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BFH-Urteil vom 23.2.2006 (III R 82/03) BStBl. 2008 II S. 702

Geht ein volljähriges Kind, das die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllt, einer Teilzeiterwerbstätigkeit von 20 Stunden in der Woche nach, besteht weiterhin eine typische Unterhaltssituation, die es rechtfertigt, für das Kind Kindergeld zu gewähren, sofern die Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen. Die Höhe der von dem Kind erzielten Einkünfte und Bezüge ist für die Beurteilung, ob eine die Berücksichtigung als Kind ausschließende Vollzeiterwerbstätigkeit anzunehmen ist, nicht entscheidend.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 19. August 2002 2 K 4659/00

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BFH-Urteil vom 23.2.2006 (III R 8/05, III R 46/05) BStBl. 2008 II S. 704

Ein Kind, das sich aus einer Erwerbstätigkeit heraus um einen Studienplatz bewirbt, kann ab dem Monat der Bewerbung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG beim Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen sein, wenn es sich bei der Tätigkeit nicht um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, Satz 2, § 63 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 9. Dezember 2004 6 K 2938/03 (EFG 2005, 533) und vom 7. Juni 2005  6 K 2636/03

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BFH-Urteil vom 2.4.2008 (IX R 76/06) BStBl. 2008 II S. 706

Die Gewährung eines Darlehens oder die Übernahme einer Bürgschaft für eine Aktiengesellschaft durch einen Aktionär, der an der Gesellschaft nicht unternehmerisch beteiligt ist, führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung.

EStG § 17 Abs. 1, 2 und 4; HGB § 255 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 19. Mai 2006 12 K 6536/04 E (EFG 2006, 1898)

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BFH-Urteil vom 24.4.2008 (IV R 30/05) BStBl. 2008 II S. 707

Für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, ist auf den bis zum Entnahmezeitpunkt bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang abzustellen. Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestimmt sich nach der tatsächlichen Nutzung sowie den tatsächlichen gegendüblichen Verhältnissen im Entnahmezeitpunkt. Auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung nach diesem Zeitpunkt kommt es demgegenüber nicht an (Aufgabe der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95, BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50).

Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung ist auch dann bereits im Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gelöst, wenn die Nutzungsänderung der Grundstücksfläche tatsächlich erst nach dem Abwahlzeitpunkt erfolgt, die Kausalkette für die spätere Nutzungsänderung indes schon vor dem Abwahlzeitpunkt unwiderruflich in Gang gesetzt worden ist.

EStG § 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, § 13 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2; EStG a.F. § 52 Abs. 15 Sätze 3 bis 7; AO § 118.

Vorinstanz: FG München vom 16. Oktober 2003 5 K 4044/00 (EFG 2005, 1359)

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BFH-Urteil vom 7.5.2008 (X R 49/04) BStBl. 2008 II S. 711

Die Errichtung und Veräußerung eines Einkaufsmarktes kann einem Maklerbetrieb zugeordnet werden, wenn der Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Einkaufsmarktes nicht zuletzt mit Hilfe der Kenntnisse aus der Maklertätigkeit abgewickelt werden und wenn die Errichtung und Veräußerung von Objekten in den folgenden Jahren im Rahmen einer Bauträger-GmbH fortgesetzt wird.

EStG § 15 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Thüringen vom 25. November 2004 IV 415/02

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BFH-Urteil vom 15.5.2008 (IV R 25/07) BStBl. 2008 II S. 715

Werden die von einem Versicherungsmakler für Rechnung der Versicherungsgesellschaften vereinnahmten Versicherungsbeiträge (durchlaufende Posten) abredewidrig für private Zwecke verwendet und die Auskehrungsverbindlichkeiten in Vereinbarungsdarlehen umgeschuldet, sind die hierfür entrichteten Zinsen sowie die angefallenen Finanzierungsnebenkosten keine Betriebsausgaben.

EStG § 4 Abs. 1, 3 und 4.

Vorinstanz: FG Berlin vom 12. September 2005 8 K 6060/02

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BFH-Urteil vom 23.1.2008 (I R 101/06) BStBl. 2008 II S. 719

Gemäß § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 führen, außer Ansatz, nicht aber Gewinne aus der Veräußerung eines durch Kapitalerhöhung entstandenen Bezugsrechts an einem entsprechenden Anteil (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 28. April 2003, BStBl I 2003, 292, 295; Abgrenzung von dem BFH-Urteil vom 27. Oktober 2005 IX R 15/05, BFHE 211, 273, BStBl II 2006, 171).

KStG 2002 § 8b Abs. 2; EStG 2002 § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j, § 17 Abs. 1 Satz 3, § 23.

Vorinstanz: FG Köln vom 31. August 2006 15 K 444/05 (EFG 2007, 214)

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BFH-Urteil vom 14.5.2008 (XI R 60/07) BStBl. 2008 II S. 721

1. Der Begriff "unentgeltliche Zuwendung" i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG 1999 setzt nicht lediglich die Unentgeltlichkeit einer Lieferung voraus, sondern verlangt darüber hinaus, dass der Zuwendende dem Empfänger zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft.

2. Einen solchen Vermögensvorteil verschafft ein Unternehmer der Bundesrepublik Deutschland, wenn er auf eigene Kosten auf deren Grundbesitz einen Kreisverkehr errichtet.

UStG 1999 § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 6.

Vorinstanz: FG Münster vom 16. September 2004 5 K 4920/01 U (EFG 2007, 1559)

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BFH-Urteil vom 29.4.2008 (I R 103/01) BStBl. 2008 II S. 723

1. § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) ist gemäß § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7) mit erstmaliger Wirkung für Umwandlungsvorgänge anzuwenden, deren Eintragung im Handelsregister nach dem 5. August 1997 beantragt worden ist. Letzteres ist der Fall, wenn ein Umwandlungsvorgang nach dem 5. August 1997 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wurde. Dass der Umwandlungsvorgang vor dem 5. August 1997 notariell beurkundet worden ist und dass der Notar in diesem Zusammenhang beauftragt wurde, die Eintragung im Handelsregister anzumelden, ist unbeachtlich.

2. § 27 Abs. 3 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 4 des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7) i.V.m. § 4 Abs. 5 und 6 UmwStG 1995 i.d.F. von Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 ist mit dem Grundgesetz vereinbar und wirkt nicht in unzulässiger Weise zurück.

3. Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 ist mit dem Grundgesetz unvereinbar, bleibt aber gültig (Anschluss an BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, DStR 2008, 556).

UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform § 4 Abs. 5 und 6; UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung § 27 Abs. 3; UmwG 1995 §§ 190 ff., § 198 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 76 Abs. 1.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 26. Juli 2001 1 K 1946/98 (EFG 2002, 59)

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EuGH-Urteil vom 13.3.2008 (C-437/06) BStBl. 2008 II S. 727

1. Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:  einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage fallenden Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausgabe von Aktien und atypischen stillen Beteiligungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie zuzurechnen sind.

2. Die Festlegung der Methoden und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Sechsten Richtlinie steht im Ermessen der Mitgliedstaaten, die bei der Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten tatsächlich zuzurechnen ist.

Richtlinie 77/388//EWG Art. 17 Abs. 5, Art. 2 Abs. 1; UStG 1999 § 15, § 2 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 5. Oktober 2006

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BFH-Urteil vom 22.4.2008 (VII R 21/07) BStBl. 2008 II S. 735

Die Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheids ist gemäß § 191 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz AO bei leichtfertiger Steuerverkürzung nur in den Fällen auf fünf Jahre verlängert, in denen die Haftungsinanspruchnahme auf § 70 AO beruht, nicht aber für jeden Fall der Haftung, dem eine leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt, also auch nicht bei der Haftung gemäß § 69 AO (Klarstellung der Rechtsprechung).

AO § 34, § 69, § 70, § 71, § 169, § 191 Abs. 3, § 370, § 378; FGO § 11 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Mecklenburg-Vorpommern vom 9. Mai 2007 1 K 634/03

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BFH-Urteil vom 27.10.2004 (VIII R 35/04) BStBl. 2008 II S. 737

Erzielt ein Kind Einkünfte aus Gewerbebetrieb und bildet es im Rahmen seiner Gewinnermittlung eine Ansparrücklage gemäß § 7g EStG, so gehört der Betrag der Ansparrücklage jedenfalls nach der im Jahr 1998 geltenden Rechtslage nicht zu den Bezügen des Kindes i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

EStG 1998 § 7g Abs. 3 und 6, § 32 Abs. 4 Satz 2.

Vorinstanz: Thüringer FG vom 2. Juli 2003 III 1390/01 (EFG 2004, 346)

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BFH-Urteil vom 26.9.2007 (III R 4/07) BStBl. 2008 II S. 738

1. Bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, sind die Einkünfte weder um die einbehaltene Lohn- und Kirchensteuer noch um die Beiträge zu einer privaten Zusatzkrankenversicherung oder einer Kfz-Haftpflichtversicherung zu kürzen.

2. Beiträge für eine private Rentenversicherung mindern die Einkünfte jedenfalls dann nicht, wenn sich das Kind in Ausbildung befindet und in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 2.

Vorinstanz: FG Nürnberg vom 18. Dezember 2006 VI 305/2006 (EFG 2007, 1339)

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BFH-Urteil vom 3.4.2008 (IV R 54/04) BStBl. 2008 II S. 742

Der Gewinn aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen II gehört zum Gewerbeertrag der Personengesellschaft.

EStG § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1; FGO § 57 Nr. 2, § 63 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 68; GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3, § 7.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 30. August 2004 I 293/01 (EFG 2005, 214)

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BFH-Urteil vom 29.4.2008 (VIII R 62/06) BStBl. 2008 II S. 747

Für bereits angeschaffte Wirtschaftsgüter kann wegen fehlenden Finanzierungszusammenhangs zwischen Rücklage und Investition eine Ansparrücklage nach § 7g EStG nicht gebildet werden, wenn die Rücklage erst nach dem Anschaffungsjahr allein wegen zwischenzeitlicher Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Investitionsjahr gebildet wird, um die aufgrund des Änderungsbescheids überschrittene Einkommensgrenze für die Begünstigung nach § 10e EStG erneut zu unterschreiten.

EStG § 4, § 7g Abs. 3 und Abs. 6.

Vorinstanz: FG Thüringen vom 10. Mai 2006 IV 984/02 (EFG 2007, 913)

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BFH-Urteil vom 29.4.2008 (VIII R 98/04) BStBl. 2008 II S. 749

Nutzt ein Ehegatte einen Kellerraum des im Miteigentum der Eheleute stehenden Einfamilienhauses als Lagerraum für seine Arztpraxis, so erhöhen die anteilig auf diesen Raum entfallenden stillen Reserven bei Veräußerung der Praxis nur zur Hälfte den Veräußerungsgewinn, und zwar auch dann, wenn der nutzende Ehegatte alle Kosten für diesen Raum als Betriebsausgaben abgezogen hatte.

EStG § 16 Abs. 1 und 3, § 18 Abs. 3; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1 und 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 30. Juni 2004 7 K 1882/02 E (EFG 2004, 1686)

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BFH-Urteil vom 23.3.2005 (III R 91/03) BStBl. 2008 II S. 752

Ein Kind getrennt lebender Eltern ist in den Haushalt beider Elternteile aufgenommen, wenn es sich bei beiden in annähernd gleichem zeitlichen Umfang aufhält. In diesem Fall ist das Kindergeld demjenigen zu zahlen, den die Eltern untereinander bestimmt haben. Auch eine vor der Trennung getroffene Bestimmung des Berechtigten bleibt wirksam, bis sie von einem Berechtigten widerrufen wird.

EStG § 64 Abs. 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 23. September 2003 15 K 542/99 KI (EFG 2004, 515)

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BFH-Urteil vom 23.2.2006 (III R 65/04) BStBl. 2008 II S. 753

1. Ist ein behindertes volljähriges Kind auf Kosten des Sozialhilfeträgers vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht und wird der Kindergeldberechtigte aufgrund der Billigkeitsregelung in § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG a.F. nicht in Anspruch genommen, kommt dieser seiner Unterhaltspflicht nicht nach, so dass die Familienkasse das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Sätze 1 und 4 EStG an den Sozialhilfeträger abzweigen kann.

2. Auch wenn der Kindergeldberechtigte neben den Leistungen des Sozialhilfeträgers nur geringe eigene Unterhaltsleistungen für das Kind erbringt, ist die Ermessensentscheidung der Familienkasse, ob und in welcher Höhe das Kindergeld an den Sozialhilfeträger abgezweigt wird, nicht dahin gehend auf Null reduziert, dass das gesamte Kindergeld an den Sozialhilfeträger auszuzahlen ist.

AO 1977 § 5; BSHG § 91; EStG § 74 Abs. 1.

Vorinstanz: FG München vom 21. April 2004 9 K 1018/04 (EFG 2004, 1543)

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BFH-Urteil vom 19.4.2007 (III R 65/06) BStBl. 2008 II S. 756

1. Anspruch auf Kindergeld für ein verheiratetes Kind besteht nur dann, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichen, das Kind ebenfalls nicht über ausreichende eigene Mittel für den Unterhalt verfügt und die Eltern deshalb weiterhin für das Kind aufkommen müssen - sog. Mangelfall - (Fortführung der BFH-Urteile vom 2. März 2000 VI R 13/99, BFHE 191, 69, BStBl II 2000, 522, und vom 23. November 2001 VI R 144/00, BFH/NV 2002, 482).

2. Ein Mangelfall ist anzunehmen, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners niedriger sind als das steuerrechtliche - dem Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entsprechende - Existenzminimum.

BGB § 1360, § 1360a, § 1608 Satz 1; EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 und 2.

Vorinstanz: FG Münster vom 23. Juni 2006 11 K 174/05 Kg (EFG 2006, 1530)

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BFH-Urteil vom 25.7.2007 (III R 55/02) BStBl. 2008 II S. 758

Ausländische Staatsangehörige, die vor dem 1. April 1999 eine Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungs- und technischen Personals oder des dienstlichen Hauspersonals einer Botschaft aufgenommen haben und nicht im Besitz eines ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels sind, haben Anspruch auf Kindergeld, wenn sie einen vom Auswärtigen Amt ausgestellten "gelben Ausweis" besitzen und hinsichtlich der Sozialversicherungs- sowie der Einkommensteuerpflicht als ständig ansässig behandelt worden sind.

DVAuslG § 3 Abs. 1 Nr. 3; EStG § 62 Abs. 2; WÜD Art. 33, 34, 37.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 21. Oktober 2002 5 K 2773/99

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BFH-Beschluss vom 14.12.2004 (VIII R 106/03) BStBl. 2008 II S. 762

1. Es verstößt nicht gegen das GG oder sonstiges Recht,

- dass das Kindergeld gemäß § 64 Abs. 1 EStG an nur einen

Berechtigten zu zahlen ist und

- dass es gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG an denjenigen Berechtigten zu zahlen ist, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Obhutsprinzip).

2. Der Begriff der Haushaltsaufnahme i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG ist unter Berücksichtigung seines Zwecks dahin auszulegen, dass ein Kind, welches sich in den Haushalten beider Elternteile in einer Besuchscharakter überschreitenden Weise aufhält, demjenigen Elternteil zuzuordnen ist, in dessen Haushalt es sich überwiegend aufhält und seinen Lebensmittelpunkt hat.

EStG § 64 Abs. 1 und 2; GG Art. 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; EMRK Art. 8, Art. 14; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7, 20, 23 Abs. 1 und 24.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 17. Oktober 2002 15 K 2481/01 Kg (EFG 2003, 401)

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BFH-Beschluss vom 27.5.2008 (I R 11/08) BStBl. 2008 II S. 766

1. Die Frist zur Begründung der Revision wird, wenn das FG in einem Gerichtsbescheid die Revision zugelassen hat, durch die Zustellung des Gerichtsbescheids ausgelöst.

2. Der Hinweis auf ein nicht näher erläutertes "Büroversehen" rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

FGO § 56 Abs. 1 und 2, § 90a Abs. 2 Satz 2, § 120 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 4. Dezember 2007 12 K 19/04 (EFG 2008, 592)

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BFH-Urteil vom 15.5.2008 (IV R 77/05) BStBl. 2008 II S. 767

Darlehen, die einem Getränkegroßhändler von Brauereien zur Weitergabe an Gastwirte gewährt werden, sind Dauerschulden i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG a.F., wenn mit den weitergereichten Darlehen eine Getränkebezugsverpflichtung verbunden ist.

GewStG a.F. § 8 Nr. 1; GewStDV § 19.

Vorinstanz: FG Berlin vom 9. März 2005 6 K 6351/02 (EFG 2005, 1371)

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BFH-Urteil vom 10.4.2008 (VI R 38/06) BStBl. 2008 II S. 768

1. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Kleinere Mängel führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind.

2. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt nicht die Einrichtung eines gesonderten Aufwandskontos voraus.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 8 Abs. 2 Sätze 2 ff.

Vorinstanz: FG Köln vom 27. April 2006 10 K 4600/04 (EFG 2006, 1664)

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BFH-Urteil vom 22.11.2007 (V R 43/06) BStBl. 2008 II S. 770

1. Der Senat hält für den Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerb und erheblichem Umbau eines Gebäudes, das anschließend vom Erwerber für steuerpflichtige und steuerfreie Verwendungsumsätze vorgesehen ist, an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 28. September 2006 V R 43/03 (BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417) fest.

2. Er folgt nicht der Auffassung des BMF in dessen Schreiben vom 24. November 2004 (BStBl I 2004, 1125) und vom 22. Mai 2007 (BStBl I 2007, 482).

UStG 1993 § 15 Abs. 2 und 4.

Vorinstanz: FG Brandenburg vom 17. Oktober 2005 1 K 430/03 (EFG 2006, 380)

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BFH-Beschluss vom 16.4.2008 (XI R 54/06) BStBl. 2008 II S. 772

Dem EuGH werden nach Art. 234 EG folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG vorgelegt:

1. Sind Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich und Art. 13 Teil B Buchst. a, Buchst. d Nr. 2 und 3 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass die gegen einen vom Erwerber zu entrichtenden Kaufpreis erfolgende Übernahme eines Lebensrückversicherungsvertrages, auf dessen Grundlage der Erwerber des Vertrages die durch den bisherigen Versicherer ausgeübte steuerfreie Rückversicherungstätigkeit mit Zustimmung des Versicherungsnehmers übernimmt und nunmehr anstelle des bisherigen Versicherers steuerfreie Rückversicherungsleistungen gegenüber dem Versicherungsnehmer erbringt,

a) als Versicherungs- oder Bankumsatz i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG oder

b) als Rückversicherungsumsatz nach Art. 13 Teil B Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG oder

c) als Umsatz, der im Wesentlichen aus der steuerfreien Übernahme einer Verbindlichkeit einerseits und aus einem steuerfreien Umsatz im Geschäft mit Forderungen andererseits besteht, nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 und 3 der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen ist?

2. Ändert sich die Antwort auf die Frage 1, wenn nicht der Erwerber, sondern der bisherige Versicherer ein Entgelt für die Übertragung entrichtet?

3. Falls die Frage 1 Buchst. a, b und c zu verneinen ist: Ist Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend auszulegen, dass

- die entgeltliche Übertragung von Lebensrückversicherungsverträgen eine Lieferung ist und

- dass bei Anwendung von Art. 13 Teil B Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG nicht danach zu differenzieren ist, ob sich der Ort der von der Steuer befreiten Tätigkeiten im Mitgliedstaat der Lieferung oder in einem anderen Mitgliedstaat befindet?

Richtlinie 77/388/EWG Art. 9 Abs. 2 Buchst. e fünfter Gedankenstrich; Art. 13 Teil B Buchst. a, Buchst. c, Buchst. d Nr. 2 und 3; UStG § 3 Abs. 1 und 9, § 3a, § 4 Nr. 8 Buchst. c und g, § 4 Nr. 10 Buchst. a, § 4 Nr. 28.

Vorinstanz: FG München vom 22. März 2006 3 K 4633/02 (EFG 2006, 1202)

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BFH-Urteil vom 12.6.2008 (V R 32/06) BStBl. 2008 II S. 777

1. Leistungen eines Rechenzentrums (Rechenzentrale) an Banken können nur dann als "Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sein, wenn diese Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der in dieser Vorschrift genannten Umsätze erfüllt.

2. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems, das die Prüfung und Freigabe einzelner Überweisungsaufträge ermöglicht und die Kundenweisung dadurch umsetzt, dass der Überweisungsbetrag vom Konto des Bankkunden abgebucht und der Bank des Begünstigten gutgeschrieben wird, kann als Leistung im Überweisungsverkehr steuerfrei sein. Dass das Rechenzentrum hierbei aufgrund der inhaltlichen Vorgaben der Bank für die Ausführung der Kundenweisung keine dispositiven Entscheidungen zu treffen hat, ist unerheblich.

3. Aus dem Leistungsverzeichnis eines Rahmenvertrages mit 2.623 Einzelpositionen, für die eine jeweils eigenständige Vergütungsregelung besteht, können nicht 145 Einzeltätigkeiten zu nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreien Leistungen zusammengefasst werden.

UStG 1999 § 4 Nr. 8 Buchst. d; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3.

Vorinstanz: FG München vom 9. März 2005 3 K 5039/02 (EFG 2005, 1397)

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BFH-Urteil vom 5.3.2008 (X R 60/04) BStBl. 2008 II S. 787

Das FA kann die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter der Konkursmasse der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen.

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; KO §§ 57, 58 Nr. 2, 59 Abs. 1 Nr. 1; AO § 69.

Vorinstanz: FG München vom 6. Juli 2004 12 K 2518/03 (EFG 2004, 1851)

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BFH-Urteil vom 29.5.2008 (IX R 77/06) BStBl. 2008 II S. 789

Die Veräußerung von GmbH-Anteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu gegründete, beteiligungsidentische GmbH ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 AO, weil die Anteile zu einem Zeitpunkt veräußert wurden, als die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag, oder weil sich die Tätigkeit der neu gegründeten GmbH auf das Halten der veräußerten Anteile beschränkte.

AO § 42; EStG § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2, § 17 Abs. 1 und 2.

Vorinstanz: FG Münster vom 30. Mai 2006 11 K 6601/02 E (EFG 2006, 1302)

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BFH-Urteil vom 13.11.2007 (VII R 61/06) BStBl. 2008 II S. 790

1. Das FA kann einen durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Haftungsschuldners unterbrochenen Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids sowohl gegenüber dem Insolvenzverwalter als auch gegenüber dem Schuldner aufnehmen.

2. Im Falle der Aufnahme des Rechtsstreits durch das FA wandelt sich das ursprüngliche Anfechtungsverfahren in ein Insolvenzfeststellungsverfahren, mit dem gegenüber dem Insolvenzverwalter die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle begehrt werden kann.

AO § 74 Abs. 1; InsO § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2, § 184 Satz 2, § 185 Satz 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 12. Oktober 2006 11 K 2025/06 F (EFG 2007, 13)

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BFH-Urteil vom 4.6.2008 (I R 62/06) BStBl. 2008 II S. 793

Einkünfte aus typisch stillen Beteiligungen werden nach Abschn. 11 Satz 2 des Schlussprotokolls zu den Art. 5, 7 und 13 DBA-Luxemburg als Dividenden (Art. 13 DBA-Luxemburg) behandelt. Unbeschadet dessen werden die Einkünfte einer in Deutschland ansässigen GmbH aus der typisch stillen Beteiligung an einer Luxemburger Kapitalgesellschaft nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg von der Bemessungsgrundlage für die deutsche Steuer ausgenommen.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; DBA-Luxemburg Art. 13, Art. 14, Art. 20 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3; Schlussprotokoll zu den Art. 5, 7 und 13 DBA-Luxemburg Abschn. 11 Satz 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 24. Juli 2006 6 K 164/04 (EFG 2007, 167)

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BFH-Beschluss vom 30.11.2004 (VIII R 51/03) BStBl. 2008 II S. 795

Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 31 Satz 5 und § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr 2001 maßgeblichen Fassung insoweit mit dem GG vereinbar sind, als danach bei Steuerpflichtigen, deren Einkommen gemäß § 31 Satz 4 EStG um die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG gemindert wurde, die tarifliche Einkommensteuer auch in den Fällen um die Hälfte des gezahlten Kindergelds zu erhöhen ist, in denen eine Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhalt nach § 1612b Abs. 5 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl I 2000, 1479) mit der Folge ganz oder teilweise unterblieben ist, dass im wirtschaftlichen Ergebnis nicht einmal die tatsächlichen - die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG unterschreitenden - Unterhaltszahlungen des Steuerpflichtigen in vollem Umfang von der Einkommensteuer freigestellt worden sind.

GG Art. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art. 20 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1; EStG 2001 § 31 Satz 5, § 32 Abs. 6, § 36 Abs. 2 Satz 1; BGB § 1612b Abs. 1 und 5; BVerfGG § 80 Abs. 1 und 2.

Vorinstanz: FG Münster vom 21. Mai 2003 10 K 38/03 E (EFG 2003, 1249)

 

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