro- und
Werkhalle bebaut zu haben. Das Grundstück werde seit 1. Januar 1998 an die
S-GmbH vermietet. Das FA zahlte den geltend gemachten Vergütungsbetrag
erklärungsgemäß aus.
2
Zu der erklärten Vermietung
des Grundstücks durch die Klägerin kam es aber nicht. Denn nach dem
schriftlichen Vertrag vom 5. Januar 1998 hatte der Ehemann der Klägerin das
von der Klägerin bebaute Grundstück seit dem 1. Januar 1998 (Ziff. 2 des
Vertrages) an die S-GmbH verpachtet. Der Ehemann der Klägerin war
Mehrheitsgesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer
der S-GmbH. In der Vorbemerkung zu dem Pachtvertrag wurde darauf
hingewiesen, dass der "Verpächter wirtschaftlicher und zukünftig auch
rechtlicher Eigentümer des von der Pächterin im Rahmen ihres
Geschäftsbetriebes genutzten Grundstücks" sei. Die monatliche Pacht sollte
2.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer betragen (Ziff. 3 des Vertrages) und
zunächst gegen ein dem Ehemann der Klägerin von der S-GmbH gewährtes
Darlehen verrechnet werden, das die S-GmbH nach einem gleichfalls am 5.
Januar 1998 schriftlich abgeschlossenen Darlehensvertrag dem Ehemann der
Klägerin in Höhe von 138.750 DM im Vorjahr gewährt hatte, und das der
Ehemann der Klägerin dieser für die Errichtung des Gebäudes zur Verfügung
gestellt hatte.
3
Am 10. August 1998 schlossen
die Klägerin und ihr Ehemann einen notariellen Vertrag über eine
"ehebedingte unbenannte Zuwendung". Danach wendete die Klägerin ihrem
Ehemann das von ihr bebaute Grundstück gegen Übertragung zweier anderer
Grundstücke zu.
4
Das FA ging im Anschluss an
eine beim Ehemann der Klägerin durchgeführte Außenprüfung davon aus, dass
der von der Klägerin 1997 für die Bebauung in Anspruch genommene
Vorsteuerabzug im Streitjahr 1998 nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG)
bei ihr zu berichtigen sei, weil sie das Grundstück zum 1. Januar 1998 im
umsatzsteuerrechtlichen Sinne nach § 3 Abs. 1b UStG 1999 aus ihrem
Unternehmen entnommen habe und erließ einen nach § 164 der Abgabenordnung
geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid für das Streitjahr.
5
Einspruch und Klage hatten
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf,
dass die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 4
UStG vorliegen. Die Klägerin habe das Grundstück ab 1. Januar 1998 ihrem
Ehemann unentgeltlich zur Nutzung überlassen, damit die Absicht zur
steuerpflichtigen Vermietung sowie ihre unternehmerische Tätigkeit
aufgegeben und das Grundstück entnommen, zumal sie das Grundstück auch noch
im August 1998 auf ihren Ehemann übertragen habe. Auf eine eigenständige
Würdigung der sich aus dem Übertragungsvertrag vom 10. August 1998
ergebenden Folgen komme es nicht an. Die Voraussetzungen einer
Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, durch die der Korrekturzeitraum
des § 15a UStG vom Erwerber fortgeführt worden wäre, und deshalb eine
Vorsteuerberichtigung bei der Klägerin unzulässig wäre, lägen entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht vor, da die Klägerin noch kein
Vermietungsunternehmen unterhalten, sondern nur eine Vermietungsabsicht
bestanden habe.
6
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Eine Geschäftsveräußerung liege auch
dann vor, wenn mit der übertragenen Immobilie noch keine Miet- oder
Pachtverhältnisse verbunden seien. Aufgrund der persönlichen Verflechtung
zwischen ihr und dem Erwerber mache es keinen Unterschied, ob sie zunächst
einen Mietvertrag abschließe und anschließend veräußere oder ob der
Abschluss des Mietvertrages der Geschäftsveräußerung unmittelbar nachfolge.
Eine Geschäftsveräußerung könne auch dann vorliegen, wenn sich der
Geschäftsbetrieb noch in einer Vorbereitungsphase befinde und der Erwerber
die Tätigkeit fortführe. Eine Geschäftsveräußerung könne auch gegeben sein,
wenn das übertragene Vermögen nur aus einem Wirtschaftsgut bestehe. Die
Bebauung sei nicht in Veräußerungsabsicht erfolgt. Das FA habe die
Vermietungsabsicht anerkannt. Der Erwerber habe die Vermietungsabsicht
nahtlos umgesetzt.
7
Die Klägerin beantragt, das
Urteil des FG, die Einspruchsentscheidung vom 12. März 2005 und den
geänderten Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 22. Dezember 2004 aufzuheben.
8
Das FA beantragt, die
Revision zurückzuweisen.
9
Nach dem Pachtvertrag vom 5.
Januar 1998 sei bereits zu diesem Zeitpunkt klar gewesen, dass die Klägerin
eine Veräußerung beabsichtigt habe. Im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung
habe noch kein hinreichend verfestigtes Vermietungsunternehmen bestanden.
Entscheidungsgründe
II.
10
Die Revision der Klägerin ist unbegründet
und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO
-). Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen für eine
Vorsteuerberichtigung bejaht.
11
1. Im Streitfall kommt eine
Vorsteuerberichtigung nicht nach dem vom FG seinem Urteil zugrunde gelegten
§ 15a UStG 1993, sondern nur nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 i.d.F. des
Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794) i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG
1999 i.d.F. des Gesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) in
Betracht.
12
a) Die Klägerin war nicht nach § 15a Abs. 1
Satz 1 des im Streitjahr geltenden UStG 1993 zur Vorsteuerberichtigung
verpflichtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit
auf sein Urteil vom 7. Juli 2005 V R 32/04 (BFHE 211, 74, BStBl II 2005,
907, unter II.2.b).
13
b) Die Rechtmäßigkeit der
Vorsteuerberichtigung richtet sich im Streitfall nach § 15a Abs. 1 Satz 1
UStG 1999 i.d.F. des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794)
i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG 1999 i.d.F. des Gesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl
I 2003, 2645).
14
§ 15a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 i.d.F. des
Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794) hat folgenden Wortlaut:
"Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem
Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen
Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der
Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die
Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge
vorzunehmen." Nach § 27 Abs. 8 UStG 1999 ist "§ 15a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4
Satz 1 in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3794)
... auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2002 anzuwenden, wenn der
Unternehmer den Vorsteuerabzug im Zeitpunkt des Leistungsbezugs auf Grund
der von ihm erklärten Verwendungsabsicht in Anspruch genommen hat und die
Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den
Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen nicht übereinstimmt". Die durch §
27 Abs. 8 UStG angeordnete Rückwirkung ist verfassungsgemäß. Zur Vermeidung
von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf sein Urteil in BFHE 211,
74, BStBl II 2005, 907, unter II.2.).
15
2. Die Voraussetzungen für eine
Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 UStG 1999
i.V.m. § 27 Abs. 8 UStG 1999 liegen vor.
16
Wie das FG im Ergebnis zu Recht entschieden
hat, führte die Nutzungsüberlassung im Zusammenhang mit der sich hieran
anschließenden Übertragung des Grundstücks durch die Klägerin auf ihren
Ehemann zu einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen
Verhältnisse. Nach den Feststellungen des FG hatte die Klägerin bereits im
Januar 1998 die Vermietungsabsicht aufgegeben. Nach dem zwischen dem Ehemann
und der GmbH abgeschlossenen Mietvertrag ging der Ehemann bereits bei
Vertragsabschluss im Januar 1998 davon aus, wirtschaftlicher und künftig
auch rechtlicher Eigentümer des Grundstücks zu sein. Daher sind die
Nutzungsüberlassung und die nachfolgende Grundstücksübertragung
umsatzsteuerrechtlich als ein Vorgang anzusehen, der zu einer Entnahme des
Grundstücks durch einen Rechtsträgerwechsel auf den Ehemann führte, so dass
die Entnahme nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist. Anhaltspunkte für
einen Verzicht auf diese Steuerfreiheit nach § 9 UStG bestehen nach den vom
FG und für den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht.
17
3. Die Berichtigung kann nicht aufgrund
einer Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG nach § 15a Abs. 6a UStG
unterbleiben.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Senats gilt
für Geschäftsveräußerungen Folgendes:
19
aa) Umsätze im Rahmen einer
Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen
unterliegen nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer. Die Vorschrift
setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines
Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder
unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. § 1
Abs. 1a UStG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 8 und Art. 6 Abs. 5 der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG
(Richtlinie 77/388/EWG) in nationales Recht und ist entsprechend dieser
Bestimmung richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie
77/388/EWG können die Mitgliedstaaten die Übertragung eines Gesamt- oder
Teilvermögens, die entgeltlich erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung
vorliegt.
20
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des
Senats (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 2009 V R 4/07,
BFHE 226, 138, BStBl II 2009, 863), der sich dabei auf die Rechtsprechung
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (seit 1. Dezember 2009:
Gerichtshof der Europäischen Union; Urteil vom 27. November 2003 C-497/01,
Zita Modes, Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128) stützt, gilt für
die Nichtsteuerbarkeit von Geschäftsveräußerungen Folgendes:
21
Die Nichtsteuerbarkeit der
Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG soll die Übertragung von
Unternehmen oder Unternehmensteilen erleichtern und vereinfachen. Die
Vorschrift gilt für die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von
selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und
immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil
bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt
werden kann. Der Erwerber muss die Unternehmensfortführung beabsichtigen, so
dass das übertragene Vermögen die Fortsetzung einer bisher durch den
Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen muss. Im Rahmen einer
Gesamtwürdigung ist zu entscheiden, ob das übertragene Unternehmensvermögen
als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit
ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten
übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln.
22
Bei Grundstücksgeschäften führt die
Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer
Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, da durch den mit dem
Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag ein
Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Dementsprechend
ist nach dem BFH-Urteil vom 11. Oktober 2007 V R 57/06 (BFHE 219, 284, BStBl
II 2008, 447, unter II.2.) die Veräußerung eines Gebäudes ohne Übergang
eines Mietvertrages im Regelfall keine Geschäftsveräußerung. Denn die
Übertragung eines unvermieteten Grundstücks führt nicht zur Übertragung
eines Unternehmensteils, mit dem eine selbständige Tätigkeit fortgeführt
werden kann, sondern zur Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstandes.
Fehlt es an weiteren Faktoren wie z.B. einer bestehenden Vermietung oder
Verpachtung des Grundstücks, liegt daher keine Geschäftsveräußerung vor.
23
b) Im Streitfall scheitert die Annahme
einer Geschäftsveräußerung bereits daran, dass der Ehemann der Klägerin
aufgrund der zwischen ihm und der S-GmbH bestehenden Organschaft die von der
Klägerin zunächst beabsichtigte Vermietungstätigkeit umsatzsteuerrechtlich
nicht fortgesetzt hat.
24
aa) Die gewerbliche oder berufliche
Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn
eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse
finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des
Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Gemeinschaftsrechtlich beruht
diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.
Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar
rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche
und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen
als einen Steuerpflichtigen behandeln.
25
bb) Die für eine Organschaft zwischen dem
Ehemann und der S-GmbH erforderlichen Eingliederungsvoraussetzungen liegen
aufgrund der Feststellungen des FG vor.
26
(1) Die finanzielle Eingliederung ergibt
sich daraus, dass der Ehemann Alleingesellschafter der S-GmbH war und daher
seinen Willen durch Mehrheitsbeschlüsse durchsetzen konnte (vgl. BFH-Urteile
vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter
II.1.a; vom 19. Mai 2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671, unter
II.2.a dd).
27
(2) Die organisatorische Eingliederung
beruht darauf, dass der Ehemann der Klägerin als alleiniger Geschäftsführer
seiner GmbH die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit
der Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger in der
laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft wirklich wahrnehmen und
beherrschen konnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 26/06,
BFHE 219, 463, BStBl II 2008, 451, unter II.2.).
28
(3) Für die wirtschaftliche Eingliederung
i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von
Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein (BFH-Urteil
vom 20. August 2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080, Leitsatz
3). Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auf entgeltlichen
Leistungen des Mehrheitsgesellschafters (Organträger) gegenüber seiner
Tochtergesellschaft (Organgesellschaft) beruhen, wenn diesen für das
Unternehmen der Organgesellschaft mehr als nur unwesentliche (geringfügige)
Bedeutung zukommt (BFH-Urteile vom 18. Juni 2009 V R 4/08, BFHE 226, 382,
BStBl II 2010, 310, Leitsatz 2, und in BFHE 226, 465, BFH/NV 2009, 2080,
unter II.2.c bb).
29
Eine mehr als nur unwesentliche
(geringfügige) Bedeutung kann den Leistungen eines Organträgers an die
Organgesellschaft nach der Rechtsprechung des Senats zukommen bei der
Verpachtung von Anlagegegenständen (BFH-Urteil vom 17. April 1969 V 44/65,
BFHE 95, 353, BStBl II 1969, 413), bei der Vermietung eines
Betriebsgrundstücks, auf dem die Organgesellschaft ihr Unternehmen betreibt
(BFH-Urteil vom 16. August 2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223, unter II.2.,
und BFH-Beschluss vom 25. April 2002 V B 128/01, BFH/NV 2002, 1058, unter
II.2.d) oder bei der Erbringung von Dienstleistungen (BFH-Urteil vom 3.
April 2003 V R 63/01, BFHE 202, 79, BStBl II 2004, 434, Leitsatz 1 zu
Architektenleistungen; zu unwesentlichen Dienstleistungen z.B. im
Verwaltungsbereich vgl. aber BFH-Urteil vom 25. Juni 1998 V R 76/97, BFH/NV
1998, 1534, unter II.2.c, und BFH-Urteil in BFHE 226, 465, BFH/NV 2009,
2080, unter II.2.c bb).
30
Im Streitfall ergibt sich der für die
wirtschaftliche Eingliederung erforderliche vernünftige wirtschaftliche
Zusammenhang aus der Vermietung des vom Ehemann erworbenen und von der
Klägerin bebauten Grundstücks durch den Ehemann an die S-GmbH. Die
Vermietung eines Betriebsgrundstücks genügt, wenn es für die
Organgesellschaft von nicht nur geringfügiger Bedeutung ist (BFH-Urteil in
BFH/NV 2002, 223, unter II.2., und BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 1058, unter
II.2.d).
31
cc) Liegt eine Organschaft vor, beschränken
sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG zwar die Wirkungen der Organschaft
auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen des
Organkreises. Diese Unternehmensteile sind jedoch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz
3 UStG als ein Unternehmen zu behandeln. Letzterem kommt Vorrang zu, da sich
die Rechtsfolgen der Organschaft somit nicht auf Innenleistungen
einschränken lassen, sondern z.B. dazu führen, dass dem Organträger die
Umsätze seiner Organgesellschaften zuzurechnen sind und diese auch die Höhe
der für den Organträger entstehenden Steuer beeinflussen (BFH-Urteil vom 29.
Oktober 2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256, unter II.2.d).
32
Die Behandlung als ein Unternehmen gemäß §
2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG ist auch in Bezug auf die Nichtsteuerbarkeit von
Geschäftsveräußerungen nach § 1 Abs. 1a UStG zu berücksichtigen. Bei der
Übertragung eines Vermietungsunternehmens liegt eine nichtsteuerbare
Geschäftsveräußerung nur vor, wenn der Erwerber die Vermietungstätigkeit des
Veräußerers nicht nur zivilrechtlich, sondern auch umsatzsteuerrechtlich
unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG fortführt. Denn für
die Geschäftsveräußerung kommt es auf die Fortsetzung einer
Unternehmenstätigkeit und damit auf umsatzsteuerrechtliche Kriterien, die
sich nach § 2 UStG richten, an. Erwirbt daher - wie im Streitfall - ein
Organträger ein an seine Organgesellschaft vermietetes Gebäude, liegt keine
Geschäftsveräußerung vor, da der erwerbende Organträger das übertragene
Gebäude umsatzsteuerrechtlich nicht vermietet, sondern durch die
Organgesellschaft als Teil seines Unternehmens eigenunternehmerisch nutzt.
33
Dementsprechend kommt im Streitfall eine
Geschäftsveräußerung nicht in Betracht. Die von der Klägerin beabsichtigte
Vermietung konnte durch ihren Ehemann mit einer Vermietung an die S-GmbH als
dessen Organgesellschaft nicht fortgesetzt werden.
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