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BFH-Urteil vom 7.11.1989 (VII R 34/87) BStBl. 1990 II S. 201

In der Vergleichsrechnung zur Ermittlung der anteiligen Umsatzsteuerquote im Haftungsfall (§§ 69, 34 AO 1977) sind bei Gegenüberstellung der Zahlungsverpflichtungen und der auf diese geleisteten Zahlungen auch vom FA verrechnete Vorsteuerüberschüsse als Zahlungen auf die Umsatzsteuerschulden anzusetzen (Anschluß an die BFH-Urteile vom 12. Juni 1986 VII R 192/83, BFHE 146, 511, BStBl II 1986, 657, und vom 14. Juli 1987 VII R 188/82, BFHE 150, 312, BStBl II 1988, 172).

AO 1977 §§ 226, 47; UStG 1980 §§ 18, 16.

Vorinstanz: FG Nürnberg

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BFH-Urteil vom 16.11.1989 (IV R 143/85) BStBl. 1990 II S. 204

Unterhält eine inländische Personenhandelsgesellschaft eine Betriebsstätte in Marokko, und haben die Gesellschafter für den Betriebsstättenverlust den Abzug nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AIG in Anspruch genommen, so ist bei ihnen eine Hinzurechnung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG vorzunehmen, wenn in der Betriebsstätte später ein Gewinn entsteht. Daß nach marokkanischem Steuerrecht die Personenhandelsgesellschaft selbst einkommensteuerpflichtig ist und frühere Verluste bei Ermittlung ihres Einkommens zu berücksichtigen sind, steht dem nicht entgegen.

AIG § 2 Abs. 1; DBA-Marokko Art. 7, 10, 23.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1985, 562)

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BFH-Urteil vom 20.9.1989 (II R 96/86) BStBl. 1990 II S. 206

1. Die Teilwerte der Wirtschaftsgüter eines unrentablen Betriebs können nur dann unter die Wiederbeschaffungskosten absinken, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen trifft, den Betrieb zu liquidieren oder stillzulegen (Anschluß an das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. März 1973 III R 88/69, BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475).

2. Auch bei bezuschußten Wirtschaftsgütern geht die sogenannte Teilwertvermutung von den ungekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus (Anschluß an die BFH-Urteile vom 12. April 1989 II R 213/85, BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545, und II R 121/87, BFHE 156, 510, BStBl II 1989, 547).

BewG § 10, § 109 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

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BFH-Urteil vom 8.11.1989 (II R 29/86) BStBl. 1990 II S. 207

Gewährt ein Kreditinstitut Darlehen unter Einbehaltung (Verrechnung) eines Disagios und ergibt die zivilrechtliche Würdigung, daß es sich insoweit (ganz oder teilweise) um eine Zinsvereinbarung handelt, so ist bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens das Disagio als Schuldabzug zu berücksichtigen. Es ist innerhalb der Zeit aufzulösen, innerhalb der es nach den getroffenen Vereinbarungen "verbraucht" wird, und zwar jeweils nach der Zinsstaffelmethode.

Soweit das Disagio laufzeitunabhängig ist, ist seine Berücksichtigung unzulässig. Das gilt auch für laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren bei einem Teilzahlungskredit, die mit den einzelnen Kreditraten zu entrichten sind.

BewG § 95 Abs. 1, § 103 Abs. 1, § 109 Abs. 4.

Vorinstanz: Baden-Württemberg (EFG 1986, 166)

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BFH-Urteil vom 8.11.1989 (I R 187/84) BStBl. 1990 II S. 210

1. Zuwendungen an Unterstützungskassen durch das Trägerunternehmen können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn das Vermögen der Kasse das zulässig Kassenvermögen übersteigt (§ 4d Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und § 4d Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Bei Zuwendungen an mehrere Unterstützungskassen sind die Kassen bei der Anwendung der Höchstgrenzen als Einheit zu betrachten (§ 4d Abs. 1 Satz 3 EStG).

2. Soweit bei Zuwendungen an mehrere Kassen der Betriebsausgabenabzug durch die einheitliche Betrachtung beschränkt ist, gilt dies auch insoweit, als bei getrennter Betrachtung infolge der Unterdotierung einer oder mehrerer Kassen der Abzug nicht beschränkt wäre und sich der durch die Kassen begünstigte Kreis der Arbeitnehmer nicht überschneidet.

EStG § 4d.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1985, 280)

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BFH-Urteil vom 21.11.1989 (IX R 10/84) BStBl. 1990 II S. 213

1. Hat ein Steuerpflichtiger einen ursprünglich für allgemeine betriebliche Zwecke aufgenommenen Kredit nach der Aufgabe seines Betriebs nicht getilgt, obwohl ihm hierfür hinreichend Mittel zur Verfügung standen, so kann er die Schuldzinsen auf die nunmehr in sein Privatvermögen übergegangene Verbindlichkeit nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Vermietung von bei der Betriebsaufgabe zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern absetzen.

2. Der Steuerpflichtige kann einen wirtschaftlichen Zusammenhang i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG zwischen den Schuldzinsen und seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht dadurch herstellen, daß er die ursprünglich für betriebliche Zwecke eingegangene Schuld nach der Betriebsaufgabe seiner Vermietungstätigkeit zuordnet.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1984, 398)

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BFH-Urteil vom 21.11.1989 (IX R 327/87) BStBl. 1990 II S. 215

Die Steuerermäßigung nach § 34f EStG steht dem Steuerpflichtigen nicht für eine Eigentumswohnung zu, die eines seiner Kinder am Studienort nutzt.

EStG § 34f.

Vorinstanz: FG München

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BFH-Urteil vom 21.11.1989 (IX R 56/88) BStBl. 1990 II S. 216

Für die Steuerermäßigung nach § 34f EStG können nur die Kinder berücksichtigt werden, die im jeweiligen Veranlagungszeitraum den einkommensteuerrechtlichen Kindbegriff erfüllen.

EStG 1985 § 34f.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

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BFH-Urteil vom 29.11.1989 (X R 183/87) BStBl. 1990 II S. 218

Der zusätzliche Sonderausgaben-Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG (sog. Vorwegabzug) vermindert sich bei Vorstandsmitgliedern, denen für den Fall der Berufsunfähigkeit eine nicht entziehbare Pensionszusage erteilt wurde, nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b EStG.

EStG 1981 § 10 Abs. 3 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Hamburg ( EFG 1987, 174)

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BFH-Urteil vom 13.12.1989 (X R 188/87) BStBl. 1990 II S. 220

Eine Nachversteuerung gemäß § 10 Abs. 6 Nr. 2 EStG ist auch dann durchzuführen, wenn der Steuerpflichtige den Bausparvertrag zwar während der Dauer der Arbeitslosigkeit kündigt, die geleisteten Beiträge aber erst zu einem Zeitpunkt zurückgezahlt werden, zu dem der Steuerpflichtige nicht mehr arbeitslos ist.

EStG 1979/81 § 10 Abs. 6 Nr. 2.

Vorinstanz: FG des Saarlandes (EFG 1987,175)

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BFH-Urteil vom 6.12.1989 (II R 18/87) BStBl. 1990 II S. 221

Art. 7 Satz 1 ErbStRG 1974 gilt nur für inländische Familienstiftungen und -vereine.

ErbStG 1974 § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9; ErbStRG 1974 Art. 7.

Vorinstanz: FG München (EFG 1987, 256)

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BFH-Urteil vom 2.8.1989 (I R 53/85) BStBl. 1990 II S. 222

Erwirbt eine inländische Kapitalgesellschaft eigene Geschäftsanteile von ihrem Gesellschafter unter Preis, so wird der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1972 nicht verwirklicht. Es fehlt der Leistung die Eignung, den Wert der übertragenen Geschäftsanteile zu erhöhen.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (DVR 1985, 155)

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BFH-Urteil vom 9.8.1989 (I R 88/85) BStBl. 1990 II S. 224

Wächst den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG der Anteil eines Komplementärs infolge Erbfalls zu, so ist weder ein Tatbestand i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG 1972 verwirklicht noch eine Leistung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG 1972 bewirkt.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 5 Abs. 2 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1985, 410)

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BFH-Urteil vom 18.10.1989 (I R 25/85) BStBl. 1990 II S. 225

Legt ein Gesellschafter eine Darlehensforderung gegen seine überschuldete Gesellschaft im Wege der Sacheinlage in deren Vermögen ein, dann bemißt sich der Wert der Gegenleistung i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. a KVStG 1972 danach, welchen Wert die Einlage für die Gesellschaft hat. Unmaßgeblich ist der Wert der Sacheinlage (Forderung) für den Gesellschafter.

KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Nr. 1 Buchst. a, § 9 Abs. Nr. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1985, 362)

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BFH-Urteil vom 15.11.1989 (II R 71/88) BStBl. 1990 II S. 228

Es wird daran festgehalten, daß beim Grundstückserwerb durch Abgabe des Meistgebots seitens eines Gläubigers auch der Betrag zur Gegenleistung gehört, in dessen Höhe der Gläubiger, der das Meistgebot abgegeben hat, mit dem Zuschlag gemäß § 114a ZVG als aus dem Grundstück befriedigt gilt (Bestätigung von BFHE 145, 95, BStBl II 1986, 148). Dieser Betrag ist stets mit dem Nennbetrag anzusetzen.

GrEStG 1983 § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1; ZVG § 114a.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1988, 319)

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BFH-Urteil vom 29.11.1989 (II R 254/85) BStBl. 1990 II S. 230

1. Entschließt sich der "Erwerber im Bauherrenmodell" aufgrund eines Prospektes, in dem das gesamte Bauvorhaben in bautechnischer und finanzieller Hinsicht detailliert dargestellt ist, Eigentümer einer nach Lage, Wohnfläche und Gesamtaufwand festgelegten Eigentumswohnung zu werden und ist durch die Anbieterseite mittels Zwangs zum Abschluß eines Treuhandvertrages zuzüglich der Erteilung umfassender Vollmachten sichergestellt, daß der Erwerber nur bei Hinnahme des Gesamtkonzepts unter Eingehung der Verpflichtung zur Leistung des Gesamtaufwands Zugang zum Abschluß des Grundstückskaufvertrags erhält, so ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs der Grundstücksmiteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der bezugsfertig erstellten Wohnung.

2. Bei der Auslegung des grunderwerbsteuerrechtlichen Begriffs des Gegenstands des Erwerbsvorgangs kommt für die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen mehreren Verträgen besteht und ein einheitlicher Leistungsgegenstand vorliegt, dem objektiven Zusammenhang ausschlaggebende Bedeutung zu. Ein dem objektiven Zusammenhang widersprechender Wille der Vertragsparteien, trotz Einheitlichkeit des Leistungsgegenstandes die mehreren Verträge nicht zu einem einheitlichen Vertragswerk zu verbinden, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

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BFH vom 20.12.1989 (II R 31/88) BStBl. 1990 II S. 234

Beim "Erwerb im Bauherrenmodell" ist der Erwerbsvorgang mit Abschluß des Grundstückskaufvertrags verwirklicht.

GrEStG 1983 § 23.

Vorinstanz: FG Münster

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BFH-Urteil vom 9.8.1989 (I R 4/84) BStBl. 1990 II S. 237

1. Entscheidend für die Abgrenzung der (sonstigen) Betriebsausgaben von den Spenden ist die Motivation des Ausgebenden (Anschluß an das BFH-Urteil vom 25. November 1987 I R 126/85, BFHE 151, 544, BStBl II 1988, 220).

2. Maßgebend sind dabei die Motive, wie sie durch die äußeren Umstände erkennbar werden.

3. Aufwendungen für einen gemeinnützigen Zweck führen nicht schon dann zu (sonstigen) Betriebsausgaben, wenn mit den Aufwendungen die Öffentlichkeit auf die Person des Spenders aufmerksam gemacht wird.

4. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist auch bei einer Nichtkapitalgesellschaft und damit auch bei einem Betrieb gewerblicher Art möglich (Aufgabe der in dem Urteil vom 11. Februar 1987 I R 43/83, BFHE 149, 217, BStBl II 1987, 643, vertretenen Auffassung).

5. Eine verdeckte Gewinnausschüttung einer Sparkasse liegt vor, soweit die an den Gewährträger geleistete Spende den durchschnittlichen Betrag an Spenden übersteigt, den die Sparkasse an Dritte gespendet hat.

6. In die Vergleichsbetrachtung sind nicht die Spenden einzubeziehen, die das Einkommen der Sparkasse deswegen nicht mindern, weil sie aus dem festgesetzten Teil des Jahresüberschusses geleistet wurden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 I R 98/84, BFHE 156, 145, BStBl II 1989, 471).

7. Grundsätzlich ist allein auf die Fremdspenden abzustellen, die in dem Wirtschaftsjahr, bezüglich dessen der Spendenabzug zu prüfen ist, sowie in den beiden diesem Wirtschaftsjahr vorangehenden Wirtschaftsjahren geleistet wurden.

8. Offen bleibt, ob ein den Spendenrahmen sprengendes Spendenverhalten nicht in den Vergleichsmaßstab einbezogen werden kann.

EStG § 4 Abs. 4; KStG a.F. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 6 Abs. 1, § 7 Satz 2, § 11 Nr. 5 Buchst. a; KStG 1977 § 8 Abs. 3 Satz 2, §§ 27 ff.

Vorinstanz: FG Münster

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BFH-Urteil vom 8.11.1989 (I R 187/85) BStBl. 1990 II S. 242

1. Versorgungs- und Verkehrsbetriebe einer juristischen Person des öffentlichen Rechts können für Zwecke der Besteuerung auch dann zusammengefaßt werden, wenn sie nicht eng wechselseitig technischwirtschaftlich verflochten sind.

2. Eine von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts betriebene öffentliche Tiefgarage ist ein dem öffentlichen Verkehr dienender Betrieb i. S. des § 4 Abs. 3 KStG 1977.

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1986, 143)

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BFH-Urteil vom 8.11.1989 (I R 16/86) BStBl. 1990 II S. 244

1. Errichtet eine Kapitalgesellschaft auf eigene Kosten auf dem Grundstück ihres Gesellschafters ein Gebäude, das in das Eigentum des Gesellschafters als Grundstückseigentümer übergeht, so ist in dem Vorgang grundsätzlich eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des Betrages anzunehmen, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter von einem Auftraggeber für die schlüsselfertige Errichtung verlangt haben würde, es sei denn, daß zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter ein angemessenes Entgelt in anderer Weise vereinbart wurde.

2. Als ein in anderer Weise vereinbartes Entgelt kommt in Betracht, daß der Gesellschafter sich verpflichtete, das Gebäude der Gesellschaft "quoad sortem" zu überlassen.

KStG 1975 § 6 Abs. 1 Satz 2

Vorinstanz: FG Köln

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BFH-Urteil vom 30.11.1989 (I R 19/87) BStBl. 1990 II S. 246

Betreibt eine Körperschaft des öffentlichen Rechts eine auf sie als Alleinerbin übergegangene Steuerberaterkanzlei, so erzielt sie körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte aus einem Betrieb gewerblicher Art. Das gilt auch dann, wenn die Kanzlei nur mit dem Ziel baldiger Veräußerung betrieben wird.

KStG a.F. § 1 Abs. 1 Nr. 6; KStDV §§ 1, 4.

Vorinstanz: FG Nürnberg

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BFH-Urteil vom 17.10.1989 (VII R 58/87) BStBl. 1990 II S. 249

1. Das für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer bei Nutzfahrzeugen maßgebende verkehrsrechtlich zulässige Gesamtgewicht ist das allgemein zulässige Gesamtgewicht und an dessen Stelle ein durch Ausnahmegenehmigung festgelegtes höheres Gewicht, ohne Rücksicht darauf, ob etwa erforderliche Straßen- oder auch straßenverkehrsrechtliche Erlaubnisse vorliegen.

2. Die Kenntnis der Zulassungsstelle von kraftfahrzeugsteuerrechtlich erheblichen Merkmalen oder Umständen ist nicht als Kenntnis des Finanzamts - Kraftfahrzeugsteuerstelle - zu werten (Bestätigung der Rechtsprechung).

3. Zur Ermittlungspflicht des Finanzamts in Kraftfahrzeugsteuerfällen.

KraftStG 1979 § 8 Nr. 2 Satz 1; KaftStG 1972 § 10 Abs. 1 Nr. 2; KraftStDV 1979 § 5, § 6; AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 88; StVZO § 34 Abs. 3, § 70 Abs. 1 Nr. 1; StVO § 29 Abs. 3, § 46 Abs. 1 Nr. 5.

Vorinstanz: FG München (EFG 1987, 426)

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BFH-Urteil vom 7.11.1989 (VII R 115/87) BStBl. 1990 II S. 251

1. Zur Anwendung von § 40 AO 1977 (gesetzwidriges Handeln) im Zusammenhang mit kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Steuerbefreiungen.

2. Ist ein Krankenfahrzeug als solches äußerlich erkennbar (hier: Kennzeichnung mit Rotkreuz-Symbol), so steht es der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Verwendung des Fahrzeugs mit der entsprechenden Kennzeichnung verkehrsrechtlich nicht zugelassen ist.

AO 1977 § 40; KraftStG 1979 § 3 Nr. 5; BOKraft § 26 Abs. 3.

Vorinstanz: Hessisches FG

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BFH-Urteil vom 2.11.1989 (V R 56/84) BStBl. 1990 II S. 253

1. Die Einschränkung der Änderungsbefugnis gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 ist auch bei der Änderung einer Steuerfestsetzung zu beachten, die auf einer Steueranmeldung beruht (Anschluß an BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl II 1988, 40).

2. Die Rechtsunwirksamkeit des § 5 der 1. UStDV darf bei der Änderung einer Steuerfestsetzung, die auf dieser Norm beruht, gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden.

3. Hatte der Aussteller einer Gutschrift einen höheren Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen, als nach dem UStG für den Umsatz geschuldet wurde, so gestattete § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 i.V. m. dem (rechtsunwirksamen) § 5 der 1. UStDV dem Aussteller der Gutschrift den Abzug auch des zu hoch ausgewiesenen Vorsteuerbetrages. Ob der leistende Unternehmer als Empfänger der Gutschrift den zu hoch ausgewiesenen Steuerbetrag gemäß § 14 Abs. 2 UStG 1967 schuldete, kann unentschieden bleiben.

AO 1977 §§ 164, 168, 176 Abs. 1 Nr. 2; UStG 1967/1973 § 15 Abs. 1 Nr. 1; 1. UStDV § 5.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1984, 525)

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BFH-Urteil vom 16.11.1989 (V R 9/85) BStBl. 1990 II S. 255

Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit serienmäßigen PKW, die (lediglich) mit blauem Rundumlicht und Einsatzhorn (sog. Martinshorn) ausgerüstet sind, sind nicht nach § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG 1980 von der Umsatzsteuer befreit.

UStG 1980 § 4 Nr. 17 Buchst. b; StVO § 35; StVZO § 52 Abs. 2, 3, § 55 Abs. 3.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1985, 263)

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BFH-Urteil vom 12.1.1989 (IV R 67/87) BStBl. 1990 II S. 259

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß der BMF in seinem Erlaß vom 17. März 1986 (BStBl I 1986, 129) eine Billigkeitsmaßnahme für den Fall versagt hat, daß eine Personengesellschaft sich gegen die Grundsätze der Geprägerechtsprechung gewehrt, zuvor aber Vorteile aufgrund dieser Rechtsprechung in Anspruch genommen hat. Als ein derartiger Vorteil ist auch die Inanspruchnahme einer Investitionszulage anzusehen.

AO 1977 § 163 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Köln

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BFH-Urteil vom 12.1.1989 (IV R 87/87) BStBl. 1990 II S. 261

Aufgrund einer Rechtsprechungsänderung besteht zu einer Billigkeitsmaßnahme dann kein Anlaß, wenn der Steuerpflichtige die Möglichkeit der Änderung bereits in seine Disposition einbezogen hat.

AO 1977 § 163 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Münster

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BFH-Urteil vom 17.2.1989 (III R 35/85) BStBl. 1990 II S. 263

1. Zum Begriff der Zuwiderhandlung gegen die Kontensperre nach § 163 AO (§ 72 AO 1977).

2. Die Frage, ob Zuwiderhandlungen gegen die Kontensperre ursächlich für die Beeinträchtigung der Verwirklichung zu diesem Zeitpunkt bestehender Steueransprüche sind, kann erst beurteilt werden, nachdem die Steueransprüche bekannt und festgesetzt worden sind. Unerheblich ist daher, ob die Vermögenslage des Steuerpflichtigen bereits bei der einzelnen Zuwiderhandlung so schlecht war, daß schon zu diesem Zeitpunkt eine Gefährdung der Verwirklichung der Steueransprüche bestand.

3. Juristische Personen haften für schuldhafte Zuwiderhandlungen ihrer Organe und Erfüllungsgehilfen.

AO § 163 Abs. 3; AO 1977 § 72, § 154 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1985, 270)

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BFH-Urteil vom 8.11.1989 (X R 178/87) BStBl. 1990 II S. 268

1. Die Schätzungsmethode der Vermögenszuwachsrechnung unterscheidet sich von derjenigen der Geldverkehrsrechnung lediglich dadurch, daß die Mittelverwendung für Vermögensanlagen stärker betont wird. Beide Rechnungen vollziehen die Geldflüsse nach. Sie lassen sich ineinander überführen.

2. In einer Gesamtvermögenszuwachsrechnung bleiben die Barentnahmen und -einlagen außer Ansatz. Die Betriebsvermögen können mit den Kapitalkontenwerten angesetzt werden, sofern die Rechnung um die Sachentnahmen und -einlagen berichtigt wird.

AO 1977 § 158, § 162.

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BFH-Urteil vom 16.11.1989 (IV R 29/89) BStBl. 1990 II S. 272

Soll bei einer GbR eine Außenprüfung durchgeführt werden, muß die Prüfungsanordnung an die Gesellschaft gerichtet und dieser, nicht den Gesellschaftern, bekanntgegeben werden.

AO 1977 § 33 Abs. 1, § 34, § 45 Abs. 1 Satz 1, § 79 Abs. 1 Nr. 3, § 183 Abs. 1, § 193 Abs. 1, § 197 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Nürnberg

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BFH-Urteil vom 13.12.1989 (X R 208/87) BStBl. 1990 II S. 274

Ob eine außerhalb der Außenprüfung gegebene, nicht durch die §§ 204 bis 207 AO 1977 geregelte Auskunft das FA bindet, richtet sich nach den von der Rechtsprechung zur Rechtslage nach der AO entwickelten, aus Treu und Glauben abgeleiteten Rechtsgrundsätzen. Danach ist eine Auskunft des FA nur dann verbindlich, wenn sie der für die spätere Veranlagung zuständige Beamte oder der Vorsteher erteilt hat.

AO 1977 §§ 118, 204.

Vorinstanz: Hessisches FG

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BFH vom 26.10.1989 (V R 82/88) BStBl. 1990 II S. 277

Über die Gewährung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist wird erst in der Einspruchsentscheidung befunden. Das FA ist dabei an frühere Äußerungen zu dieser Frage im Einspruchsverfahren nicht gebunden. Die Entscheidung des FA ist vom FG uneingeschränkt überprüfbar (Anschluß an BFH-Urteil vom 2. Oktober 1986 IV R 39/83, BFHE 147, 407, BStBl II 1987, 7).

AO 1977 § 110; FGO § 56 Abs. 5.

Vorinstanz: FG Köln

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BFH-Urteil vom 25.10.1989 (X R 109/87) BStBl. 1990 II S. 278

1. Eine gegen einen vorläufigen Steuerbescheid i. S. des § 165 AO 1977 gerichtete Klage darf nicht allein auf Beseitigung des Vorläufigkeitsvermerks abzielen.

2. Unsicherheiten in der Beurteilung der Gewinn-/Überschußerzielungsabsicht des Steuerschuldners sind grundsätzlich geeignet, den Erlaß vorläufiger Einkommensteuerbescheide zu rechtfertigen.

AO 1977 §§ 120, 165; FGO § 100; EStG § 2.

Vorinstanz; FG Hamburg

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BFH-Urteil vom 11.10.1989 (I R 101/87) BStBl. 1990 II S. 280

Das FA kann vom Steuerpflichtigen nur dann die Beantwortung eines Fragebogens über gesellschaftsteuerrelevante Sachverhalte verlangen, wenn konkrete Umstände oder allgemeine Erfahrungen für eine Steuerpflicht im Einzelfall sprechen. Die Tatsache, daß Steuergesetze nicht immer beachtet werden, stellt keine allgemeine Erfahrung in diesem Sinne dar.

AO 1977 § 90 Abs. 1, § 93, § 149 Abs. 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1987, 473)

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BFH-Urteil vom 14.12.1989 (III R 158/85) BStBl. 1990 II S. 283

Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 greift nur ein, wenn aufgrund einer Außenprüfung entweder ein Bescheid oder eine förmliche Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 ergangen ist. In der Übersendung eines Prüfungsberichts, der keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthält, daß die Außenprüfung nicht zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt hat, kann eine konkludente Mitteilung i.S. des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 nicht gesehen werden.

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2, § 202 Abs. 1 Satz 3; InvZulG 1975 § 4b.

Vorinstanz: FG Nürnberg

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BFH-Urteil vom 25.7.1989 (VII R 54/86) BStBl. 1990 II S. 284

Bei der Ermessensentscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners für Mineralölsteuer, die durch zweckwidrige Verwendung unbedingt geworden sein soll, ist auch im Falle der Steuerhinterziehung die Möglichkeit eines Erlasses der Mineralölsteuerschuld aus Billigkeitsgründen zu berücksichtigen, wenn feststeht, daß das Mineralöl zu einem begünstigten Zweck verbraucht worden ist.

AO 1977 §§ 71, 191; MinöStDV a.F. § 23 Abs. 3 Nr. 2.

Vorinstanz: Hessisches FG

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BFH-Urteil vom 14.11.1989 (III R 84/85) BStBl. 1990 II S. 286

Der Einbau von Doppelglasfenstern in das gemietete Gebäude einer Druckerei kann beim Mieter auch unter dem Gesichtspunkt anschaffungsnaher Aufwendungen nicht zu einem aktivierungspflichtigen und investitionszulagefähigen Wirtschaftsgut führen.

BerlinFG § 19.

Vorinstanz: FG Berlin

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BFH-Urteil vom 13.10.1989 (III R 30-31/85) BStBl. 1990 II S. 287

1. Die Entscheidung eines Steuerpflichtigen, seinen Gewinn durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, muß sich nach außen dokumentiert haben. Das Sammeln z.B. der maßgebenden Einnahmenbelege reicht hierfür aus (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 30. September 1980 VIII R 201/78, BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301).

2. Ermittelt ein Handelsvertreter den Gewinn durch Überschußrechnung, so muß er die erhaltenen Provisionsvorschüsse gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Jahr des Zuflusses als Einnahmen ansetzen.

3. Provisionsvorschüsse sind auch dann zugeflossen, wenn im Zeitpunkt der Veranlagung feststeht, daß sie teilweise zurückzuzahlen sind. Das "Behaltendürfen" ist nicht Merkmal des Zuflusses i. S. des § 11 Abs. 1 EStG (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

EStG § 4 Abs. 1 und 3, § 11 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

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BFH-Urteil vom 26.10.1989 (IV R 83/88) BStBl. 1990 II S. 290

1. Wenn eine steuerfreie Rücklage für einen Veräußerungsgewinn zum Schluß eines Wirtschaftsjahrs aufgelöst werden muß, hat sie auch dann während des vollen Wirtschaftsjahrs bestanden, wenn sie buchungstechnisch bereits vor dem Schluß dieses Wirtschaftsjahrs aufgelöst wird.

2. Ist vor dem Schluß des zweiten Wirtschaftsjahrs nach dem Wirtschaftsjahr der Bildung der Rücklage mit der Herstellung eines Gebäudes begonnen worden, kann die Rücklage nur in Höhe der noch zu erwartenden Herstellungskosten dieses Gebäudes fortgeführt werden.

EStG 1983 § 6b Abs. 3, 6.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

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BFH-Urteil vom 26.10.1989 (IV R 99/88) BStBl. 1990 II S. 292

Bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen sind die erhöhten Absetzungen für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen vor den Abzügen nach § 78 EStDV zu berücksichtigen.

EStG §§ 7b, 13a; EStDV §§ 52, 78.

Vorinstanz: FG München

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BFH-Urteil vom 27.10.1989 (III R 205/82) BStBl. 1990 II S. 294

1. Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen an seinen Partner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft erwachsen nicht allein schon aufgrund des - auch auf Dauer angelegten - Zusammenlebens und wegen der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung zwangsläufig i. S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG 1977. Eine sittliche Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt zwischen Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft kommt nur in Betracht, wenn die Bedürftigkeit eines Partners gemeinschaftsbedingt ist und besondere Umstände vorliegen, die die Unterhaltsgewährung bei Würdigung der gesamten Umstände als unausweichlich erscheinen lassen.

2. Einem Steuerpflichtigen kann für ein Kind, das aus erster Ehe des mit ihm in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partners stammt und das im Anschluß an die Rechtsprechung des VI. Senats (Urteil vom 9. März 1989 VI R 120/85, BFHE 157, 60) als Pflegekind i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG 1977 anzuerkennen ist, für Veranlagungszeiträume 1977 bis einschließlich 1985 der sog. Haushaltsfreibetrag gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1977 zu gewähren sein.

3. Der Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, der vereinbarungsgemäß den Haushalt für die Gemeinschaft führt, kann als Hausgehilfin i. S. von § 53a Abs. 1 EStG 1979 anzusehen sein.

EStG 1977 § 32 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, § 33 Abs. 2 Satz 1, § 33a Abs. 1; EStG 1979 § 53a Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1 und Art. 6.

Vorinstanz: FG Köln

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BFH-Urteil vom 14.11.1989 (IX R 197/84) BStBl. 1990 II S. 299

Anleger im Bauherrenmodell sind einkommensteuerrechtlich regelmäßig nicht als Bauherren, sondern als Erwerber des bebauten Grundstücks zu beurteilen, wenn sie sich aufgrund eines von den Projektanbietern vorformulierten Vertragswerks beteiligen und sich bei den damit zusammenhängenden Rechtsgeschäften durch die Projektanbieter vertreten lassen. Alle in diesem Zusammenhang an die Anbieterseite geleisteten Aufwendungen, die auf den Erwerb des Grundstücks mit dem bezugsfertigen Gebäude gerichtet sind, stellen deshalb Anschaffungskosten dar.

EStG §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 7, 21; AO 1977 § 180 Abs. 2.

 

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