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BFH-Urteil vom 27.4.2005 (I R 75/04) BStBl. 2005 II S. 702

Eine Pensionszusage ist i.S. des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG "schriftlich" erteilt, wenn der Pensionsverpflichtete eine schriftliche Erklärung mit dem in der Vorschrift genannten Inhalt abgibt und der Adressat der Zusage das darin liegende Angebot nach den Regeln des Zivilrechts annimmt. Dafür reicht eine mündliche Erklärung des Pensionsberechtigten aus.

EStG § 6a Abs. 1 Nr. 3.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 2. September 2003 2 K 1263/01 (EFG 2004, 1859)

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BFH-Urteil vom 28.4.2005 (IV R 30/04) BStBl. 2005 II S. 704

Eine unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Höchstgrenze gebildete Ansparrücklage ist auch dann gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG in voller Höhe erfolgswirksam aufzulösen, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt und das FA die Höhe der Rücklage nicht beanstandet hat. Der Auflösungsbetrag unterliegt in vollem Umfang dem Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 und 6 EStG.

EStG § 4 Abs. 3, § 7g Abs. 4, 5 und 6.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 22. April 2004 3 K 357/01 (EFG 2004, 1587)

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BFH-Urteil vom 31.5.2005 (X R 36/02) BStBl. 2005 II S. 707

1. Hat der betrieblich beteiligte Gesellschafter einer GmbH oder eine diesem nahe stehende Person die Bürgschaft für Schulden der GmbH übernommen und löst der Bürge die Bürgschaft durch eine befreiende (privative) Übernahme der Hauptschuld ab, so führt diese Schuldübernahme nur insoweit zu einer (mittelbaren) verdeckten Einlage des Gesellschafters in das Vermögen der GmbH und damit zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters auf seine GmbH-Beteiligung, als der im Zeitpunkt der Ablösung der Bürgschaft bestehende Freistellungsanspruch des Bürgen gegen die GmbH (Hauptschuldnerin) noch werthaltig war (Anschluss an BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998 307; Abgrenzung von BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2001 I B 74/01, BFH/NV 2002, 678).

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen Aufwendungen des Nichtgesellschafter-Ehegatten, die dieser ohne eigenwirtschaftliches Interesse zur Förderung der betrieblichen Beteiligung des anderen Ehegatten an einer Kapitalgesellschaft tätigt, zu Betriebsausgaben des Gesellschafter-Ehegatten führen.

EStG § 4 Abs. 3 und 4; BGB § 397, § 415 Abs. 3, § 774 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 25. Mai 2000 6 K 1421/97

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 40/04) BStBl. 2005 II S. 712

Ein Arbeitnehmer kann für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die höheren Aufwendungen für die an einzelnen Tagen benutzten öffentlichen Verkehrsmittel auch dann in voller Höhe als Werbungskosten abziehen, wenn er für die übrigen Arbeitstage die Entfernungspauschale geltend macht.

EStG § 9 Abs. 2 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2.

Vorinstanz: FG München vom 9. Juli 2004 8 K 4370/03 (EFG 2005, 31)

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BFH-Beschluss vom 12.5.2005 (V B 146/03) BStBl. 2005 II S. 714

1. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig und hat deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie nach den gesetzlichen Grundlagen und der dazu ergangenen Rechtsprechung eindeutig so zu beantworten ist, wie es das FG in dem angefochtenen Urteil getan hat.

2. Die in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG bezeichneten Leistungen sind nur steuerbefreit, wenn sie von den im Gesetz bezeichneten Unternehmern erbracht werden.

UStG 1993 § 4 Nr. 22 Buchst. a; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und i.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 15. Mai 2003 5 K 6/01 (EFG 2003, 1502)

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BFH-Beschluss vom 15.7.2005 (I R 21/04) BStBl. 2005 II S. 716

Die Hinzurechnungen der Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG 1991 und der Teilwerte der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG 1991 beim Mieter oder Pächter verstoßen weder gegen gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbote noch gegen den Gleichheitssatz.

GewStG 1991 § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 1; EGV Art. 59 (= EG Art. 49); GG Art. 3 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 16. Juli 2003 6 K 14/00 (EFG 2003, 1644)

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BFH-Urteil vom 21.4.2005 (III R 10/03) BStBl. 2005 II S. 718

1. Setzt das FA die Investitionszulage im Hinblick auf den noch nicht feststehenden Abschlusszeitpunkt der Investition vorläufig fest, hat es bei der endgültigen Festsetzung zwischenzeitliche, die vorläufige Festsetzung betreffende Gesetzesänderungen (Verkürzung des Investitionszeitraums) zu berücksichtigen.

2. Wird der gesetzliche Investitionszeitraum verlängert, nachdem der Investor die Investitionsentscheidung getroffen und den Antrag auf Investitionszulage gestellt hat, die Verlängerung aber vor der endgültigen Festsetzung der Investitionszulage aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen wieder rückgängig gemacht, verletzt diese rückwirkende Gesetzesänderung jedenfalls dann kein von Verfassungs wegen geschütztes Vertrauen des Investors, wenn er im Hinblick auf die ursprüngliche Verlängerung des Investitionszeitraums seine Disposition nicht geändert hat.

AO 1977 § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 165 Abs. 1 und 2; GG Art. 20 Abs. 3; InvZulG 1991/1993 § 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a; InvZulG 1996 § 3 Satz 1 Nr. 3.

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. Juni 2001 1 K 793/98

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BFH-Beschluss vom 14.7.2004 (I R 94/02) BStBl. 2005 II S. 721

1. Eine Stiftung fördert auch dann die Allgemeinheit i.S. des § 52 Abs. 1 AO 1977, wenn sie ihre Zwecke ausnahmslos oder überwiegend im Ausland erfüllt und ihre Förderung vorzugsweise auf die Jugend eines Staates (hier: der Schweiz) oder einer Stadt (hier: Bern) beschränkt ist.

2. Die formelle Satzungsmäßigkeit nach § 59 AO 1977 erfordert hinsichtlich der steuerbegünstigten Zweckverfolgung nicht die ausdrückliche Verwendung der Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar".

3. Die satzungsmäßige Vermögensbindung (§ 61 Abs. 1 AO 1977) ist bei einer staatlich beaufsichtigten Stiftung auch dann nach § 62 AO 1977 entbehrlich, wenn es sich um eine Stiftung ausländischen Rechts handelt, die der Stiftungsaufsicht eines EU-Mitgliedstaates unterfällt.

4. Dem EuGH wird die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Widerspricht es Art. 52 i.V.m. Art. 58, Art. 59 i.V.m. Art. 66 und 58 sowie Art. 73b EGV, wenn eine gemeinnützige Stiftung privaten Rechts eines anderen Mitgliedstaates, die im Inland mit Vermietungseinkünften beschränkt steuerpflichtig ist, anders als eine im Inland gemeinnützige unbeschränkt steuerpflichtige Stiftung mit entsprechenden Einkünften nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist?

KStG 1996 § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 Nr. 3; EStG § 21, § 49 Abs. 1 Nr. 6; AO 1977 § 52, § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 59, § 60, § 61 Abs. 1, § 62, § 63; EGV Art. 52, 58, 59, 66, 73b (= EG Art. 43, 48, 49, 55, 56).

Vorinstanz: FG München vom 30. Oktober 2002 7 K 1384/00 (EFG 2003, 481)

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BFH-Urteil vom 25.5.2005 (IX R 72/02) BStBl. 2005 II S. 725

Pauschale Zuschläge können nach § 3b EStG steuerfrei sein, wenn sie als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit gezahlt werden. Der fehlende Nachweis tatsächlich erbrachter Arbeitsleistungen kann nicht durch eine Modellrechnung ersetzt werden.

EStG § 3b.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 26. Februar 2002 V 82/02 (EFG 2002, 601)

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BFH-Urteil vom 7.7.2005 (IX R 7/05) BStBl. 2005 II S. 726

Der Arbeitgeber leistet einen Beitrag für eine Direktversicherung seines Arbeitnehmers grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem er seiner Bank einen entsprechenden Überweisungsauftrag erteilt.

EStG § 40b Abs. 1 und Abs. 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 22. Januar 2003 13 K 175/98 (EFG 2005, 1116)

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BFH-Urteil vom 2.3.2005 (II R 43/03) BStBl. 2005 II S. 728

Bei der Berücksichtigung früherer Erwerbe nach § 14 ErbStG ist die Erbschaft- oder Schenkungsteuer für den letzten Erwerb so zu berechnen, dass sich der dem Steuerpflichtigen zur Zeit dieses Erwerbs zustehende persönliche Freibetrag tatsächlich auswirkt, soweit er nicht innerhalb von zehn Jahren vor diesem Erwerb verbraucht worden ist.

ErbStG § 14 Abs. 1, § 16.

Vorinstanz: FG Köln vom 29. Juli 2003 9 K 6569/00 (EFG 2003, 1716)

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BFH-Urteil vom 10.3.2005 (V R 29/03) BStBl. 2005 II S. 730

Geschäftsführungsleistungen eines GmbH-Geschäftsführers können als selbständig i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beurteilen sein. Die Organstellung des GmbH-Geschäftsführers steht dem nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung).

UStG 1999 § 2 Abs. 2 Nr. 1; Richtlinie 77/388/EWG Art. 4 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Köln vom 30. April 2003 6 K 5692/01 (EFG 2004, 539)

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BFH-Urteil vom 18.5.2005 (VIII R 100/02) BStBl. 2005 II S. 735

Wurden bei der erstmaligen Steuerfestsetzung keine Erstattungs- oder Nachzahlungszinsen festgesetzt, weil die Frist des § 233a Abs. 2 AO 1977 noch nicht abgelaufen war, so sind nach einer Änderung der Steuerfestsetzung Zinsen auf der Grundlage des Unterschieds zwischen dem neuen und dem früheren Soll gemäß § 233a Abs. 5 Satz 2 AO 1977 zu berechnen.

AO 1977 § 233a.

Vorinstanz: FG Köln vom 26. Juli 2002 14 K 53/02 (EFG 2002, 1424)

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BFH-Urteil vom 5.6.2002 (I R 96/00) BStBl. 2005 II S. 736

Verpflichtet sich ein Hörgeräte-Akustiker beim Verkauf einer Hörhilfe für einen bestimmten Zeitraum zur kostenlosen Nachbetreuung des Gerätes und des Hörgeschädigten in technischer und medizinischer Hinsicht, hat er für diese Verpflichtung eine Rückstellung zu bilden (Abgrenzung zum BFH-Urteil in BFHE 170, 149, BStBl II 1994, 158).

KStG § 8 Abs. 1; EStG § 5 Abs. 1 Satz 1; HGB § 249 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Berlin vom 8. Mai 2000 8 K 8059/97 (EFG 2000, 1306)

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BFH-Urteil vom 14.12.2004 (VIII R 5/02) BStBl. 2005 II S. 739

1. Beteiligt sich ein Kapitalanleger an einem sog. Schneeballsystem, mit dem ihm vorgetäuscht wird, in seinem Auftrag und für seine Rechnung würden Geschäfte auf dem Kapitalmarkt getätigt, so ist der vom Kapitalanleger angenommene Sachverhalt der Besteuerung zugrunde zu legen.

2. Bei der Entscheidung, ob einer der in § 20 EStG oder § 23 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, kommt es entscheidend darauf an, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als des Leistungsempfängers bei objektiver Betrachtungsweise darstellt.

EStG 1989 § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 b.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 20. September 2001 3 K 25/01

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BFH-Urteil vom 14.12.2004 (VIII R 81/03) BStBl. 2005 II S. 746

1. Bei der Entscheidung, ob einer der in § 20 EStG oder § 23 EStG aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, kommt es entscheidend darauf an, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als des Leistungsempfängers bei objektiver Betrachtungsweise darstellt.

2. Beteiligt sich ein Kapitalanleger an einem sog. Schneeballsystem, mit dem ihm vorgetäuscht wird, in seinem Auftrag und für seine Rechnung würden "Treasury-Bond-Optionen" erworben, so ist dieser von ihm angenommene Sachverhalt der Besteuerung zugrunde zu legen.

3. Hätte der Kapitalanleger, der sich an dem Schneeballsystem beteiligt, erkannt, dass der Erwerb von "Treasury-Bond-Optionen" nur vorgetäuscht war, wären die im Rahmen des Schneeballsystems an ihn ausgezahlten Gewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu erfassen.

EStG 1989 § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 b.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 8. Juli 2003 4 K 27/99 (EFG 2003, 1695)

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BFH-Urteil vom 16.2.2005 (VI R 58/03) BStBl. 2005 II S. 750

Die Steuerbefreiung von Mietvorteilen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis gemäß § 3 Nr. 59 2. Halbsatz EStG ist auf Fälle beschränkt, in denen die Vorteile auf der Förderung nach dem II. WoBauG beruhen.

EStG § 3 Nr. 59 2. Halbsatz i.d.F. vor dem Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts vom 13. September 2001.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG vom 19. August 2003 3 K 272/02 (EFG 2003, 1597)

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BFH-Urteil vom 14.4.2005 (XI R 82/03) BStBl. 2005 II S. 752

Im Unterschied zu einer Gemeinschaftspraxis (Mitunternehmerschaft) hat eine Büro- und Praxisgemeinschaft lediglich den Zweck, den Beruf in gemeinsamen Praxisräumen auszuüben und bestimmte Kosten von der Praxisgemeinschaft tragen zu lassen und umzulegen. Ein einheitliches Auftreten nach außen genügt nicht, um aus einer Bürogemeinschaft eine Mitunternehmerschaft werden zu lassen.

EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3, 4.

Vorinstanz: FG Münster vom 9. Juli 2003 1 K 6926/01 F (EFG 2003, 1618)

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BFH-Urteil vom 19.4.2005 (IX R 15/04) BStBl. 2005 II S. 754

Im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ist die Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen der auf § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beruhenden typisierenden Annahme, eine langfristige Vermietung werde in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führen, deshalb zu prüfen, weil der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht getilgt, indes bei Fälligkeit durch den Einsatz von parallel laufenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollen.

EStG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster vom 20. Januar 2004 6 K 5226/00 E (EFG 2004, 1213)

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BFH-Urteil vom 2.6.2005 (III R 86/03) BStBl. 2005 II S. 756

Für ein behindertes, über 27 Jahre altes Kind besteht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG kein Anspruch auf Kindergeld, wenn die Behinderung nach Ablauf des 27. Lebensjahres eingetreten ist. Diese Altersgrenze, innerhalb derer die Behinderung eingetreten sein muss, ist nicht aufgrund entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG oder aufgrund verfassungskonformer Auslegung um den Zeitraum des vom Kind in früheren Jahren geleisteten einjährigen Grundwehrdienstes auf 28 Jahre zu verlängern.

GG Art. 3 Abs. 3 Satz 2, Art. 12a; EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, § 32 Abs. 5 Satz 1, § 33a, § 33b, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 1. Juli 2003 15 K 254/02 (EFG 2004, 275)

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BFH-Urteil vom 30.6.2005 (IV R 20/04) BStBl. 2005 II S. 758

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG können Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein zum Umlaufvermögen gehörendes Grundstück, die im Jahr der Zahlung nicht geltend gemacht worden sind und infolge der Bestandskraft der entsprechenden Veranlagung auch in diesem Jahr nicht mehr geltend gemacht werden können, nicht ohne weiteres im Jahr der ersten "offenen" Veranlagung abgezogen werden. Das gilt auch dann, wenn der Abzug unterblieben ist, weil der Steuerpflichtige fälschlich davon ausgegangen ist, es handle sich bei dem angeschafften Wirtschaftsgut um Privatvermögen.

EStG § 4 Abs. 1 und 3, § 11 Abs. 2.

Vorinstanz: Thüringer FG vom 4. September 2002 IV 1220/00 (EFG 2004, 1607)

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BFH-Urteil vom 7.7.2005 (IX R 38/03) BStBl. 2005 II S. 760

Entschädigungen, die der Vermieter bei beabsichtigter Selbstnutzung an den Mieter für dessen vorzeitigen Auszug leistet, sind nicht als Werbungskosten abziehbar.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 27. Mai 2003 8 K 155/00 (EFG 2003, 1235)

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BFH-Urteil vom 19.4.2005 (VIII R 68/04) BStBl. 2005 II S. 762

1. Den Tatbestand einer "Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft" i.S. von § 17 EStG erfüllt auch, wer den durch eine Kapitalerhöhung entstehenden neuen Geschäftsanteil anderen gegen Entgelt zur Übernahme überlässt.

2. Tritt die Bedingung für die Zahlung des Entgelts für das Übernahmerecht erst in einem dem Jahr der Veräußerung folgenden Jahr ein, ist der das Jahr der Veräußerung betreffende Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 rückwirkend zu ändern.

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; EStG § 17 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster vom 21. Juni 2004 4 K 5737/02 E (EFG 2005, 200)

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BFH-Urteil vom 23.6.2005 (VI R 124/99) BStBl. 2005 II S. 766

1. Wird einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses durch Übertragung einer nicht handelbaren Wandelschuldverschreibung ein Anspruch auf die Verschaffung von Aktien eingeräumt, wird ein Zufluss von Arbeitslohn nicht bereits durch die Übertragung der Wandelschuldverschreibung begründet.

2. Im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts durch den Arbeitnehmer fließt diesem ein geldwerter Vorteil grundsätzlich erst dann zu, wenn dem Arbeitnehmer durch Erfüllung des Anspruchs das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien verschafft wird.

EStG § 8 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG München vom 24. Juni 1999 10 K 3851/94 (EFG 2000, 494)

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BFH-Urteil vom 23.6.2005 (VI R 10/03) BStBl. 2005 II S. 770

1. Gewährt ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein Darlehen, das mit einem Wandlungsrecht zum Bezug von Aktien ausgestattet ist, wird ein Zufluss von Arbeitslohn nicht bereits durch die Hingabe des Darlehens begründet.

2. Im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts durch den Arbeitnehmer fließt diesem ein geldwerter Vorteil aus dem Bezug von Aktien zu einem unter dem Kurswert liegenden Übernahmepreis grundsätzlich erst dann zu, wenn dem Arbeitnehmer durch Erfüllung des Anspruchs das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien verschafft wird.

3. Überträgt der Arbeitnehmer das Darlehen nebst Wandlungsrecht gegen Entgelt auf einen Dritten, fließt dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil im Zeitpunkt der Übertragung zu.

4. Der geldwerte Vorteil bemisst sich im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts aus der Differenz zwischen dem Börsenpreis der Aktien an dem Tag, an dem der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt, und den Erwerbsaufwendungen.

EStG § 8 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG München vom 11. Dezember 2002 1 K 1365/01 (EFG 2003, 619)

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BFH-Beschluss vom 11.5.2005 (VI R 38/02) BStBl. 2005 II S. 776

Erhebt der im Einspruchsverfahren hinzugezogene Elternteil Klage gegen die Übertragung des eigenen Kinderfreibetrags auf den anderen Elternteil, so ist dieser andere Elternteil notwendig beizuladen (Abgrenzung zum BFH-Beschluss vom 4. Juli 2001 VI B 301/98, BFHE 195, 50, BStBl II 2001, 729).

FGO § 60 Abs. 3 Satz 1, § 123 Abs. 1 Satz 2; EStG § 32 Abs. 6.

Vorinstanz: FG Köln vom 22. Februar 2002 10 K 7501/96 (EFG 2002, 910)

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BFH-Urteil vom 14.6.2005 (VIII R 3/03) BStBl. 2005 II S. 778

Bei einer Betriebsverpachtung ist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG grundsätzlich nicht anzuwenden.

GewStG § 2 Abs. 1, § 9 Nr. 1 Satz 2; EStG § 15 Abs. 2, 3 Nr. 1 und 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 2002 1 K 2373/00 (EFG 2003, 408)

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BFH-Urteil vom 6.7.2005 (II R 9/04) BStBl. 2005 II S. 780

1. Kommt ein nach § 18 GrEStG zu einer Anzeige Verpflichteter seiner Anzeigepflicht durch eine den Anforderungen des § 20 GrEStG entsprechende Anzeige an das zuständige FA nach, wird der Beginn der Festsetzungs-/Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 nicht dadurch weiter hinausgeschoben, dass für denselben Rechtsvorgang nach § 19 GrEStG Anzeigeverpflichtete ihre Anzeigepflicht nicht erfüllt haben.

2. Die Aussage im Urteil vom 16. Februar 1994 II R 125/90 (BFHE 174, 185, BStBl II 1994, 866), § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 stelle nur auf solche Anzeigen ab, zu deren Erstattung der Steuerpflichtige verpflichtet ist, nicht aber auch auf solche, die von vom Steuerpflichtigen unabhängigen Dritten abzugeben sind, ist auf Sachverhalte beschränkt, in denen eine alleinige Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden und Notare besteht.

GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3, § 17 Abs. 2 und Abs. 3, § 18 Abs. 2 Satz 2, § 19 Abs. 1 Nr. 6; AO 1977 § 44 Abs. 1, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Brandenburg vom 20. Januar 2004 3 K 1828/01 (EFG 2004, 676)

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 7/02) BStBl. 2005 II S. 782

1. Der Bezug einer Unterkunft an einer vorübergehenden beruflichen Tätigkeitsstätte (Einsatzwechseltätigkeit) begründet keine doppelte Haushaltsführung. Die mit einer solchen Auswärtstätigkeit verbundenen Fahrt- und Übernachtungskosten sind in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar (Änderung der Rechtsprechung).

2. Die Höhe des Verpflegungsmehraufwands richtet sich bei Auswärtstätigkeiten i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG nach der Abwesenheit des Arbeitnehmers von seiner Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts. Nicht entscheidend ist die Abwesenheitsdauer von der auswärtigen Unterkunft am Einsatzort. Der Abzug des Verpflegungsmehraufwands ist auf die ersten drei Monate des Einsatzes an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt.

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 3 und 5, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 4 und 5, § 9 Abs. 5.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 12. Dezember 2001 2 K 1668/00 (EFG 2002, 321)

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 70/03) BStBl. 2005 II S. 785

1. Für die Wege eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ist die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht anzusetzen.

2. Die Aufwendungen für solche Fahrten sind in der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Höhe abziehbar.

3. Bei Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber scheidet mangels Aufwands des Arbeitnehmers ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten aus.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 28. Oktober 2003 2 K 2889/02 (EFG 2004, 182)

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 15/04) BStBl. 2005 II S. 788

Die Fahrten eines Linienbusfahrers zwischen seiner Wohnung und unterschiedlichen Busdepots, an denen er das zu führende Fahrzeug in wechselndem Turnus zu übernehmen hat und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit fortdauernd und immer wieder aufsucht, sind Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 29. August 2003 3 K 1313/02

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 16/04) BStBl. 2005 II S. 789

Sucht der Arbeitnehmer den Betrieb seines Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit fortdauernd und immer wieder auf, um von dort aus seine berufliche Tätigkeit an ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten anzutreten, so kann er Mehraufwendungen für Verpflegung nicht für die Dauer der Abwesenheit von seiner Wohnung, sondern erst ab Beginn seiner Auswärtstätigkeit außerhalb des Betriebes steuerlich geltend machen.

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3, § 9 Abs. 5.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 12. August 2003 9 K 3893/02 E (EFG 2005, 352)

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 25/04) BStBl. 2005 II S. 791

1. Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist jede dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht.

2. Fahrten des Arbeitnehmers zwischen seiner Wohnung und dem Betriebs- bzw. Firmensitz, von dem aus die Auswärtstätigkeit auf wechselnden Tätigkeitsstätten angetreten wird, betreffen die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Ansatz der Entfernungspauschale).

3. Für die Wege zwischen dem Betriebs- bzw. Firmensitz als regelmäßiger Arbeitsstätte des Arbeitnehmers und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten kann nicht die Entfernungspauschale angesetzt werden; abziehbar sind die hierfür nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Aufwendungen.

4. Bei Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber scheidet mangels Aufwands des Arbeitnehmers ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten aus.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 3 Nr. 26.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 6. Februar 2004 7 K 575/03

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BFH-Urteil vom 11.5.2005 (VI R 34/04) BStBl. 2005 II S. 793

1. Ein Arbeitnehmer, der typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten beruflich tätig ist und dabei am Ort einer solchen auswärtigen Tätigkeitsstätte vorübergehend eine Unterkunft bezieht, kann die Entfernungspauschale weder für die Wege zwischen seiner Wohnung und dem Tätigkeitsort noch - unabhängig von der Entfernung - für die Wege zwischen auswärtiger Unterkunft und Tätigkeitsstätte ansetzen.

2. Die Aufwendungen für solche Fahrten sind in der nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten Höhe abziehbar.

3. Bei Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber scheidet mangels Aufwands des Arbeitnehmers ein Werbungskostenabzug für diese Fahrten aus.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 4 und 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 24. Februar 2004 15 K 136/03

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BFH-Urteil vom 17.6.2005 (VI R 84/04) BStBl. 2005 II S. 795

1. Der Erwerb eines Gebrauchtwagens vom Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der gezahlte Kaufpreis hinter dem nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmenden Wert des Fahrzeugs zurückbleibt. Für den danach maßgeblichen üblichen Endpreis des Fahrzeugs ist nicht auf den Händlereinkaufspreis abzustellen, sondern auf den Preis, den das Fahrzeug unter Berücksichtigung der vereinbarten Nebenleistungen auf dem Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich erzielen würde.

2. Wird zur Bestimmung des üblichen Endpreises eine Schätzung erforderlich, kann sich die Wertermittlung an den im Rechtsverkehr anerkannten Marktübersichten für gebrauchte PKW orientieren. Das Ergebnis dieser Schätzung ist in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar.

EStG § 8 Abs. 2 Satz 1; FGO § 118 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Berlin vom 3. September 2003 6 K 6283/02 (EFG 2005, 596)

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BFH-Urteil vom 6.7.2005 (II R 34/03) BStBl. 2005 II S. 797

1. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist die Steuer insoweit zu stunden, als sie infolge des Abzugsverbots entstanden ist. Der Stundungsbetrag ergibt sich aus der Differenz zwischen der unter Beachtung des Abzugsverbots festzusetzenden und derjenigen Steuer, die ohne das Abzugsverbot entstanden wäre.

2. Wird nach § 13a Abs. 4 Nr. 2 oder 3 ErbStG begünstigtes Vermögen zugewendet, ist bei der Berechnung des Stundungsbetrages die Belastung (Nutzungsrecht) nicht mit dem vollen Kapitalwert, sondern gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG nur mit einem im Hinblick auf die Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG verhältnismäßig geminderten Betrag zu berücksichtigen.

ErbStG § 10 Abs. 5 und 6, § 13a Abs. 4, § 25 Abs. 1 Sätze 1 und 2; BewG § 33 Abs. 3 Nr. 2, § 103 Abs. 1, § 118 Abs. 1 und 2, § 121, § 140, § 141 Abs. 1 Nr. 1 und 2; FGO § 96 Abs. 1 Satz 2, § 121.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 28. Mai 2003 4 K 2649/01 Erb (EFG 2003, 1259)

 

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