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BFH-Urteil vom 5.10.2004 (VII R 76/03) BStBl. 2006 II S. 3

1. Die in § 73 AO 1977 angeordnete Haftung der Organgesellschaft für Steuern des Organträgers erstreckt sich nicht auf steuerliche Nebenleistungen.

2. Von der in § 239 Abs. 1 AO 1977 angelegten Verweisung auf die für Steuern geltenden Vorschriften werden die haftungsrechtlichen Bestimmungen des Zweiten Teils der AO 1977 nicht erfasst.

AO 1977 §§ 73, 233a, 239 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 4. März 2003 11 K 262/02

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BFH-Urteil vom 18.8.2005 (II R 62/03) BStBl. 2006 II S. 5

1. Hat der Gutachterausschuss Bodenrichtwerte für erschließungsbeitragspflichtiges Bauland festgelegt, ist dieser Richtwert für solche Grundstücke maßgebend und unverändert zu übernehmen, für die (noch) eine Erschließungsbeitragspflicht besteht. Auf den tatsächlichen Erschließungszustand des Grundstücks kommt es entgegen R 161 Abs. 6 Sätze 4 und 5 ErbStR 2003 nicht an.

2. Aus einer Richtwertkarte, die für Grundstücke in einer Richtwertzone eine Preisspanne nennt, kann bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts für unbebaute Grundstücke in diesem Gebiet nach § 145 Abs. 3 BewG nur der unterste Wert der angegebenen Wertspanne übernommen werden.

BewG § 145 Abs. 3; BauGB § 195, § 196 Abs. 1 Satz 1 und 4.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 28. Oktober 2003 3 K 64/00 (EFG 2004, 477)

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BFH-Urteil vom 20.11.2003 (IV R 31/02) BStBl. 2006 II S. 7

Die Leistung der Kaskoversicherung wegen Diebstahls eines zum Betriebsvermögen gehörenden PKW ist zumindest im Umfang der betrieblichen Nutzung auch dann Betriebseinnahme, wenn der Diebstahl während des Parkens vor der Wohnung des Betriebsinhabers und vor einer geplanten Privatfahrt begangen wurde. Ob ein Anteil in Höhe des privaten Nutzungsanteils als Privateinnahme anzusehen ist, bleibt offen.

EStG § 4 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 15. April 2002 III 208/01 (EFG 2002, 1285)

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BFH-Urteil vom 27.7.2004 (IX R 54/02) BStBl. 2006 II S. 9

Ist ein erworbenes Zweifamilienhaus-Grundstück in zwei eigenständige Wirtschaftsgüter bildende Gebäudeteile (fremdvermietete Wohnung sowie einem Wohnungsberechtigten überlassene Wohnung) aufzuteilen, so ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich - auch in Fällen der gemischten Schenkung - der Besteuerung zugrunde zu legen.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 18. September 2002 2 K 211/01 (EFG 2003, 151)

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 BFH-Urteil vom 16.9.2004 (VI R 25/02) BStBl. 2006 II S. 10

Leistet der Arbeitgeber Zahlungen für ein im Haus bzw. in der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenes Büro, das der Arbeitnehmer für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, so ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt.

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 17. Oktober 2001 3 K 148/99 (EFG 2002, 969)

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BFH-Urteil vom 21.9.2004 (IX R 36/01) BStBl. 2006 II S. 12

Veräußert ein GmbH-Gesellschafter Anteile, die er bei einer Kapitalerhöhung gegen Zuzahlung erworben hat, innerhalb der sog. Spekulationsfrist nach § 23 EStG, ist bei der Bemessung des steuerbaren Veräußerungsgewinns auch der Wert des Bezugsrechts auf die neuen Anteile bei deren Anschaffungskosten anzusetzen (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 12. April 1967 VI 144/64, BFHE 89, 120, BStBl II 1967, 554).

EStG § 6, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b und Abs. 4; HGB § 255 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München vom 27. März 2001 13 K 5194/97 (EFG 2001, 1128)

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BFH-Urteil vom 14.6.2005 (VIII R 14/04) BStBl. 2006 II S. 15

1. Die Übertragung einer wesentlichen Beteiligung i.S. von § 17 EStG unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist als unentgeltliche Vermögensübertragung keine Veräußerung i.S. von § 17 Abs. 1 EStG. Eine Anteilsveräußerung liegt auch dann nicht vor, wenn das Nießbrauchsrecht später abgelöst wird und der Nießbraucher für seinen Verzicht eine Abstandszahlung erhält, sofern der Verzicht auf einer neuen Entwicklung der Verhältnisse beruht (Ablehnung des sog. Surrogationsprinzips).

2. Ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 liegt bei einem abgeschlossenen Rechtsgeschäft nur dann vor, wenn der Rechtsgrund für die später geleisteten Zahlungen bereits in diesem Rechtsgeschäft angelegt ist.

AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; EStG § 17 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 4. Dezember 2003 10 K 294/00 (EFG 2004, 652)

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BFH-Urteil vom 17.6.2005 (VI R 109/00) BStBl. 2006 II S. 17

Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse für eine Ersatzkraft im Rahmen der Haushaltshilfe an nahe Angehörige (§ 38 Abs. 4 Satz 2 SGB V) unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.

EStG § 32b Abs. 1 Nr. 1b; SGB V § 38 Abs. 4 Satz 2.

Vorinstanz: FG Münster vom 21. Oktober 1999 14 K 4736/97 E (EFG 2000, 1005)

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BFH-Urteil vom 6.7.2005 (XI R 87/03) BStBl. 2006 II S. 18

Ein Tankstellenbetreiber hat den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen Betätigung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG am Ort der Tankstelle. Das gilt auch, wenn er überwiegend im häuslichen Arbeitszimmer tätig ist.

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b

Vorinstanz: FG München vom 1. Oktober 2003 1 K 2530/02 (EFG 2004, 178)

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BFH-Urteil vom 3.8.2005 (I R 94/03) BStBl. 2006 II S. 20

1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind u.a. zu aktivieren, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.

2. Die Auslegung von Verträgen obliegt dem FG als Tatsacheninstanz und ist daher für das Revisionsgericht bindend, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt.

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1 Satz 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2; FGO § 118 Abs. 2.

Vorinstanz: FG München vom 9. Oktober 2003 7 K 4861/01 (EFG 2004, 214)

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 BFH-Urteil vom 10.8.2005 (VIII R 26/03) BStBl. 2006 II S. 22

1. Die Bewertungseinheit der Beteiligung an einer AG schließt die Einzelbewertung von Aktien nicht aus, sobald sie nicht mehr dazu bestimmt sind, eine dauernde Verbindung zu der AG herzustellen.

2. Bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Einziehung unentgeltlich zur Verfügung gestellter Aktien (§ 237 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 und 5 AktG) gehen die anteiligen Buchwerte der von einem Aktionär zur Einziehung zur Verfügung gestellten Aktien mit deren Übergabe auf die dem Aktionär verbleibenden Aktien anteilig über, soweit die Einziehung bei diesen Aktien zu einem Zuwachs an Substanz führt.

3. Soweit die Einziehung der von dem Aktionär zur Verfügung gestellten Aktien bei den Aktien anderer Aktionäre zu einem Zuwachs an Substanz führt, ist der auf die eingezogenen Aktien entfallende anteilige Buchwert von dem Aktionär ergebniswirksam auszubuchen.

AktG § 71 Abs. 1 Nr. 4, § 207 Abs. 1, § 220, § 237 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, Abs. 5, § 238; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; GmbHG § 57o; HGB § 255 Abs. 1, § 266 Abs. 2 A. III. Nr. 3, § 271 Abs. 1 Satz 1, § 272 Abs. 1 Sätze 4 bis 6; KapErHStG § 3.

Vorinstanz: FG München, Außensenate Augsburg, vom 18. April 2002 15 K 3814/98 (EFG 2002, 1082)

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BFH-Urteil vom 8.9.2005 (IV R 40/04) BStBl. 2006 II S. 26

Der Gewinn aus der Veräußerung von zu erstellenden Eigentumswohnungen ist dann realisiert, wenn mehr als die Hälfte der Erwerber das im Wesentlichen fertig gestellte Gemeinschaftseigentum ausdrücklich oder durch mindestens drei Monate lange rügelose Ingebrauchnahme konkludent abgenommen haben. Die Gewinnrealisierung betrifft nur die von diesen Erwerbern geschuldeten Entgelte.

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 640.

Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 27. November 2003 3 K 528/01

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BFH-Urteil vom 18.8.2005 (VI R 32/03) BStBl. 2006 II S. 30

1. Eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse ist grundsätzlich möglich, wenn die Zuwendungen bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gemischt veranlasst sind.

2. Bei gemischt veranlassten Reisen sind für die Aufteilung zunächst die Kostenbestandteile der Reise abzutrennen, die sich leicht und eindeutig dem betriebsfunktionalen Bereich und dem Bereich, der sich als geldwerter Vorteil darstellt, zuordnen lassen. Die danach verbleibenden Kosten sind grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung (§ 162 AO 1977) aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab ist dabei in der Regel das Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem Reise-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Reise-Bestandteilen stehen.

3. Der Wert einer dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Reise kann grundsätzlich anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber für die Reise aufgewendet hat. Sofern sich ein Beteiligter auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort nach den aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Reise nicht entspricht.

4. Macht der Arbeitgeber in schwierigen Fällen, in denen ihm bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt Zweifel über die Rechtslage kommen müssen, von der Möglichkeit der Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) keinen Gebrauch, so ist ein auf dieser Unterlassung beruhender Rechtsirrtum grundsätzlich nicht entschuldbar und steht der Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Wege der Haftung nicht entgegen.

EStG § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 3, § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1 bis 3, § 42e; AO 1977 § 5, § 162; FGO § 11 Abs. 2, § 102

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 28. März 2003 3 K 218/99 (EFG 2003, 1779)

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BFH-Urteil vom 24.8.2005 (II R 16/02) BStBl. 2006 II S. 36

1. Ein ausdrücklich so bezeichneter "Erbschaftsteuerbescheid" für einen Erwerb von Todes wegen schließt nach seinem objektiven Erklärungsinhalt eine zusammenfassende Steuerfestsetzung für weitere Erwerbe (Vorschenkungen) aus.

2. Der "Erbschaftsteuerbescheid" ist wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 ErbStG rechtswidrig, soweit seine Steuerfestsetzung auf einer Zusammenrechnung des Werts des Erwerbs von Todes wegen mit dem Wert der Vorschenkungen beruht, ohne einen Steuerabzug für die früheren Erwerbe (Vorschenkungen) vorzunehmen.

ErbStG (bis Ende 1995) § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Satz 1; AO 1977 § 119, § 157.

Vorinstanz: FG Münster vom 31. Januar 2002 3 K 4712/97 Erb (EFG 2002, 704)

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BFH-Beschluss vom 18.8.2005 (VI R 123/94) BStBl. 2006 II S. 39

Hat ein Steuerpflichtiger nach einer Entscheidung des BVerfG für die Vergangenheit einen verfassungswidrigen Rechtszustand hinzunehmen und wird deshalb ein Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, dem FA die Verfahrenskosten auch insoweit aufzuerlegen, als der Steuerpflichtige bezüglich des verfassungswidrigen Sonderopfers nicht hat obsiegen können.

FGO § 143 Abs. 1, § 138 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 16. Januar 1990 7 K 5430/88

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BFH-Beschluss vom 20.10.2005 (VII B 207/05) BStBl. 2006 II S. 41

1. Die Aufbewahrung und Verwaltung von Gerichtsakten nach Abschluss eines Verfahrens ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Spruchkörpers, der mit ihm befasst war, sondern der Gerichtsverwaltung. Dementsprechend muss ggf. die Gerichtsverwaltung eine Entscheidung darüber treffen, ob einem Beteiligten nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens Akteneinsicht gewährt werden soll.

2. Das Akteneinsichtsrecht nach § 78 FGO dient allein der Prozessführung und erlischt, sobald das betreffende Verfahren endgültig abgeschlossen ist.

3. Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Vorsitzenden, Einsicht in die Akte eines abgeschlossenen Verfahrens zu verweigern, ist jedenfalls dann nicht unzulässig, sondern unbegründet, wenn einziger Streitpunkt ist, ob wegen des rechtskräftigen Abschlusses des Verfahrens das Recht auf Akteneinsicht nach § 78 Abs. 1 FGO erloschen ist.

FGO §§ 78, 128, 155; ZPO § 299 Abs. 2; GKG § 21.

Vorinstanz: FG München vom 28. Juli 2005 14 K 1401/01

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BFH-Urteil vom 29.9.2005 (II R 36/04) BStBl. 2006 II S. 43

Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand über und scheidet einer der bisherigen Miteigentümer aus der Gesamthand aus mit der Folge, dass die Übertragung seines Miteigentumsanteils auf die Gesamthand nicht nach § 5 Abs. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist, ist die Festsetzung von Grunderwerbsteuer für diesen Erwerbsvorgang nicht in entsprechender Anwendung des § 16 GrEStG aufzuheben, wenn später die Rückgängigmachung dieses Ausscheidens vereinbart wird.

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1, § 16.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 5. Mai 2004 7 K 6255/03 GE (EFG 2004, 1387)

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 BFH-Urteil vom 18.8.2005 (V R 42/03) BStBl. 2006 II S. 44

Die Übertragung von Senderechten an Übersetzungen von Nachrichtensendungen in die Deutsche Gebärdensprache unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG 1999 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

UStG 1999 § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c; Richtlinie 77/388/EWG Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3, Anhang H Nr. 8; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 3 Satz 1, § 20, § 49 Abs. 2; BGG § 6 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 26. Juni 2003 10 K 1132/02 (EFG 2003, 1507)

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BFH-Urteil vom 15.2.2005 (IX R 32/03) BStBl. 2006 II S. 51

Wird ein zunächst zu fremden Wohnzwecken genutztes und gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG mit 7 v.H. degressiv abgeschriebenes Gebäude nunmehr zu fremdbetrieblichen Zwecken genutzt, so muss der Steuerpflichtige nicht zur linearen AfA gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG übergehen, sondern kann weiterhin eine degressive AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe von 5 v.H. beanspruchen (entgegen R 44 Abs. 8 Satz 2 2. Halbsatz EStR).

EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 7, § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 (= § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1990).

Vorinstanz: FG München vom 25. April 2003 10 K 4717/01 (EFG 2003, 1078)

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 BFH-Urteil vom 6.7.2005 (VIII R 71/04) BStBl. 2006 II S. 53

Die nachträgliche Verlängerung eines Versicherungsvertrages um drei Jahre führt trotz gleich bleibender Beitragsleistung steuerrechtlich zu einem neuen Vertrag, wenn die Möglichkeit der Vertragsänderung im ursprünglichen Versicherungsvertrag nicht vorgesehen war und sich aufgrund der Vertragsänderung die Laufzeit des Vertrages, die Prämienzahlungsdauer, die insgesamt zu entrichtenden Versicherungsbeiträge und die Versicherungssumme ändern.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 15. Juli 2004 10 K 654/98 (EFG 2005, 278)

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BFH-Urteil vom 6.7.2005 (XI R 46/04) BStBl. 2006 II S. 55

Schadensersatz, der einem Steuerpflichtigen infolge einer schuldhaft verweigerten Wiedereinstellung zufließt, ist eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, die bei zusammengeballtem Zufluss tarifbegünstigt zu besteuern ist.

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34 Abs. 1, 2

Vorinstanz: FG München vom 20. Juli 2004 12 K 586/02 (EFG 2005, 281)

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BFH-Urteil vom 10.8.2005 (VIII R 78/02) BStBl. 2006 II S. 58

1. Wirtschaftsgüter, die zum Zwecke der dauerhaften Einbindung in einen bereits bestehenden Geschäftsbetrieb erworben werden, sind - vorbehaltlich eines Gestaltungsmissbrauchs - auch dann im Anlagevermögen auszuweisen, wenn die gesamte organisatorische Einheit (Betrieb einschließlich erworbener Wirtschaftsgüter) kurze Zeit später mit der Absicht ihrer Weiterführung veräußert wird.

2. Gleiches gilt, wenn der Betrieb zwar aufgrund des Zurückbehalts wesentlichen Sonderbetriebsvermögens (hier: Grundstücke) i.S. von § 16 Abs. 3 EStG aufgegeben, durch dessen Vermietung an den Betriebserwerber die fortdauernde Funktionsfähigkeit der bisherigen unternehmerischen Einheit jedoch sichergestellt wird.

3. Die Anweisung in R 44 Abs. 2 Satz 3 EStR 2003 zur Inanspruchnahme von Halbjahresabschreibungen für vor dem 1. Januar 2004 erworbene (oder hergestellte) bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bindet die Gerichte nicht, wenn sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (hier: Minderung des laufenden Gewinns zugunsten eines höheren Veräußerungs- oder Aufgabegewinns).

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 7 Abs. 1, § 16; HGB § 247 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 7. September 2001 18 K 8374/97 F

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 BFH-Urteil vom 7.9.2005 (VIII R 90/04) BStBl. 2006 II S. 61

Die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist auch in den Veranlagungszeiträumen seit 1994 nicht verfassungswidrig.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6, Nr. 7, Abs. 4, § 24c, § 45d; GG Art. 3 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München vom 16. September 2003 12 K 1013/03

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 BFH-Urteil vom 21.9.2005 (X R 32/03) BStBl. 2006 II S. 66

1. Erklärt der Steuerpflichtige, eine Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG vorzeitig - d.h. bereits mit Wirkung für das Folgejahr ihrer Bildung - auflösen zu wollen, so dokumentiert er damit eindeutig, dass er von der geplanten Investition Abstand genommen hat. Damit entzieht er einer nur teilweisen Fortführung der Rücklage bis zum Ablauf der Zwei-Jahres-Frist des § 7g Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 EStG die rechtliche Grundlage.

2. Das Recht zur vorzeitigen Auflösung der Ansparrücklage kann längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden, auf welche sich die Auflösung auswirken soll.

EStG § 7g Abs. 3 bis 6. 

Vorinstanz: FG München vom 23. Juli 2003 1 K 1615/02 (EFG 2003, 1605)

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 BFH-Urteil vom 13.10.2005 (IV R 33/04) BStBl. 2006 II S. 68

Das Entnahmeprivileg für den zu einer neu errichteten Altenteilerwohnung gehörenden Grund und Boden gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 5 EStG) setzt voraus, dass diese Wohnung nach ihrer Fertigstellung auch tatsächlich von einem Altenteiler genutzt wird.

EStG 1997 § 52 Abs. 15 Satz 10; EStG 2002 § 4 Abs. 1 Satz 4, § 13 Abs. 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 10. Juni 2004 10 K 523/01 (EFG 2004, 1691)

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 BFH-Urteil vom 17.8.2005 (IX R 10/05) BStBl. 2006 II S. 71

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Wohnung zu einem Mietpreis, der innerhalb der Mietpreisspanne des Mietspiegels der Gemeinde liegt, scheidet regelmäßig die Annahme eines geldwerten Vorteils durch verbilligte Wohnraumüberlassung aus.

EStG § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 24. März 2003 12 K 321/02

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 BFH-Urteil vom 14.9.2005 (VI R 37/03) BStBl. 2006 II S. 72

Übernimmt der Arbeitgeber die Straßenbenutzungsgebühren (Vignetten, Mautgebühren) für die mit einem Firmenwagen unternommenen Privatfahrten seines Arbeitnehmers, liegt darin die Zuwendung eines geldwerten Vorteils, der nicht von der Abgeltungswirkung der 1 v.H.-Regelung erfasst wird.

EStG § 8 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 18. Dezember 2002 13 K 2376/01 E

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 BFH-Beschluss vom 30.9.2005 (V S 12, 13/05) BStBl. 2006 II S. 75

1. Die Voraussetzungen einer Anhörungsrüge nach § 133a FGO sind nur dargelegt, wenn der Antragsteller die (entscheidungserhebliche) Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt.

2. Das Vorbringen, die angefochtene Entscheidung sei materiell fehlerhaft, erfüllt diese Voraussetzung nicht.

3. Die Beteiligten müssen vor einer Verbindung zweier Nichtzulassungsbeschwerden zu gemeinsamer Entscheidung nicht gehört werden.

FGO § 73 Abs. 1 Satz 1, § 116, § 121 Satz 1, § 133a.

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 BFH-Beschluss vom 13.10.2005 (IV S 10/05) BStBl. 2006 II S. 76

1. Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen Verfahrensordnungen zum 1. Januar 2005 sollte das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden. Wird also mit einer entsprechenden Eingabe nicht die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, ist diese Eingabe weiterhin als Gegenvorstellung im herkömmlichen Sinne zu werten (Beseitigung der im BFH-Beschluss vom 8. September 2005 IV B 42/05, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, geäußerten Zweifel).

2. Mangels einer besonderen Rechtsgrundlage ist die Gegenvorstellung ab 1. Januar 2005 unmittelbar auf Art. 19 Abs. 4 GG zu stützen. Sie ist damit weder fristgebunden noch kostenpflichtig.

GG Art. 19 Abs. 4; FGO § 133a; ZPO § 321a Abs. 2 Satz 1.

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BFH-Beschluss vom 20.10.2005 (III S 20/05) BStBl. 2006 II S. 77

Hebt die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld auf, bemisst sich der Streitwert in einem Verfahren gegen den Aufhebungsbescheid nur nach dem Kindergeldbetrag für das Kind, für das der Anspruch streitig ist. Mittelbare Auswirkungen auf das Kindergeld für weitere Kinder des Anspruchsberechtigten bleiben außer Betracht.

EStG § 66 Abs. 1; GKG § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, § 52 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 2 Satz 2. 

Vorinstanz: BFH vom 15. Dezember 2004 VIII B 181/04

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BFH-Urteil vom 30.6.2005 (III R 47/03) BStBl. 2006 II S. 78

Überlässt ein Mineralölunternehmen mit Zweigstellen im Fördergebiet Tankstellen, die es im Fördergebiet errichtet hat, Tankstellenverwaltern als selbständigen Handelsvertretern zum Betrieb, sind die Tankstellen nicht - auch nicht teilweise - (Vertriebs-)Betriebsstätten des Mineralölunternehmens, sondern ausschließlich (Handels-)Betriebsstätten der Tankstellenverwalter.

Wirtschaftsgüter, die das Mineralölunternehmen nach dem 31. Dezember 1992 und vor dem 1. Januar 1997 für die überlassenen Tankstellen angeschafft oder hergestellt hat, sind nicht zulagenbegünstigt, weil sie in einer von der Gewährung der Investitionszulage ausgeschlossenen Betriebsstätte des Handels verblieben sind.

AO 1977 § 12 Satz 1, Satz 2 Nrn. 5 und 6, § 13; HGB § 84; InvZulG 1993 § 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, § 3 Satz 2; InvZulG 1996 § 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2, § 3 Satz 3.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 14. Mai 2003 16 K 1746/01 Inv, AO

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BFH-Urteil vom 30.6.2005 (III R 76/03) BStBl. 2006 II S. 84

Im Fördergebiet errichtete Tankstellen, die ein außerhalb des Fördergebiets ansässiges Mineralölunternehmen Tankstellenverwaltern als selbständigen Handelsvertretern zum Betrieb überlässt, sind nicht - auch nicht teilweise - Betriebsstätten des Mineralölunternehmens, sondern ausschließlich Betriebsstätten der Tankstellenverwalter. Von dem Mineralölunternehmen für diese Tankstellen angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter sind daher mangels Zugehörigkeit zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet nicht zulagenbegünstigt.

AO 1977 § 12 Satz 1, Satz 2 Nrn. 5 und 6, § 13; HGB § 84; InvZulG 1991/1993 § 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 28. Oktober 2003 VI 216/01 (EFG 2004, 582)

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 BFH-Urteil vom 15.9.2005 (III R 28/03) BStBl. 2006 II S. 89

1. Mit der Herstellung eines Gebäudes ist i.S. von § 2 Abs. 4 Satz 3 InvZulG 1999 i.d.F. des StBereinG 1999 vom 22. Dezember 1999 grundsätzlich in dem Zeitpunkt begonnen, in dem der Bauantrag gestellt wird.

2. Der Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 5 InvZulG 1999 i.d.F. des InvZulÄndG vom 20. Dezember 2000, nach der als Beginn der Herstellung bei Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt gilt, in dem der Bauantrag gestellt wird, wirkt nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück.

3. Die Beschränkung der Zulagenförderung auf nach dem 24. August 1997 begonnene Investitionen durch das StBereinG 1999 verletzt kein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen eines Investors, der seine Investition vor dem Stichtag begonnen hat, da die vorherige Regelung unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Europäischen Kommission stand.

InvZulG 1999 § 2 Abs. 4.

Vorinstanz: Sächsisches FG vom 5. März 2003 1 K 32/02 (EFG 2003, 1647)

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BFH-Urteil vom 14.9.2005 (VI R 89/98) BStBl. 2006 II S. 92

Die Pauschalierung der Lohnsteuer für Aushilfskräfte in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft nach § 40a Abs. 3 EStG ist auch dann zulässig, wenn der Betrieb einer Personengesellschaft, die Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG betreibt, nur wegen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (Abfärbetheorie) als Gewerbebetrieb gilt.

EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 40 Abs. 3, § 40a Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 13. Mai 1997 2 K 1274/96 (EFG 1997, 1191)

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BFH-Urteil vom 5.10.2005 (VI R 152/01) BStBl. 2006 II S. 94

Ein angestellter Chefarzt bezieht mit den Einnahmen aus dem ihm eingeräumten Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen in der Regel Arbeitslohn, wenn die wahlärztlichen Leistungen innerhalb des Dienstverhältnisses erbracht werden.

EStG § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; FGO § 100 Abs. 1 Satz 4, § 139 Abs. 4.

Vorinstanz: FG München vom 27. April 2001 8 K 3699/98 (EFG 2002, 623)

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BFH-Urteil vom 21.4.2005 (V R 16/04) BStBl. 2006 II S. 96

Vor Ergehen des EuGH-Urteils Karlheinz Fischer vom 11. Juni 1998 Rs. C-283/95 (Slg. 1998, I-3369, UR 1998, 384) war unklar, inwieweit Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG die Besteuerung von Glücksspielen verbietet. Ein sich nach den Urteilen Karlheinz Fischer und Linneweber/Akritidis (EuGH-Urteil vom 17. Februar 2005 Rs. C-453/02, C-462/03, Linneweber/ Akritidis, Beilage zu BFH/NV 2005, 94) möglicherweise ergebender Schadensersatzanspruch könnte allenfalls die Schäden abdecken, die nach Ergehen dieser Urteile durch die - möglicherweise gemeinschaftsrechtswidrige - Aufrechterhaltung der Vorschrift des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG entstanden sind.

UStG 1991 § 4 Nr. 9 Buchst. b; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. f.

Vorinstanz: FG Münster vom 24. Juni 2003 5 K 4783/01 AO (EFG 2004, 1103)

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BFH-Urteil vom 9.6.2005 (V R 50/02) BStBl. 2006 II S. 98

1. Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 sind unter "Zutaten" und "sonstige Nebensachen" Lieferungen zu verstehen, die bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen.

2. Die orthopädische Zurichtung von Konfektionsschuhen ist eine sonstige Leistung; deshalb kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 i.V.m. Nr. 52 Buchst. b der Anlage hierzu nicht in Betracht.

UStG 1993 § 3 Abs. 4, § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage Nr. 52 Buchst. b; Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 19. September 2002 5 K 586/99 (EFG 2003, 196)

 

 

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