| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 26.4.1995 (I R 22/94) BStBl. 1995 II S. 601

1. Für das Anbringen einer Klage beim FA gemäß § 47 Abs. 2 FGO genügt es, wenn dieselbe in einem verschlossenen und postalisch an das FG adressierten Briefumschlag in den Briefkasten des FA eingeworfen oder beim FA abgegeben wird. Die Klageschrift muß nicht derart in den Verfügungsbereich des FA gelangen, daß es von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (Änderung der Rechtsprechung).

2. Aus der durch § 47 Abs. 2 FGO den FÄ zugewiesenen Aufgabe folgt deren Verpflichtung, den Eingangstag z. B. dadurch zu dokumentieren, daß sie auf dem an das FG gerichteten Briefumschlag einen Eingangsstempel anbringen.

FGO § 47 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

*****

BFH-Beschluß vom 17.5.1995 (X R 55/94) BStBl. 1995 II S. 604

1. Eine erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils geltend gemachte Richterablehnung kommt als Revisionsgrund i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO grundsätzlich selbst dann nicht in Betracht, wenn dem Betroffenen der Ablehnungsgrund erst nachträglich bekanntgeworden ist.

2. Der Umstand, daß der Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ein in Form eines Urteilsentwurfs abgefaßter Bericht zu Grunde lag, ist für sich allein kein Ablehnungsgrund i. S. des § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO.

FGO § 51 Abs. 1, § 79 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 42 Abs. 2.

Vorinstanz: FG München

*****

BFH-Beschluß vom 12.6.1995 (II S 9/95) BStBl. 1995 II S. 605

1. Ob ein an den BFH gerichteter Antrag, die Vollziehung eines angefochtenen finanzgerichtlichen Beschlusses in sinngemäßer Anwendung von § 572 Abs. 3 ZPO auszusetzen, zulässig ist, kann bei dessen Unbegründetheit offenbleiben.

2. Das FA darf, sofern die Grunderwerbsteuer sichergestellt ist, die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht deshalb versagen, weil es die Rechtsfähigkeit einer als Verkäuferin auftretenden juristischen Person ausländischen Rechts verneint und deshalb die bürgerlich-rechtliche Unwirksamkeit des Erwerbsvorgangs annimmt.

3. Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist es erforderlich aber auch ausreichend, daß der Antragsteller glaubhaft macht, ohne die begehrte Regelung würden ihm - bei einer GbR den Gesellschaftern - wesentliche Nachteile entstehen.

FGO §§ 114, 131 Abs. 1, § 155; ZPO § 572 Abs. 3; GrEStG 1983 § 22.

*****

BFH-Urteil vom 14.6.1995 (II R 92/92) BStBl. 1995 II S. 609

Der Übergang von Vereinsvermögen im Zuge der Liquidation auf solche anfallsberechtigte Personen, die keine Vereinsmitglieder sind, unterliegt nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 der Schenkungsteuer. Sind die Vereinsmitglieder selbst entweder nach § 45 Abs. 1 BGB kraft satzungsmäßiger Bestimmung oder aufgrund des § 45 Abs. 3 BGB zu gleichen Teilen anfallsberechtigt, unterliegt der Übergang des Vereinsvermögens auf die Vereinsmitglieder nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG 1974 der Schenkungsteuer.

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Nr. 2; ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nrn. 1 und 9; BGB § 45 Abs. 1 und 3.

Vorinstanz: FG Berlin

*****

BFH-Urteil vom 11.5.1995 (V R 4/92) BStBl. 1995 II S. 610

1. Die Verpachtung einzelner landwirtschaftlicher Flächen durch einen Landwirt im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes unterliegt der Durchschnittsatzbesteuerung.

2. Die entgeltliche Einräumung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an einem Grundstück ist ein nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG 1980 steuerfreier Umsatz. Es ist unerheblich, ob die Dienstbarkeit auf die Vornahme, die Duldung oder die Unterlassung einer Handlung im Zusammenhang mit dem Grundstück gerichtet ist.

UStG 1980 § 4 Nr. 12 Buchst. a und c, § 24 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

*****

BFH-Urteil vom 11.5.1995 (V R 86/93) BStBl. 1995 II S. 613

1. Mahngebühren, die eine ärztliche Verrechnungsstelle im Rahmen der treuhänderischen Einziehung der Honorare für die Ärzte von den Honorarschuldnern erhebt und behält, gehören bei ihr zum Entgelt für die Einziehungsleistung.

2. Einziehung von Forderungen durch Inkassounternehmer war auch vor der Regelung in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG in der ab 1. Juli 1990 geltenden Fassung kein steuerfreier Umsatz.

UStG 1980 § 10 Abs. 1 Satz 2, § 4 Nr. 8 Buchst. c.

Vorinstanz: Hessisches FG

*****

BFH-Urteil vom 30.6.1995 (III R 52/93) BStBl. 1995 II S. 614

Von dem Erfordernis, die medizinische Notwendigkeit einer Kurreise durch ein vor ihrem Antritt ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Zeugnis nachzuweisen, kann abgesehen werden, wenn feststeht, daß eine gesetzliche Krankenkasse diese Notwendigkeitsprüfung vorgenommen und positiv beschieden hat. Davon kann in der Regel ausgegangen werden, wenn die Kasse einen Zuschuß zu den Kosten für die Durchführung der Kur - z. B. zu den Kosten für Unterkunft und Verpflegung - gewährt hat.

EStG § 33 Abs. 1; SGB V § 4, § 275 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

*****

BFH-Beschluß vom 3.7.1995 (GrS 1/93) BStBl. 1995 II S. 617

Grundstücksverkäufe einer GbR können einem Gesellschafter, der auch eigene Grundstücke veräußert, in der Weise zugerechnet werden, daß unter Einbeziehung dieser Veräußerungen ein gewerblicher Grundstückshandel des Gesellschafters besteht.

EStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2; GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2

Vorlagebeschluß vom 2. September 1992 XI R 21/91 (BFHE 171, 31, BStBl II 1993, 668)

*****

BFH-Urteil vom 8.2.1995 (I R 126/93) BStBl. 1995 II S. 626

Ein Gewerbesteuermeßbescheid, den ein FA im Jahr 1981 an eine (atypisch) stille Gesellschaft richtete und der die Feststellung enthält, die im Adressenfeld des Bescheides genannte stille Gesellschaft sei Steuerschuldner i. S. des § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG, ist nicht wegen fehlerhafter Feststellung des Steuerschuldners und unrichtiger Adressierung nichtig.

AO 1977 § 125 Abs. 1; GewStG § 5 Abs. 1 Satz 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

*****

BFH-Urteil vom 20.12.1994 (IX R 124/92) BStBl. 1995 II S. 628

Der Adressat eines Einkommensteuerbescheids ist trotz einer auf 0 DM lautenden Steuerfestsetzung beschwert, wenn in dem Bescheid positive Einkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 und 2 EStG angesetzt sind und deshalb der Antrag eines Angehörigen auf Gewährung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz abgelehnt wird.

AO 1977 § 350; FGO § 40 Abs. 2, § 100 Abs. 2 Satz 2 a. F.; BAföG § 21 Abs. 1, § 24 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Köln

*****

BFH-Urteil vom 5.4.1995 (I R 81/94) BStBl. 1995 II S. 629

1. Die nach § 11 Abs. 2 AStG zu erstattenden Jahreseinkommensteuern sind durch Erstattungsbescheid festzusetzen. Soll ein Antrag auf Erstattung abgelehnt werden, muß ein negativer Erstattungsbescheid ergehen.

2. Gegen einen Erstattungsbescheid gemäß § 11 Abs. 2 AStG ist als Rechtsbehelf der Einspruch gegeben (§ 348 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 analog).

3. Über die Erstattung ev. Kirchensteuern muß ein gesonderter Erstattungsbescheid ergehen.

4. § 11 Abs. 2 AStG ist verfassungsrechtlich noch vertretbar.

5. Tz. 8.3.2. des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983 IV C 5 - S 1341 - 4/83 (BStBl I 1983, 218) muß auf solche Hinzurechnungsbeträge entsprechend angewendet werden, die bei dem den Anteil an einer ausländischen Zwischengesellschaft veräußernden unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter besteuert wurden, ohne daß später die Rechtsfolge der § 11 Abs. 2 oder § 10 Abs. 3 Satz 5 AStG i. V. m. § 10 d EStG eintrat.

AStG § 11 Abs. 2; AO 1977 § 348 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

*****

BFH-Urteil vom 12.1.1995 (IV R 3/93) BStBl. 1995 II S. 632

Beiträge für die Zweiterschließung eines Betriebsgrundstücks durch eine weitere Straße sind nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens zu aktivieren, wenn sich der Wert des Grundstücks aufgrund einer Erweiterung der Nutzbarkeit oder einer günstigeren Lage erhöht.

EStG § 4 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

*****

BFH-Urteil vom 16.2.1995 (IV R 29/94) BStBl. 1995 II S. 635

Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist auch der Erlös aus dem Verkauf eines Wirtschaftsgutes erst im Jahre des Zuflusses des Veräußerungserlöses als Betriebseinnahme anzusetzen.

EStG § 4 Abs. 3, § 11.

Vorinstanz: FG Köln

*****

BFH-Urteil vom 8.3.1995 (X R 80/91) BStBl. 1995 II S. 637

Der Senat hält daran fest, daß allein derjenige zum Abzug von Beiträgen für eine Haftpflichtversicherung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG berechtigt ist, der die Beiträge nicht nur selbst entrichtet, sondern auch selbst geschuldet hat (Bestätigung des Urteils vom 19. April 1989 X R 28/86, BFHE 157, 505, BStBl II 1989, 862).

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 a.

Vorinstanz: FG Köln

*****

BFH-Urteil vom 23.3.1995 (IV R 94/93) BStBl. 1995 II S. 637

Wird der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder der Gesellschafter-Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH mit (ausdrücklichem oder stillschweigendem) Einverständnis des/der anderen Gesellschafter(s) im Handelszweig der Personengesellschaft tätig, so kommt es dadurch nicht zu einer Entnahme bei der Personengesellschaft.

EStG § 4 Abs. 1 Satz 2; HGB §§ 112, 113.

Vorinstanz: FG München

*****

BFH-Urteil vom 17.5.1995 (X R 64/92) BStBl. 1995 II S. 640

Wirkt der Steuerpflichtige daran mit, eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung hinzunehmen, liegt darin keine sonstige Leistung i. S. des § 22 Nr. 3 EStG (Fortführung des BFH-Urteils vom 12. September 1985 VIII R 306/81, BFHE 145, 320, BStBl II 1986, 252).

EStG 1987 § 22 Nr. 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

*****

BFH-Urteil vom 12.5.1995 (VI R 64/94) BStBl. 1995 II S. 644

Ein Arbeitnehmer kann den (wirtschaftlichen) Verlust seiner Beteiligung an einer GmbH selbst dann nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, wenn seine Beteiligung am Stammkapital der GmbH Voraussetzung für seine Beschäftigung als Arbeitnehmer der GmbH war.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 20.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg - Außensenate Stuttgart -

*****

BFH-Beschluß vom 22.8.1995 (VII B 153, 154, 167, 172/95) BStBl. 1995 II S. 645

1. Zu den Voraussetzungen für den Erlaß einer das Ergebnis der Hauptsache vorwegnehmenden einstweiligen (Regelungs-)Anordnung.

2. Der Abfertigungszollstelle kann nicht durch einstweilige Anordnung (1.) aufgegeben werden, Waren auf Antrag des Rechtsschutzsuchenden ohne Festsetzung der gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Abgaben zum freien Verkehr abzufertigen. Für eine solche Anordnung fehlt es an dem erforderlichen Anordnungsgrund. Das Rechtsschutzziel, zur Vermeidung einschneidender wirtschaftlicher Nachteile von der Erhebung von Abgaben aufgrund einer für nicht anwendbar gehaltenen Gemeinschaftsregelung (hier: Bananen-Marktordnung) verschont zu bleiben, ist vorrangig auf dem Wege der Aussetzung der Vollziehung des noch zu erlassenden Abgabenbescheids zu verfolgen.

FGO § 114 Abs. 1, 3 und 5, § 69 Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 1 und 2; VO (EWG) Nr. 404/93 Art. 17, 18 Abs. 2; ZK Art. 244.

Vorinstanz: FG Hamburg

*****

BFH-Urteil vom 25.4.1995 (VII R 12/95) BStBl. 1995 II S. 648

Die nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung geforderte Vorbildungsvoraussetzung eines wirtschaftswissenschaftlichen oder anderen Fachhochschulstudiums mit wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung wird durch den erfolgreichen Abschluß eines Studiums an der Berufsakademie Mannheim als Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) erfüllt.

GG Art. 12 Abs. 1; StBerG § 36 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 36 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: Hessisches FG

*****

BFH-Urteil vom 16.3.1995 (V R 128/92) BStBl. 1995 II S. 651

1. Bei Reiseleistungen ist den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen grundsätzlich auch umsatzsteuerrechtlich zu folgen, wenn sie erfüllt worden sind und wenn die für das Umsatzsteuerrecht maßgebende tatsächliche Leistungshandlung keine eigenständige Beurteilung erfordert. Der Empfänger von Reiseleistungen braucht die Reise nicht selbst anzutreten.

2. Wendet ein Hersteller bei einem Verkaufswettbewerb ausgelobte Reiseleistungen seinen Vertragshändlern unter der Auflage zu, die Reisen bestimmten Arbeitnehmern zu gewähren, so kann der Händler steuerbare Reiseleistungen an seine Arbeitnehmer ausführen.

3. Wendet der Hersteller Reiseleistungen unmittelbar Arbeitnehmern seiner Vertragshändler zu, so erbringt der Vertragshändler insoweit keine steuerbaren Leistungen an seine Arbeitnehmer.

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b, § 25.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

*****

BFH-Urteil vom 15.3.1995 (II R 24/91) BStBl. 1995 II S. 653

1. Zur Darlegung einer Rechtsverletzung i. S. des § 40 Abs. 2 FGO durch einen gegen eine Personengesellschaft gerichteten, auf 0 DM lautenden Vermögensteuerbescheid genügt es, daß die Klägerin geltend macht, sie unterliege als insoweit nicht steuerrechtsfähige Personengesellschaft nicht der Vermögensteuer und durch den Bescheid sei zu Unrecht ihre Vermögensteuerpflicht bejaht worden.

2. Die beschränkte Vermögensteuerpflicht einer Personenvereinigung, die im Inland weder Geschäftsleitung noch Sitz hat, setzt voraus, daß die Personenvereinigung nach den leitenden Gedanken des deutschen Steuerrechts einer der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 a bis g VStG genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen vergleichbar ist. Eine Vennootschap onder Firma niederländischen Rechts, die einer offenen Handelsgesellschaft deutschen Rechts entspricht, unterliegt danach mit ihrem Inlandsvermögen nicht der beschränkten Vermögensteuerpflicht nach § 2 VStG.

FGO § 40 Abs. 2; VStG § 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

*****

BVerfG-Beschluß vom 22.6.1995 (2 BvL 37/91) BStBl. 1995 II S. 655

1. Bestimmt der Gesetzgeber für das gesamte steuerpflichtige Vermögen einen einheitlichen Steuersatz, so kann eine gleichmäßige Besteuerung nur in den Bemessungsgrundlagen der je für sich zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten gesichert werden. Die Bemessungsgrundlage muß deshalb auf die Ertragsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheiten sachgerecht bezogen sein und deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden.

2. Die verfassungsrechtlichen Schranken der Besteuerung des Vermögens durch Einkommen- und Vermögensteuer begrenzen den steuerlichen Zugriff auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens. An dieser Grenze der Gesamtbelastung des Vermögens haben sich die gleichheitsrechtlich gebotenen Differenzierungen auszurichten.

3. Die Vermögensteuer darf zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt.

4. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorbelastung des Vermögens muß der Steuergesetzgeber jedenfalls die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung gegen eine Sollertragsteuer abschirmen.

5. Soweit Vermögensteuerpflichtige sich innerhalb ihrer Ehe oder Familie auf eine gemeinsame - erhöhte - ökonomische Grundlage individueller Lebensgestaltung einrichten durften, gebietet der Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG, daß der Vermögensteuergesetzgeber die Kontinuität dieses Ehe- und Familiengutes achtet.

*****

BVerfG-Beschluß vom 22.6.1995 (2 BvR 552/91) BStBl. 1995 II S. 671

1. Entscheidet sich der Gesetzgeber bei der Erbschaftsteuer für eine gesonderte Bewertung der zu besteuernden Güter, so muß er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig umsetzen und die Steuerpflichtigen - ungeachtet verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen - gleichmäßig belasten.

2. Der Spielraum für den steuerlichen Zugriff auf den Erwerb von Todes wegen findet seine Grenze dort, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die ihm zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt.

3. Die Ausgestaltung und Bemessung der Erbschaftsteuer muß den grundlegenden Gehalt der Erbrechtsgarantie wahren, zu dem die Testierfreiheit und das Prinzip des Verwandtenerbrechts gehören; sie darf Sinn und Funktion des Erbrechts als Rechtseinrichtung und Individualgrundrecht nicht zunichte oder wertlos machen.

*****

BFH-Urteil vom 26.4.1995 (I R 28/94) BStBl. 1995 II S. 680

1. Der bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zu berücksichtigende gezogene Zinsvorteil kann summarisch ermittelt werden. Dabei ist jedoch der jeweilige Kapitalmarktzins zu berücksichtigen. Die Finanzverwaltung darf nicht stets von einem festen Zinssatz von 12 v. H. p. a. ausgehen.

2. Die Finanzverwaltung kann sich an dem Durchschnitt zwischen den Haben- und den Schuldzinsen orientieren. Sie kann den Zinsvorteil auch nach den Verhältnissen des Einzelfalles konkret ermitteln.

3. Der von dem Steuerpflichtigen aus der verspäteten Abgabe einer Steuererklärung gezogene Vorteil kann dadurch gemindert werden, daß er seinerseits bei der Körperschaftsteuer, Einkommensteuer oder Gewerbeertragsteuer erfaßt wird. Dieser Umstand ist ggf. zu berücksichtigen.

AO 1977 § 152 Abs. 2 Satz 2.

Vorinstanz: Hessisches FG

*****

BFH-Urteil vom 8.6.1995 (IV R 104/94) BStBl. 1995 II S. 681

Bei förmlicher Zustellung zusammengefaßter, mehrere Personen betreffender Einkommensteuerbescheide muß jedem Inhaltsadressaten eine Ausfertigung des Bescheides zugestellt werden.

AO 1977 § 122 Abs. 5, § 155 Abs. 3 und 5; VwZG § 2 Abs. 1.

Vorinstanz: Hessisches FG

*****

BFH-Urteil vom 31.5.1995 (I R 74/93) BStBl. 1995 II S. 683

1. Zinseinkünfte eines inländischen Darlehensgebers aus einem Darlehen an eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft sind auch dann nicht nach dem DBA-USA 1954/1965 von der deutschen Besteuerung ausgenommen, wenn der Darlehensgeber am Darlehensnehmer atypisch still beteiligt ist.

2. Entstehen zwischen der Aktivierung der Zinsforderung und der Zahlung der Zinsen durch Veränderung des Wechselkurses Währungsgewinne, so unterliegen auch diese Gewinne der deutschen Ertragsbesteuerung.

DBA-USA 1954/1965 Art. II Abs. 1 Buchst. f, Art. III Abs. 2 und Abs. 5, Art. VII Abs. 1 und Abs. 3, Art. XV Abs. 1 Buchst. b Nr. 1 Doppelbuchst. aa; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2.

*****

BFH-Urteil vom 25.1.1995 (X R 146/93) BStBl. 1995 II S. 686

Ein vor dem Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland ergangener Steuerbescheid ist jedenfalls dann i. S. von Art. 19 Satz 2 EinigVtr "mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar", wenn er sich bei einer Würdigung seines Inhalts und der seinen Erlaß begleitenden Gesamtumstände nach dem nicht widerlegten äußeren Anschein als mutmaßlich politisch motivierte Willkürmaßnahme darstellt.

EinigVtr Art. 19 Satz 2.

Vorinstanz: Sächsisches FG

*****

BFH-Urteil vom 8.2.1995 (I R 17/94) BStBl. 1995 II S. 692

1. Im Gewinnfeststellungsbescheid sind auch Verluste nach § 34 c Abs. 4 EStG gesondert festzustellen (Bestätigung des Beschlusses vom 18. Mai 1994 I B 209/93, BFHE 174, 530, BStBl II 1994, 794).

2. Verluste aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr i. S. des § 34 c Abs. 4 EStG sind vorrangig mit den Gewinnen aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auszugleichen (Bestätigung des Urteils vom 30. September 1965 IV 99/64 S, BFHE 84, 179, BStBl III 1966, 66).

EStG § 34 c Abs. 4.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

*****

BFH-Urteil vom 7.3.1995 (VIII R 29/93) BStBl. 1995 II S. 693

1. Wird ein Geschäftsanteil an einer GmbH von einem wesentlich Beteiligten auf einen Dritten zum Nominalwert übertragen mit der Verpflichtung einer Rückübertragung im Falle des Ausscheidens des Erwerbers unter Beschränkung der Abfindung auf den ab dem Erwerbszeitpunkt eintretenden Wertzuwachs, so steht dies der Annahme eines Veräußerungsgeschäfts nicht entgegen. Maßgebend für das Vorliegen einer Veräußerung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist das zugrundeliegende zivilrechtliche Rechtsgeschäft.

2. Zum Veräußerungspreis i. S. von § 17 Abs. 2 EStG gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält. Im Rahmen der stichtagsbezogenen Gewinnermittlung ist nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auch der wirtschaftliche Vorteil in Gestalt eines bedingten Rückkaufrechts in Verbindung mit einem wertmäßig beschränkten Abfindungsanspruch grundsätzlich als Teil des Veräußerungspreises anzusetzen.

EStG §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1; FGO § 100 Abs. 2 Satz 2 a. F.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

*****

BFH-Urteil vom 7.3.1995 (VIII R 9/94) BStBl. 1995 II S. 697

1. Werden Devisen - hier: US-Dollar - mit Kredit angeschafft, können die Schuldzinsen ab dem Zeitpunkt Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein, ab dem der Schuldner den Entschluß zur Erzielung von Kapitalerträgen gefaßt hat. Weicht dieser Einsatz des Kapitals von der ursprünglich beabsichtigten Verwendung ab, bedarf es für die einkommensteuerrechtliche Anerkennung der Umwidmung des Darlehens nicht zwingend des Einvernehmens mit dem Gläubiger; seine hiervon abweichende Rechtsprechung seit dem Urteil vom 7. August 1990 VIII R 67/86 (BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14) gibt der Senat mit der Maßgabe auf, daß die Zustimmung des Gläubigers lediglich ein gewichtiges Indiz für den Nachweis der Umwidmung bildet.

2. Schuldzinsen können nur in dem Verhältnis als Werbungskosten abgezogen werden, in dem das ihnen zugrundeliegende Darlehen tatsächlich zur Erzielung von Kapitalerträgen eingesetzt wurde (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluß des Großen Senats vom 4. Juli 1990 GrS2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817). Hatte der Steuerpflichtige den Erwerb des Kapitals zunächst mit einem Überziehungskredit zu Lasten seines Girokontos finanziert und diesen später, aber noch vor Begründung der Einkunftsart Kapitalvermögen durch ein anderes Darlehen abgelöst, so können die auf letzteres Darlehen entfallenden Zinsen insoweit Werbungskosten sein, als der Anschaffungskredit bei der Ablösung noch bestand. Dessen Höhe hängt von der mit der Bank getroffenen Kontokorrentvereinbarung ab.

EStG §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 7; DBA-USA i. d. F. vom 17. September 1965 Art. VII Abs. 1; HGB § 355; BGB § 366.

 

   :