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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 33/98) BStBl. 1999 II S. 701

1. Bei der Auslegung des steuerrechtlichen Begriffs der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) kann auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte zum BKGG a. F. nur eingeschränkt zurückgegriffen werden, da das Kindergeld - ebenso wie der Kinderfreibetrag - seit der Systemumstellung zum 1. Januar 1996 in erster Linie der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes bei den Eltern dient.

2. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel und damit der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind.

3. Sprachaufenthalte im Ausland können dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen können daher regelmäßig als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des Einzelfalles.

EStG § 31 Sätze 1, 2 und 3, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, § 32 Abs. 4 Satz 2, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2; RsprEinhG § 2 Abs. 1; FGO § 126 Abs. 4.

Vorinstanz: Thüringer FG

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 34/98) BStBl. 1999 II S. 705

Zur Berufsausbildung gehört auch der Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen wie Grund-, Haupt- und Oberschulen sowie von Fach- und Hochschulen. Auch der Besuch eines Colleges in den USA kann zur Berufsausbildung zählen.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1998, 882)

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 50/98) BStBl. 1999 II S. 706

Eine Volontärtätigkeit, die ausbildungswillige Kinder vor Annahme einer voll bezahlten Beschäftigung gegen geringe Entlohnung absolvieren, ist grundsätzlich als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzuerkennen, wenn das Volontariat der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation dient und somit der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2; BKGG a.F. § 2 Abs. 2 Satz 1; RsprEinhG § 2 Abs. 1.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 1998, 1067)

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 92/98) BStBl. 1999 II S. 708

Zur Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Vorbereitung auf eine Promotion, wenn diese im Anschluß an das Studium ernsthaft und nachhaltig durchgeführt wird.

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 32 Abs. 5 Satz 1, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2, BKGG a.F. § 2; RsprEinhG § 2 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 1687)

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 143/98) BStBl. 1999 II S. 710

1. Sprachaufenthalte im Ausland, z. B. im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses, können dann als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden.

2. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalles. Ist der Sprachaufenthalt im Ausland z. B. in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben oder empfohlen, so ist er in der Regel anzuerkennen.

3. Im übrigen kann ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich 10 Unterrichtsstunden grundsätzlich als ausreichend angesehen werden. Eine geringere Stundenzahl kann im Rahmen einer Gesamtwürdigung ausnahmsweise als unschädlich gewertet werden, wenn der Unterricht der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluß dient und das Kind den Prüfungsabschluß anstrebt.

EStG § 31 Sätze 1, 2 und 3, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b, § 32 Abs. 4 Satz 2, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2; RsprEinhG § 2 Abs. 1; FGO § 126 Abs. 4.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg (EFG 1998, 1336)

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (VI R 16/99) BStBl. 1999 II S. 713

Das Anwaltspraktikum eines Jurastudenten ist Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, da es sich um eine Maßnahme zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

EStG § 31 Sätze 1, 2 und 3, § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2; RsprEinhG § 2 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1999, 389)

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BFH-Urteil vom 10.6.1999 (IV R 21/98) BStBl. 1999 II S. 715

1. Überläßt ein Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft ein ihm allein gehörendes Wirtschaftsgut der Betriebs-GmbH zur Nutzung, so gehört das Wirtschaftsgut zum Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters bei der Besitzpersonengesellschaft, wenn der Einsatz des betreffenden Wirtschaftsguts in der Betriebs-GmbH durch die betrieblichen Interessen der Besitzpersonengesellschaft veranlaßt ist. In der Regel ist das nicht schon dann der Fall, wenn das Wirtschaftsgut für die Betriebs-GmbH besondere Bedeutung besitzt, sofern es für deren Betrieb nicht unverzichtbar ist.

2. Während des Zeitraums, in dem eine personelle Verflechtung zwischen der Besitzpersonengesellschaft und der Betriebs-GmbH noch nicht besteht, kann ein solches Wirtschaftsgut kein Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzpersonengesellschaft darstellen.

EStG § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: Hessisches FG

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BFH-Urteil vom 30.6.1999 (IX R 68/96) BStBl. 1999 II S. 718

Die Absicht der Gesellschafter einer GbR, einen weiteren Gesellschafter aufzunehmen, rechtfertigt es grundsätzlich nicht, den Anteil jedes Gesellschafters aufzuteilen in einen, den er veräußern und einen restlichen, den er weiter halten will, mit der Folge, daß die Überschußerzielungsabsicht nur für den letzteren Anteil zu bejahen ist.

EStG § 21 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1997, 962)

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BFH-Urteil vom 6.7.1999 (VIII R 46/94) BStBl. 1999 II S. 720

Erbringt ein Kommanditist, der zugleich Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und einer Schwester-Kapitalgesellschaft der GmbH & Co. KG ist, über die zwischengeschaltete Schwester-Kapitalgesellschaft Verwaltungs- und Managementleistungen an die KG, sind die hierfür gezahlten Vergütungen als Sonderbetriebseinnahmen des Kommanditisten zu erfassen.

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; HGB §§ 114, 116, 161.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

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BFH-Urteil vom 6.7.1999 (VIII R 11/97) BStBl. 1999 II S. 722

Die Freigrenze von 1 v. H. i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Kapitaländerungen zwischen den Anteilsveräußerungen innerhalb desselben Veranlagungszeitraums durch Addition der Prozentsätze zu ermitteln, die sich jeweils aus dem Verhältnis der verkauften Anteile zum Kapital der Gesellschaft im Zeitpunkt der Veräußerung ergeben.

EStG § 17 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1996, 227)

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BFH-Urteil vom 13.7.1999 (VIII R 31/98) BStBl. 1999 II S. 724

Zu den Tatbestandsvoraussetzungen eigenkapitalersetzender Darlehen.

EStG § 17.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 1999, 471)

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BFH-Urteil vom 7.7.1998 (VIII R 10/96) BStBl. 1999 II S. 729

Der Verkauf aller Anteile an einer GmbH zwecks Vermeidung einer Versteuerung des Liquidationserlöses nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist rechtsmißbräuchlich i. S. von § 42 AO 1977, wenn die GmbH im Zeitpunkt der Veräußerung ihre geschäftliche Tätigkeit bereits eingestellt hat, ihr gesamtes Vermögen faktisch (durch darlehensweise Überlassung) an die Gesellschafter verteilt ist und der mit dem Erwerber der Anteile vereinbarte "Kaufpreis" durch Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten der Gesellschafter gegenüber der GmbH zu entrichten ist (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90).

AO 1977 § 42; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1996, 385)

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BFH-Urteil vom 6.7.1999 (VIII R 12/98) BStBl. 1999 II S. 731

Das FG verstößt gegen die Grundordnung des Verfahrens, wenn es bei der Einkommensteuerveranlagung 1991 einen verbleibenden Verlustabzug aus früheren Jahren berücksichtigt, der vom FA nicht gesondert festgestellt wurde.

EStG ab 1990 § 10d Abs. 3; FGO § 74.

Vorinstanz: Hessisches FG

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (I R 92/98) BStBl. 1999 II S. 733

1. Die Höhe der vortragsfähigen Gewerbeverluste ist gemäß § 10a Satz 2 GewStG für den jeweiligen Erhebungszeitraum gesondert festzustellen, für den ein Gewerbesteuermeßbescheid ergeht. Bei der Feststellung handelt es sich um einen Grundlagenbescheid für den Gewerbesteuermeßbescheid des Folgejahres.

2. Der Wechsel in der Steuerpflicht eines Gewerbesteuersubjekts infolge eines persönlichen Befreiungsgrundes (hier: § 3 Nr. 14 Buchstabe a) GewStG) führt nicht zum Wegfall des Gewerbesteuersubjekts. Bleibt dieses bei Beendigung und nachfolgendem erneutem Beginn der Steuerpflicht weiterhin bestehen, ist sowohl die Unternehmens- als auch die Unternehmeridentität gewahrt. Gewerbeverluste aus vorangegangenen, nicht steuerbefreiten Erhebungszeiträumen sind deshalb nach Wiedereintritt in die Steuerpflicht abzugsfähig.

FGO § 74; AO 1977 § 155 Abs. 2, § 163, § 182; GewStG § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Nr. 14a, § 10a; GewStG DDR § 2 Abs. 2 Nr. 1, LPG-Gesetz DDR § 4 Abs. 1; LAnpG § 23, § 25, § 31, § 32; DMBilG § 1 Abs. 5, § 50 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Mecklenburg Vorpommern (EFG 1998, 1612)

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BFH-Urteil vom 5.5.1999 (XI R 6/98) BStBl. 1999 II S. 735

Die Forfaitierung künftiger Forderungen ist nur dann als Kauf und nicht als Darlehensverhältnis zu behandeln, wenn das Bonitätsrisiko vollständig auf den Käufer übergeht.

GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 118 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1998, 580)

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BFH-Urteil vom 14.7.1999 (II R 1/97) BStBl. 1999 II S. 737

Das die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 GrEStG 1983 begründende Ereignis, dessen Eintritt den Lauf der Festsetzungsfrist nach § 16 Abs. 4 GrEStG 1983 hemmt, umfaßt die rechtliche und tatsächliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs.

GrEStG 1983 § 16 Abs. 1 und 4.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1997, 296)

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BFH-Urteil vom 9.6.1999 (I R 17/97) BStBl. 1999 II S. 739

1. Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft werden i. S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 aufgrund des Jahresergebnisses gewährt, wenn und soweit sie wegen der Höhe des nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Jahresergebnisses gewährt werden.

2. Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen i. S. des § 21 Abs. 2 KStG 1984/1991 sind nur die Rückstellungen, die Beitragsrückerstattungen i. S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 betreffen.

3. § 21 KStG 1984/1991 ist nicht - auch nicht analog - auf Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft anwendbar, die aufgrund einer vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen geforderten geschäftsplanmäßigen Erklärung als Mindest-Beitragsrückerstattungen ohne Rücksicht auf das Jahresergebnis gewährt wurden.

KStG 1984/1991 § 21; HGB § 341e Abs. 2 Nr. 2.

Vorinstanz: FG München

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BFH-Urteil vom 30.6.1999 (II R 70/97) BStBl. 1999 II S. 742

Räumt ein Versicherungsnehmer einem Dritten unwiderruflich das Bezugsrecht aus einer Kapitallebensversicherung ein und erhält der Begünstigte bei Eintritt des Versicherungsfalls die Versicherungsleistungen, unterliegt die Einräumung des Bezugsrechts als solche nicht der Schenkungsteuer. Zuwendungsgegenstand ist in diesen Fällen vielmehr (erst) die zur Auszahlung gelangende Versicherungsleistung.

ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 10.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1997, 1401)

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BFH-Urteil vom 13.7.1999 (VIII R 76/97) BStBl. 1999 II S. 747

Ist in einem Gewinnfeststellungsbescheid bei einem offenen Treuhandverhältnis anstelle des Treuhänders oder Treugeber genannt, dann kann der Ergänzungsbescheid, durch den der Treuhänder in die Gewinnfeststellung einbezogen werden soll, auch dann, wenn die Feststellungsfrist für die auf der ersten Stufe des Verfahrens zu treffenden Feststellungen abgelaufen ist, noch ergehen, wenn die Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung gegenüber dem Treugeber auf der zweiten Stufe nicht abgelaufen, sondern der Ablauf aufgrund der rechtzeitigen Anfechtung dieses Bescheides gehemmt ist.

AO 1977 § 169, § 179, § 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 181 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1998, 273)

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BFH-Urteil vom 22.7.1999 (V R 44/98) BStBl. 1999 II S. 749

Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Aussetzung der Vollziehung setzt eine wirksame Aussetzung der Vollziehung voraus. Allein die Absendung des mit der Unterbrechungshandlung verbundenen Verwaltungsakts genügt nicht, um die Zahlungsverjährung zu unterbrechen.

AO 1977 § 169 Abs. 1 Satz 3, § 231 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1998, 1174)

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BFH-Urteil vom 12.8.1999 (VII R 92/98) BStBl. 1999 II S. 751

1. Besteht Streit über die Entstehung und die Verwirklichung von Säumniszuschlägen, hat die Finanzbehörde darüber durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 zu entscheiden.

2. Die Erteilung eines Verwaltungsaktes i. S. des § 218 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 über die Entstehung und den Fortbestand von Säumniszuschlägen setzt Angaben des Steuerpflichtigen über Art, Entstehungszeitpunkt, Betrag, Fälligkeit und Erlöschensgrund hinsichtlich jedes einzelnen Zahlungsanspruchs nicht voraus. Es genügt, wenn die Steuerarten und die Besteuerungszeiträume, für die die Säumniszuschläge im Abrechnungsbescheid festgestellt werden sollen, hinreichend konkret bezeichnet werden.

3. Der Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge entfällt bei mißbräuchlicher Antragstellung des Steuerpflichtigen.

AO § 125; AO 1977 § 218 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 240; GG Art. 19 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Bremen (EFG 1999, 59)

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BFH-Beschluß vom 29.7.1999 (VII E 6/99) BStBl. 1999 II S. 756

Der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten, welche die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses einschließlich der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren nach § 284 AO 1977 betreffen, ist im Regelfall auf 50% der rückständigen Steuerbeträge, aus denen vollstreckt wird, anzunehmen (Bestätigung der Rechtsprechung). Der Streitwert darf jedoch den Höchstbetrag von 1 Mio. DM nicht übersteigen (Änderung der Rechtsprechung).

AO 1977 § 284; BRAGO § 57 Abs. 2 Nr. 4, § 58 Abs. 3 Nr. 11; GKG § 5 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 und Abs. 3, § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 25 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz.

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BFH-Beschluß vom 16.7.1999 (IX B 81/99) BStBl. 1999 II S. 760

Das EigZuIG kann aufgrund eines Antrags nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EigZuIG nur dann angewandt werden, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 26. Oktober 1995 rechtswirksam abgeschlossen worden ist.

EigZuIG § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; FGO § 15 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

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BFH-Urteil vom 18.5.1999 (III R 46/97) BStBl. 1999 II S. 761

Läßt sich eine Frau, die mit einem zeugungsunfähigen Mann verheiratet ist, mit dem Samen eines Dritten künstlich befruchten, so sind die Aufwendungen hierfür nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805).

EStG § 33.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1998, 316)

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BFH-Urteil vom 19.5.1999 (XI R 97/94) BStBl. 1999 II S. 762

Ist der Einkommensteuerbescheid wegen Verlustrücktrags zu ändern, so können Ehegatten das Veranlagungswahlrecht grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit des Änderungsbescheids erneut ausüben, und zwar unabhängig von dem durch den Verlustabzug eröffneten Korrekturspielraum.

EStG 1987 i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 § 10d Abs. 1, § 26.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1995, 480)

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BFH-Urteil vom 19.5.1999 (XI R 120/96) BStBl. 1999 II S. 764

Ein hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis mit der nichtehelichen Lebensgefährtin kann steuerrechtlich nicht anerkannt werden, wenn diese zugleich Mutter des gemeinsamen Kindes ist.

EStG 1990 § 10 Abs. 1 Nr. 8.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1996,1090)

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BFH-Urteil vom 30.6.1999 (III R 8/95) BStBl. 1999 II S. 766

Die als Vorteilsausgleich bei der Ermittlung einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigenden Leistungen aus einer Hausratversicherung sind nicht aufzuteilen in einen Betrag, der auf allgemein notwendigen und angemessenen Hausrat entfällt, und in einen solchen, der die Wiederbeschaffung von Gegenständen und Kleidungsstücken gehobenen Anspruchs ermöglichen soll (Abgrenzung zum Urteil vom 19. Oktober 1990 III R 93/87, BFHE 162, 326, BStBl II 1991, 140, zur Sterbegeldversicherung)

EStG § 33.

Vorinstanz: FG Bremen

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BFH-Urteil vom 27.7.1999 (VIII R 36/98) BStBl. 1999 II S. 769

Erwirbt ein Steuerpflichtiger am Ende eines Jahres Bundesobligationen, dann scheitert trotz bestehender Überschußerzielungsabsicht die Berücksichtigung der gezahlten Stückzinsen als negative Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG dieses Jahres jedenfalls dann an § 42 AO 1977, wenn bereits im Zeitpunkt des Erwerbs feststeht, daß bis zur Veräußerung zu Beginn des Folgejahres unter Einbeziehung der Vermögensebene ein Verlust eintreten wird und sich dieses Wertpapiergeschäft deshalb nur im Falle seiner steuerlichen Anerkennung aufgrund der Freibetragsregelung in § 20 Abs. 4 EStG für den Steuerpflichtigen vorteilhaft auswirken würde.

EStG § 20 Abs. 2 Nr. 3; AO 1977 § 42.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1998, 885)

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BFH-Urteil vom 11.8.1999 (XI R 77/97) BStBl. 1999 II S. 771

1. Für die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Belastung durch Einkommen- und Gewerbeertragsteuer besteht keine Bindung gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG an den Vermögensteuerbeschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93,121, BStBl II 1995, 655 - Leitsatz 3, sog. Halbteilungsgrundsatz).

2. Eine Belastung mit Einkommen- und Gewerbeertragsteuer von insgesamt rd. 60% des zu versteuernden Einkommens ist nicht verfassungswidrig.

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2, Art. 100 Abs. 1 Satz 1; BVerfGG § 31 Abs. 1, Abs. 2; EStG § 32a; GewStG § 11.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1998, 378)

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BFH-Beschluß vom 23.8.1999 (GrS 5/97) BStBl. 1999 II S. 774

Ehegatten, die gemeinsam die Herstellungskosten des von ihnen bewohnten Hauses getragen haben und die darin jeweils einen Raum für eigenbetriebliche Zwecke nutzen, können jeweils die auf diesen Raum entfallenden Herstellungskosten für die Dauer der betrieblichen Nutzung als Betriebsausgaben (AfA) geltend machen.

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1.

Vorlagebeschluß vom 27. August 1997 XI R 35/91 (BFHE 183, 570, BStBl II 1998, 784)

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BFH-Urteil vom 14.9.1999 (IX R 88/95) BStBl. 1999 II S. 776

Hat der Steuerpflichtige einen pflegebedürftigen Angehörigen in seinen Haushalt aufgenommen, um ihn dort zu pflegen und zu versorgen, und erhält er dafür aus dem Vermögen des Pflegebedürftigen Geldbeträge, so vollziehen sich diese Leistungen und die empfangenen Zahlungen im Regelfall im Rahmen der familiären Lebensgemeinschaft. Sie erfüllen grundsätzlich nicht die Voraussetzungen des Erzielens von Einkünften i. S. des § 2 EStG.

EStG §§ 2, 22 Nr. 3.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1995, 260)

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BFH-Beschluß vom 23.8.1999 (GrS 1/97) BStBl. 1999 II S. 778

1. Beteiligt sich der Steuerpflichtige an den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes, das seinem Ehepartner gehört und in dem der Steuerpflichtige einen Raum (Arbeitszimmer) für seine beruflichen Zwecke (§ 19 EStG) nutzt, kann er die auf diesen Raum entfallenden eigenen Aufwendungen grundsätzlich als Werbungskosten (AfA) geltend machen.

2. Bemessungsgrundlage der AfA sind die auf das Arbeitszimmer entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten, soweit sie der Kostenbeteiligung des Steuerpflichtigen entsprechen.

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 7, § 19.

Vorlagebeschluß vom 22. November 1996 VI R 77/95 (BFHE 181, 362, BStBl II 1997, 208)

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BFH-Beschluß vom 23.8.1999 (GrS 2/97) BStBl. 1999 II S. 782

1. Erwerben der Steuerpflichtige und sein Ehegatte aus gemeinsamen Mitteln gleichzeitig jeweils einander gleiche Eigentumswohnungen, von denen die des Ehegatten gemeinsam zu Wohnzwecken genutzt wird, und nutzt der Steuerpflichtige in dieser Wohnung einen Raum (Arbeitszimmer) alleine zu beruflichen Zwecken (§ 19 EStG), kann er die darauf entfallenden Anschaffungskosten grundsätzlich nicht als eigene Werbungskosten (AfA) geltend machen.

2. Vom Eigentümer-Ehegatten aufgewendete Anschaffungskosten des Arbeitszimmers können nicht als sog. Drittaufwand Werbungskosten (AfA) des Steuerpflichtigen sein.

3. Werden die laufenden Aufwendungen für die Wohnung des Eigentümer-Ehemannes gemeinsam getragen, kann der Steuerpflichtige die durch die Nutzung des Arbeitszimmers verursachten Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen.

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1, § 19.

Vorlagebeschluß vom 25. November 1996 VI R 8/90 (BFHE 181, 377, BStBl II 1997, 215)

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BFH-Beschluß vom 23.8.1999 (GrS 3/97) BStBl. 1999 II S. 787

Allein aufgrund der Tatsache, daß der Steuerpflichtige gemeinsam mit seinem Ehepartner ein Arbeitszimmer in der dem Ehepartner gehörenden Wohnung nutzt, sind ihm die anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Arbeitszimmers entsprechend seiner Nutzung zur Vornahme von AfA nicht zuzurechnen.

EStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, §§ 7, 9 Abs. 1, § 19.

Vorlagebeschluß vom 25. November 1996 VI R 23/95 (BFHE 181, 383, BStBl II 1997, 219)

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BFH-Urteil vom 16.6.1999 (II R 57/96) BStBl. 1999 II S. 789

Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen (Berliner Testament), dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt, die Schlußerbenfolge sowie die Verteilung des Nachlasses zu ändern, so bleibt § 15 Abs. 3 ErbStG zugunsten des Schlußerben insoweit anwendbar, als der überlebende Ehegatte durch eine spätere Verfügung von Todes wegen die Erbquote des Schlußerben nicht verändert hat.

Macht der überlebende Ehegatte von seinem Recht auf Änderung dadurch Gebrauch, daß er abweichend vom gemeinschaftlichen Testament einem Schlußerben, dessen Erbquote als solche unverändert bestehen bleibt, ein Vorausvermächtnis aussetzt, kann für diesen Vermächtniserwerb § 15 Abs. 3 ErbStG nicht angewandt werden.

ErbStG (in der bis 31. Dezember 1995 geltenden Fassung) § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 2, § 15 Abs. 1 und Abs. 3, § 16 Abs. 1, § 19 Abs. 1; BGB § 2255 Satz 1, § 2269.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1997, 21)

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BFH-Urteil vom 4.8.1999 (III R 60/97) BStBl. 1999 II S. 791

Ein unter Verwendung eines nicht amtlichen oder eines nicht für das Kalenderjahr 1991 vorgesehenen amtlichen Vordrucks gefertigter Investitionszulagenantrag für das Kalenderjahr 1991 ist nur dann gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZuIG 1991 wirksam "nach amtlichem Vordruck" gestellt, wenn das verwendete Formular in allen Einzelheiten dem amtlichen Formular für das Kalenderjahr 1991 entspricht (Fortführung der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZV im Urteil vom 16. Juli 1997 III R 266/94, BFHE 184, 142, BStBl II 1998, 31).

InvZuIG 1991 § 6 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1998, 63)

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BFH-Beschluß vom 31.8.1999 (VIII B 74/99) BStBl. 1999 II S. 794

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß eine Verlustrechnung gemäß § 10a Satz 1 GewStG bei einem nur mittelbar an einer Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligten Gesellschafter nach Änderung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das StÄndG 1992 nicht uneingeschränkt, sondern nur im Rahmen seines Sonderbetriebsbereichs zulässig ist.

GewStG § 10a ; EStG i.d.F. des StÄndG 1992 § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

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BFH-Urteil vom 29.7.1998 (II R 71/96) BStBl. 1999 II S. 796

1. Eine der Grunderwerbsteuer unterliegende Übertragung der Verwertungsbefugnis an einem (zivilrechtlich im Eigentum des Grundstückseigentümers stehenden) Gebäude auf fremdem Boden auf einen Dritten liegt vor, wenn dem Dritten Befugnisse an dem Gebäude (nicht aber auch am Grundstück) eingeräumt werden, die über die Befugnisse eines Pächters hinausgehen und ihm hinsichtlich Nutzung und Veräußerung eine einem Eigentümer nahekommende Stellung geben. Nach der Rechtsprechung kann dies bereits dann der Fall sein, wenn der Pächter eines Grundstücks auf diesem ein Gebäude errichtet, das er wie ein Eigentümer nutzen und dessen Substanz er bei Ende der Pachtzeit durch Übertragung auf den Eigentümer gegen eine Entschädigung verwerten kann.

2. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 ist auch dann erfüllt, wenn es jemandem durch dem öffentlichen Recht zuzuordnende Rechtsvorgänge rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht wird, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Ob dies der Fall ist, ist ggf. unter entsprechender Heranziehung der zu zivilrechtlichen Rechtsvorgängen entwickelten Auslegungsgrundsätze zu entscheiden.

3. Zum Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses ausländischer NATO-Truppen an deutschen Grundstücken.

GrEStG 1983 § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 2, NATOTrStat.

Vorinstanz: FG Karlsruhe

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BFH-Urteil vom 12.8.1999 (VII R 112/98) BStBl. 1999 II S. 799

1. Für einen Anhänger ist Kraftfahrzeugsteuer zu erheben, sobald der Anhänger entgegen der in dem Antrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KraftStG erklärten Absicht im Inland hinter einer Zugmaschine verwendet wird, für die ein Anhängerzuschlag nicht festgesetzt worden ist.

2. Hat die Steuerpflicht gemäß § 10 Abs. 4 KraftStG eingesetzt, so endet sie frühestens, wenn der Anhänger nach Ablauf des Mindestbesteuerungszeitraums von einem Monat in dem darauffolgenden Monat ausschließlich i. S. des § 10 Abs. 1 KraftStG genutzt worden ist; anderenfalls schließt sich an den (ersten) Monatszeitraum der Mindestbesteuerung jeweils ein weiterer Monatszeitraum an, selbst wenn der Anhänger nach Ablauf des Mindestbesteuerungszeitraums zeitweise (jedoch nicht einen vollen Zeitmonat) entsprechend § 10 Abs. 1 KraftStG genutzt worden sein sollte.

3. Hat sich ein Rechtsstreit im Verfahren vor dem FG teilweise erledigt, so ist vom Revisionsgericht über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bei erfolgreicher Revision und einheitlicher Kostenentscheidung des FG ungeachtet der vom FG getroffenen Kostenverteilung hinsichtlich des auf den erledigten Teil eines einheitlichen Streitgegenstandes entfallenden Kostenanteils nach Maßgabe des § 138 FGO einheitlich mitzuentscheiden.

KraftStG § 5, § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 7, § 10 Abs. 1, 3 und 4, § 11; AO 1977 § 175 Abs. 2; FGO § 137 Satz 2, §§ 138, 145.

Vorinstanz: FG des Saarlandes (EFG 1999,190)

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BFH-Urteil vom 20.7.1999 (VII R 111/98) BStBl. 1999 II S. 803

1. Das Gebot der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren kann nicht nur durch die Verwendung einer Prüfungsaufgabe verletzt sein, von der Prüflinge im voraus wußten, daß sie ihnen gestellt werden würde, sondern auch bei völliger Übereinstimmung einer ganzen Prüfungsklausur mit einer einzelnen Prüflingen bekannten Aufgabe, sofern nach den Umständen des Einzelfalls davon auszugehen ist, daß den betreffenden Prüfungsteilnehmern die zutreffende Lösung der Prüfungsaufgabe lediglich eine Gedächtnisleistung abverlangte.

2. Der Prüfling hat kein subjektives öffentliches Recht auf Beachtung des Grundsatzes der Chancengleichheit als objektiv-rechtliches Gebot. Er kann nicht rügen, andere Prüflinge hätten Vorteile gehabt, die ihnen nicht hätten gewährt werden dürfen, und nicht verlangen, daß Fehler in der Durchführung des Prüfungsverfahrens bei anderen Kandidaten seiner Prüfungsgruppe auch ihm zugute kommen.

3. Alleiniger Maßstab für die Bewertung von Prüfungsleistungen in einer Steuerberaterprüfung ist, ob die Leistung des Prüflings erkennen läßt, daß er in der Lage ist, den Beruf eines Steuerberaters auszuüben. Seine Prüfungsleistung darf nicht deshalb schlechter bewertet werden als sie unter normalen Umständen bewertet worden wäre, weil besonders viele andere Prüflinge bei der Bewältigung der betreffenden Aufgabe bessere Leistungen erbracht haben.

4. Der Kompensation des justiziellen Kontrolldefizits bei prüfungsspezifischen Bewertungen dient das verwaltungsinterne Überdenkungsverfahren. Hingegen ist es nicht gerechtfertigt, eine Verwaltungsentscheidung über die Bewertung einer Prüfungsleistung ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Bewertungsfehler als rechtswidrig aufzuheben, weil im gerichtlichen Verfahren kein erschöpfender Nachweis geführt werden kann, daß die Leistungen des Prüflings trotz eines der Prüfungsbehörde bei anderen Kandidaten unterlaufenen Verfahrensfehlers und davon möglicherweise ausgehender unwägbarer Einflüsse "gerecht" bewertet worden sind.

StBerG § 37a.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1999, 251)

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BFH-Urteil vom 21.4.1999 (II R 87/97) BStBl. 1999 II S. 810

Die Feststellung des gemeinen Werts der an der Börse nicht notierten Stammaktien mit dem Börsenkurs der Vorzugsaktien ist im Regelfall auch dann rechtmäßig, wenn diese Ableitung nicht näher belegt wird.

Die Feststellung des gemeinen Werts nicht notierter Stammaktien mit einem höheren oder niedrigeren Wert als dem Kurswert der Vorzugsaktien desselben Unternehmens ist dagegen nur dann gerechtfertigt, wenn dies durch eine die konkreten Verhältnisse der Gesellschaft, insbesondere die unterschiedliche Ausstattung der Stamm- und Vorzugsaktien berücksichtigende Ableitung belegt wird (Anschluss an BFH-Urteil vom 9. März 1994 II 39/90, BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394).

BewG § 9 Abs. 2, § 11 Abs. 2 Satz 2.

Vorinstanz: FG München (EFG 1997, 172)

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BFH-Urteil vom 21.7.1999 (I R 110/98) BStBl. 1999 II S. 812

Ist eine in Deutschland ansässige Person atypisch still an dem Unternehmen einer Schweizer Kapitalgesellschaft beteiligt, so sind die auf diese Weise erzielten Gewinnanteile Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 DBA-Schweiz. Diese Gewinnanteile durften bis zum Veranlagungszeitraum 1993, soweit die Schweizer Gesellschaft aktiv tätig war und ihr Gewinn innerhalb von schweizerischen Betriebstätten erzielt wurde, nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer einbezogen werden.

DBA-Schweiz Art. 7 Abs. 1, 7 und 8, Art. 10 Abs. 4, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1999, 175)

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BFH-Urteil vom 28.7.1999 (II R 83/96) BStBl. 1999 II S. 815

Jungschweine, die ein Gewicht von 20 kg überschreiten, können ungeachtet ihrer Bezeichnung nicht mehr dem Tierzweig der "Ferkel" im Sinne der Anlage 1 zum BewG zugeordnet werden.

BewG § 40, § 41 Abs. 1, Abs. 2, § 46, § 48.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

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BFH-Urteil vom 6.7.1999 (VIII R 9/98) BStBl. 1999 II S. 817

1. Zahlungen aufgrund einer Bürgschaftsinanspruchnahme können zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S. von § 17 EStG führen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist nur dann gegeben, wenn und insoweit die Übernahme der Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann nicht allein aus der Unentgeltlichkeit einer Bürgschaftsübernahme gefolgert werden.

2. Verlängert der Gesellschafter nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft eine zuvor übernommene und bereits eigenkapitalersetzend gewordene Bürgschaft und besteht die Krise der Gesellschaft auch noch nach seinem Ausscheiden fort, so können Zahlungen aufgrund der späteren Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten i. S. von § 17 EStG führen.

EStG § 17.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1998, 738)

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BFH-Urteil vom 13.7.1999 (VIII R 72/98) BStBl. 1999 II S. 820

Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die wesentliche Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ist nach § 17 MG steuerbar.

EStG § 17; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1999, 65)

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BFH-Urteil vom 15.7.1999 (III R 51/98) BStBl. 1999 II S. 823

Alleinstehende mit mehreren Kindern können nach § 33c EStG in der nach der Rechtsprechung des BVerfG für das Streitjahr 1996 fortgeltenden Fassung nur entweder die insgesamt entstandenen tatsächlichen Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Rahmen eines einheitlichen Gesamthöchstbetrages nach § 33c Abs. 3 EStG oder - ohne einen konkreten Nachweis von Betreuungsaufwendungen -die Pauschbeträge nach § 33c Abs. 4 EStG steuermindernd geltend machen. Es ist nicht möglich, etwa für ein Kind den Abzug nach Abs. 3 und für das andere den Pauschbetrag nach Abs. 4 zu wählen.

EStG 1996 § 33c Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Sätze 1 und 2.

Vorinstanz: Sächsisches FG

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BFH-Urteil vom 27.7.1999 (IX R 64/96) BStBl. 1999 II S. 826

Bei einer langfristigen Vermietung wird die Absicht, positive Überschüsse zu erzielen, nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass der vereinbarte Mietpreis lediglich rd. zwei Drittel der Marktmiete beträgt (Anschluss an BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771).

EStG §§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1997, 71)

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BFH-Beschluss vom 29.4.1999 (IV R 40/97) BStBl. 1999 II S. 828

Dem Großen Senat wird gemäß § 11 Abs. 2 und Abs. 4 FGO die folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Sind von einer in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführten Fonds-Gesellschaft eines geschlossenen Immobilienfonds an Vermittler gezahlte Eigenkapitalvermittlungsprovisionen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln, wenn die Vermittler zugleich Kommanditisten des Immobilienfonds sind, jedoch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Provisionen verdeckte Kaufpreiszahlungen für das Grundstück oder verdeckte Herstellungskosten für das Gebäude gewesen sein könnten?

EStG § 4 Abs. 4; HGB § 255 Abs. 1 und 2; FGO § 11 Abs. 2, 4.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1997, 786)

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BFH-Urteil vom 21.7.1999 (I R 141/97) BStBl. 1999 II S. 832

§ 36a EStG schließt die Anrechnung von Körperschaftsteuer - neben weiteren Voraussetzungen - aus, wenn "nach Beginn der Vollstreckung" anzunehmen ist, dass die vollständige Einziehung der rückständigen Körperschaftsteuer bei der ausschüttenden Körperschaft keinen Erfolg haben wird. Auf den Beginn der Vollstreckung kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn die Körperschaft im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden ist.

EStG 1983 § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a, § 36a Abs. 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1997, 1243)

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BFH-Beschluss vom 4.8.1999 (II B 3/99) BStBl. 1999 II S. 834

Die Grundstücksübertragung auf eine Gesamthand kann auch dann mit einer Aufgabe oder Minderung der Gesellschafterstellung des bisherigen Alleineigentümers zeitlich und sachlich zusammenhängen und daher von der Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 ganz oder teilweise ausgeschlossen sein, wenn beides nicht Teil eines einzigen, in seinen einzelnen Elementen aufeinander abgestimmten Plans ist. Es reicht aus, dass die Grundstücksübertragung zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Veränderung der Gesellschafterstellung des bisherigen Alleineigentümers bereits zwischen den Gesamthändern abgesprochen war.

GrEStG 1983 § 5 Abs. 2

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

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BFH-Urteil vom 5.2.1998 (III R 48/91) BStBl. 1999 II S. 836

Wurden (inzwischen) zum Anlagevermögen einer GmbH gehörende Wirtschaftsgüter noch von der Vorgründungsgesellschaft angeschafft, so steht der Anspruch auf Investitionszulage der GmbH zu, wenn die Vorgründungsgesellschaft lediglich auf die Errichtung der GmbH ausgerichtet war und diese selbst zügig errichtet sowie in das Handelsregister eingetragen wurde und alsbald den Geschäftsbetrieb aufnahm.

AO 1977 § 46 BerlinFG a.F. § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Berlin

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BFH-Urteil vom 17.11.1998 (III R 43/96) BStBl. 1999 II S. 837

1. Bei Mischbetrieben steht eine erhöhte Investitionszulage dem Steuerpflichtigen nur für solche Wirtschaftsgüter zu, die überwiegend i.S. von ausschließlich oder nahezu ausschließlich dem in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerk oder dem in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragenen handwerksähnlichen Gewerbe dienen. Dies gilt auch, wenn der Gesamtbetrieb nach der Systematik bzw. nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige an sich unter einen Wirtschaftszweig i.S. von § 3 Satz 2 InvZulG 1993 einzuordnen wäre.

2. Ein Wirtschaftsgut dient im o.g. Sinne ausschließlich oder nahezu ausschließlich einem eingetragenen Gewerbe, wenn die Verwendung in dem nicht begünstigten Bereich nicht mehr als 10 v.H. beträgt. Der Anteil der investitionszulagenschädlichen Verwendung ist ggf. im Wege der Schätzung zu ermitteln (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 6. August 1998 III R 28/97, BFH/NV 1999, 266).

InvZulG 1993 § 3 Satz 2, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a; AO 1977 § 162.

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt (EFG 1996, 564)

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EuGH-Urteil vom 14.9.1999 (C-391/97) BStBl. 1999 II S. 841

Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 Absatz 2 EG) ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die gebietsansässigen Eheleuten eine Steuervergünstigung wie diejenige, die sich aus der Anwendung des Splitting-Verfahrens ergibt, gewährt, die Gewährung dieser Steuervergünstigung an gebietsfremde Eheleute jedoch davon abhängig macht, dass mindestens 90% ihres Welteinkommens in diesem Staat der Steuer unterliegen oder, wenn dieser Prozentsatz nicht erreicht wird, dass ihre in diesem Staat nicht der Steuer unterliegenden ausländischen Einkünfte einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, und damit die Möglichkeit offenhält, ihre persönliche Lage und ihren Familienstand in ihrem Wohnsitzstaat zu berücksichtigen.

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EuGH-Urteil vom 21.9.1999 (C-307/97) BStBl. 1999 II S. 844

Die Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) und 58 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 EG) stehen einer Regelung entgegen, nach der einer in Deutschland gelegenen Betriebsstätte einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nicht unter den gleichen Voraussetzungen wie Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland folgende steuerliche Vergünstigungen gewährt werden:

- Befreiung von der Körperschaftsteuer für die Dividenden, die in Drittstaaten ansässige Gesellschaften ausgeschüttet haben (internationales körperschaftsteuerliches Schachtelprivileg), aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens mit einem Drittstaat;

- Anrechnung der Körperschaftsteuer, die in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland auf die Gewinne einer dort ansässigen Tochtergesellschaft erhoben worden ist, auf die deutsche Körperschaftsteuer gemäß den nationalen Rechtsvorschriften;

- Befreiung von der Vermögensteuer für die Beteiligungen an Gesellschaften in Drittstaaten (internationales vermögensteuerliches Schachtelprivileg) ebenfalls gemäß den nationalen Rechtsvorschriften.

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EuGH-Urteil vom 26.10.1999 (C-294/97) BStBl. 1999 II S. 851

Leitsatz: (vom BMF gebildet)

Eine Regelung eines Mitgliedstaats, die wie § 8 Nr. 7 Satz 2 oder § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Gewerbesteuergesetz einen steuerlichen Vorteil für die Mehrzahl der Unternehmen vorsieht, die Wirtschaftsgüter von in diesem Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, diesen Vorteil jedoch stets jenen Unternehmen versagen, die Wirtschaftsgüter bei in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Vermietern mieten, bewirkt eine Ungleichbehandlung je nach dem Sitz des Dienstleistenden, die Artikel 59 EG-Vertrag untersagt.

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BGH-Urteil vom 19.10.1999 (5 StR 178/99) BStBl. 1999 II S. 854

Bedeutung des Kenntnisstandes der Finanzbehörden für die Tatbestandsmäßigkeit der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.

 

 

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